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Dass der japanische Traditionsuhrenhersteller Citizen weiter auf der Erfolgswelle der NJ0150 “Tsuyosa” Automatic reiten will und neue Modelle nachlegt, war nur eine Frage der Zeit. Eine der Neuheiten 2024 ist dabei die NJ0180 mit Titan-Gehäuse und strukturiertem Zifferblatt – das Modell ist im Vergleich zur NJ0150 etwas hochpreisiger positioniert, gleichzeitig aber nach wie vor absolut erschwinglich. Schauen wir mal genauer hin…

Eckdaten Citizen NJ0180:

Citizen NJ0180 im Hands-On

Der grundlegenden Designsprache ist Citizen treu geblieben: Das Gehäuse der NJ0180 kommt im auch heute noch überaus beliebten Gerald Genta Sportuhren-Design der 70er Jahre, vor allem gut zu erkennen am voll in das Gehäuse integrierten Stahlband und dem Gehäuseanstoß mit seiner knackigen Kante (Uhrenfreunde sprechen auch von der Genta’schen Kante). Die Oberseite der Kante ist dabei markant gebürstet – nicht unähnlich wie beim hauseigenen Luxusableger The Citizen (z.B. Ref. NC1001/NC1000). Knackig scharf polierte Fasen schaffen den Übergang zu den fein satinierten, ebenfalls kantigen Flanken.

Citizen NJ0180 80M Tiffany Test 03238

Wir erinnern uns: Die 70er waren auch die Zeit, in der Citizen der endgültige internationale Durchbruch gelang, als die Quarz-Technologie es den japanischen Uhrenherstellern ermöglichte den Weltmarkt mit günstigen, präzisen, batteriebetriebenen Uhren zu beglücken. Vor allem Seiko und Citizen konnten ihre weltweiten Marktanteile dank hochautomatisierter Massenproduktion signifikant ausbauen und die alteingesessene, traditionelle Schweizer Uhrenindustrie mächtig ärgern. So hat Citizen beispielsweise 1975 mit der Crystron Mega die weltweit präziseste Uhr lanciert. Und es ist nicht weit hergeholt, wenn man sagt, dass die NJ0180 einige Merkmale von der Citizen Crystron geerbt hat.

Citizen fährt (zunächst) vier Farben der NJ0180 auf, wobei die hier gezeigte “Tiffany”-Variante ohne Zweifel die auffälligste ist – und traditionell die beliebteste: Im Windschatten des kaum fassbaren Hypes rund um die Patek Philippe Nautilus “Tiffany” und die Rolex Oyster Perpetual 41 in “Tiffany”-ähnlicher Farbe haben etliche Uhrenhersteller ähnliche Farben für Ihre Modelle gewählt – von günstig bis teuer (siehe zum Beispiel Sternglas Lumatik, Tissot PRX, Casio MTP 1302, Breitling SuperOcean Automatic 44, RZE Ascentus, Nordic Marine Instruments). Kein Zufall jedenfalls ist, dass die hier gezeigte Tiffany-Variante mit der Referenz NJ0180-80M bei Citizen direkt ratzfatz vergriffen war. Das sollte sich über die nächsten Monate deutlich bessern, das zeigt auch das Beispiel der Citizen NJ0150 “Tsuyosa” Automatic, die in quasi allen Farben über Monate überall ausverkauft war, mittlerweile aber problemlos zu bekommen ist. Von diesem ganzen Hype mal abgesehen, finde ich die Farbe persönlich extrem sexy und sowieso perfekt für den Sommer.

Mehr: Rolex Tiffany Blue: Der von Patek abgefärbte Hype / erschwingliche Alternativen

Ins Auge sticht insbesondere auch die markante Zifferblatt-Struktur: Diese erinnert passenderweise an Washi, ein traditionelles japanisches Papier, das seit Jahrhunderten hergestellt wird. Es wird aus pflanzlichen Fasern hergestellt, typischerweise aus dem Bast der Maulbeerpflanze, genannt Kozo. Washi hat eine einzigartige Textur und wird für eine Vielzahl von Anwendungen verwendet, darunter traditionelle japanische Kunstformen wie Origami und Kalligrafie sowie für dekorative Zwecke wie Lampenschirme. Die Umsetzung bei der Citizen NJ0180 ist nicht weniger als ziemlich genial und versprüht (auch, wenn ich für diese Aussage vermutlich von Hardcore-Fans virtuell gesteinigt werde) einen Hauch Grand Seiko-Vibes im Dunstkreis von Grand Seiko Snowflake SBGA211 oder Grand Seiko SBGA415 “Taisetsu”. Subarashī!

