Der erste VW Golf, die Village People, die Grรผndung von Apple, das erste kommerzielle Videospiel (Pong!) und extravagant-bunt gekleidete Menschen mit lustigen Sonnenbrillen und langen Haaren – die 70er Jahre hielten so einige experimentelle Designs und Neuheiten parat.
Ganz im Zeichen der 70er stehen auch die Designs der Schweizer Uhren-Marke Straton Watch Co., welche 2015 vom 32 Jahre alten Kapstรคdterย Kyle Schut ins Leben gerufen wurde. Kyle setzt seit jeher auf Crowdfunding รผber Kickstarterย – und das mehr als erfolgreich.
Los geht’s zunรคchst mit einem รberblick รผber die aktuelle Straton-Kickstarter-Kampagne, anschlieรend folgt mein Review zum 2017 erschienen sportiven Retro-Chronographen Straton Syncro…
Straton Watch Co.: 70er Jahre Retro-Design und aktuelles Kickstarter-Projekt (Straton Speciale Chronograph)
Alle Modelle von Straton haben eines gemeinsam: Ein 70er Jahre-Retro-Design mit Anleihen aus dem Motorsport – und das ist natรผrlich kein Zufall: Straton-Pilot Kyle Schut ist groรer Fan klassischer Automobile und fรคhrt selbst einen Alfa Romeo Alfetta GT, Baujahr 1977. So ziehen sich nicht nur die knalligen, fรผr die 70er Jahre typischen, Farbenย (tรผrkis, orange & Co.) sondern auchย Totalisatoren im Tacho-Stil durch dieย Straton-Kollektion. Insbesondere die typischen Rennstreifen der damaligen Zeit passen sehr gut zu einigen Modellen und lassen sich auchย per Nato-Band upgraden.
Nice-to-know: Rallyestreifen bzw. Rennstreifen kommen aus dem professionellen Rennsport – jeder Rennstall hatte einst „seine“ Farbe, wodurch sich Werkswagen gleichen Typs aus der Ferne fรผr die Boxencrews besser unterscheiden lieรen. Die Streifen galten schnell als „in“, weshalb diese sogar in Rennteams Einzug erhalten haben, die nur einen einzigen Wagen an den Start schickten.
Der Erfolg gibt Kyle Schuts 70er-Jahre Design recht: Stratons erster Wurf war das Modell Vintage Driver Chrono, welches das Finanzierungsziel auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarterย bereits nach nur einer Stunde erreicht und am Laufzeitendeย um das 10 fache รผbertroffen hat. รhnlich lief es auch bei den darauf folgenden Modellen Curve Chrono und Syncro, welche ebenfalls รผber Kickstarter finanziert wurden. Zwischen 2015 und 2017 hat Straton bisher 4000 Uhren ausgeliefert, was fรผr eine Micro-Brand sehr ordentlich ist.
Seit Ende November 2017 ist Straton mit dem neuen Modell Speciale erneut auf Kickstarter prรคsent. Wie zuletzt die Straton Syncro, ist auch die Straton Speciale zumindest farbtechnisch nicht so laut, schrill und schrรคg wie die 70er Jahre – insbesondere im Vergleich zu anderen Straton-Modellen wie z.B. die VDC MKII zeigt sich die Speciale in eher dezenten Farbvarianten. Wer es etwas poppiger mag, darf sich am Ende der Kampagne aber aus fรผnf gestreiften, zweiteiligen Canvas-Bรคndern eines als Beigabe aussuchen:
Die augenscheinlichste Besonderheit der Straton Speciale ist das Edelstahl-Gehรคuse im TV-Stil, welches etwas an die Omega Speedmaster Mark-Modellreihe der 70er Jahre erinnert. Schรถn: Konsequenterweise wurden auch die Totalisatoren des Modells eckig gestaltet.ย Eine einfache, aber coole Idee ist auch der Gehรคuseboden mit sehr tief wirkender Tacho-Gravur…
Die Straton Speciale kann im Rahmen der Kickstarter-Kampagne noch bis zum 4. Januar 2018 mit bis zu 35% Rabatt bestellt werden. Wie Stratons andere Modelle, ist auch der Speciale Chrono in vielen Farb-/Band-Varianten und sogar in zwei Gehรคusevaranten (poliert oder matt) erhรคltlich.
