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Als Chronometer werden mechanische oder batteriebetriebene Uhren bezeichnet, welche die Zeit besonders exakt anzeigen – nicht mehr und nicht weniger. Verantwortlich für die offiziellen Chronometer-Tests und die Ausstellung der Zertifikate gemäß ISO 3159 ist hauptsächlich die gemeinnützige, Schweizer Kontrollstelle für Chronometer („Contrôle Officiel Suisse des Chronomètres“, kurz COSC), welche 1973 in La Chaux-de-Fonds gegründet wurde. Mit “Superlative Chronometer” von Rolex und “Master Chronometer” von Omega gibt es außerdem zwei beispielhafte Besonderheiten im Bereich der Chronometer…

Rolex-Explorer-1-vs-Submariner
Rolex Explorer I und Rolex Submariner – beide Chronometer-zertifiziert
Automatisches Uhrwerk von Certina mit Chronometer-Zertifizierung
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Chronometer-Uhren: Was ist das eigentlich?

Das Chronometer-Zertifikat: Herkunft, COSC, Glashütte

Der Chronometer-Begriff kommt historisch betrachtet aus dem Bereich der Schifffahrt: Während die Breitengrade schon früh in der Geschichte der Navigation auf hoher See genutzt wurden (auf Basis des Sonnen- bzw. Sternenstandes, später mit Sextanten), galten die Längengrade bis ins 17. Jahrhundert als ungelöstes Problem. Brachte beispielsweise ein Sturm auf hoher See die halbwegs bestehende Orientierung aus dem Ruder, kam es häufig zu maritimen Irrfahrten, die vielen Seemännern das Leben kostete (zum Beispiel durch Verhungern).

Die Lösung für das Längengrad-Problem kam vom Briten John Harrison (1693-1762): Der gelernte Tischler tüftelte jahrzehntelang am Seechronometer (auch: Schiffschronometer, Längenuhr oder Marinechronometer genannt) bis ihm schließlich der Durchbruch im Jahre 1761 gelang, um das Längengrad-Problem mit einer supergenau laufenden Uhr, einem Chronometer zu lösen. Mehr zur Funktionsweise von Schiffschronometern gibt’s hier.

Historischer Schiffschronometer aus Glashütte

Hersteller von Armbanduhren adaptierten später den Chronometer-Begriff, um (Armband-)Uhren mit besonders hoher Präzision zu kennzeichnen. Verrückt: Früher konnte ein Chronometer von seinem eigenen Hersteller zertifiziert werden – das öffnete natürlich Tür und Tor für Manipulationen. Schon früh strebte daher beispielsweise Rolex an, alle Uhren offiziell von einer unabhängigen Institution prüfen zu lassen. Zur Hervorhebung dieses Unterschieds änderte Rolex in den späten 1930er-Jahren die Beschriftung auf den Zifferblättern von „Chronometer“ zu „Officially Certified Chronometer“. Erst 1951 wurde die offizielle Chronometer-Zertifizierung verpflichtend.

Um heute das begehrte Chronometer-Zertifikat abzustauben und den “Chronometer”-Schriftzug auf dem Ziffernblatt verewigen zu dürfen, schicken dutzende Hersteller ihre Werke unter strengen Vorgaben hinsichtlich Verpackung etc. an die unabhängige Schweizer COSC.

Seit 2006 finden auch in Deutschland Chronometer-Prüfungen nach DIN 8319 statt (wenngleich mengenmäßig natürlich längst nicht in so großem Maße wie in der Schweiz): Wempe Glashütte kooperiert hierbei mit dem Landesamtes für Mess- und Eichwesen Thüringen (LMET) und dem Sächsischen Landesamtes für Mess- und Eichwesen (SLME). Die deutsche DIN-Norm ist der internationalen, in der Schweiz angewandten ISO-Norm, sehr ähnlich. Sie unterscheidet sich aber in einem wesentlichen Punkt: Das Uhrwerk muss den Chronometer-Test nicht nur separat bestehen, sondern komplett im Gehäuse montiert sein – der Testaufbau ist also deutlich näher an der Realität. Die Wempe Iron Walker Automatik-Modelle sind beispielsweise Chronometer-zertifiziert.

