Das japanische Automatik-Kaliber NH35A (bzw. kurz: NH35, auch bekannt als Kaliber 4R36 mit Datum-/Wochentag bzw. 4R35 mit Datum) von Time Module (TMI), einer Tochtergesellschaft von Seiko (SII, Seiko Instrumentcs Inc), wird insbesondere von Micro-Brands und bei günstigeren Modellen wie der Seiko 5 Sports Automatik verbaut – zurecht wie meine Tests und Langzeiterfahrungen zeigen. Dennoch ist das Seiko NH35 standardmäßig in Sachen Ganggenauigkeit nicht grade das Gelbe vom Ei. Aus diesem Grund hat sich CHRONONAUTIX-Leser Michael mit Problemen bei seiner Gigandet Sea Ground G2-002 mit Seiko NH35A Automatikwerk gemeldet – gehen wir der Sache also mit Blick auf die Stichwörter Revision und Feinregulierung nach…

Gangabweichung des Seiko TMI NH35A (4R36 / 4R35) – Feinregulierung vs. Revision
Kommen wir zunächst zu Michaels E-Mail:
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Lieber Mario,
ich habe heute Deine Seite entdeckt und bin sehr begeistert. Stundenlang bin ich von Artikel zu Test zu Hintergrundinfo zu ichweißnichtwas gewandert und fühlte mich sehr gut informiert/unterhalten. Habe diese Seite in die Lesezeichenleiste vom Browser gepinnt, weil es noch viel zu entdecken gibt. Einstweilen vielen Dank, auch dafür, daß Du wohl ein positiv Bekloppter in Sachen Uhren bist. Es gibt für mich (interessierter Anfänger) eine Menge zu lernen.
Wenn es denn recht ist, möchte ich Dich etwas fragen. Du erwähnst in Deinen Tests des öfteren das Seiko-Werk NH 35, das bei Dir ganz gut beurteilt wird. Seit etwa einem Jahr habe ich eine sehr schöne Uhr mit diesem Werk. Alles prima, Uhr toll (Gigandet Sea Ground G2-002), Werk läuft… Aber die Genauigkeitswerte, von denen Du schreibst, sehe ich nicht mal mit einem Fernglas. Das Uhrwerk läuft pro Tag etwa 20 Sekunden nach, egal, ob ich die Uhr trage oder sie nur so rumliegt. Diese 20 Sekunden sind dann aber auch ziemlich genau. Nun teilte mir ein Uhrmacher auf meine Frage, ob denn nicht eine Revision möglich sei, mit, bei einem solch preiswerten (billigen) Uhrwerk würde sich so etwas nicht lohnen. Deiner Beurteilung nach handelt es sich doch um ein zwar günstiges, aber doch ganz vernünftiges Werk (nicht so vernünftig wie ein eta 2824-2, aber immerhin).
Ich bitte Dich um Deine Meinung, Deinen Rat: Soll ich die Uhr zu einem Uhrmacher bringen? 3-4 Sekunden Vor/Nachgang pro Tag sind doch toll! Lohnt sich das? Und was kostet so etwas (wenigstens ungefähr, Pi mal Daumen, ich habe da keine Ahnung und keine Vorstellung)? Ist Vorgang eigentlich besser als Nachgang? Oder ist das wurscht?
Sorry, viele Fragen auf einmal. Aber mit Hilfe Deiner Seite und des frisch abonnierten Newsletters werde ich hoffentlich dazulernen. Vielleicht kannst Du mir weiterhelfen, ich würde mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael M.
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Hallo Michael, danke zunächst für dein Feedback und deine motivierenden Worte! Das Seiko NH35A ist zunächst ein mal grundsätzlich ein sehr guter Antrieb in jeder günstigeren, mechanischen Uhr: Ich habe schon einige Uhren mit Seiko NH35A getestet und auch schon Langzeiterfahrungen mit dem Japaner gesammelt. Und ich kann wirklich nichts schlechtes berichten – das Werk ist ein robustes und zuverlässiges Arbeitspferd.
Auch die Eckdaten des NH35 lesen sich auf den ersten Blick ordentlich:
- beidseitiger automatischen Aufzug
- Handaufzugsmöglichkeit
- Datums-Schnellverstellung
- Sekundenstopp bei gezogener Krone
- 41 Stunden Gangreserve

Gut zu wissen: Das Seiko NH35A wird natürlich auch von Seiko selbst verbaut, und zwar unter dem Namen Seiko 4R36 (mit Datum-/Wochentag) bzw. 4R35 (mit Datum). Eines der bekanntesten Seiko-Modelle mit dem 4R36 alias NH35A ist die Seiko Turtle.

