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Ein spannendes Gerichtsurteil aus der Kategorie man kann’s ja mal probieren: Ein Uhrenfreund bestellte Mitte 2020 über die Website eines Online-Uhrenhändlers bzw. –Grauhändlers eine neue Rolex Submariner Date „Hulk“ mit der Referenz 116610LV zum Preis von fast 16.000€, woraufhin auch eine Auftragsbestätigung (und damit die Annahme des Kaufvertrags) in sein Postfach flatterte. Zur Finanzierung der Uhr schloss der Uhrenfreund außerdem eine Finanzierung über den Online-Händler ab, die einen Tag nach dem Kauf ebenfalls bestätigt wurde.

Dumm gelaufen: Der Online-Händler hat die Uhr nicht reserviert und innerhalb dieses einen Tages an jemand anderen verkauft. Der Händler teilte daher einige Tage später dem besagten Uhrenfreund mit, dass sich die Lieferzeit aufgrund der Corona-Situation und der Marktlage verlängern würde…

Rolex-Submariner-Hulk
Das „Corpus Delicti“: Rolex Submariner Date „Hulk“ 116610LV, Bild: Watchmaster

Hintergründe: Rolex-Marktlage vs. Online-Kauf beim Grauhändler

Nun ist die Marktlage im Bereich Rolex-Uhren tatsächlich bekanntermaßen ziemlich „dynamisch“: Rolex-Uhren einfach so beim Juwelier um die Ecke zum Listenpreis ohne Wartezeit zu ergattern ist quasi unmöglich geworden. Rund um den Rolex-Hype haben sich daher eine Vielzahl Online-Händler gescharrt, die Rolex-Uhren bei offiziellen Konzessionären weltweit weit über Listenpreis aufkaufen und mit einer Mini-Marge weiterverkaufen.

Mit anderen Worten verdienen die Rolex-Konzessionäre, die bei diesem Spiel mitmischen, ein stattliches Extra-Sümmchen gegenüber einem Verkauf an „normale“ Endkunden. Und auch die Online-Händler, welche die Rolex-Uhren von den Konzessionären weit über Listenpreis erstehen, wollen natürlich ein paar Euro verdienen, allerdings ist deren Marge wegen des großen Wettbewerbs (Luxusuhren-Online-Shops wie Chronext, Uhren2000 etc.) eher überschaubar und bewegt sich häufig im einstelligen Prozentbereich.

Hier ein vereinfachtes Rechenbeispiel, um zu veranschaulichen wie eine Rolex beim Online-Grauhändler landet:

  1. Der Rolex-Konzessionär kauft eine Submariner Date direkt von Rolex in Genf mit 40% Händlerrabatt auf den aktuellen Listenpreis von 9.400€ (der Konzi zahlt also rund 5600€ an Rolex).
  2. Der Rolex-Konzessionär verkauft die Submariner Date dann aber nicht zum Listenpreis an einen Endkunden, sondern für 15.000€ an einen Online-Grauhändler. Der Konzi verdient an diesem Geschäft 9400€ statt 3800€.
  3. Der Online-Grauhändler (in seiner Funktion als „Zwischenhändler“) verkauft die Submariner Date an einen Endkunden für 16.000€ (7% Marge bzw. 1000€).

Mehr: Rolex als Wertanlage: Macht die Blase peng!?

Rolex Hulk Grüne Submariner
Bild: Watchmaster

Aber zurück zum Uhrenfreund, der ja vertröstet wurde und noch auf seine finanzierte Rolex Submariner Date wartet: Ein paar Tage später hat der Händler in einer weiteren E-Mail dann plötzlich angekündigt, dass Rolex das bestellte Modell aus seinem Sortiment genommen und eingestellt habe – was grundsätzlich auch korrekt ist, denn Rolex hat die Submariner im Jahre 2020 neu aufgelegt und in dem Zuge die „Hulk“-Variante der Submariner, also die Variante mit grünem Zifferblatt und grüner Lünette, komplett aus dem Sortiment gestrichen und durch eine deutlich zurückhaltendere Variante mit schwarzem Zifferblatt und grüner Lünette („Starbucks“, Ref. 126610LV) ersetzt. Dadurch sind die Preise der „Hulk“ explosionsartig gestiegen.

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Preisexplosion der Rolex Submariner Hulk, Grafik: Chrono24

Letztendlich stornierte der Händler die Bestellung. Offenbar hat der Händler aber trotzdem einen Konzi gefunden, der das gefragte Modell liefern konnte: Am selben Tag, an dem die Bestellung storniert wurde, stellte der Händler erneut dieselbe Submariner Date „Hulk“ mit der Referenz 116610LV auf seiner Website als „vorrätig“ bzw. „sofort lieferbar“ ein – für einen deutlich höheren Preis von fast 22.000€.

Ob der Händler die Bestellung storniert hat, um einfach selbst von den sprunghaft steigenden Preisen zu partizipieren, oder ob es ihm tatsächlich nur möglich war deutlich teurer einzukaufen (siehe Mini-Marge des Händlers oben), ist reine Spekulation und war für die Entscheidung des Gerichts im folgenden Prozess auch nicht relevant.

Der Uhrenfreund, der die Stornierung schlucken musste, war jedenfalls „not amused“ – und bestellte die Uhr beim selben Händler einfach noch mal für 22.000€ und forderte die Differenz in Höhe von 6.000€ (= 22.000€ minus 16.000€) als Schadensersatz zurück.

Rolex Hulk Submariner Gruene Keramik
Bild: Watchmaster

LG Köln: Grauhändler hätte die Rolex zum vereinbarten Preis liefern müssen

Laut dem offiziellen Urteil des LG Köln (Urt. v. 30.11.2021, Az. 5 O 140/21) bekam der Uhrenfreund grundsätzlich recht: Sowohl die angeführte Corona-Situation als auch der Umstand, dass die Uhr nicht mehr hergestellt wurde („Marktlage“), waren letztlich ohne Belang. Dass die Uhr unter Umständen für den beklagten Händler deutlich teurer vom Rolex-Konzessionär zu beschaffen war, war ebenfalls völlig unerheblich. Der Händler war verpflichtet, die gekaufte Rolex zu vereinbartem Preis zu liefern, denn ein mit dem Kunden vereinbarter Festpreis bleibt auch bei unerwarteten Erhöhungen bei den Einkaufspreisen grundsätzlich bindend. Der Grundsatz: Die Beschaffung der Ware ist das alleinige Risiko des Händlers und nicht das Problem des Endkunden. Punkt.

Dennoch hat der klagende Uhrenfreund nicht die vollen 6000€ zugesprochen bekommen, da laut Gericht ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorliegt: Die gleiche Rolex 116610LV war im fraglichen Zeitraum im Internet zu Preisen von rund 19.200€ angeboten worden, der Käufer hätte sich daher bemühen müssen, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Der klagende Uhrenfreund bekam daher „nur“ 2.760€ zugesprochen (22.000€ minus 19.240€).

Lesetipp: Rolex Hulk? 12 Uhren-Alternativen mit grünem Zifferblatt für jeden Geldbeutel

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