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Ich bin im Allgemeinen ein großer Fan von Retro-Anzeigen – meine ganze Küche ist mit mit Retro-Blechschildern “zugepflastert”. Natürlich finden auch Uhren-Anzeigen meine besondere Aufmerksamkeit – diese spiegeln den Zeitgeist der jeweiligen Dekaden wunderbar wider und geben Einblicke in einige spannende historische Entwicklungen. In diesem Artikel möchte ich euch daher auf eine Zeitreise in die Welt der spannendsten Uhren-Anzeigen mitnehmen…

19. Jahrhundert: Innovationen rund um Roskopf & Co.

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hat der deutsch-schweizerische Uhrmacher Georges Friedrich Roskopf die Stiftankerhemmung zur Marktreife geführt. Da Uhren bis dato kostenintensiv in aufwändiger handwerklicher Einzelfertigung hergestellt wurden, war die Entwicklung ein riesen Ding. Mit der Erfindung von Roskopf konnten Uhren fortan auch in industrieller Massenproduktion hergestellt werden, da sie einfacher konstruiert waren und aus weniger Teilen als die hochklassigen Uhren bestanden.

Somit wurden Uhren auch für die breite Bevölkerung erschwinglich – lediglich 20 Franken kostete die erste von Roskopf auf den Markt gebrachte Taschenuhr anno 1860, was in etwa dem wöchentlichen Lohn eines Arbeiters entsprach. Daher trägt die Uhr bis heute auch den Namen „Arbeiteruhr“ (auch: La Prolétaire).

Wenig verwunderlich daher, dass die Innovation auch in Anzeigen ein großes Thema war.

Mehr: Stiftankerhemmung und das System Roskopf: Die Uhr für jedermann

Auch Taschenuhren mit Chronographen-Komplikation wurden zunehmend beworben – hier zwei original Werbeanzeigen aus den Jahren 1894 und 1905, die die Chronographen (“Chronographes”) bzw. Zeitzähler (“Compteurs”) aus dem Hause Breitling in den Vordergrund rücken und die Wichtigkeit für den Schweizer Hersteller zeigen.

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ab 1900: Armbanduhren? Nur für Frauen!

Armbanduhren – das ist doch nur was für Frauen! So zumindest die einhellige Meinung der Männerwelt über Armbanduhren, die sich bereits im 19. Jahrhundert in Form prunkvoller Armbänder, in die kleine Damentaschenuhren eingelegt werden konnten, durchsetzten. Für Männer galt solch “Schmuck mit Zeitanzeige” damals allerdings als undenkbar – Warum eine Uhr am Arm tragen und sie Stößen und Witterungseinflüssen aussetzen, wenn man sich auf eine bewährte und gut geschützte Taschenuhr verlassen kann? Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein griff der „Herr von Welt“ lieber wie gewohnt zur Taschenuhr.

Entsprechend ist die Uhren-Werbung aus der damaligen Zeit geprägt – und zwar unter dem Motto Bilder sagen mehr als tausend Worte:

ab 1914: Erster Weltkrieg

Die Produktion von Uhren war zwar sehr rentabel, die Produktion von Kriegsgütern warf allerdings noch mehr Knete ab: Bereits während des Ersten Weltkrieges fokussierten sich viele Uhrenhersteller auf die Produktion von Zeitzündern, darunter Thiel aus Ruhla.

Dennoch wurden auch Uhren nachgefragt: Zum Durchbruch der Armbanduhr kam es durch den Ersten Weltkrieg als die Soldaten merkten, dass es irgendwie umständlich war, die Taschenuhr dauernd aus der Uniformjacke zu pulen – die am Handgelenk getragenen sogenannten Trench Watches bzw. Schützengrabenuhren setzten sich durch und waren plötzlich hoch im Kurs bei Männern.

Hersteller der US Army-Trench Watches waren die US-amerikanischen Uhren-Hersteller Waltham und Elgin. Spannend: Die ersten Trench Watches waren im Prinzip einfach nur umgebaute Taschenuhren, an deren Gehäuse Bögen drangelötet wurden, um ein Lederband montieren zu können. Viele offizielle Trench Watches kamen mit einem Emaille-beschichteten Zifferblatt, Radium-Leuchtmasse auf den Zeigern und den übergroßen Ziffern, kleiner Sekunde (zum Zwecke der Synchronisation unter den Soldaten), einer griffigen zwiebelförmigen Krone und einem Gehäuse aus Nickel oder Silber.