Alles in allem verwundert es nicht, dass sehr viele Micro-Brands auf das Seiko NH35 setzen – das japanische Arbeitspferd ist ein guter Kompromiss aus Robustheit, Technik (Gangreserve, Sekundenstopp etc.) und v.a. Preis, damit Micro-Brands die Verkaufspreise attraktiv gestalten können.
Zwei Nachteile des NH35 seien aber genannt: Das Automatikwerk kommt zum einen nur mit einer Frequenz von 21600bph. Vereinfacht gesagt macht der Sekundenzeiger bei einem Werk mit 21600 bph nur 6 Schritte pro Sekunde, während es bei Werken mit 28800 bph 8 Schritte pro Sekunde sind. Dadurch läuft der Sekundenzeiger beim NH35A nicht ganz so flüssig und auch die Ganggenauigkeit ist dadurch theoretisch geringer als bei moderneren Werken wie dem Miyota 9015 oder dem Schweizer ETA 2824 (beide jeweils 28800 bph).
Zum anderen – und das ist der eigentliche Knackpunkt – gibt Seiko bzw. TMI bei der Ganggenauigkeit einen Standardwert von -20 bis +40 Sekunden pro Tag bei einer Referenztemperatur von 23º± 2ºC an. Das lässt sich auch in der offiziellen NH35A-Spezifikation der Seiko-Tochter TMI Time Module nachlesen. Mit anderen Worten sind alle Seiko NH35A Automatikwerke, die im Bereich -20 bis +40 Sekunden pro Tag laufen, offiziell im Rahmen, wenn sie an die Uhrenhersteller verschickt werden.

Der Knackpunkt: Viele Uhrenhersteller verbauen (aus Kostengründen) das Seiko NH35 ohne weitere Regulierung, weshalb auch Uhren mit recht großer Abweichung in den Verkauf kommen können (denn wie gesagt: Laut Seiko-Spezifikation wären ja sogar +40 Sekunden noch in einem „akzeptablen“ Rahmen). Grade bei günstigen Modellen ist das der Fall. Und wenn man dann als Kunde mal „Pech“ hat, gelangt man an ein Modell mit großer Gangabweichung.

Die Ausgangsfrage war ja, ob im konkreten Fall tatsächlich eine Revision der Gigandet Sea Ground mit Seiko NH35 notwendig ist, da die Gangabweichung mit +20 Sekunden pro Tag (verständlicherweise) nicht besonders zufriedenstellend ist. Grundsätzlich kann eine große Gangabweichung natürlich auf eine notwendige Revision hindeuten – ist eine Uhr beispielsweise schon sehr alt und sind beispielsweise über die Jahre Schmutzpartikel ins Werk eingedrungen, kann sich das negativ auf das Gangverhalten auswirken.
Eine Revision ist relativ teuer, da das Werk komplett auseinander gebaut wird und eine Menge Liebe bekommt, indem zum Beispiel Staubpartikel entfernt oder verschlissene Teile ausgetauscht werden. Dies sind die typischen Revisions-Schritte des Uhrmachermeisters Uli Kriescher:
- Ausbau des Uhrwerkes
- Zerlegen des Uhrwerkes
- Reinigen aller Uhrwerksteile im Ultraschallreiniger
- Zusammenbau des Uhrwerkes
- Schmieren und Ölen aller relevanten Teile
- Kontrolle auf sichere Funktion
- Montage des Zifferblattes & der Zeiger
- Reinigen des Gehäuses
- Einbau des Uhrwerkes
- Kontrolle der Uhr auf Ganggenauigkeit

Meine Vermutung ist aber: Nein, das ist in diesem konkreten Fall nicht nötig. Denn: Die Gigandet Sea Ground ist noch ein junger Hüpfer (ca. 1 Jahr alt) und da die Taucheruhr die +20 Sekunden pro Tag konstant hält spricht eigentlich alles dafür, dass es mit einer Feinregulierung (auch Feinstellung, Reglage oder Adjustment genannt) getan sein sollte.