Citizen NJ0180 80M Tiffany Test 03234

Ein weiteres wesentliches Zifferblatt-Merkmal ist die kleine Sekunde, die historisch betrachtet von Taschenuhren herrührt. Auch die erste Citizen-Taschenuhr aus dem Jahre 1924 hatte eine solche kleine Sekunde an Bord. Nun kann man sich natürlich drüber streiten, ob die asymmetrische Anordnung der kleinen Sekunde bei der NJ0180 so geschickt gelöst ist (böse Zungen sprechen auch von “schielender” kleiner Sekunde) – andererseits schafft der Schriftzug “Automatic Titanium” ein sinnvolles gestalterisches Gegengewicht.

Alles Super? Super Titanium von Citizen

Bereits 1970 präsentierte Citizen die erste
Titan-Uhr der Welt. Bis heute sind Titan-Modelle fester Bestandteil im Sortiment der Japaner. Und anno 2024 startet Citizen eine echte Titan-Offensive – mit 11 neuen Modellen, darunter die hier vorgestellte Citizen NJ0180 “Tiffany”, die mit einem 40,5mm großen und bis 10 bar wasserdichten Gehäuse aus “Super Titanium” kommt.

Das “Super” im von Citizen erdachten Markennamen Super Titanium rührt da her, dass die Japaner das verbaute Alpha-Reintitan vom Grad 2 mit der hauseigenen bzw. proprietären Duratect-Härtungstechnologie kombinieren. Durch Duratect wird die Oberfläche des Titans gehärtet, indem eine zusätzliche Schicht auf der Oberfläche des Materials gebildet wird; dabei kommen unter anderem Verfahren wie IonenplattierenPlasmabehandlung und Duplexbeschichtung zum Einsatz. Citizen spricht davon, dass Super Titanium auf eine Härte von rund 1000 Vickers kommt und somit fast fünf mal härter als Edelstahl ist.

Fun Fact am Rande: Für Uhrenfreunde sicherlich spannend ist, dass Citizen einen nicht unwesentlichen Beitrag zur japanischen ispace-Mondlandefähre Hakuto-R geleistet hat – durch die Lieferung wichtiger Komponenten aus Titan, darunter die Landebeine, die besonders belastbar und gleichzeitig leicht sein mussten, um dem Aufprall einer Mondlandung standhalten zu können. 

Hilfreich dabei, um den prestigeträchtigen ispace-Auftrag an Land zu ziehen, war sicher die Tatsache, dass die Citizen Holdings K.K. auch eigene Werkzeugmaschinen, u.a. zur Bearbeitung von Titan, herstellt und als echter Experte in der Verarbeitung von Titan gilt.

Gescheiterte Mondlandung: Kontakt zu Hakuto-R mit Citizen Super Titanium-Komponenten an Bord abgebrochen

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Citizen-Werkzeugmaschinen für vielfältige Anwendungsgebiete, Bild: Citizen Annual Report 2023

Die grundlegenden Eigenschaften von Titan sind dabei sehr vorteilhaft für Uhrenfreunde, darunter antiallergische Eigenschaften, höhere Korrosionsbeständigkeit und ein deutlich geringeres Gewicht als Edelstahl – so kommt die NJ0180 auf grade mal rund 100 Gramm (mit einem entnommenen Bandglied). Am Titanband trägt sich das Modell mit weit überdurchschnittlichem Tragekomfort.

