In einer Untersuchung von 1000 Uhren, die beim Spezialuhrenhersteller Sinn Frankfurt im Rahmen des Kundenservice durchgefรผhrt wurde, stellte sich heraus, dass knapp 60% der eingegangenen Uhrwerke magnetisiert waren, davon die Hรคlfte mit starken Magnetfeldfehlern. รhnliches berichtet der Kundendienst des Schweizer Uhrenherstellers Omega, wonach rund 40% aller Servicefรคlle auf eine Magnetisierung zurรผckzufรผhren sind.
Eine schlechte Ganggenauigkeit rรผhrt in vielen Fรคllen von einer Magnetisierung der Unruhspiralfeder, dem taktgebenden Organ einer jeden mechanischen Uhr, her. Die Intensitรคt der Magnetismus-Quelle und die Dauer, in der sich eine Uhr im Bereich der Quelle befunden hat, sind dabei die entscheidenden Faktoren.
Natรผrlich hat nicht jede mechanische Uhr antimagnetische Eigenschaften wie beispielsweise die bereits im Jahre 1956 fรผr wissenschaftliche und ingenieurtechnische Anwendungen konzipierte Rolex Milgauss, die Magnetismus von bis zu 1.000 Gauss (0,1 Tesla) wegsteckt (der Name des Modells leitet sich vom Franzรถsischen “Mille” (Tausend) und der Einheit zur Messung von Magnetismus (Gauss) ab). Die Rolex Milgauss kam damals unter anderem im europรคischen Forschungszentrum fรผr Teilchenphysik, CERN, zum Einsatz. Uhren wie die Omega Aqua Terra packen heute nach offiziellen Angaben sogar bis zu 15.000 Gauss.
Ferner gilt natรผrlich, dass eine Magnetisierung natรผrlich nicht “einfach so” รผber Nacht verschwindet: Eine Spiralfeder kann รผber einen langen Zeitraum magnetisch geladen bleiben. Die Folge: die Uhr geht nachhaltig vor oder nach – bis zu mehrere Minuten pro Tag. Ein Horror fรผr Freunde der Pรผnktlichkeit. Manche stark magnetisierten mechanischen Uhren verweigern gar komplett ihren Dienst.
Dieser Artikel geht im Rahmen eines praktischen Experimentes der Frage nach, von welchen haushaltsรผblichen Alltagsgegenstรคnden Magnetismus ausgeht – und in welcher Stรคrke. Anschlieรend wird der tatsรคchliche Einfluss auf die Ganggenauigkeit gรคngiger Uhrwerke von ETA, Miyota, Seiko und Omega (Manufakturkaliber) ermittelt.
Auรerdem soll die Frage geklรคrt werden, ob Silizium-Spiralfedern und Weicheisenkรคfig, die von Uhren-Herstellern gerne als das Allheilmittel gegen Magnetismus beworben werden, einen echten Nutzen haben. Sind das bloรe Marketinggags oder helfen diese Merkmale wirklich im Alltag?
Abschlieรend zeigt dieser Artikel, wie man eine mechanische Uhr gรผnstig selber entmagnetisieren kann…
INHALT
Uhren vs. Magnetismus im Alltag
Bereits in den 1930er Jahren erkannten Hersteller die Notwendigkeit, Uhren fรผr bestimmte Anwendungszwecke gegen Magnetfelder zu schรผtzen. Damalige Elektromotoren von Lokomotiven beispielsweise hatten einen erheblichen Stรถreinfluss auf den Gang von mechanischen Uhren. Spezielle Railway-Modelle wurden daher durch einen Eisenmantel gegen Magnetfeldeinflรผsse geschรผtzt, um zu verhindern, dass es zu Zugunglรผcken aufgrund falsch laufender Uhren kam. Ein Beispiel ist die Omega Railmaster, die im Jahre 1957 mit amagnetischen Eigenschaften kam (Resistenz gegenรผber Magnetismus bis zu 1000 Gauss).
รhnlich verhielt es sich im Bereich der Fliegeruhren, die aufgrund der magnetischen Ablenkspulen von Radarschirmen, die sich in Flugzeugcockpits befanden, negativ in ihrer Ganggenauigkeit beeinflusst wurden.