Das tolle ist: Eine Feinregulierung ist gegenüber einer Revision deutlich unkomplizierter und damit natürlich auch günstiger (hierzu gleich mehr). Anders gesagt solltest du einen Uhrmacher darum bitten das Werk einzuregulieren, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Revision notwendig ist.
Eine Revision kann der Uhrmacher aber auch mit einer kurzen Messung auf einer Zeitwaage ausschließen. Übrigens: Für den Heimbedarf gibt es solche Geräte auch zu kaufen, zum Beispiel den Frederique Constant Analytics Clip, der eine Auswertung über das Smartphone ermöglicht. Man beachte auch grundsätzlich: Das gemessene Gangverhalten einer mechanischen Uhr kann sich je nach Lage der Uhr sehr stark unterscheiden (sogenannte Lageabweichung, z.B. Uhr flach liegend vs. Uhr auf der Seite liegend).
Ganggenauigkeit: Was macht der Uhrmacher bei der Feinregulierung eines Automatikwerkes wie dem NH35 (4R36 / 4R35)?
Eine Feinregulierung ist wirklich kein Hexenwerk: Der Uhrmacher öffnet den Boden der Uhr und reguliert an einem kleinen „Hebel“, dem sogenannten Rücker – das ist die klassische Art der Feinregulierung. Was passiert technisch beim Betätigen des Rückers? Die Frequenz der Unruh, dem Herzen jeder mechanischen Uhr, lässt sich durch Änderung der wirksamen Federlänge einstellen. Durch Betätigen des Rückers wird die wirksame Länge der Unruh-Feder verändert – bei einer kürzeren Spirale schwingt die Unruhe schneller; eine länger wirksame Spirale lässt die Unruhe langsamer schwingen so lässt sich der Vor- bzw Nachgang regulieren.
Und was kostet der Spaß? Das sagt Uhrmachermeister, Sachverständiger, Blogger und ZDF-Fernseh-Protagonisten Ulrich Kriescher dazu:
„Grundsätzlich kann man sagen, dass das Einregulieren bei den meisten Uhrwerken gut machbar und günstig ist (bei mir 25.- Euro). Unter der Voraussetzung, dass das Uhrwerk auf der Zeitwaage passable Werte bringt. Ein Uhrwerk einzuregulieren, das eine bescheidene Amplitude hat, ist nicht zielführend. Dann müsste im Vorfeld eine Revision gemacht werden.“
Auf Uhrwerken findet man häufig Rücker-Skalierungen, damit der Uhrmacher sofort sieht wie er Vor- bzw. Nachgang einstellen kann. Üblich sind beispielsweise A (französisch avance für ‚Vorgehen‘) und R (französisch retard für ‚Nachgehen‘). Beim Seiko NH35A ist schlicht „+“ bzw. „-“ eingraviert:

Nun mag aufgrund des simpel wirkenden Mechanismus die Verlockung für den einen oder anderen groß sein einfach selbst die Feinregulierung vorzunehmen – im Internet findet man in diversen Foren sogar Anleitungen wie man das machen kann. Ich persönlich als Grobmotoriker würde mich das aber nicht trauen. Auch Uli Kriescher rät ganz klar davon ab selbst Hand anzulegen:
„Einregulieren als DIY ist nicht ratsam. Der Privatmann hat sehr wahrscheinlich nicht die passenden Werkzeuge und Erfahrung dafür. Habe da schon die besten Stories mitbekommen: Beim Versuch einen IWC ewiger Kalender selber einzuregulieren ist der Besitzer abgerutscht und hat das komplette Schwingsystem beschädigt. Hat dann 5.000.- Euro bei IWC gekostet und musste 6 Monate auf seine Uhr warten!„
Grundsätzlich sollte eine Feinregulierung immer einen leichten Vorgang als erklärtes Ziel haben. Omega duldet beispielsweise keinerlei Nachgang bei seinen teureren Modellen: Unter der Bezeichnung „Master Chronometer“ vermarktet der Schweizer Luxusuhrenhersteller Modelle, die neben der COSC-Zertifizierung eine vom METAS zugelassene, 10-tägige Testreihe durchlaufen, in der die alltäglichen Tragebedingungen simuliert und die Unempfindlichkeit gegenüber Wasser und Magnetfeldern kontrolliert werden. Die Gangabweichung darf für die Zertifizierung maximal +5 Sekunden pro Tag betragen.
