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So sehr ich Micro-Brands und über Kickstarter finanzierte kleine Uhren-Marken liebe – eine echte Geschichte haben diese in aller Regel nicht zu bieten. Aber grade eine spannende Historie kann eine Marke unter der Vielzahl an Kickstarter-Emporkömmlingen herausstechen lassen und sympathisch machen. Und genau hier setzt die Marke Circula 1955 an, die von der alteingesessenen Pforzheimer Familie Huber in den 50er Jahren ins Leben gerufen und Ende 2017 von Cornelius Huber, Enkel vom Gründer des Uhrengroßhandels Huber & Co., wiederbelebt wurde. Ein guter Grund in diesem Artikel zunächst auf die (geschichtlichen) Hintergründe von Circula einzugehen. Darauf folgt ein Test des aktuellen Modells Circula 50s Heritage in der Farb-Variante Roségold, zu der auch meine Frau ihren Senf dazu geben darf… 😉

Update 2019 / 2020: Die Quarz-Modelle von Circula befinden sich mittlerweile im Abverkauf. Stattdessen setzt Circula nun auf mechanische Werke, darunter 100% Made in Germany-Kaliber der Pforzheimer Uhren-Rohwerke (P.U.W.). Mehr dazu:

Eckdaten der Circula 50s Heritage:

  • Swiss Made
  • Schweizer Quarzwerk Ronda 503 (knapp 4 Jahre Batterielebensdaue, Knopfzelle 371)
  • Zifferblatt mit applizierten Indizes, Ziffern, Logo und Sonnenschliff
  • 3 bar Wasserdichtigkeit (spritzwassergeschützt)
  • 39 mm Durchmesser, 8 mm Höhe
  • Gewicht 60 Gramm
  • Bandanstoß 20 mm
  • Gehäuse aus Edelstahl, optional mit verschiedenen Beschichtungen (schwarz, roségold, gold)
  • stark gewölbtes, gehärtetes Mineralglas (K1)
  • Milanaise-Band oder Lederband
  • UVP ab 199€

Circula 50s Heritage Uhr

Circula und Huber & Co.: Geschichte Pforzheimer Ursprungs

Mindestens ein mal pro Woche werde ich mit unpersönlichen Massen-E-Mails angeschrieben, ob ich nicht die neueste minimalistisch-zeitlos-klassisch-stilvoll-anmutig-außergewöhnlich-dynamisch-erstklassig-extravagant-harmonisch-luxuriös-elegante Trend-Lifestyle-Retro-Abenteurer-Schlagmichtot-Uhr testen möchte. Schließlich seien ja mindestens drölf Jahre Entwicklungszeit und ganz arg doll viel Herzblut in das “Mammut”-Projekt geflossen. Ein kurzer Blick auf die Website verrät meistens schnell, dass mit diesem “leidenschaftlichen” Projekt von angeblichen Uhren-Liebhabern nur das x-te mal versucht wird auf den Erfolgs-Zug von Kapten & Son, Daniel Wellington & Co. aufzuspringen – offenbar lässt sich mit solchen Abklatsch-Uhren immer noch Geld genug verdienen.

Wenn ich ehrlich bin: Auch bei Circula dachte ich für einen kurzen Moment “och ne, nicht schon wieder”. Und ich muss zugeben: Auch Circula strotzt nicht grade vor Innovationen. Retro- bzw. Vintage, schlichtes Design, Swiss Made, Ronda Quarz-Werk – alles an sich nichts neues. Dennoch fand ich die Geschichte hinter Circula auf Anhieb sympathisch, denn das “1955” als Teil des Markenlogos kommt nicht von ungefähr und unterscheidet die Marke deutlich von charakterlosen Nachahmer-Marken.

Hinter der Marke Circula steckt die Familie Huber, die mit der Firma Huber & Co seit 1926 in Pforzheim einen Großhandel für Uhren und Schmuck betrieben hat und somit Teil der Erfolgsgeschichte der “Schmuck- und Goldstadt Pforzheim” war. Selbst eine im zweiten Weltkrieg komplett zerstörte Stadt Pforzheim beendete nicht das Kapitel Huber & Co.: Firmengründer Heinz Huber baute das Familiengeschäft wieder auf, zehn Jahre später entschied er sich außerdem dazu seine eigenen Uhren herzustellen und zu vertreiben – Circula (benannt nach der Zirkulation der Unruh) war geboren.

Circula 1955 GehäuseBoden
Schlichter Gehäuseboden mit dem alten Logo

In den Anfängen von Circula kamen die meisten Komponenten aus dem Großraum Pforzheim. Infolge der Quarzkrise in den 70er Jahren musste Heinz Hubers Sohn Klaus-Dieter sich allerdings Hilfe von Partnern suchen und die Produktion nach Villers-le-Lac verlegen – ein französisches Dorf in der Nähe der Schweizer Grenze, unweit von Le Locle und La Chaux-de-Fonds. Auch heute noch ist Villers-le-Lac ein wichtiger Standort der Uhrenindustrie.