Magnete sind natรผrlich auch heute allgegenwรคrtig. In unserem modernen Alltag treffen wir insbesondere auf Permanentmagnete und Elektromagnete in Lautsprechern, Mixern, das MRT beim Arzt, die Sicherheitsscanner an Flughรคfen und sogar vergleichsweise kleine Magnet-Schlieรen von Fliegengittertรผren oder Taschen – all diese Dinge stehen im Verdacht so starke Magnetfelder zu erzeugen, dass diese bei entsprechendem Kontakt einen Einfluss auf die Ganggenauigkeit einer mechanischen Uhr haben.
Allerdings findet man ziemlich viele Halbwahrheiten im Internet zu diesem Thema im Zusammenhang mit Uhren. Fรผr das Magnetfeldexperiment habe ich daher zunรคchst die Magnetismusstรคrke, gemessen in Mikrotesla, fรผr verschiedene, alltรคgliche Haushaltsgegenstรคnde ermittelt. Genutzt wurde dafรผr die App phyphox von der RWTH Aachen, welche die Rohdaten der iPhone-Sensoren ausliest (der Magnetfeldsensor im iPhone ist eigentlich fรผr die Kompass-App gedacht, dazu spรคter mehr). Als Hardware kam ein iPhone 11 zum Einsatz.
Die mit Abstand grรถรten Mikrotesla-Werte gingen von einer handelsรผblichen Soundbar der Marke Sony aus – bis zu 5000 Mikrotesla zeigte die App phyphox an. Allerdings schwankten die Werte stark, je nach nach dem wo genau auf der Soundbar das Smartphone aufgelegt wurde. Ebenfalls in den Top drei: Ein handelsรผblicher Tower PC und ein Kรผchenmixer mit Gleichstrommotor.
Des Weiteren sei anhand der Soundbar exemplarisch erwรคhnt, dass Magnetfelder mit vergrรถรertem Abstand auch wieder stark nachlassen. Wenige Zentimeter kรถnnen darรผber entscheiden, ob wenige Hundert oder einige Tausend Mikrotesla gemessen werden – im Falle der Soundbar nahm die Messung an einer konkreten Stelle von 3000 ฮผT auf 100 ฮผT bei einem Abstand von nur 15 cm ab:
Ein weiteres Beispiel, hier in den Bildern zu sehen, ist die starke Abnahme des Magnetfeldes nach nur wenigen Zentimetern bei einem Apple Macbook Air:
Diese Mikrotesla-Werte (ฮผT) gingen von alltagsรผblichen Gegenstรคnden aus:
- TV-Soundbar (Marke Sony): bis zu 5000 ฮผT
- Tower PC: 3000 ฮผT (gemessen am Gehรคuse auรen/hinten, im Bereich des Motherboards)
- Handmixer (Bosch): 2500 ฮผT
- Tablet (Apple iPad): 1500 ฮผT (gemessen im Bereich der Lautsprecher)
- Fรถn (Remington): 1500 ฮผT (gemessen am hinteren Bereich, oberhalb des Griffs)
- Laptop (Apple Macbook Air): 1000 ฮผT (gemessen im Bereich der Lautsprecher)
- Computer-Lautsprecher (Teufel): 1000 ฮผT
- Magnetverschluss Damenhandtasche (Esprit): 800 ฮผT
- Bluetooth-Kopfhรถrer (B&O): 400 ฮผT
- Akku-Staubsauger (Black & Decker): 300 ฮผT
- Elektrischer Rasierer (Phillips): 200 ฮผT
- Magnetverschluss einer Fliegengittertรผr: 100 ฮผT
- Induktionskochfeld (IKEA): 50 ฮผT (gemessen neben dem Topf beim Kochen von Wasser)
- Mikrowelle (IKEA): 50 ฮผT (gemessen direkt vor der Mikrowellentรผr)
Im Groรen und Ganzen verwundern die Ergebnisse nicht – hierzu ein paar beispielhafte Erlรคuterungen: Mixer werden typischerweise รผber einen via Permanentmagnet (!) erregten Gleichstrommotor betrieben. Diese wiederum erzeugen bekanntermaรen signifikante Magnetfelder.
Lautsprechern und Kopfhรถrern wiederum wird ebenfalls nachgesagt, starke Magnetfelder zu erzeugen. Das liegt an unter anderem an den sogenannten Neodym-Magneten, eine Eisen-Borverbindung, die in hรถherwertigeren Lautsprechern zum Einsatz kommen und ein magnetisches Feld fรผr die Spule innerhalb der Membran des Lautsprecherkegels zur Verfรผgung stellen, um die Spule in einer Ruheposition zu halten.