Man beachte: Auch eine einregulierte Uhr kann durch bestimmte äußere Einflüsse oder Umweltbedingungen wieder sehr ungenau laufen. Zum Beispiel:
- starke Stöße
- Magnetisierung
- Temperaturschwankungen
Gegen Stöße und Magnetisierung ist das Seiko NH35A aber ganz gut gewappnet: Im offiziellen Dokument zum NH35A schreibt Seiko bzw. TMI, dass ein „Shock-absorber device for balance staff“, d.h. ein Stoßfänger in einem der empfindlichsten Teile der Uhr, der sogenannten Unruh, verbaut ist. Unter dem Punkt „Antimagnetic“ (Magnetischer Widerstand) findet sich in der Spezifikation außerdem nüchtern der Wert „DC : ≧ 4800 A / m“ – aber ist das nun gut oder schlecht? Als Maßstab kann die DIN 8309 bzw. ISO 6425 für Taucheruhren herhalten: Taucheruhren dürfen demnach bei einem Magnetfeld-Einfluss von 4800 A/m eine Abweichung von höchstens 30 Sekunden pro Tag auf die Zeitwaage bringen. Eine Uhr kann beispielsweise durch Alltagsgegenstände wie Lautsprecher oder Tablets magnetisiert werden.
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31 Gedanken zu “Seiko NH35 / NH36 (4R35 / 4R36): Ganggenauigkeit und Feinregulierung vs. Revision”
Hallo zusammen, ich bin ein leidenschaftlicher Uhrenfan und Besitze 8 mech. UHREN. ICH wechsle sie öfters dabei spielt es keine Rolle ob eine Uhr sehr genau läuft oder nicht so. Ich mach aber doch mit Uhren im unteren Preissegmendet sehr positive Erfahrungen. Meine Citizen Promaster läuft mit 3 Sek. Plus. 2 Orriginale Vostocks Handaufzug und Automatik mit 4 Sek. Plus und 6 Sek.Plus. Meine Giga Design Z mit 3 Sek. Plus. Meine Seiko 5 Sports Minus 4 Sek. Mein Invikta pro Diver plus 3 Sek. Dann habe ich noch einen Priosa Oldtimer der läuft nach einer Revision Plus 8 Sek.
Ich glaube durch die Ergebnisse meiner Uhren die sich im unteren Preissegment befinden laufen die alle recht ordentlich und brauchen sich zum Teil einen Vergleich mit Omega und sogar Rolex nicht zu verstecken. Daher verstehe auch nicht das man sagt Omega und Relex sind außergewöhnlich gute Uhren was Ihre Ganggenauigkeit betrifft. Bei deren Preisgefüge sollte man dass als selbstverständlich betrachten und sich bei Werbung nicht auch noch damit zu rühmen, wenn Uhren unter 200 Euro genauso gute Werte erreichen. Ich bin auch der Meinung bei meiner Citizen Promaster mit dem Myotawerk braucht man nach nicht einmal 10 Jahren eine Revision und die Ganggenauigkeit bleibt weitgehend erhalten. Omega und Rolex empfehlen nach spätestens 7 Jahre eine Revision die dann 500 bis 700 Euro kostet. Meine Uhren brauchen so früh keine Revision und da ist der Anschaffungspreisnur ein Bruchteil der genannten Luxusmarken von deren Revision.
Da frag ich mich schon sind diese Luxusuhren überhaupt Ihr Geld wert? Oder bezahlt man hier nur fürs Prestige dieser Marken.
Daher werde ich niemals mehrere tausend Euro für eine Luxusmarke Geld ausgeben.
Liebe Grüsse, Hans
Danke, dass du deine Meinung mit uns teilst, Hans!
Ich habe seit Weihnachten 2020 eine Bersigar BG-1617 am Arm mit dem hier besprochenen Kaliber NH35A. Die Gangwerte sind frappierend! Sie hat seit nunmehr 8 Wochen einen täglichen Nachgang von 2-3 Sekunden! Bis zu dieser Uhr hatte das nur meine Zenith Chronomaster Kal. 410 geschafft. Diese jedoch war nicht zum Preis von 75 Euro zu ergattern! 😉
Fazit: Ich bin hochzufrieden mit dem NH35A alias 4R36. Es ist mir dennoch unbegreiflich, wie man eine solche Qualität für so wenig Geld präsentieren kann.