Als weitere Anforderung kam später auf, dass die Soldaten ihre Uhren und insbesondere das Glas schützen mussten. Und so wurden (meistens aus Blech gestanzte und dann vernickelte oder versilberte) Metallgitter bzw. -käfige geschaffen, die das Glas bedeckten, aber durch Aussparungen dennoch das Ablesen der Uhrzeit ermöglichten.

1920er: Quadratische Uhren und erste zaghafte Versuche, Automatikuhren zu bewerben

Nach dem Ersten Weltkrieg setzte sich die Armbanduhr allmählich auch im zivilen Leben bei Männern durch. Aber auch noch in den 1920ern spiegeln nach wie vor viele Anzeigen wider, dass Armbanduhren immer noch ein weit verbreitetes Accessoire für Frauen war:

Gleichzeitig wurden in den Anzeigen zunehmend Uhren mit rechteckigen und quadratischen Gehäusen präsentiert, um eine Differenzierung zur typischen runden Taschenuhr zu schaffen. 

Nicht zu vergessen ist auch John Harwood, der Erfinder der ersten Automatikuhr überhaupt: Der britische Uhrmacher und Tüftler hatte in den 1920er Jahren die Idee zu einer Uhr mit automatischem Aufzug als er Kinder auf einer Wippe spielen sah – daraufhin begab er sich in seine Werkstatt und baute auf Basis einer ausrangierten Taschenuhr den Prototypen einer Armbanduhr mit Automatikaufzug. Die „Harwood Self-Winding Watch“ wurde daraufhin auch patentiert. Fortis-Gründer Walter Vogt erkannte das Potential der Erfindung und brachte Harwoods Idee in Serienfertigung. Das erste Modell wurde bereits auf der Baselworld 1926 präsentiert. So richtig durchgesetzt hat sich die Automatik-Technologie aber zunächst nicht – trotz entsprechender Anstrengungen in Form von Werbeanzeigen.

Mehr: Englische Uhren-Marken in der Übersicht

1930er: Armbanduhren verdrängen Taschenuhren

Die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mann und Frau war in den 30er Jahren Gang und Gäbe. Männer waren in der Regel die Hauptverdiener der Familie und für die gesamten Finanzen verantwortlich. Frauen waren oft Hausfrauen und kümmerten sich um den Haushalt und die Kindererziehung. Das spiegelte sich auch in etlichen Anzeigen der damaligen Zeit wider – hier ein Beispiel von Hamilton aus den USA:

Die Präsenz von Taschenuhren in der Werbung nahm deutlich ab, da langsam allen klar wurde, dass der Armbanduhr die Zukunft gehörte. Viele Uhrenhersteller fuhren aber zweigleisig wie diese Anzeigen von Thiel aus Ruhla zeigen:

Eckige Uhren waren auch in den 30ern noch stark im Kommen – so wie die 1931 eingeführte Reverso von Jaeger-LeCoultre mit Wendegehäuse.

Auffällig: Vielen Anzeigen geben dem Text viel Raum und spiegelt einen ziemlich weit verbreiteten Trend in dieser Zeit wider. Ausnahmen bestätigen die Regel: Longines und Patek Philippe beispielsweise gingen in den 30ern einen komplett anderen Weg der Bildsprache:

Rolex hat in den 1930er Jahren einen beachtlichen Aufschwung erlebt. Ein entscheidender Faktor war, dass Hans Wilsdorf viel Wert auf einprägsame Werbung legte: Eine berühmte Rolex-Anzeige zeigt die britische Schauspielerin Evelyn Laye, die ihr Handgelenk mit einer Rolex im Arm in einem Fischglas versenkte. Klingt aus heutiger Sicht alles andere als spektakulär, war aber damals, als wasserdichte Uhren noch etwas total Außergewöhnliches waren, ein echter Clou.

Passend zu dieser Anzeige gab Wilsdorf seinen Händlern ein Fischglas, in dem sie eine Rolex-Uhr ausstellen konnten, und stellte so eine direkte Verbindung zwischen der Anzeige und dem wirklichen Leben her, um auch den skeptischsten Kunden vom Oyster-Gehäuse zu überzeugen.

