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Die Tachymeter-Skala ist ein wesentlicher und hรคufig anzutreffender Bestandteil von Uhren mit Chronographen-Komplikation (Stoppuhr). Mit der Tachymeter-Skala (hรคufig auch Tachymetre-Skala oder Tachometer-Skala) lassen sich Einheiten pro Stunde (Units per Hour) messen. Eine klassische Anwendung ist die Messung der Durchschnittsgeschwindigkeit, zum Beispiel bei Autorennen.

Starten wir direkt mit zwei konkreten Beispielen aus der Formel 1 und der Leichtathletik…

Rolex-Daytona-Panda-Keramik-Uhrensammlung
Rolex Daytona mit Tachymeter-Skala, gut erkennbar an der Beschriftung „Units per Hour“
Tachymeter-Skala bei einer TAG Heuer Carrera

Tachymeter-Skala bei Uhren – Beispiel #1 aus dem Rennsport

Nehmen wir an, man mรถchte die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Formel 1-Boliden auf der ca. 1 Kilometer langen Hatzenbach-Kurve des Nรผrburgrings bestimmen.

Nรผrburgring, Bild: Pitlane02 / CC BY-SA

Lรถst man die Zeitmessung mit dem oberen Drรผcker des Chronographen beim Einfahren in den Streckenabschnitt aus und fรคhrt der Rennwagen beispielsweise nach 23 Sekunden in den nรคchsten Streckenabschnitt ein, so kann man auf der Tachymeterskala sofort die Durchschnittsgeschwindigkeit in Kilometer pro Stunde ablesen – mit Blick auf das schematische Bild unten betrรคgt die Durchschnittsgeschwindigkeit demnach knapp 160 km/h.

Tachymeterskala-Sinn-956
Sekundenzรคhler bei 23 Sekunden – auf der Tachymeterskala lรคsst sich der Wert 160 ablesen

Die Berechnung hinter der Tachymeterskala ist grundsรคtzlich recht simpel: Eine Stunde hat bekanntermaรŸen 3600 Sekunden – und diese 3600 Sekunden werden durch die gemessene Zeit dividiert, um Einheiten pro Stunde zu kalkulieren (z.B. Kilometer pro Stunde = Durchschnittsgeschwindigkeit).

Man kann es auch so formulieren: Nach 30 Sekunden sind 1/120 von einer Stunde vorbei. Nach 60 Sekunden sind es 1/60 usw.

3600 / verstrichene Zeit in Sekunden

Formel hinter der Tachymeter-Skala

Machen wir kurz die Kontrollrechnung zum obigen Beispiel: Teilt man die 1000 Meter des Streckenabschnitts durch die gemessene Zeit (23 Sekunden), erhรคlt man die Geschwindigkeit in Meter pro Sekunde – in diesem Beispiel also 43,47 m/s. Diesen Wert multipliziert man dann einfach mit 3,6 (Umrechnung von Meter pro Sekunde in Kilometer pro Stunde). Das exakte Ergebnis: 156 km/h.

Wie gesagt: Die Berechnung ist keine Raketenwissenschaft, aber es ist natรผrlich praktisch, wenn diese quasi „automatisch“ von einem Chronographen mit Tachymeter-Skala รผbernommen werden kann…

Tachymeter-Skala bei Uhren – Beispiel #2 aus der Leichtathletik

Schauen wir uns noch ein zweites Beispiel aus der Leichtathletik an: Der schnellste Mann der Welt, Supersprinter Usain Bolt, lief vor einigen Jahren die 100 Meter lange Rennstrecke in sage und schreibe 9:58 Sekunden. Simulieren wir das mal und stoppen wir die Zeit:

Die Tachymeterskala zeigt nach rund 10 Sekunden den Wert 350 an:

Nun ist aber Usain Bolt natรผrlich nicht 350 km/h und damit so schnell wie ein ICE gelaufen – das schafft nicht mal er ๐Ÿ˜‰ Man muss in diesem Falle noch berรผcksichtigen, dass der Lรคufer auf einer Hundert-Meter-Strecke unterwegs war.

Oder anders gesagt: Usain Bolt ist nicht eine volle Einheit (1 Kilometer) gelaufen, sondern ein Zehntel Kilometer (1/10). Um die korrekte Durchschnittsgeschwindigkeit zu berechnen muss man also noch den auf der Tachymeter-Skala angezeigten Wert von 350 mit 1/10 multiplizieren (hierfรผr wurden frรผher Umrechnungstabellen genutzt):

350 * 1/10 = 35 km/h

Durchschnittsgeschwindigkeit von Usain Bolt
Usain Bolt beim Start, Olympische Spiele 2013, Bild: Nick Webb from London, United Kingdom / CC BY 2.0

Noch mal zur Erinnerung: Eine Tachymeter-Skala misst Einheiten pro Stunde und ist damit grundsรคtzlich nicht nur auf Kilometer beschrรคnkt.