Danke für deine Erfahrungen Jürgen!
Vielen Dank für den informativen Artikel! Ich habe mir nach tagelanger Recherche nun meine erste Automatik Uhr (pagani Submariner blau) bestellt.
Den Artikel hier fand ich am Aufschluss reichsten und als Einsteiger der bisher eine 90er jahre Casio und seine Handy Uhr benutzt hat, habe ich doch eine Menge dazugelernt.
Vielen Dank
Danke dir, Mirko!
Heute habe ich noch einmal diesen äußerst interessanten Artikel gelesen, den Mario aufgrund meines ersten Leserbriefs geschrieben hat. Nochmal vielen Dank für Deine Mühe und die erstklassige Information, Mario. Seitdem habe ich (vor allem hier) eine Menge gelesen und vielleicht auch gelernt.
Zu diesem Artikel möchte ich noch eine weitere Erfahrung schildern, quasi ein Update. Anfang 2020 habe ich es endlich auf die Reihe bekommen, meine Gigandet Sea Ground an den deutschen Verkäufer zu schicken und mein Leid mit dem ungenauen Werk geklagt ( es war kurz vor Ablauf der zweijährigen Garantie). Des weiteren störten mich die polierten Mittelglieder des Armbandes (ich hasse Bling-Bling). Nach sehr freundlichem Kontakt, erst per Mail, dann telefonisch, hat man dort meine Uhr feinreguliert (für lau) und die hochglänzenden Mittelglieder satiniert (für ganz kleines Geld). Nach etwa zehn Tagen war die Uhr wieder bei mir, sah sehr viel geiler aus als vorher und….? Mechanischen Uhrwerken scheint ein Geist innezuwohnen, der sie manchmal treibt und manchmal hemmt, jedenfalls lief meine Uhr weiter hinter der „richtigen“ Zeit hinterher, aber diesmal nicht mehr 30 Sekunden wie zuvor, sondern nur noch 15-20 Sekunden.
Zuerst war ich schwer enttäuscht und auch etwas sauer, weil mir vom Verkäufer mehr zugesagt war. Aber dann. Vielleicht mußte sich der Uhrgeist an die neue Umgebung gewöhnen oder mich besser kennenlernen. Jedenfalls lief die Uhr nach einigen Tagen plötzlich GENAU!!! Und zwar auf die Sekunde!!! Ein Chronometer ist Quatsch dagegen. An manchen Tagen geht sie sogar ein paar Sekunden vor (Geist auf Speed?), um dann wieder präzise die exakte Uhrzeit anzuzeigen. Ja, so ein Uhrwerk lasse ich mir gefallen. Und fortan nichts mehr auf das „einfache“ Seiko-Werk kommen. Das Original, die Submariner Date, ist mit ihrem Manufakturwerk auch nicht genauer. So kann man auch mit einer Hundertfuffzich-Euro-Uhr Luxuswecker für 10.000 Mäuse verblasen.
Allerdings: Wichtig ist, das die Uhr (bzw. das Uhrwerk) auf Vollaufzug oder in der Nähe ist. Was beim Tragen ja kein Problem ist. Und nochmal herzlichen Dank an den Verkäufer MTRShop 24, der auf freundliche und kulante Art mit dazu beigetragen hat. Es gibt leider soviel Beispiele, wo sich Händler, wenn sie erstmal Deine Kohle eingesackt haben, jeden Pups fürstlich bezahlen lassen. Deswegen will ich ein gegenteiliges Beispiel nicht unerwähnt lassen.
Hallo Mario
ich hatte einige Uhren mit besagtem NH35 und ähnliche (NH36) von Seiko. Ich würde mir nie wieder eine Uhr mit verbautem Seiko-Werk kaufen. Der Grund ist die absolute Unzuverlässigkeit der Ganggenauigkeit. Wer es gewohnt ist Automatikuhren mit einer Abweichung von 1-2 Sek/ Tag, teilweise sogar in der Woche zu haben, wird auch automatisch pingelig.