Circula Vintage Uhr
Original Circula Vintage-Modell
Circula Vintage Watch
Neuauflage: Circula 50s Heritage

Die Partnerschaft hielt bis in die späten 80er Jahre – die Familie Huber vollzog allerdings einen Kurswechsel und konzentrierte sich fortan wieder auf den Großhandel. Erst vor kurzem, Ende 2017, endete leider aber auch dieses Kapitel: Das traditionsreiche Pforzheimer Unternehmen Huber & Co. schloss zum 31.12.2017 die Tore.

Das soll aber nicht das Ende des Familienerbes gewesen sein: Klaus-Dieter Hubers Sohn Cornelius hat mit einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne im Jahre 2017 den Startschuss für den Neuanfang der Marke Circula gegeben.

Cornelius Huber Circula
Klaus-Dieter Huber und Sohnemann Cornelius

Im persönlichen Kontakt mit Cornelius habe ich gemerkt, dass er mit viel Leidenschaft die Marke seines Großvaters wieder aufleben lassen will – halbe Sachen scheint er jedenfalls nicht zu machen: Mitte 2018 hat sich Cornelius dazu entschlossen (in Vollzeit) an dem Projekt zu arbeiten und seinen Beruf als Berater in der Energiewirtschaft dafür an den Nagel zu hängen. Firmensitz von Circula ist allerdings nicht Pforzheim, sondern Amsterdam. Das hat ganz pragmatische Gründe: Cornelius ist mit einer Amsterdamerin verheiratet und hat daher das schöne Süddeutschland verlassen.

Hier im Video gibt’s noch einige weitere Hintergründe und Infos zur Marke Circula vom sympathischen Jung-Geschäftsführers Cornelius Huber.

Test: Circula 50s Heritage Retro-Uhr

Ohne Zweifel ist die Wölbung des Mineralglases mehr als gelungen, in meinem Review allerdings sowohl Highlight als auch Kritikpunkt. Einerseits kann ich aus meiner Erfahrung heraus Cornelius Hubers Entscheidung voll nachvollziehen: (kratzunempfindlicheres) Saphirglas mit dieser aufwendigen Wölbung ist in dieser Preisklasse realistischerweise nicht machbar, weshalb Mineralglas eine naheliegende Alternative ist. Auch der Retro-Chronograph von Undone setzt auf gewölbtes Mineralglas, wenngleich die Wölbung der Circula 50s Heritage merkbar stärker ausfällt.

Gewölbtes K1 Mineralglas Retro Vintage Uhr

Dennoch wäre mir persönlich ein Kunststoffglas (Hesalit, Acryl oder Plexi) lieber gewesen, das es den Retro-Charakter der Uhr noch besser unterstrichen hätte. Kunststoffglas wird zum Beispiel in der aktuellen, klassischen Variante der Omega Speedmaster Moonwatch verbaut. Ich muss aber zugeben, dass Kunststoffglas irgendwie etwas “nerdiges” hat und in Anbetracht des Nachteils der hohen Kratzempfindlichkeit als Kaufargument schwer zu kommunizieren ist – zumindest unter Otto Normal-Käufern, die sich in der Uhrenwelt nicht allzu gut auskennen.

Gewölbtes K1 Mineralglas Retro Vintage

Hier noch Vergleichsbilder mit der im Vergleich deutlich unspektakuläreren Wölbung der STERNGLAS Automatik Bauhaus-Uhr (Saphirglas, rechts) und einer Junghans-Vintage-Uhr aus den späten 60er Jahren (Kunststoffglas, links).

Gewölbtes Mineralglas Hesalitglas Uhr Saphirglas Junghans Sternglas Circula

Auch das Ziffernblatt der Circula 50s Heritage weiß zu gefallen: Der dezente Sonnenschliff, die applizierten/polierten Indizes und Ziffern sowie das plastische Logo, welches sympathischerweise 1:1 dem Original-Logo aus vergangenen Tagen der Marke entspricht, gibt der Circula 50s Heritage einen wunderschönen Retro-Touch:

Sonnenschliff Circula 1955 Uhr Swiss Made Pforzheim

Das Gehäuse mit gebürsteten und polierten Flächen braucht sich unter Berücksichtigung der Preisklasse ebenfalls nicht verstecken – Haptik und Optik sind tadellos (hier im Test in der Variante mit roségold-Beschichtung):

Gehäuse Krone Circula Gebürstetes Gehäuse Circula

Der Tragekomfort ist hoch – dank eines geringen Gewichtes von nur 60 Gramm, einem kleinen Durchmesser von 39 mm und einer flachen Bauhöhe von 8 mm (ca. 10 mm inklusive Glas). Die flache Bauweise passt gut zum Dresswatch-Charakter der Uhr, machbar ist das allerdings nur mit einem Quarz-Werk, welches in diesem Falle aus dem Schweizer Hause Ronda kommt (hierzu mehr im Fazit).