So lรคsst sich beispielsweise in einer vollautomatisierten Fabrik bestimmen, wie viele Autos pro Stunde vom Band rollen: Wird ein Auto nach 55 Sekunden fertiggestellt, so produziert die Fabrik ca. 65 Einheiten (Autos) pro Stunde:

Gut zu wissen: Eine Tachymeterskala beginnt normalerweise nicht bei โ€ž12 Uhrโ€œ, da zu kurze Messzeiten leicht fehlerbehaftet sein kรถnnen. Die Ungenauigkeit nimmt erst mit lรคngeren Messzeiten ab. Bei der Omega Speedmaster im Bild oben beginnt die Tachymeter-Skala mit dem Wert 500. Viele Chronographen starten sogar erst bei 400.

Die Tachymeter-Skala wird in derย Regelย auรŸenย auf der (in aller Regel nicht drehbaren) Lรผnette aufgedruckt – wie z.B. bei der Omega Speedmaster Professional Moonwatch, der TAG Heuer Carrera, der Rolex Daytona oder dem ANONIMO WRC Rally-Chronographen:

Seltener wird die Tachymeter-Skala innen auf dem Rehaut untergebracht – wie z.B. bei der Breitling Chronomat B01 42.

Der historische Nutzen einer Tachymeter-Skala

Historisch betrachtet waren Chronographen mit Tachymeterskala in bestimmten Bereichen รผberaus wichtig – schlieรŸlich konnte man ja vor vielen Jahrzehnten schlecht einfach das Smartphone zรผcken und die Berechnungen in einer App durchfรผhren.

Im Jahre 1964 brachte der Schweizer Uhrenhersteller Heuer (heute: TAG Heuer) mit dem Modell Carrera den ersten speziell fรผr die Zeitmessung von Autorennen entwickelten Chronographen heraus. Bekannt wurde das Modell durch den fรผnffachen Formel 1-Weltmeister und Heuer-Partner Juan Manuel Fangio bei der Carrera Panamericana in Mexiko. Auch heute noch pflegt TAG Heuer die Carrera-Modellreihe intensivโ€ฆ

Und auch die Zeiten in der Leichtathletik, zum Beispiel bei den Olympischen Spielen, wurden frรผher ganz klassisch mit Chronographen genommen, die hรคufig eine Tachymeter-Skala mitbrachten. Der Schweizer Uhrenhersteller Omega ist bereits seit 1932 offizieller Zeitnehmer bei fast allen Olympischen Spielen. Spannend: Damals, bei den Olympischen Spielen in Los Angeles, machte sich ein einziger Omega-Uhrmacher auf den Weg, um die Zeitmessung zu gewรคhrleisten โ€“ im Gepรคck hatte er bescheidene 30 Chronographen.

Historisch betrachtet waren Chronographen mit Tachymeter-Skala auch in der Fliegerei wichtig: Zu Anfang des Zweiten Weltkrieges beispielsweise mussten deutsche Hersteller wie Tutima oder Hanhart robuste Fliegerchronographen mit Tachymeter-Skala fรผr die Kampfpiloten der deutschen Luftwaffe entwickeln und produzieren. Der Anwendungszweck war auch hier u.a. die Messung der Durchschnittsgeschwindigkeit. Ein weiteres wichtiges Hilfsmittel hierbei waren natรผrlich Karten, weshalb die Messungen auch hรคufig von Co-Piloten durchgefรผhrt wurden.

Ungewรถhnlich: Bei der Hanhart Pioneer TachyTele beispielsweise befindet sich die Tachymeterskala spiralfรถrmig in der Mitte. Durch die spezielle Form der Tachymeter-Skala kรถnnen insgesamt drei Umlรคufe des Stoppzeigers berรผcksichtigt werden – dadurch ist der Messbereich deutlich erweitert. So lassen sich auch noch relativ langsame Geschwindigkeiten von 60 bis 20 km/h messen. 

Wenn man ehrlich ist, ist die Tachymeter-Skala heutzutage aus funktionaler Sicht nicht mehr als eine nette Spielerei. Optisch ist eine Tachymeter-Skala aber ein schickes sportliches Element, welches sich am Handgelenk immer gut macht…

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4 Kommentare
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Renรฉ T.
3 Jahre zurรผck

Wow… Supergut und verstรคndlich gemachte Erklรคrung. Erst durch Dein Blog ist mir diese Skala aufgefallen. Vielen Dank, dass Du sie mir auch gleich erklรคrt hast.

Motz
3 Jahre zurรผck

beim nรคchsten EMP Schock werden wir dankbar sein fรผr die mechanischen Uhren

Daniel
4 Jahre zurรผck

Hi Mario,
du drรผckst dich ja sehr erfolgreich vor einem Review der Speedmaster…aber irgendwann muss da jeder Bloger mal durch ๐Ÿ˜‰ Irgendwann holt es einem dann ein. Auch wenn es die wie Staub auf dem Mond gibt ๐Ÿ˜€