Rolex blieb noch einige Jahre bei dieser Bildsprache – diese Anzeige beispielsweise ist aus 1936:

Borduhren, Fliegerchronographen & Co. waren insbesondere zu Beginn der zivilen Luftfahrt ab den 1920er und 1930er Jahren überlebenswichtige Instrumente zur Navigation, die häufig aus dem Schweizer Jura im Allgemeinen und von Longines im Speziellen kamen.

Auf der Grundlage entstanden auch speziell für die Luftfahrt entwickelte Zeitmesser: Eine von Longines ersten Uhren für die Luftfahrt beispielsweise war die vom Navigationslehrer Philip van Horn Weems entwickelte Navigationsuhr, die Kursberechnungen dank präziser Synchronisierung mit dem amtlichen Radio-Zeitzeichen vereinfachte ohne die Zeiger neu ausrichten zu müssen – dank einer speziellen Lünette und einem zentralen, drehbaren Hilfszifferblatt. Der legendäre Pilot Charles Lindbergh höchstpersönlich zeichnete sich für die spätere Weiterentwicklung der Weems-Navigationsuhr verantwortlich – etwas, das Longines natürlich gerne und oft in Anzeigen kommunizierte.

1940er: Zweiter Weltkrieg und die Jahre danach

Die 40er Jahre waren bekanntermaßen vom Zweiten Weltkrieg geprägt. Auch in der Schweiz herrschte die Angst vor einem möglichen Einmarsch der Nazis. Die Schweiz war während des Krieges offiziell neutral, aber aufgrund ihrer geografischen Lage zwischen den Achsenmächten (Deutschland, Italien) und den Alliierten (insbesondere Frankreich) war sie stark gefährdet.

Werbeanzeigen spiegelten die von militärischen Konflikten durchzogenen Jahre oftmals wider: Das von Heuer gewählte Bild von Offizieren, die ihre Uhren synchronisieren, in Kombination mit einem wasserdichten Chronographen spricht Bände, denn die Produktionsstätten der Uhrenhersteller konzentrierten sich neben mechanische Zeitzünder auf militärisch genutzte Uhren.

Das war auch in den USA nicht anders – wir erinnern uns: Der Industrielle Thomas Olsen wurde von den Nazis aus seiner Heimat Norwegen vertrieben und suchte Zuflucht in den USA. Er kaufte die finanziell angeschlagene Waterbury Clock Company und richtete die Produktion voll auf militärische Güter (Instrumente für Kampfflugzeuge und Näherungszünder) für die US Army aus, um seinen Teil zur Bekämpfung der Nazis beizutragen.

Auch der aus Tschechien in die USA ausgewanderte Josef Bulova schloss eine Vereinbarung mit der Regierung der USA, um bei den Kriegsanstrengungen zu helfen, darunter mit der Produktion von Luftfahrtinstrumenten, Teleskopen, Navigationsuhren, Zeitzündern etc.. Ein wichtiger Beitrag von Bulova war insbesondere die A-15 Pilot Watch, die oft als „die Uhr, die den Krieg gewonnen hat“, bezeichnet wird. Das Modell (das neben Bulova auch Elgin und Waltham produzierten) wurde dieser Titel zuteil, da sie gegen Ende des Krieges von amerikanischen Truppen getragen wurde und es den Alliierten erlaubte, deutsche Truppen mit Präzision und Genauigkeit zurückzudrängen – mit einer Genauigkeit von damals ziemlich guten +/- 30 Sekunden pro Tag.

Fun Fact am Rande: Während der Krieg noch im Gange war, erhöhte Bulova sein Werbebudget in der Hoffnung, um für das einbrechende Rüstungsgüter-Geschäft bzw. das Nachkriegsgeschäft vorzusorgen

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Deutlich weniger martialisch als Bulova: Diese Anzeige vom US-amerikanischen Hersteller Gruen wiederum schafft den Spagat in die zivile Welt mit einer emotional aufgeladenen Geschichte rund um Sehnsucht im Zweiten Weltkrieg:

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1942

Deutlich weniger direkt verarbeitet Rolex den Krieg: Anstatt Uhren zu zeigen, wählten die Genfer den Titel eines Weihnachtsliedes mit einem Text, der das durch den Krieg verursachte Leid anerkennt und gleichzeitig die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zum Ausdruck bringt.