Beim Motor hat man die Wahl zwischen einem Seiko Mecaquarz-Werk (ab 272โฌ – mehr zu diesem Werk in meinem Review zur Straton Syncro weiter unten) und einem bewรคhrten ETA 7750 Automatikwerk (ab 683โฌ) sowie zwischen zwei Gehรคuse-Finishings (poliert, matt) und verschiedenen Stahl-, Leder- und Canvas-Bandtypen.
Bitte beachtet: Die Gehรคusegrรถรe der Straton Speciale ist mit 42 mm auf dem Papier zwar recht human (mit meinem Handgelenkumfang von 19 cm sogar ziemlich ideal), eckige Gehรคuse wirken in der Regel allerdings deutlich wuchtiger.
Straton hat in der Vergangenheit bei Kickstarter-Projekten immer innerhalb der EU versendet, weshalb keine Zollgebรผhren angefallen sind. Achtung:ย Bei regulรคrer Bestellung รผber die Straton-Website erfolgt der Versand allerdings aus der Schweiz, weshalb man hier ggf. mit Einfuhrumsatzsteuer (in Deutschland 19%) und Zollgebรผhren (vernachlรคssigbare 80 Cent) rechnen muss. Mehr dazu am Ende des Artikels.
Alles รผber das Crowdfunding von Uhren-Projekten via Kickstarter gibt’s in diesem Artikel:
Steigen wir nun in den Test des Modells Syncro ein, Stratons erfolgreicher Wurf aus dem Jahre 2017, der ebenfalls via Kickstarter finanziert wurde…
Straton Syncro blau: Sportiver Retro-Chrono im Test – auรen: hui!
Die Optik der Straton Syncroย ist ein echter Blickfang und erinnert etwas an die Omega Speedmaster Mark 2ย und den Tudor Heritage Chrono, Straton ist aber weit davon entfernt mit dem Modell eine bloรe Hommage abzuliefern. Vielmehr liefern die Schweizer ein eigenstรคndiges 70er Jahre-Design ab, welches mit vielen liebevollen Details daher kommt.
Zu nennen sei da zum Beispiel der krรคftige Blauton und der derzenteย Sonnenschliff des Ziffernblattes in Kombination mit den orangenen Highlights und den applizierten Indizes…
… sowie den Totalisatoren, welche unmissverstรคndlich an Oldtimer-Instrumententafeln angelehnt sind:
Ein besonderes optisches Leckerli ist auch das massive, gewรถlbte Deckglas aus synthetischem Saphir sowie die mit Saphirglas รผberzogene, stark gewรถlbte Racing-Lรผnette der Straton Syncro, die beim Drehen schรถn satt und knackig rastet – ein Augenschmaus fรผr Vintage-Freunde.
Auch das grob gebรผrstete Gehรคuse (mit polierter „Kerbe“ an den Flanken) samt schrรคg angeordneter Drรผcker und der psychedelisch gestaltete Boden brauchen sich nicht vor Chronographen in deutlichย hรถheren Preisklassen verstecken: Alles ist รคuรerst sauber und tadellos verarbeitet…
Die Wasserdichtigkeit betrรคgt sehr gute 20 bar, ihr kรถnnt mit der Syncro also sogar problemlos auf Tauchstation gehen.
Mit brettharten Lederbรคndern musste ich schon so einige leidvolle Erfahrungen machen – selbst bei Chronographen jenseits der 1000โฌ-Marke ist ein weiches Lederband keine Selbstverstรคndlichkeit. Bevor man eine Uhr an solch einem Lederband gescheit tragen kann, muss man sie erst mal tagelang (wie auf einer mittelalterlichen Streckbank) auf ein Uhrenkissen spannen.
Umso begeisterter war ich aber von der Qualitรคt des farblich perfekt passenden Racing-Lederbandes der Straton-Syncro: Nicht nur die Verarbeitung ist tadellos, auch das Leder ist super-soft, der Tragekomfort dadurch trotz der recht wuchtigen Bauweiseย der Uhr (44 mm Durchmesser, 15 mm Hรถhe, 50 mm Horn-zu-Horn / fรผr schmalere Handgelenke gibt es aber auch eine deutlich kleinere 40 mm-Variante) sehr hoch….
Das i-Tรผpfelchen wรคre noch ein Schnellwechselsystem gewesen, um die zwei gratis beiliegendenย Textilbรคnder mit Rallyestreifenย einfacher ummontieren zu kรถnnen. Das System hat sich insbesondere bei Micro-Brands durchgesetzt (siehe zum Beispiel meine Reviews zu Sternglas, Direnzo, Formex, Ballast 1903 etc.) und kann ungeschickte Wurstfinger wie mich vor so manchem Bandwechsel-Kratzer bewahren. Schade!