Ein Uhrmacher reguliert die Uhr auf seinem Timegrapher ein. Um mir die Kosten zu sparen, besorte ich mir alles nötige um eine Uhr einzuregulieren; sowohl das passende Werkzeug als auch eine Zeitwage. Die Zeit, die ich jedoch beim NH35 aufzuwenden hatte, lohnt „das Leben“ nicht mehr. Zudem zeigt bei JEDEM NH35/NH36 Werk die Zeitwaage eine chaotische Streuung an Punkten, sodass es teilweise reines Glück war, die Uhr halbwegs auf ein paar Sekungen Abweichung zu bringen. Natürlich ist es nicht gut, die Uhr zu reguliren, dann zu tragen, wieder zu öffnen und das immer wieder. Solange, bis es einem zu blöd wird.
Was mir das NH35 gebracht hat, war und ist die Übung. ETA, AS und Miyota Werke (9015, 9100) bereiten mir heute keine Schwierigkeiten mehr. Zudem richte ich mich bei der Regulierung einer Uhr nach meiner Solar-Funk-Uhr von Casio und Citizen. Und da kann ein NH35 nie mithalten (ich weiß, dass das logisch ist). Dass das NH35, NH36… ein „zuverlässiges“ Arbeitstier sei, ist meiner Meinung nach reine „Werbung“. In Steinhart, Sinn und sogar Aragon-Uhren, sowie vielen anderen Marken auch, sind mit ETA-Werken Arbeitstiere verbaut, die sämtliche Seiko-Werke (Ausnahme für mich das 9SA5 der Frandmaster) übertreffen.
Es ist nur MEINE Erfahrung und nicht anderer Uhrenliebhaber. Wenn sich jemand damit begnügen will, seine Uhr jeden oder jeden zweiten Tag neu zu stellen, dann soll es so sein. Für mich persönlich käme es nicht in frage.
Es gibt Uhremmarken, die stellen über viele, viele Jahre ein und das selbe Modell her, ohne es zu modifizieren. Es ist wie es ist (zB. Steinhart). Andere Marken, wie Seiko und Invicta hauen dermaßen viele neue Modelle in einem einhzigen Jahr raus, dass es sich um Wegwerfprodukte handelt und nicht um konstante „Kunstwerke“. Un da lohnt es sich für meine Begriffe auch nicht, bessere Werke zu verbauen.
Ich bleibe beim ETA, bei den Schweizer AS-Werken und bei der Miyota 9000er Reihe. Jeder hat seinen Tick und ich habe eben meinen 🙂
Liebe Grüße
Christian
Vielleicht hättest Du statt DIY (siehe Artikel) mal einen Fachmann/frau (Uhrmacher/in) an Deine Uhr gelassen, dann würdest Du heute sicher nicht so meckern. Es muß doch einen Grund geben, warum Uhrmacher ein Ausbildungsberuf ist, der jahrelange Praxis erfordert. Die Gleichung billiges Werk – mache ich selber funktioniert hier nicht. Ach übrigens: Meine Uhr, mit Seiko-Werk NH35, wurde vom Uhrmachermeister feinreguliert und läuft so präzise wie ein Chronometer. Manchmal lohnen sich 20-25 Euro ungemein.
Ich meckere nicht. Falls Du meinen letzten Absatz gelesen hättest, hättest Du auch erfahren, dass es meine Erfahrungen sind. Du kennst weder mich, noch meine Neigungen und Fähigkeiten und ich kenne Dich nicht. Also lassen wir es, OK?
Die Leserbriefe nach Marios Artikeln sind oft das interessanteste und ich lese sie mit wachsender Begeisterung. Aber einen solch unstrukturierten Unsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Was sind das für sagenhafte Automatik-Uhren, die dauerhaft nur eine Sekunde pro Tag vor- oder nachgehen; Zauberuhren gar, die diese Werte in der Woche schaffen. Ja, daran kann man sich gewöhnen und schon mal pingelig werden. Wenn Du doch solche mechanischen Fabelwesen Dein eigen nennst, warum steigst Du dann in die Niederungen primitiver Werke wie die eines NH 35 hinab?
Natürlich gibst Du Deine Erfahrungen wider, wessen auch sonst , aber deswegen brauchst Du auch nicht so gereizt auf Zuschriften zu reagieren, wenn Deine Erfahrungen hinterfragt werden. If you can‘t stand the heat, get out of the kitchen, wie wir Lateiner zu sagen pflegen.
P.S.
Ich kann meine Neugierde nicht bezähmen und würde schon gerne wissen, welche mechanisches Wunderwerk es schafft, innerhalb einer Woche nur ein Sekündchen fehlzugehen. Wenn‘s kein Geheimnis ist.