Zurück in die Schweiz: Im Jahre 1938 untermauerte Willy Breitling seine starke Marktposition im Bereich Chronographen für die Luftfahrt: Er gründete das sogenannte Huit Aviation Department im Jahre 1938 – eine neue Abteilung, die sich auf professionelle Art und Weise um die Bedürfnisse in der militärischen und zivilen Luftfahrt kümmern sollte. Der Schwerpunkt lag insbesondere auf Bord-Chronographen. Und so sicherte sich Willy Breitling mit seinen Bord-Chronographen einen festen Platz in den Bombern und Kampfflugzeugen der Royal Air Force.

Während des zweiten Weltkriegs, im Jahre 1942 gelang Breitling ein weiterer Durchbruch mit dem Breitling Chronomat, eine Wortschöpfung aus Chronograph und Mathematik, der Kalkulationen über den integrierten Rechenschieber möglich machten. Der Chronomat kam beispielsweise bei der United States Air Force (USAF) zum Einsatz.

1950er und 1960er: Weltraumzeitalter, Gipfelerstürmung und andere Errungenschaften

Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten fast alle Uhrenhersteller starke Umsatzeinbrüche hinnehmen, da die Rüstungsausgaben im Allgemeinen dramatisch sanken. Und so kam wieder die Zeit der Innovationen und der Toolwatches. Viele Hersteller argumentierten auf der Sachebene: In dieser Stowa-Anzeige aus 1959 beispielsweise wurde beworben, dass der 60-Minuten-Timer in einer Vielzahl von Situationen nützlich sei, beispielsweise hinsichtlich der rechtzeitigen Versorgung der Parkuhr mit weiteren Münzen. Es könne „für Termine, Konferenzen und für alle Arten von Zeitplanung im Haushalt genutzt werden“.

Viele Hersteller setzten auch darauf potentielle Kunden über den Nutzen von Automatikuhren gegenüber reinen Handaufzugsuhren zu informieren, die sich zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht endgültig durchgesetzt hatten (siehe die Harwood-Anzeigen aus den 1920ern).

Die Ingenieur prägte ab 1955 das Image der Schaffhausener Uhrenmarke IWC wie kaum ein anderes Modell. Herausragendes Merkmal ist der Schutz des Uhrwerks gegen schädliche Einflüsse durch starke Magnetfelder. 

Auch menschliche Errungenschaften wie die erstmalige Besteigung des Mount Everest waren ein gefundenes Fressen für Werbeanzeigen – Rolex spielt bis heute in der Marketingkommunikation gerne in aller Ausführlichkeit auf den Mythos der Erstbesteigung des Mount Everest an. Die Schweizer positionieren sich mit ihren Uhren unmissverständlich als unverzichtbares Werkzeug für die Bergsteiger und Abenteurer der damaligen Zeit – hier ein Screenshot von der Rolex-Website aus April 2022:

Der Knackpunkt ist aber vor allem, dass es keine einzige der an das Expeditionsteam ausgegebenen Rolex-Uhren auf den Gipfel des Mount Everest schaffte – auch nicht als “Zweituhr” am anderen Handgelenk. Die Ehre gebührt tatsächlich dem Uhrenhersteller Smiths, wie wir gleich auch noch in Originaldokumenten aus dem Jahre 1953 sehen werden.

Mehr: Smiths statt Rolex: Die erste Uhr auf dem Gipfel des Mount Everest

Nicht nur schwindelerregende Höhen, sondern auch die Tiefen der Meere wurden zunehmend erkundet – dank Erfindungen wie der Atemregler, der es Tauchern ermöglicht, kontinuierlich Luft aus einer Druckluftflasche zu atmen. Im Jahr 1956 veröffentlichte Jacques Cousteau außerdem das Buch “Die schweigende Welt” (Originaltitel: “Le Monde du Silence”), das später auch als Dokumentarfilm veröffentlicht wurde. Das Buch und der Film trugen dazu bei, das Interesse am Tauchen weltweit zu steigern und die Unterwasserwelt einem breiten Publikum näherzubringen.