Wempe Iron Walker Automatik-Chronograph, Bild: Wempe
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Die Tests für das Chronometer-Zertifikat bei Uhren

Die Voraussetzungen für das begehrte Zertifikat sind auf den ersten Blick ziemlich simpel: Die zu testenden Uhrwerke müssen Swiss Made sein und eine bestimmte Gangabweichung einhalten, um das Zertifikat zu erhalten.

Der Teufel steckt aber im Detail: Konkret darf die Gangabweichung von mechanischen Uhrwerken gemäß Norm maximal -4 bis +6 Sekunden betragen. Satte 15 Tage werden die (unverbauten, “nackten”) Werke in fünf Lagen und bei drei verschiedenen Temperaturen (8 °C, 23 °C, 38 °C) von der COSC getestet. Weitere Komplikationen, wie zum Beispiel Chronograph (Stoppuhr), werden im Laufe des Tests zugeschaltet, um deren Einfluss auf die Ganggenauigkeit des Werkes festzustellen.

Bereit zum Testen: Uhrwerke bei der COSC

Täglich (!) werden bei der COSC mehrere Tausend Uhrwerke (fast 2 Mio. jährlich) von 60 festangestellten Mitarbeitern an 350 Tagen pro Jahr geprüft. Immerhin 21% Prozent aller mechanischen Schweizer Uhren haben das Chronometer-Zertifikat (bzw. 6% aller Schweizer Uhren).

Das verdeutlicht: Insbesondere bei mechanischen Uhren ist das Chronometer-Zertifikat heiß begehrt. Aber auch Quarz-Werke können in einem 11-tägigen Test Chronometer-zertifiziert werden (obwohl diese naturgemäß sowieso immer deutlich präziser als ein mechanisches Uhrwerk sind). Die maximal erlaubten Gangabweichungen bei Quarz-Werken dürfen bei 23°C Umgebungstemperatur maximal +/- 0,07 Sekunden pro Tag betragen. Bei 8°C und 38°C liegen die Toleranzen bei +/- 0,2 Sekunden. Precidrive-Quarz-Kaliber von Certina beispielsweise halten diese Norm ein.

Certina Quarz-Chronometer

COSC-zertifizierte Uhrwerke bekommen eine Seriennummer, die von den Herstellern in aller Regel auch auf der Garantiekarte vermerkt wird (siehe Breitling-Garantiekarte unten “COSC: 12345…”). Breitling beispielsweise sendet seit 1999 ausnahmslos alle (!) mechanischen und elektronischen Uhrwerke zur COSC. Laut COSC-Statistik waren das im Jahre 2015 knapp 150.000 Uhrwerke, was Breitling zum Drittplatzierten in der COSC-Statistik macht. Zweiter ist Omega mit über 500.000 COSC-zertifizierten Uhrwerken. Unangefochtener Spitzenreiter in der COSC-Statistik ist allerdings seit je her – wie sollte es auch anders sein – Rolex mit ca. 800.000 Werken.

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Übrigens: Heutzutage liefern nur wenige Hersteller ihre Uhren mit dem offiziellen COSC-Zertifikat in Papierform aus – aus verschiedenen Gründen:

  • für die Ausstellung des COSC-Zertifikats in Papierform fallen Kosten an.
  • Administrativer Aufwand, da der Uhrenhersteller das Zertifikat passend zum in die Uhr eingeschalten Werk versenden muss.
  • Angst davor, dass Kunden Werte nachprüfen und bei Abweichungen ggf. eine Reklamation anstoßen.
  • Das COSC-Zertifikat in Papierform passt unter Umständen nicht ins Verpackungskonzept.

Eine Ausnahme ist der Schweizer Hersteller Formex (hier im Bild die Formex REEF Taucheruhr):

Qualitätsstufe Chronometer bei ETA und Sellita

Häufig anzutreffende Schweizer Kaliber wie das 2824-2 oder das SW200-1 von ETA bzw. Sellita kommen in verschiedenen Qualitätsstufen. Mit Blick auf die offizielle technische Sellita-Dokumentation offenbaren sich die Ausführungen Standard, Special (Elabore), Premium (Top) und Chronometre:

Die Kaliber in der Qualitätsstufe Chronometre sind dabei logischerweise in aller Regel für eine offizielle Zertifizierung bei der COSC vorgesehen. Der entscheidende Punkt hierbei ist, dass die höheren Qualitätsstufen höherwertigere Komponenten mitbringen, um eine gute und stabile Gangabweichung zu ermöglichen – was ja wiederum letztendlich die “Eintrittskarte” in die Welt der COSC ist. So kommt die Ausführungen Chronometre beispielsweise mit der effizienteren Incabloc-Stoßsicherung. Das ETA 2824 kommt in der Qualitätsstufe Chronometre mit einer vergoldeten, antimagnetischen Glucydur-Unruh (anstelle Nickel vergoldet bei Standard und Elabore).

Rolex: Superlative Chronometer Officially Certified

Rolex setzt zwar ebenfalls auf das COSC-Zertifikat, testet die Werke aber noch ein zweites mal in Eigenregie, bevor diese endgültig verbaut werden. Rolex schmückt seine Modelle daher selbstbewusst mit “Superlative Chronometer Officially Certified” auf dem Ziffernblatt. Strenge -2 bis +2 Sekunden pro Tag garantiert Rolex aufgrund der zusätzlichen Tests.

Rolex-Hangtag “Superlative Certified”
Superlative Chronometer Officially Certified
“Superlative Chronometer Officially Certified” auf dem Ziffernblatt der Rolex Submariner

Omega Master Chronometer Zertifikat

Rolex’ ärgster Rivale Omega kann das natürlich nicht auf sich sitzen lassen: Unter der Bezeichnung “Master Chronometer” vermarktet Omega mittlerweile einige Uhren-Modelle wie die Seamaster 300m, die neben der COSC-Zertifizierung eine vom METAS zugelassene, 10-tägige Testreihe durchlaufen, in der die alltäglichen Tragebedingungen simuliert und die Unempfindlichkeit gegenüber Wasser und Magnetfeldern (bei 15.000 Gauss) kontrolliert werden. Die Gangabweichung darf für die Zertifizierung maximal +5 Sekunden pro Tag betragen. Detail-Ergebnisse der Zertifizierung lassen sich direkt auf omegawatches.com abrufen. Hier ein Beispiel (Original PDF durch Klick auf das Bild abrufbar):

Danke an CHRONONAUTIX-Leser Wolfgang

Fun Fact am Rande: Das unabhängige Eidgenössische Institut für Metrologie (METAS) überwacht normalerweise die Geschwindigkeitskontrollen auf Schweizer Straßen und hat das Prüfverfahren für die “Master Chronometer”-Zertifizierung mit Omega zusammen entwickelt.

Hier einige bewegte Bilder der Prüfverfahren im Hause Omega:

Übrigens: Häufig werden die Begriffe Chronometer und Chronograph durcheinander gebracht. Die beiden Begrifflichkeiten hängen aber nicht direkt zusammen: Bei einem Chronographen handelt es sich um eine Uhr mit zusätzlicher Stoppuhren-Funktion (sogenannte Komplikation). Natürlich aber kann ein Chronograph auch Chronometer-zertifiziert sein – so wie beispielsweise die Rolex Daytona…

Rolex-Daytona-Panda-Keramik-Uhrensammlung
Rolex Daytona Chronograph Superlative Chronometer, Bild: Watchmaster.com

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11 Kommentare
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Wolfgang K.
3 Jahre zurück