Also ich glaube, die Gefahren einer Selbstregulation werden hier ein wenig überdramatisiert. Würde ich es bei einer Luxusuhr machen? Nein. Aber Billigwerke? Benötigt wird im Grunde nur ein Gehäuseöffner (Klemme/Ball für Schraubverschlüsse, Schraubenzieher für verschraubte Verschlüsse, Messer o. Ä. für Pressdeckel), einen sauberen, hellen Raum und ev. eine Lupe. Das eigentliche Werkzeug ist buchstäblich ein Zahnstocher, man darf damit nur nicht in die Unruh-Feder hineinstechen, aber das ist bei einem vernünftigen Druckwinkel auch unwahrscheinlich. Der viel häufigere Fehler ist einfach, dass dramatisch überkorrigiert wird, das Tempo verändert sich schon bei der kleinsten Verschiebung des Hebels oft dramatisch. Deshalb würde ich ohne Zeitwaage bei einer Abweichung unter 20 Sekunden auch die Finger davon lassen, und mich mit einer Abweichung von unter 10 Sekunden nach der Regulation zufrieden geben. Außerdem zerstört man sich bei einem Schraubverschluss mit mehrmaligem Öffnen durch die Scherkräfte relativ schnell die Dichtung. Letzteres ist auch ein Grund, weshalb die Uhren von Vostok so populär bei DIY-Uhrenfans sind, der Verschluss ist so designt, dass die Dichtung nicht beschädigt wird, und der Hebel zur Regulation ist besonders leichtgängig was feine Einstellungen für Laien erleichtert (konnte eine von mir auf +2 Sekunden/Tag einstellen).
Kleiner Tipp noch: Falls ein Werk minimal zu langsam läuft, legt es über Nacht seitwärts hin, in der Position läuft es fast immer schneller als mit Ziffernblatt nach oben, und man muss weniger häufig nachstellen.
Danke für deine Erfahrungen!
Gerne teile ich meine Erfahrungen zur Ganggenauigkeit meiner Uhren mit Automatik und Handaufzug:
Die Uhren, die am schlechtesten laufen, sind ausgerechnet die teuersten. Schlusslicht ist eine mit SW 500a: +15s/24h gefolgt von einer mit DUW 4301: +8s/24h. Am besten läuft eine mit NH35: +3s/24h gleichauf mit dem H-50 Kaliber und einem ETA 2824-2. Dazwischen liegen zwei Uhren mit Miyota 9015: +5s/24h. Dann gibt es noch eine mit Unitas 7001 und eine mit Seagull ST19 (swan neck) die ohne Sekundenstopp schwer zu beurteilen sind aber in der Woche nicht mehr als +1min laufen.
Danke für deine Erfahrungen, Matthias 🙂
Das sind ja tolle Infos. Habe ich sehr gern gelesen, diesen Kommentar. Danke sehr. Ein Neuling.
Danke für den Kommentar!
Vielen Dank für die präzisen Informationen, die für einen Laien wirklich extrem
hilfreich sind. Ich verteidige nämlich meine Invicta Pro Diver gegen Personen,
die der Meinung sind, günstige Uhren können nur Schrott sein. Aber auch ohne
mehrere tausend Euro in die Hand zu nehmen, sollte es möglich sein, ein passables
Automatikwerk in einer schönen Uhr sein eigen zu nennen.
Liebe Grüße aus Graz,
Österreich
Danke dir für den Kommentar, Christine 🙂
Ich habe mittlerweile 2 Gigandet Sea Ground und kann zur Ganggenauigkeit nur positives berichten. Die Uhren gehen nach Regulierung (selbst gemacht) pro Tag 6-7 sec. vor, manchmal nur 2-3 sec. Das hängt von vielen Faktoren ab (Temperatur, Luftdruck, Stöße, voll oder nur teilweise aufgezogen, Lage bei Nacht usw.). Solange die Uhr nicht über 20 sec. vor- oder nachgeht sehe ich keinen Grund, die Uhr näher untersuchen zu lassen. Schließlich ist es eine mechanische Uhr, die aus Gründen physikalischer Gesetzmäßigkeiten niemals so genau gehen kann wie eine Quarzuhr oder gar eine Funkuhr. Aber das sollte jede/r für sich entscheiden, ob er oder sie eine total exakte Zeit braucht oder ob eine Minute Abweichung toleriert wird. Ich für meinen Teil mag keine „elektrischen“ Uhren und nehme die paar Sekunden Abweichung gerne in Kauf. Dafür habe ich eine „Tick Tick“, die lebt. Mit allen Vor- und Nachteilen.
