Update November 2018: hier geht es zum neuesten Direnzo-Test:
https://chrononautix.com/direnzo-drz_02-test/
Sergio Godoy Di Renzo – das ist der Kopf hinter der neuen Uhrenmarke Direnzo, die im September 2017 ihren Weg auf die Crowdfunding-Plattform Kickstarter finden wird. Wie der Markenname des in Genf lebenden Argentiniers mit italienischen Wurzeln, zustande kommt ist also schon mal geklรคrt ๐
Sergio stellte mirย eine seiner wenigen Prototypen des vom Rennsport inspirierten Vintage-Modells DRZ_Type 250F temporรคr fรผr dieses Review zur Verfรผgung – leider wurde meine Freude darรผber etwas getrรผbt: Der Zoll hatte dank Sommerloch wohl Langeweile und kassierte das Paket ein, da der Versand aus Genf erfolgte (Direnzos Sitz) und die Schweiz bekanntermaรen nicht zur EU gehรถrt.
Ihr kรถnnt euch ungefรคhr vorstellen was fรผr eine Herausforderung es war dem Zollbeamten zu erklรคren, dass ich die Uhr nicht gekauft oder geschenkt bekommen habe, sondern nur temporรคr zur Ansicht habe und diese ohnehin bald wieder zurรผckschicken werde. Abkassieren wollte der Zoll natรผrlich trotzdem: Noch spannender wurde es dann, die Bemessungsgrundlage fรผr die Zollgebรผhren bzw. die Einfuhrumsatzsteuer zu bestimmen: die 270 CHFย (ca. 235โฌ) zu Beginn der Kickstarter-Kampagne oder den spรคteren Retail-Preis in Hรถhe von 420 CHF? ๐
Lange Rede kurzer (Un-)Sinn: Nach einer Stunde Warterei (wohlgemerkt exklusive Wartezeit) und einem wahren Papierkrieg fรผr den (bereits geplanten) spรคteren Rรผckversand, durfte ich die Uhr dann letztendlich mitnehmen – nur um dann noch abschlieรend zu erfahren, dass ich fรผr den Rรผckversand noch einen separaten Dienstleister beauftragen mรผsse, was zusรคtzliche Gebรผhren verursache und sich eigentlich gar nicht lohne. Na, da hat sich doch der Papierkram gelohnt – nicht! Da half auch das entschuldigende „das haben wir maximal einmal im Jahr!“ des Zollbeamten leider nicht. Zollgebรผhren (Einfuhrumsatzsteuer) in Hรถhe von 45โฌ durfte ich natรผrlich auch beim Zoll liegen lassen…
Und schon mal eine Info vorab: Die fertigen Uhren werden nach der Kickstarter-Kampagne aus einem Land innerhalb der EU verschickt, weshalb es keine Probleme mit dem Zoll geben wird (siehe hierzu meine Zoll-Infos im Artikel รผber Micro-Brands).
Immerhin: Der Zollbeamte und ein schรผchtern nachfragender Schรผlerpraktikant („darf ich auch mal sehen?“) fanden die Uhr schon mal total supi – so richtig aus der Hand geben wollten die beiden die Uhr nicht, obwohl man mir meine Ungeduld wahrscheinlich langsam angemerkt hatte ๐
Direnzo Watches auf Kickstarter: Test des Modellsย DRZ_Type 250F
Mitย Assembled in Switzerlandย werden die Direnzo-Uhren beworben. Der Prototyp, der mir im Rahmen der bald startenden Kickstarter-Kampagne von Sergio Di Renzo zur Verfรผgung gestellt wurde kam (wie gesagt) tatsรคchlich aus der Schweiz –ย Swiss Made sind die Uhren allerdings nicht.
Das liegt zum einen sicherlich daran, dass gewisse Bauteile wie Zeiger oder Gehรคuse bei Micro-Brands typischerweise aus dem asiatischen Raum kommen, um die Preise wettbewerbsfรคhig gestalten zu kรถnnen – das ist selbst fรผr groรe und gestandene Uhrenmarken vรถllig normal. Andererseits wird ein japanisches Seiko NH35 Automatikwerk verbaut (hierzu spรคter mehr). Die Swiss Made-Voraussetzungen zu erfรผllen ist daher trotz Zusammenbau und Endkontrolle (Wasserdichtigkeit, Ganggenauigkeit) der Direnzo-Uhren in der Schweiz kaum machbar.