Hallo Mario,

ich lese seit längerem im Hintergrund mit und finde Deinen Blog sehr unterhaltsam dank sehr gut recherchierten Artikeln und super Fotos!
Ich möchte hier in Ergänzung hinzufügen:
Omega stellt Dir online zu deiner Master-Chronometer-Zertifizierung die METAS Testergebnisse zur Verfügung. Ein PDF wird dabei auch erstellt.
Dies könnte ich Dir zur Verfügung stellen, wenn wir die Uhren Nummer unkenntlich machen.
Die Ergebnisse habe ich bei mir mit meinen bescheidenen Mitteln nachgeprüft und sie sind stimmig.
Hinzu kommt: Die Master Chronos dürfen niemals nachgehen!
Ich habe die Uhr den ganzen September getragen, nachts abgelegt im geringsten Vorlauf und sie lief die ersten 5 Tage auf insgesamt 3 Sekunden vor, um dann am 30.09. einen absoluten Vorgang von 6 Sekunden vorzuweisen. Inbegriffen ein zweiwöchiger Wanderurlaub, mit Stoppen der Wanderzeiten.
Meine Frau legt ihre kleine Oyster Perbetual mit dem Ziffernblatt nach unten ab, und trägt die Uhr nicht jeden Tag. Dafür ist ein Nachgang von 7 Sekunden seit Oktober durchaus ein gutes Ergebnis.
Unter anderem habe ich auch noch 2 Chronometer mit SI Spirale; ein Hamilton Chronometer-Chronograph mit der schnöden Bezeichnung Khaki Aviation
X-WIND DAY DATE AUTO CHRONO Limited Edition hat seit 01.10. einen totalen Vorgang von 4 Sekunden, wird meist 24 Stunden getragen, es wird gestoppt, auch stundenlang, zum Monatsende wird er abgelegt.
Die statisch gemessenen Werte in allen 6 Lagen: mittlerer Vorgang 1,85 s, die max. Differenz zwischen den 6 Ablagen beträgt 5,8s.
Zurück zum Tragen von Uhren, dem eigentlichen Bestimmungszweck:
Ich denke, mit diesen Trageergebnissen kann ich mehr als zufrieden sein!
Statisch sind / wären die Ergebnisse wesentlich schwächer!
Zwei Quartz-Chronos, von Certina und Longines, erreichen hingegen die herstellerseitig behaupteten Werte definitiv nicht, die Abweichung das auf Jahr bezogen mehr als doppelt so hoch wie behauptet.
Statisch, bei konstanten Temperaturen um 22°. Die Certina hat sogar ein neues Werk erhalten, sie erreicht dennoch nicht die Werte.
Danke für die Aufmerksamkeit!

Klaus R.
4 Jahre zurück

Es ist immer wieder unglaublich, wieviel wirklich großartiges Hintergrundwissen hier dem interessierten Fan mechanischer Armbanduhren nahe gebracht wird. Ich bin begeistert. Ich lerne gern ein jedes Mal dazu. Bitte weiter so.

Thomas
4 Jahre zurück

Sehr interessante Informationen

Harry B
4 Jahre zurück

Wenn die Chronometer Zertifizierte Uhr eine Revision erfährt ist es aber schon wieder vorbei mit dem Zertifikat oder?

MichaelB
5 Jahre zurück

Rolex 2s vs. Omega 5s .. ist doch ein Unterschied wie Tag und Nacht (insbesondere – so meine naive Annahme – steigt der Aufwand exponentiell je genauer)!?

Mia
6 Jahre zurück

Danke für die guten Informationen zu Uhren. Ein Bekannter hat sich eine MVMT gekauft. Ich selbst kannte diese Marke gar nicht. Dafür ist sie etwas ausgefallener im Design. Ob das eine Chronometer oder Chronograph ist, ist mir eigentlich egal, solange es die Zeit anzeigt.

Alf Becker
6 Jahre zurück

Hallo, Mario,
wieder ein schöner, kluger Artikel!
Zwei Anmerkungen:
1) Du schreibst:
“Mit der Tachymeter-Skala (auch: Tachymetre-Skala) …”
hier müsste stehen: “Mit der Tachymeter-Skala (auch: Tachymetre-Skala oder Tachometer-Skala) …”, denn die originale Moonwatch hatte den Aufdruck “TACHOMETER”: https://goo.gl/Cn8vkv. Nebenbemerkung: Auf meine Frage an Omega, warum sie diese Beschriftung bei ihren Neuauflagen zu “TACHYMÈTRE” geändert haben, habe ich bis heute keine Antwort 8•(
2) ES HEISST _*DER*_ REHAUT (https://goo.gl/67EVHw)! Der Rehaut hat nichts, aber auch gar nichts mit der “Rehhaut” zu tun; die ist natürlich ein Femininum! Sei also bitte so gut und ändere “Die Tachymeter-Skala wird in der Regel innen auf der Rehaut …” zu “Die Tachymeter-Skala wird in der Regel innen auf dem Rehaut …” um.
Ansonsten: Weiter so, gute Arbeit!

Grüßle aus Monnem vom

Alf