Taucher benötigten natürlich auch zuverlässige Zeitmesser, die intensiv beworben wurden. So wie das Modell Fifty Fathoms vom Schweizer Uhrenhersteller Blancpain, der im Auftrag des französischen Militärs eine komplett neue mechanische Taucheruhr mit automatischem Aufzug, einer Wasserdichtigkeit von 50 nautischen Fäden (auf englisch „Fifty Fathoms“; umgerechnet rund 91 Meter) und einseitig drehbarer Lünette mit Bakelit-Einlage entwickelt hat. Das Modell wurde später auch in der zivilen Welt beworben:

Auch Eterna schwamm auf der Taucheruhren-Welle – mit stark emotional aufgeladener Werbung:

Im Vergleich dazu wirkt diese Anzeige von Eberhard sachlich-nüchtern, fast schon etwas langweilig:

Im Laufe der 60er setzten Uhrenhersteller zunehmend auf emotionale Komponenten und bekannte Gesichter – Vorreiter dabei: Rolex. In der Anzeige unten beispielsweise werben die Genfer mit dem dreifachen britischen Formel 1-Weltmeister Sir John Young „Jackie“ Stewart.

Besonders bekannt sind die “If you were…”-Anzeigen von Rolex, die erstmalig in den 60ern gedruckt wurden und darauf abzielen, dass man sich gedanklich in das Leben eines Piloten, Tauchers, Politikers, Rennfahrers und dergleichen versetzt – natürlich immer mit einer Rolex am Arm.

Aus heutiger Sicht mehr als bedenklich ist dabei dieser “Ausrutscher”, der aus den 80er Jahren stammt:

Die Mondlandung 1969 im Rahmen von Apollo 11 war einer der Höhepunkte im Weltraumzeitalter. Dumm gelaufen: Nur einer der beiden Astronauten trug die Speedmaster ST105.012 tatsächlich beim Spaziergang auf der Mondoberfläche. Der zweite Mann auf dem Mond, Buzz Aldrin. Neil Armstrong, der erste Mann auf dem Mond, hatte seine Speedmaster in der Fähre Eagle gelassen, um ein Backup für die Bulova-Cockpituhr zu haben, die zuvor Zicken gemacht hatte.

Aber egal, denkt sich Omega, denn die “Speedy” ist dennoch seitdem ein zentrales Thema in der Anzeigenwerbung von Omega – bis heute wie wir noch ganz am Ende des Artikels sehen.

Mehr: Moonwatch-Evolution: Omega Speedmaster Professional – Geschichte und Modelle von 1957 bis heute

Mehr: Preisentwicklung der Omega Speedmaster Moonwatch: Vintage und aktuelle Modelle

Aber auch andere Uhrenhersteller sind auf den Hype-Train rund um Mondlandung & Co. aufgesprungen: In der Anzeige unten wird behauptet, dass Sicura insgesamt drei Uhren in Form der Raumsonde Apollo 11 hergestellt habe. Zur Feier der Mondlandung wurden sie jedem Astronauten geschenkt. Offiziell beteiligt an der Mondlandemission war Sicura zwar nicht, aber die Anzeige ist als durchaus pfiffig zu bewerten, da sie eben jenes suggeriert.

Valjoux-Chronographenkaliber mit Handaufzug wurden ab 1969 vom innovativen Chronomatic Calibre 11 abgelöst – das erste per Automatikaufzug betriebene Chronographenkaliber der Welt! Entwickelt wurde das Calibre 11 von einem mysteriösen Konsortium unter dem geheimnisvollen Codenamen “Projekt 99” – um die beachtliche Investition stemmen zu können beteiligten sich neben Heuer die Schweizer Schwergewichte Breitling, Buren Watch S.A., Dubois-Dépraz S.A. und später auch Hamilton an dem Großprojekt, das auch intensiv beworben wurde:

1970er und 1980er: Im Zeichen der Quarz-Revolution

Zunächst schien die Quarz-Revolution rein technologischer Natur zu sein, da die Preise von Quarz-Modellen mit denen hochwertiger mechanischer Uhren vergleichbar waren. Doch innerhalb weniger Jahre sanken die Kosten für elektronische Module drastisch – vor allem die Japaner konnten Kostendegressionseffekte heben.