Das ist aber natรผrlich kein Problem solange die Qualitรคt stimmt – und das tut sie: Fรผr eine Uhr in der Preisklasse ist das (komplett polierte) Gehรคuseย mit seiner sportlichen Vertiefung vergleichsweise aufwendig und dabei sehr hochwertig verarbeitet:
Etwas Bedenken hatte ich bei der Grรถรe des Gehรคuses: 40mm Durchmesser (ohne Krone) sind mir auf dem Papier normalerweise etwas zu klein. Durch das krรคftig-schwarze Ziffernblatt und den schmalen Rand der Uhr, sieht die Uhr aber etwas grรถรer aus – eher wie 41 bis 42mm und damit recht stimmig an meinem 19cm dicken Handgelenk:
Zusรคtzlich unterstreicht das recht dicke,ย doppelt gewรถlbte Saphirglas wunderbar die Vintage-Optik der Uhr: Durch die beidseitige Entspiegelungย ist der Blick auf das Ziffernblatt weitestgehend reflexionsfrei, wodurch insbesondere die cremefarbenen Zeiger, Ziffern und Indizes gut zur Geltung kommen. Die Entspiegelungsschicht lรคsst das Glas je nach Lichteinfall blรคulich wirken:
Der rote, an einen Tachometer erinnernde, Sekundenzeigerย sorgt noch fรผr einen Farbakzent auf dem Ziffernblatt:ย Das Ziffernblatt-Design findet laut Direnzo seine Inspiration im Cockpitย der Rennwagen aus den 40er und 50er Jahren, insbesondere imย Tachoย desย Maserati 250F, welcher vom fรผnffachenย Formel 1-Weltmeisters Juan Manuel Fango bei seinem Triumph beim Grand Prix am Nรผrburgring 1957 gefahren wurde…
Nice-to-know: Juan Manuel Fangio verhalf im Jahre 1963 der Markeย HEUERย zu groรer Berรผhmtheit:ย Beimย legendรคren Straรenrennen โCarrera Panamericanaโ in Mexiko trug der Rennfahrer das vom Urenkel des Firmengrรผnders Jack Heuer entwickelte Modellย Carreraย – der erste Chronograph, der speziell fรผr Profi-Rennfahrer konzipiert wurde. Erfolgreicher als Fangio in der Geschichte der Formel 1 war nur noch eine andere Legende: Michael Schumacher…
Eine weitere Besonderheit: รhnlich wie bei der AVI-8 Hawker Hunterย befinden sich statt der Zahl „12“, zwei Nullen auf dem Ziffernblatt der Direnzo DRZ_Type 250F. Dieses Designelement orientiert sich – thematisch passend – an alten Stoppuhren, die hin und wieder mit dieser Doppel-Null designet wurden.
Kommen wir noch zur Technik: Bei einem Preis von 420 CHF (ca. 370โฌ = Endpreis nach der Kickstarter-Kampagne) kรถnnte man vermuten, dass ein gรผnstiges Miyota-Automatikwerk aus der 8er Baureihe zum Einsatz kommt. Denkste!
In der Direnzo DRZ_Type 250F tickt das robuste Automatikwerk Seiko NH35, welches von den Japanern auchย in etlichen eigenen Modellen in der Preisklasse zwischen 150 und 400โฌ verbaut wirdย – unter der Seiko-eigenen Bezeichnung 4R36 kommt das Werk z.B. auch in der Seiko Turtle zum Einsatz.ย Handaufzugsmรถglichkeit, Sekundenstopp bei gezogener Krone und 41 Stunden Gangreserve zeichnen das grundsolide und robuste Werk aus. Dadurch hat das NH35 einige Vorteile gegenรผber beispielsweise dem Miyota 8215 (Citizen-Gruppe), welches ebenfalls gerne von Micro-Brands verbaut wird (wie z.B. in der von mir getestetenย Meccaniche Veneziane Arsenale).