An meinem Männer-Handgelenk mit 19 cm Umfang sieht die Circula 50s Heritage mit dem Durchmesser und der Bauhöhe allerdings etwas verloren aus, weshalb meine Frau als Handgelenk-Model herhalten durfte… (roségold steht mir ohnehin nicht besonders 😉 )

Mesh-Bänder (auch: “Milanese-Bänder”) in der Preisklasse bis 200€ sind so eine Sache: Ich hatte schon so einige Billig-Mesh-Bänder in der Hand, die mit “klapprig” noch nett umschrieben sind. Große Erwartungen hatte ich entsprechend nicht an das Mesh-Band von Circula. Auch das Mesh der Circula 50s Heritage ist nicht allzu massiv, macht in der Summe aber einen vergleichsweise guten Eindruck. Meine Frau hatte jedenfalls nicht das Bedürfnis das Mesh gegen ein Lederband zu tauschen. Sie hat allerdings ganz schön geflucht bei dem Versuch das Band auf ihren Handgelenkumfang einzustellen – ohne Hebelwirkung durch ein Hilfsmittel (z.B. ein Messer) war das nicht machbar. Dabei ist sie nicht mal halb so ungeschickt wie ich mit meinen Wurstfingern… 😉

Milanese Band Mesh Rosegold

Milanese Band Mesh Rose Gold

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Test-Fazit zur Circula 50s Heritage Retro-Uhr

Cornelius Huber bewegt sich mit Circula 1955 in einem hart umkämpften Segment: Schlichte (Retro-)Uhren mit Quarz-Werk im Preisbereich von ca. 200€ gibt es zuhauf und jede Marke will ein Stück vom Kuchen abhaben.

Was Circula unterscheidet? Nun, qualitativ sind die Uhren meiner Erfahrung nach in dem Preisbereich auf jeden Fall überdurchschnittlich – insbesondere die tolle Wölbung des Glases, das gut verarbeitete und vergleichsweise massive Gehäuse sowie das plastisch wirkende Ziffernblatt wissen zu gefallen und lassen das Modell auch deutlich höherwertiger aussehen als zum Beispiel das Kapten & Son Standard-Modell. Und: den Sympathiebonus hat der junge Wahl-Niederländer Cornelius mit einer echten Markengeschichte sowieso auf seiner Seite.

Circula 50 Heritage

Dennoch wird der Neustart alles andere als ein Selbstläufer: Tendenziell stoßen sich Uhren-Freaks wie ich am Mineralglas (trotz toller Wölbung) und am Quarz-Werk (trotz Schweizer Herkunft). Und der Otto Normal-Käufer, der sich nicht allzu sehr mit Uhren auskennt, muss seinen Weg zu Circula erst mal finden – vorbei an all den anderen Marken, die von hippen Lifestyle-Influencern auf Instagram & Co. gepusht werden.

Meiner Meinung nach muss sich Circula mittelfristig für einen Weg entscheiden: Will man eher den Casual-Käufer ansprechen (d.h. in eine ähnliche Richtung gehen wie die “Daniel Wellingtons” dieser Welt) oder will man auf besser informierte Kreise setzen, die neben der Markengeschichte auch Modelleigenschaften wie ein Kunststoffglas und insbesondere ein Automatikwerk zu schätzen wissen?

Circula 1955 Vintage Uhr 50s Heritage

Zu was ich als Uhren-verrückter Blogger tendiere, könnt ihr euch ja denken… 😉 Auf meiner Wunschliste an Circula steht natürlich – wie sollte es auch anders sein – eine Automatik-Version, gerne mit etwas größerem Durchmesser (40-41 mm) und einem grundsoliden Seiko NH35 Automatikwerk, welches von vielen Micro-Brands eingesetzt wird. Und vor allem: Kunststoffglas! So unsexy das Glas aufgrund der Kratzempfindlichkeit auch auf den ersten Blick wirkt – es würde den Retro-Charakter des Modells perfektionieren.

Mehr über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Uhrglas-Arten:

Circula rose gold Kapten Son Alternative
Passend für normale Damen-Handgelenke oder schmale Herren-Handgelenke: 39 mm Gehäusegröße

Neben der roségoldenen Variante der Circula 50s Heritage gibt es natürlich auch noch Farbvarianten, die für Männerhandgelenk sicherlich passender sind. Erhältlich sind diese direkt bei Circula oder bei Amazon.

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