Timex und Citizen beispielsweise zeigen sich mit der neuen Technologie im Portfolio in diesen Anzeigen betont futuristisch:

Spannend sind diese beiden Anzeigen des japanischen Herstellers Orient, die zeigen, dass die Japaner mit typisch deutschen “Kulturgütern” um die Gunst der deutschen Kunden gekämpft haben:

Bemerkenswert ist auch diese Seiko-Anzeige aus 1970, die doch recht stark an die “If you were”-Kampagne von Rolex erinnert:

Was in Fernost die Quarz-Revolution war, war aus Sicht der Schweizer und der deutschen Uhrenhersteller die Quarz-Krise: Den günstigen Quarzern aus Japan & Co. konnte man in unseren Breitengraden nicht viel entgegen setzen. Viele “Old School”-Uhrenhersteller gingen insolvent.

Dennoch ließen es die Schweizer Uhrenhersteller nicht unversucht – Tissot beispielsweise warb im Rahmen der Formel 1 unübersehbar mit “Quartz” – hier beispielsweise auf dem Lotus 79 von Mario Andretti, mit dem er 1978 die Formel-1-Weltmeisterschaft und Lotus den Konstrukteurspokal gewann.

Auch Omega versuchte sein Glück mit einer Ana-Digi-Hybrid-Uhr, einer Chrono-Quartz-Variante der Seamaster, die mit “Science Fiction” beworben wurde:

Besonders spannend ist auch eine Werbung aus 1971 für eine Heuer Autavia 1163T mit dem Automatikkaliber Cal. 11 in Zusammenarbeit mit dem Kippen-Hersteller Viceroy – eine ziemlich unkonventionelle und preisaggressive, aber durchaus erfolgreiche Reaktion auf schwindende Verkäufe in den USA in Anbetracht der günstigen Konkurrenz aus Fernost. Immerhin 5000 Autavias hat Heuer mit dieser Aktion unter die Leute gebracht – für damalige Verhältnisse ein beachtliche Anzahl.

Die Schweizer setzten teilweise auch auf die Botschaft, dass Quarz nicht unbedingt billig bedeuten muss: Der Schweizer Rohwerkehersteller Frédéric Piguet beispielsweise stellte einen hochwertigen Hybrid-Chronographen vor, der elektronische und mechanische Funktionen vereinte:

Audemars Piguet, der Luxusuhrenhersteller, der mit dem Modell Royal Oak aus der Feder von Gérald Genta eine der bekanntesten Uhren der Welt im Sortiment hat, ist einer der letzten noch existierenden Schweizer Uhrenhersteller, der niemals den Schoß der Gründerfamilie verlassen hat.

Die damaligen Audemars Piguet-Bosse zögerten lange ins Quarzzeitalter aufzubrechen. Die Versuchung, die Royal Oak-Linie mit Quarzwerken zu “beglücken”, war groß, aber das Management war letztendlich dagegen und schuf stattdessen zunächst eine verwandte Linie: Die Referenz 6005, rechteckig und mit abgeschrägter Kante. Im Fokus von Anzeigen stand weiterhin aber die Schweizer Uhrmacherkunst.

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Quarzer von Audemars Piguet, 1980

Swatch schaffte es, sich während der Quarz-Krise zu behaupten, indem das Unternehmen auf mehrere Strategie-Eckpfeiler setzte, darunter ein modernes Markenimage, das Spaß und Jugendlichkeit verkörperte.

Die Modelle waren günstig, farbenfroh, hatten hohen Wiedererkennungswert und oftmals einen künstlerischen Touch – so wie diese Modelle, die in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Künstler Keith Haring entstanden:

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1986

Weniger bunt ging es in Anzeigen wie diesen zu, die vor den Eindrücken des Vietnamkrieges entstanden: Auf Basis der Mil-Spec MIL-W-3818B des US-Verteidigungsministeriums (bzw. der fast identischen GG-W-113 der General Services Administration (GSA)) entstanden im Jahre 1962 Uhren für Bodentruppen (Field Watches) unter der Bezeichnung DTU-2A/P. Die Uhren-Hersteller Hamilton, Benrus, Timex und Bulova sicherten sich damals den lukrativen Regierungsauftrag.

Ein charakteristisches Merkmal bei diesen Field Watches war dabei ein Innenring, der mit den Ziffern 13 bis 24 beschriftet ist. 