Aber so lecker das Band auch optisch durch seine polierten Übergänge zum jeweils nächsten Glied ist – ich muss sagen, dass ich es haptisch etwas zu klapprig finde. Auch die Schließe ist leider noch nicht im Jahre 2024 angekommen: Die Microbrand RZE beispielsweise macht in einer ähnlichen Preisklasse vor wie man mit einer Schließe einen praxisrelevanten Kundennutzen generiert, und zwar mit einer Titan-Schließe, die schnelle werkzeugfreie Anpassungen über einen Drücker auf der Innenseite ermöglicht. Bei der NJ0180 hingegen muss man mit Büroklammer oder dergleichen an der Seite der Schließe rumpopeln, um die (nur zweistufige) Feinjustierung zu nutzen. Immerhin ist die Schließe der Citizen NJ0180 schön flach, was angenehm beim Arbeiten mit Maus und Tastatur ist. Trotzdem ist es mir schleierhaft, warum Citizen dem Band nicht etwas mehr Liebe spendiert hat, zumal es durch die vollintegrierte Machart eben nicht einfach gegen ein Drittanbieterband getauscht werden kann und zum Launch leider auch keine Bandalternativen (z.B. FKM-Kautschuk) zur Verfügung stehen.

Kaliber 8213 mit kleiner Sekunde

Der Gehäuseboden gibt den Blick auf das automatische Kaliber Miyota 8213 frei. Die Optik ist unisono von Messingtönen geprägt und kommt ohne nennenswerte Dekorationen aus. Auch, wenn das Werk optisch nicht unbedingt anspruchsvolle Uhrenfreunde hinter dem Ofen hervorlocken dürfte, so ist das Kaliber immerhin deutlich ansprechender als die trüb-graue 4R-Reihe bei der Seiko 5 Sports Automatik oder der Seiko 5 GMT.

Die Kaliberbasis für das 8213 stammt bereits aus dem Jahre 1977 – damals noch ohne Sekundenstopp bei gezogener Krone (“Hacking”-Funktion), dieser ist nun seit einiger Zeit aber an Bord des Kalibers (und damit auch bei der NJ0180), was das exakte Einstellen der Uhrzeit, zum Beispiel auf Grundlage der Atomzeit, natürlich massiv vereinfacht.

Gegenüber der moderneren 9000er-Reihe hat das Kaliber 8213 aber ein paar Nachteile, darunter eine geringere Frequenz (21.600 bph; und damit einen weniger schön schleichenden Zeiger und theoretisch auch eine langfristig schlechtere Ganggenauigkeit). Die Gangreserve ist mit 40 Stunden in Ordnung und auch eine Stoßsicherung ist an Bord. Die Ganggenauigkeit ist aber sowas wie die Achillesferse: +/-20 Sekunden pro Tag (per Spezifikation ab Werk) reißen wahrlich keine Bäume aus.

Lesetipp: Miyota 8204 nach Citizen-Service: Ungewöhnlich langsames Einlaufen!? [Leserbrief]

Abschließende Gedanken

Citizen trifft derzeit den Nerv vieler preissensibler Uhrenfreunde – schon die Citizen NJ0150 Tsuyosa Automatic war ein echter Preis-Leistungs-Kracher. Das hervorragend verarbeitete und eigenständig gestaltete Titangehäuse und das optisch höchst ansprechende Blatt der NJ0180 sind dabei gelungene Upgrades gegenüber der NJ0150, die allerdings auch den Preis über die 400€-Schwelle katapultiert: Die Citizen NJ0180 ist für 429€ direkt bei Citizen oder vielen Fachhändlern (online und offline) erhältlich. Bei Fachhändlern ist in der Regel auch ein gewisser Rabatt drin. Trotz der Schwächen beim Band sei eine klare Kaufempfehlung ausgesprochen.

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Frank T. aus MZ
6 Monate zurück

Hi Mario, diese CITIZEN ist mir unlängst schon positiv aufgefallen, wobei ich sie mit weißem Blatt mit Abstand am reizvollsten finde. Wenn ich eine Uhr im Genta-Style haben wollte, wäre die für mich weit vorne. Ich kann auch mit einer konventionellen Schließen-Feinverstellung sehr gut leben. Einzig der etwas zu kurze Minutenzeiger stört den Monk in mir :-). Schönen Gruß, Frank