Es sah zunรคchst alles gut aus: Am Dienstag, den 25. April 2023, sollte die Landefรคhre Hakuto-R von der privaten japanischen Firma ispace auf dem Mond, im Atlas-Krater am sรผdรถstlichen Auรenrand des Mare Frigoris, landen – eigentlich jedenfalls: Die fรผr 18.40 Uhr geplante Landung war fast auf die Minute genau „on time“, doch die Erfolgsmeldung lieร auf sich warten. Nach einer halben Stunde dann die Gewissheit: Der Funkkontakt mit der Sonde sei abgebrochen, teilte der ispace-CEO sichtlich ergriffen mit, und es sei von einem Scheitern der Mission auszugehen. Vor ziemlich genau vier Jahren war die israelische NGO SpaceIL mit einem รคhnlichen Versuch gescheitert – ihre Sonde Beresheet zerschellte wegen technischer Probleme auf der Oberflรคche des Mondes.
Ich habe das Ganze live รผber YouTube verfolgt und auch, wenn die erste private Mondlandung allem Anschein nach leider nicht erfolgreich war, so ist es fรผr Uhrenfreunde sicherlich dennoch spannend zu wissen, was hinter dem Engagement von Citizen bei diesem Prestige-Projekt steckt. Spoiler: Um Zeitmesser ging es dabei jedenfalls nicht…
Citizen Super Titanium: รber ispace und Hakuto-R
ispace ist ein von Takeshi Hakamada gegrรผndetes privates Raumfahrtunternehmen, das sich darauf spezialisiert hat, kommerzielle Mondmissionen durchzufรผhren. Das Unternehmen wurde 2010 gegrรผndet und hat seinen Hauptsitz in Tokio. ispace hat sich zum strategischen Ziel gesetzt, den Zugang zum Mond zu erleichtern und die Weltraumtechnologie zu verbessern, indem es kosteneffektive Lรถsungen fรผr den Transport von Fracht und Ausrรผstung zum Mond entwickelt – und so entstand auch Hakuto-R, eine Landefรคhre, die auf dem Mond landen sollte, um unter anderem einen Rashid-Rover, der vom Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum der Vereinigten Arabischen Emirate gebaut wurde, abzusetzen und Daten fรผr zukรผnftige Mondmissionen zu sammeln. Insgesamt 14 Erdentage โ also einen Mondtag – sollte der Rover eigentlich รผber den Mond dรผsen.
Hakuto-R ist der erste Lander aus der Hakuto-R-Serie, der auf eine Mission aufgebrochen war – daher auch der Beiname „M1“. „Hakuto“ bedeutet auf Japanisch „weiรes Kaninchen“, das in der japanischen Mythologie auf dem Mond lebt (Alice im Wunderland lรคsst grรผรen). Das „R“ steht fรผr „reboot“, Englisch fรผr „Neustart“.
Auch Deutschland leistete einen erheblichen Beitrag dazu, dass Hakuto-R รผberhaupt abheben konnte: Im Mai 2022 wurde im baden-wรผrttembergischen Lampoldshausen bei der ArianeGroup, einem Gemeinschaftsunternehmen des europรคischen Luft- und Raumfahrtunternehmens Airbus und des franzรถsischen Konzerns Safran, die Montage des Landegerรคts abgeschlossen. Beim Analyse- und Testdienstleistungs-Unternehmen IABG im bayerischen Ottobrun wurden die abschlieรenden Vibrations-, Thermalvakuum-, Masseeigenschaften- und Funktionstests durchgefรผhrt.
Seit Ende Oktober befand sich das Landefahrzeug in Cape Canaveral (Florida) – von dort aus machte sich Hakuto-R bereits am 11. Dezember 2022 mit einer SpaceX Falcon 9-Trรคgerrakete auf den Weg und war somit einige Monate unterwegs. Der Grund: Die Landefรคhre hat eine lรคngere, aber dafรผr energieeffizientere Route zum Mond genommen, um Treibstoff zu sparen. Dabei hat sie die Schwerkraft von Erde und Sonne als Antrieb genutzt.

Bisher haben es nur staatliche Raumfahrtprogramme geschafft auf dem Mond zu landen, darunter 1959 eine unbemannte Sonde aus der Sowjetunion oder – na klar – die beiden NASA-Astronauten Neil Armstrong und Buzz Aldrin im Rahmen der Mondlandung von Apollo 11.
Mehr: Uhren auf Auรenbordeinsรคtzen (EVA) im Weltall: Von 1965 bis heute
Vor zwei Jahren brachte auรerdem die Volksrepublik China dank der unbemannten Raumsonde Chang’e 5 (Pinyin Chรกng’รฉ Wวhร o) Gesteinsproben vom Mond zur Erde zurรผck.
Zurzeit plant darรผber hinaus die NASA mit dem Artemis-Programm die erste bemannte Mondlandung seit รผber 50 Jahren.