Mehr: Field Watch und Infanterie-Uhr von gestern bis heute

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Wir bleiben bei Timex: Das Aufkommen der Quarz-Technologie in den 70er und 80er Jahren setzte auch dem US-Hersteller Timex massiv zu. Die US Time Corp. war gezwungen die Mitarbeiterzahl daher von über 30.000 auf grade mal 6.000 zurückzuschrauben. Aufgegeben hat Timex aber nicht: Mit der Timex Ironman Triathlon (1984) und der Indiglo-Beleuchtungstechnologie (1992) setzten die Amerikaner damals durchaus beachtliche Ausrufezeichen im hart umkämpften und von den Japanern mit günstigen Quarz-Modellen überschwemmten Uhrenmarkt.

1990er: Generationenkampagne und 007

Die 90er Jahre waren die letzte große Ära der Printmedien. Bemerkenswert ist der Kontrast zwischen einer Anzeige aus 1991 zur Junghans Mega 1, eine digitale Funkuhr, die in einem futuristischen Ambiente präsentiert wird, das an ein Science-Fiction-Filmset erinnert…

… und der völlig anders aufgezogenen Patek Philippe Generationen-Kampagne, die mit klassisch-traditionellen Schwarzweißfotos von Eltern und ihren Kindern erzählt: „Eine Patek Philippe besitzt man eigentlich nie. Man kümmert sich lediglich für die nächste Generation darum.“ Auch wenn dieser Satz auf fast alle höherwertigeren mechanischen Uhren zutrifft, ist es Patek Philippe gelungen, sich diesen durch die Kampagne “anzueignen” – Respekt!

Omega-Uhren und James Bond 007 – das gehört seit dem Leinwand-Auftritt der Taucheruhr Omega Seamaster am Handgelenk von Pierce Brosnan in Goldeneye (1995) untrennbar zusammen. Seit fast 30 Jahren kommt nun keine andere Uhrenmarke als Omega mehr ans Handgelenk des Geheimagenten: Die in den früheren Filmen gesichteten Modelle von Herstellern wie Seiko, TAG Heuer oder Rolex sind seit Goldeneye passé.

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Rolex trifft Bond anno 1965

Man kann sich darüber streiten, wo sich Brosnan in der Top-Liste der besten Bonds bewegt. Für mich persönlich besteht aber eine besondere Verbindung zum Goldeneye-Bond, denn in meiner Kindheit summierten sich unzählbar viele Stunden, in denen ich das gleichnamige Videospiel auf dem N64 bis zum Erbrechen gezockt habe.

Auf jeden Fall ist Omega seitdem sehr engagiert darin den Bond-Mythos in Verbindung mit der Seamaster aufrecht zu erhalten – auch über Pierce Brosnan hinaus bis hin zu Daniel Craig, der 2006 die Rolle des fiktiven Geheimagenten übernommen hatte.

Die Geschichte der beliebtesten italienischen Uhrenmarke Panerai ist lang und spannend. Der Grundstein für den heutigen Hersteller Officine Panerai wurde bereits im Jahre 1860 gelegt. Kompasse, Tiefenmessgeräte und Taschenlampen gehörten später zum voll auf militärische Bedürfnisse ausgerichteten Portfolio der fleißigen Italiener. Die Zusammenarbeit mit der italienischen Marine verhalf der Unternehmerfamilie Panerai im Jahre 1915 zum Durchbruch.

Erst in den 90er Jahren aber schaffte Panerai den Durchbruch im Endkundenbereich: Vor allem dank der Hollywood-Präsenz auf der Leinwand mit Sylvester Stallone in „Daylight“ (1996) und Arnold Schwarzeneggers in„ Eraser“ (1996).

Mehr: Bella Italia? Aktuelle Italienische Uhren-Hersteller

2000er: Berühmte und lädierte Gesichter

Ab den 2000ern versuchen Uhrenhersteller zunehmend aus der Masse herauszustechen – mit berühmten Gesichtern, nackter Haut und markigen Werbetexten.

Vor der Einführung des Smartphones setzten ein paar Hersteller unter anderem auf Touchscreens und zielten damit auf eine junge Bevölkerungsgruppe als Kunden für innovative Produkte ab – so wie Tissot mit der T-Touch:

Breitling warb über viele Jahre mit dem US-Schauspieler und Hobby-Piloten John Travolta. Und das passte einfach perfekt: Schon 1936 führte Willy Breitling einen eigens für Piloten entworfenen Chronographen ein, der über eine Drehlünette mit einem Merkpfeil verfügte – der Vorgänger der Rechenschieber-Lünette der Breitling Navitimer, die 16 Jahre später auf den Markt gebracht wurde und den Aviatik-Schwerpunkt von Breitling in den folgenden Jahrzehnten manifestiert.