Bastelfreudige Gemรผter kรถnnen das Band aber natรผrlich aber auch mit einem scharfen Messer bearbeiten und die Standard-Federstege durch sogenannte „Quick Release Federstege“ ersetzen…
Neben den Gratis-Bรคndern gehรถrt zum Lieferumfang der Straton Syncro eine sehr geschmeidige Schatulle in brauner Vintage-Optik und ein Bandwechsel-Werkzeug mit verschraubten Schutzkappen an den jeweiligen Enden.
Und innen? Hybrid-Werk aus dem Hause Seiko (Meca-Quarz)…
Es kommt natรผrlich auf die inneren Werte an! Zumindest auch: Denn das in der Straton Syncro verbaute Seikoย Mecaquarz-Uhrwerk hat tatsรคchlich Seltenheitscharakter:ย Solche Werke trifft man nรคmlich eher selten an – dabei galt das Hybrid-Werk vor einigen Jahren als das „nรคchste groรe Ding“ und wurden deshalb von vielen groรen Luxusuhrenherstellern wie Breitling oder Omega verbaut. Heutzutage haben die groรen Hersteller dem Meca-Quarz-Werk allerdings den Rรผcken gekehrt – insbesondere Micro-Brands bzw. รผber Kickstarter finanzierte Uhrenmarken setzen aber noch vergleichsweise hรคufig auf Meca-Quarz-Werke.ย Seikoย ist dabei der grรถรte Hersteller bzw. Lieferant dieser Werke.
Mecaquarz-Werke wollen letztendlich das beste aus der Welt der mechanischen Werke und der Quarzwerke verbinden: Die Standardfunktion einer Uhr werden mit derย Quarz-Technologie angetrieben (also im Prinzip das Drehen des Minuten- und Stundenzeigers), wรคhrend die Chronographenfunktionen mit einemย mechanischen Modulย angetrieben werden.
Der praktische Vorteil: Dieย Ganggenauigkeitย eines Quarzwerkes (laut Seiko ein Top-Wert von weniger als +/- 20 Sekunden proย Monat) trifft auf einenย schleichendenย mittleren Sekundenzรคhler (60 Sekunden). Allerdings: Die Frequenz dieses Sekundenzรคhlers betrรคgt โnurโ 18000 bph (5 Schritte pro Sekunde), wodurch dieser eher abgehackt lรคuft (zum Vergleich: Die Zeiger des ETA 7750 Automatikwerkes lรคuft mit 8 Schritten pro Sekunde). Gut zu sehen in meinem kleinen Video (zum Abspielen bitte klicken):
Ein weiterer Pluspunkt von Meca-Quarz-Werken ist, dass der Chrono-Reset eineย sofortige Nullstellungย des Sekundenzรคhlers bewirkt (Instant Zero Reset). Auch die Robustheit eines Meca-Quarz-Werkes gegenรผber einem rein mechanischen Werk ist hรถher und verlangt weniger Service-Streicheleinheiten.
In diesem Video wird die Funktionsweise noch mal deutlich (ab 0:35):
Derย Nachteilย eines Mecaquarz-Werkes liegt auf der Hand: Ungefรคhr alle 3 Jahre muss die Batterie (SR936SWย bei dem VK64-Werk) getauscht werden. Bei einem Defekt des Werkes wird es wohl auรerdem eher auf einen Kompletttausch des Werkes hinauslaufen mรผssen, da sich eine Reparatur selten als wirtschaftlich erweisen dรผrfte.
Mecaquarz-Werke haben also einige Vorteile und sind dabei auch deutlich gรผnstiger als mechanische Uhrwerke. Dennoch bekommen die Hybrid-Werke von Uhrenkennern lรคngst nicht so viel warme Worte wie ein rein mechanisches Werk (selbst, wenn es sich „nur“ um Standard-Massen-Ware aus dem Hause ETA handelt).