Einen Nachteil hat das Seiko NH35 allerdings: Es schlรคgt nur mitย 21600bph, wodurch der Sekundenzeiger nicht so schรถn flรผssig lรคuft wie bei einem Werk mit 28800bph (Miyota 9015, ETA 2824 etc.). Auch die Ganggenauigkeit ist dadurch theoretisch geringer.
Alles in allem istย das Seiko-Kaliber NH35 dennoch ein guter Kompromiss aus Robustheit, Technik und insbesondere Preis –ย und damit letztendlich eine sehr gute Wahl fรผr Micro-Brands wie Direnzo, Marc & Sons, Armida, Maranez & Co., die zukรผnftigen (Kickstarter-)Preise attraktiv gestalten mรผssen, um gegenรผber den groรen, gestandenen Uhrenmarken wettbewerbsfรคhig sein zu kรถnnen.
Grundsรคtzlich bietet das verbaute Seiko NH35 Automatikwerk auch eine Datumsanzeige – Direnzo hat aber aus Grรผnden der Symmetrie darauf verzichtet.
Nur ein Handaufzugwerk hรคtte sicherlich noch besser zur DRZ_Type 250F gepasst – allerdings kรคme in dieser Hinsicht nur ein ETA Unitas-Werk in Frage, welches die Uhr sicherlich deutlich verteuert hรคtte.
Toll ist auch dasย Schnellwechselsystem, mit dem der Wechsel des Bandes ohne Werkzeug mit einem kleinen Clip mรถglich ist. Das System scheint sich so langsam durchzusetzen – zumindest bei Micro-Brands wie z.B. STERNGLAS oder Ballast 1903.
Da ich kein Fan aufwendig verarbeitete Boxen bin, die eh nur irgendwo in der Ecke verstauben, war ich auch durchaus angetan von der Verpackung der Direnzo DRZ_Type 250F: Es handelt sich dabei um ein lecker nach Leder riechendes Etui im Stile alter Werkzeug-Rollen – das passt nicht nur thematisch sehr gut zum Vintage-Rennsport-Image, sondern ist auch noch sehr praktisch fรผr den Transport einer Uhr auf Reisen.
Fazit: Ist die Finanzierung der Direnzo DRZ_Type 250F realistisch?
Die Kickstarter-Kampagne zu Direnzo Watches startet Mitteย September 2017, d.h. in Kรผrze. Je Ziffernblattvariante (weiร und schwarz) werden 600 Uhren produziert – jede wird dabei einzeln durchnummeriert.
Spielen wir zunรคchst Wunschkonzert: Auch wenn die 40mm groรe DRZ_Type 250F (10mm Bauhรถhe) etwas grรถรer wirkt als sie ist, hรคtte sie durchaus gerne in einer etwas sportlicheren Grรถรe von 42mm kommen dรผrfen. Auรerdem hรคtte das Logo der Marke gerne etwas kreativer sein dรผrfen (wenngleich ich das stilisierte Automatikwerk nicht verkehrt finde ;-)). Punktabzug gibt es auรerdem fรผr die eher magere Wasserdichtigkeit von 5 bar (spritzwassergeschรผtzt).
Aber sei’s drum – das ist alles Meckern auf hohem Niveau: Das Gesamtpaket, welches Direnzo hier mit seinem Einstand abliefert ist hinsichtlich Preis-Leistung wirklich erste Sahne.ย Kurzum: Ihr dรผrft bedenkenlos zuschlagen, wenn euch das Vintage-Design gefรคllt. Insbesondere zu Beginn der Kickstarter-Kampagne lockt ein schnรคppchenverdรคchtiger Preis von 270 CHF (ca. 235โฌ). Dem Erfolgt dรผrfte meiner Meinung nach nichts im Wege stehen – ich werde jedenfalls dabei sein und wรผnsche Sergio Di Renzo gutes Gelingen! ๐
Mehr Micro-Brands gefรคllig? Schaut mal hier rein:
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