Travolta wiederum ist als begeisterter Luftfahrt-Enthusiast bekannt, besitzt eine Fluglizenz und sogar ein Haus, das an eine Landebahn mit Stellplatz für seine Boeing 707 angeschlossen ist. John Travolta hatte die Jet-Legende 1998 erworben und sie in der Folgezeit mehrfach selbst geflogen. In den letzten Jahren allerdings parkte die Maschine nur noch auf der ihr zugewiesenen Stellfläche des Travolta-Anwesens in Florida. „Fliegen ist meine Leidenschaft und ich bin sehr dankbar, dass ich viele Flugstunden in so einem schönen Flugzeug sammeln durfte“, erklärte Travolta bereits 2017. 

Überfallen, verprügelt und um seine Hublot-Uhr erleichtert: Der ehemalige Formel-1-Boss Bernard Charles „Bernie“ Ecclestone musste anno 2010 ganz schön einstecken. Aber das ließ Bernie nicht einfach auf sich sitzen und machte aus der Not eine Tugend – anstatt Anzeige bei der Polizei zu erstatten, nutzte er diesen Vorfall für Marketingzwecke: Er bat seine Mitarbeiter, sein lädiertes Gesicht zu fotografieren und es an Hublot-CEO Jean-Claude Biver zu schicken. Daraus entstand die berühmte Anzeige mit dem Slogan: „Sehen Sie, was die Leute für eine Hublot tun.“

Ein wahrer Klassiker ist die Kampagne von TAG Heuer, die mit Schauspieler DiCaprio warb – der schaffte es allerdings in keiner der Anzeigen die jeweilige Uhr “richtig” anzuziehen, was irgendwie unfreiwillig komisch war und zum einen oder anderen Internet-Meme führte:

Fast schon legendär ist die IWC-Kampagne, die mit Geschlechterrollen und -Vorurteilen spielt. In einer Anzeige wird beispielsweise eine Parallele zwischen der Komplexität eines DaVinci-Chronographen mit ewigem Kalender und der Damenwelt gezogen – ein ziemlich mutiger Schritt für die bereits Schweizer Marke, da sie einige potenzielle Kunden von ihren Damenmodellen abschrecken könnte.

Heutige Werbeanzeigen beinhalten oftmals mysteriöse Teaser: In der Werbung unten aus dem Jahre 2024 ist ein Pfotenabdruck in der Mondoberfläche zu sehen. Darunter das Datum vom Launch-Datum der MoonSwatch – plus ein Jahr. Da fiel es nicht schwer eins und eins zusammenzuzählen, neugierig macht die Anzeige dennoch.

Mehr: Schwarz auf Weiß: Snoopy MoonSwatch “New Moon” und “Mission to the Moonphase” sind gelandet

Auch diese Anzeige aus 2022 zum 50. Geburtstag der Audemars Piguet Royal Oak lässt den Leser mit ein paar Fragezeichen in den Augen zurück:

Vermisst ihr eine Anzeige, die hier unbedingt noch aufgenommen werden muss? Hinterlasst mir gerne einen Kommentar!

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Alf aus Mannheim
10 Tage zurück

Schöner Artikel mit interessanten Fotos.
Aber darf ich mal fragen, wer diese Übersetzung („Man kümmert sich lediglich um die Nachkommenschaft.“) angefertigt hat? BITTE ÜBERARBEITEN!

Alf

Vorschlag meinerseits
P.S.: Ich hätte einen Vorschlag: „Man kümmert sich nur für die folgende Generation um sie.“
Und warum nicht das Original: „… eigentlich bewahrt man sie schon für die nächste Generation.“?

Blackjack
2 Monate zurück

Wirklich ausgezeichneter Artikel. Stimme Lord Cord zu: Bitte mach ein Buch aus Deinen Artikeln, die sich mit “Uhrengeschichte” befassen.

Lord Cord
2 Monate zurück

Danke, Mario! Ich liebe solche Ausflüge! Mach da mal ein Buch von, das ich mir dann neben den großen Bildband mit alten Reiseanzeigen stelle.