Leider wird es auch dabei bleiben, dass bisher nur staatliche Organisationen auf dem Mond landen konnten – zunรคchst jedenfalls: Denn in 2024 soll die nรคchste ispace-Mission zum Mond aufbrechen, 2025 dann die dritte Mission – beide Missionen sollen dabei mit ihren Informationen das Artemis-Programm der NASA unterstรผtzen. Die spรคteren ispace-Missionen sollen dann dazu dienen, ein kosteneffizientes „Mond-Taxi“ zu etablieren – das langfristige Ziel: Bis zum Jahr 2040 soll der Mond laut der Vision von ispace von 1.000 Einwohnern besiedelt werden, die jรคhrlich 10.000 Touristen empfangen.
Super Titanium: Citizen als Komponentenlieferant fรผr Hakuto-R
Fรผr Uhrenfreunde sicherlich spannend ist, dass auch einer der grรถรten Uhrenhersteller der Welt einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Landefรคhre Hakuto-R geleistet hat – und zwar nicht, indem einfach „nur“ Zeitmesser geliefert wurden, sondern wichtige Komponenten aus Titan. Verantwortlich dafรผr war die in unmittelbarer Nachbarschaft von ispace beheimatete Firma Citizen, dessen Logo auch prominent auf der Auรenhรผlle der Landefรคhre angebracht wurde:
ispace hatte insbesondere die Anforderung, dass die Landebeine von Hakuto-R aus leichtem und gleichzeitig belastbarem Material gefertigt werden sollten, um dem Aufprall einer Mondlandung standhalten zu kรถnnen.ย
Hilfreich dabei, um den prestigetrรคchtigen ispace-Auftrag an Land zu ziehen, war sicher die Tatsache, dass dieย Citizen Holdings K.K.ย neben Uhren auch eigene Werkzeugmaschinen zur Bearbeitung von Titan herstellt und als echter Experte in der Verarbeitung von Titan gilt. So brachten die Japaner beispielsweise 1970 die allererste Titanuhr der Welt auf den Markt. Insgesamt beschรคftigt der Citizen-Konzern weltweit ca. 16.000 Mitarbeiter – eine echte Hausnummer.
Heute ist Titan in High-Tech-Industrien wie der Raumfahrt absoluter Standard: Das Material kommt aufgrund seiner Robustheit und seines gleichzeitig relativ geringen Gewichtes beispielsweise in der Herstellung von Satellitenkomponenten wie Antennen, Solarzellenrahmen und Strukturelementen zum Einsatz. Titan wird auch als Material fรผr Schutzschilde verwendet, welche Raumfahrzeuge vor Mikrometeoriten, Weltraumstaub und anderen Partikeln im Weltraum schรผtzen. Titan ist auรerdem besonders wรคrme- und korrosionsbestรคndig.
Das โSuperโ im von Citizen erdachten Markennamen Super Titanium rรผhrt da her, dass die Japaner das Titan Grade 5 mit der hauseigenen bzw. proprietรคren Duratect-Hรคrtungstechnologie kombinieren. Durch Duratect wird die Oberflรคche des Titans gehรคrtet, indem eine zusรคtzliche Beschichtung auf der Oberflรคche des Materials gebildet wird; dabei kommen unter anderem Verfahren wie Ionenplattieren, Plasmabehandlung und Duplexbeschichtung zum Einsatz. Citizen spricht davon, dass Super Titanium auf eine Hรคrte von rund 1000 Vickers kommt und somit rund fรผnf mal hรคrter als Edelstahl ist.
Da sich auรerdem die rotierende Welle und die Verbindungsteile bei den Beinen von Hakuto-R bewegen, ist nicht nur Hรคrte, sondern auch Glรคtte erforderlich. Daher hat Citizen zusรคtzlich auf eine DLC-Beschichtung in Verbindung mit der oben beschriebenen Duratect-Technologie gesetzt โ Duratect DLC (Diamond like Carbon) erreicht dabei laut Citizen eine Vickers-Hรคrte von 1.000 bis 1.400, indem es einen Hartfilm, der hauptsรคchlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff besteht, auf der Oberflรคche erzeugt.
Citizen hat die Zusammenarbeit mit ispace zum Anlass genommen, um diverse moderne, aber sehr hochpreisige Limited Edition-Chronographen mit Eco-Drive-Antrieb zu lancieren, die mittlerweile auch ausverkauft sind.
Nicht limitiert und nach wie vor erhรคltlich ist aber beispielsweise die mechanische Citizen Promaster 200M Fujitsubo NB6021 mit einem Gehรคuse aus Super Titanium – mehr: Frischer Fang: Citizen Promaster 200M Fujitsubo NB6021 Super Titanium im Test
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Spannend gerade in der technischen Tiefe! Aber einen Artikel รผber die Japan-Moon Watch bist du uns jetzt aber schuldig;)