Nichtsdestotrotz kann ich aber sehr gut nachvollziehen, warum insbesondere viele kleinere Hersteller Mecaquarz-Werke verbauen: Selbst ich als bekennender Fan rein mechanischer Werke hatte kein Problem mich mit dem Werk anzufreunden.ย Denn: Letztendlich ermรถglichen Mecaquarz-Werke durch einen gรผnstigeren Anschaffungspreis (im Vergleich zu rein mechanischen Kalibern) auch deutlich gรผnstigere Endkundenpreise โ und ein gutes Preis-Leistungs-Verhรคltnis ist – neben dem Design – ja auch das Hauptargument allerย Micro-Brands. So kostet zum Beispiel die Straton Speciale aus der oben vorgestellten Kickstarter-Kampagne mit Meca-Quarz-Werk (272โฌ) weniger als die Hรคlfte als die Variante mit ETA 7750 Automatikwerk.
Fazit und Alternative zur Straton Syncro
Im Stile eines kleinen Konfigurators, kann man bei Straton einige Varianten der Syncro zurechtbasteln – zwei verschiedene Grรถรen (44 mm und 40 mm), fรผnf Farbvarianten (u.a. schwarz DLC-beschichtet) und zwei Lรผnetten stehen zur Wahl. Der Preis betrรคgt einheitlich fรผr alle Varianten 499 US-Dollar, umgerechnet also knapp 450โฌ inklusive Versand. Straton verschickt allerdings die Modelle aus beendeten Kickstarter-Kampagnen (also bei Bestellung รผber die Straton-Seite) aus der Schweiz, weshalb 19% Einfuhrumsatzsteuer und 80 Cent Zollgebรผhren oben drauf kommen, der Endpreis betrรคgt also circa 525โฌ (nur Modelle aus Stratons Kickstarter-Kampagnen, wie zum Beispiel die Straton Speciale, werden aus der EU heraus verschickt, wodurch der Kickstarter-Rabatt noch ein Stรผckchen attraktiver wirkt).
Trotz dieses kleinen Wermutstropfens wird auch bei Modellen aus abgelaufenen Kickstarter-Kampagnen wie eben die Straton Syncro das gute Preis-Leistungs-Verhรคltnis nicht getrรผbt. Wer sich mit dem Meca-Quarz-Werk anfreunden kann, bekommt mit dem Syncro Chronographen fรผr einen Endpreis von ca. 525โฌ eine Menge Uhr fรผr’s Geld!
ย Eckdaten der Straton Syncro in der รbersicht:
- Gehรคuse aus Edelstahl (schwarz beschichtet ebenfalls erhรคltlich)
- 44 mm Gehรคusedurchmesser (40 mm ebenfalls erhรคltlich)
- Horn-zu-Horn 50 mm
- Gehรคusehรถhe 15 mm
- Gewรถlbtes, dickes Saphirglas
- Seiko VK64 Meca-Quarz-Werk
- Zeiger belegt mit C3 Superluminova
- Verschraubte Krone
- 20 bar Wasserdichtigkeit
- Gewรถlbte Lรผnette, mit Saphirglas รผberzogen
- Verschiedene Farbvarianten erhรคltlich
- Verschiedene Bandvarianten, zwei Gratis-Textil-Bรคnder
- UVP 499 US-Dollar
Micro-Brand-Alternative mit ETA 7750 Automatikwerk: Steinhart Racetimer
Eine vergleichbare Optik bietet das Modell Racetimer aus dem Hause Steinhart: Mit einem leichten Titangehรคuse, einem bewรคhrten ETA 7750 Automatikwerk sowie Saphirglas bietet der Swiss Made Retro-Chronograph ebenfalls ein verlockendes Preis-Leistungs-Verhรคltnis – mitย 940โฌ ist man dabei (Versand aus Deutschland, d.h. ohne Einfuhrumsatzsteuer/Zollgebรผhren). Schade: Eine kratzfeste Keramiklรผnette bietet der Chrono leider nicht.
Alle Eckdaten des Steinhart Racetimer in der รbersicht:
- ETA Valjoux 7750 Elaborรฉ
- Gehรคuse aus Titan satiniert
- Durchmesser 44 mm
- Gesamthรถhe 16 mm
- Gewicht 125g
- Bandanstoรbreite 22 mm
- Saphirglas gewรถlbt, Innenseite zweifach entspiegelt
- Lรผnette Edelstahl poliert mit Aluminium Tachymeter-Inlay
- Gehรคuseboden mit Mineralglasboden
- Wasserdicht bis 3 bar (spritzwassergeschรผtzt)
- Superluminova BGW9
- Faltschlieรe Edelstahl, 18mm mit Logo
Mehr sportliche Uhren und Chronographen gibt es in diesem Artikel:
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