Danke für deine ergänzenden Worte, Klaus!
Kompliment für den interessanten Artikel!
Ich besitze seit wenigen Wochen eine Gigandet Sea Ground, in der ebenfalls das NH-35 verbaut ist und bin sehr positiv von den Gangwerten des Uhrwerks überrascht. Ich trage die Uhr seit mittlerweile einer Woche tagsüber bei einem Nachlauf von 4 Sekunden! Ein in Anbetracht des Preise hervorragender Wert, wie ich finde.
Ich wünschte, meine Tutima Flieger 1941 hätte annähernd gleiche Gangwerte und dies obwohl die Uhr seinerzeit etwa das zehnfache der Gigandet gekostet hat und schon eine Revision hinter sich hat.
Gut zu hören, dass es auch Positivbeispiele für die Gangwerte gibt 🙂 Danke!
Ein prima Bericht und eine Leserfrage, die mich ebenfalls interessiert, da ich direkt betroffen bin.
Meine Dan Henry 1970 (rund 4 Monate alt) geht innerhalb von 1,5 Wochen nahezu 10 Minuten nach, das ist dann doch schon etwas heftig, wie ich finde.
Genau so ist es.
Sehr guter Artikel.
Meine Rado Centrix kam aus der Schachtel mit einem eklatanten Nachgang.
Nachdem sie eingetragen war nach 6 Monaten hab ich sie mit meiner Zeitwaage reguliert.
Ergebnis sie geht um 1-2 Sekunden vor pro Tag – so wollte ich es haben.
Gut zu wissen ist auch, das Automatikuhren je nach Federspannung [Aufzug] unterschiedlich laufen.
Meine Exemplare gehen am Ende der Gangreserve alle deutlich schneller.
Danke für die hilfreiche Ergänzung! Jupp, die Uhr sollte definitiv voll aufgezogen sein, bevor man die Gangabweichung misst.
Es ist 3 Minuten vor 24:00 und schon der 2 Thread in dieser Woche. Mann !!
Zum Ersten: Ich möchte mich Michael M. anschließen zu seinen Aussagen :“ ….fühlte mich sehr gut informiert/unterhalten.“
Geht mir genau so. Mittlerweile gehört der Besuch der Seite zum täglichen Pflichtprogramm.
Zum NH35A:
Ich habe seit einiger Zeit eine Sturmanskie NH35A-1825893 Lim. Edition. Wie der Name schon sagt, ist hier auch das angesprochene Uhrwerk verbaut – und auch ich hatte das Problem des starken Vorlaufes. Bei mir waren es fast 30 sek/d.
Entgegen der Empfehlung es selber zu probieren, habe ich es mit meinen großen Patschen doch versucht gehabt und es auf Anhieb geschafft einen Nachlauf von 2 bis 4 sec/d einzuregulieren. Da ich meine Uhren in der Regel immer eine Woche trage, spielt diese Abweichung überhaupt keine Rolle mehr.
Also Michael: Such Dir einen guten Uhrmacher und lass sie einstellen. Wirst Deine Freude daran haben.
Mittlerweile kann ich sagen: Guten Morgen und wieder einmal Danke !!
Ich muss halt aufgrund meiner Umzugs-„Zwangspause“ bisel was aufholen hehe – danke für deinen Input 😉
Ein toller Bericht zum Werk, habe einige Informationen daraus gelesen! Auch das drum herum ist klasse mit der Revi und dem Messen der Gangabweichung. Spitze!!!
Gruß Christian
Danke dir Christian 🙂
Hallo zusammen!
Ich bin hier neu im Forum und nochmal einen großen Lob an Mario, die Test bzw Beschreibungen sind wirklich grandios und super verständlich!!
Ich selbst habe eine Seiko 5 Sport bin voll zufrieden 4sek plus am Tag vom Werk aus ohne Feinregulierung oder sonst was!!!
Läuft einfach toll das Werk!!!
Preis/Leistung passt total!!!
Für 200 Euro allemal Wert denke Ich!!!
Meine nächste wird eine Tissot PRC 200werden (Autom.Chronogr.), hat währ Erfahrung mit dieser Uhr???
Lg Mario aus Österreich