Auf den ersten Blick รผberraschend ist, dass in der Nรคhe eines handelsรผblichen IKEA-Induktionskochfeld keine nennenswerte Magnetisierung messbar war – mit Blick auf das phyphox-Diagramm wird aber klar, dass Induktionskochfelder durch magnetische Wechselfelder betrieben werden.
Magnetisierte Uhren – Gedanken vorab
Um das Experiment zu fokussieren, habe ich fรผnf verschiedene Uhren den folgenden drei Magnetfeldern ausgesetzt (dazu gleich mehr):
- TV-Soundbar mit 5000 ฮผT
- iPad (im Bereich der Lautsprecher) mit 1500 ฮผT
- Elektrischer Rasierer mit 200 ฮผT
Die folgenden Uhren wurden beim Experiment berรผcksichtigt:
- Omega Seamaster 300m mit Coaxial-Kaliber 8800 (mit Silizium-Spiralfeder)
- Seiko New Turtle mit Kaliber 4R36 (entspricht dem Seiko NH35)
- Citizen Promaster Automatik mit Miyota 8203
- Laco Erbstรผck mit ETA 2824-2
- DEKLA Turbulenz Pro mit ETA 2824-2 und Weicheisenkรคfig
Magnetismus abschirmen – was bedeutet antimagnetisch bei Uhren?
Es ist zu erwarten, dass die Omega Seamaster 300m dank einer modernen Unruhspiralfeder aus Silizium wenig bis gar nicht beeindruckt von Magnetfeldern ist. Im Rahmen des von der METAS erteilten Master Chronometer-Zertifikates spricht Omega selbst von einer Magnetunempfindlichkeit von bis zu 15.000 Gauss, was 1,5 Millionen Mikrotesla (bzw. 1,5 Tesla) entspricht.
Silizium-Spiralfedern kommen mittlerweile auch in gรผnstigeren Modellen zum Einsatz wie beispielsweise die Longines Spirit, den Certina DS Chronographen oder im Allgemeinen bestimmte (aber nicht alle) Modelle mit dem automatischen Kaliber Powermatic 80.
Auch von der Ganggenauigkeit der DEKLA Turbulenz darf man erwarten, dass Magnetfelder keinen oder nur geringen Einfluss haben: Es handelt sich bei dem Modell um die Pro-Variante mit innenliegendem Weicheisenkรคfig (bestehend aus Zifferblatt, Werkhaltering und Zwischenboden aus reinem Eisen). Weicheisen ist ein Stoff, der sich leicht magnetisieren lรคsst, gleichzeitig aber eine geringe Remanenz โ das heiรt nach einer Magnetfeldeinwirkung geringe zurรผckbleibende Magnetisierung โ aufweist. Laut DEKLA werden so bis zu 1000 Gauss (=100.000 Mikrotesla) abgeschirmt. Das Modell DEKLA Turbulenz Pro zeigt, dass man eine Uhr mit Magnetfeld-Abschirmung auch fรผr vergleichsweise kleines Geld bekommt.
Des Weiteren besteht Grund zu der Annahme, dass sich auch die Citizen Promaster und die Seiko Turtle recht gut schlagen: Bei beiden Modellen handelt es sich um waschechte, zertifizierte Taucheruhren, welche die Anforderungen der Taucheruhren-Norm DIN 8306/ISO6425 erfรผllen. Die DIN/ISO wiederum besagt, dass bei Taucheruhren nach Magnetfeldeinfluss von 4800 Ampere/Meter (A/m) die Gangabweichung hรถchstens 30 Sekunden am Tag betragen darf. 4800 A/m wiederum entsprechen ca. 6000 Mikrotesla – deutlich weniger als bei den Uhren von Omega und DEKLA – aber immerhin.
Die Laco Erbstรผck Beobachtungsuhr kommt mit einem ETA-Kaliber in der Ausfรผhrung Elaborรฉ mit Nivarox 2-Unruhspiralfeder (eine Legierung aus Eisen, Nickel und Chrom; entwickelt im Jahre 1931). Nivarox-Unruhspiralen sind frรผheren Spiralfedern aus Stahl deutlich รผberlegen und antimagnetisch gemรคร DIN 8309. Nivarox ist (neben Anachron) eine der am hรคufigsten verwendeten Materialien fรผr Spiralfedern. Fรผr Nivarox-Spiralfedern gelten dieselben Maรstรคbe wie bei Taucheruhren gemรคร ISO6425: Bei einer Magnetfeldbelastung von 4.800 A/m (ca. 6000 Mikrotesla) darf die Gangabweichung maximal +/โ30 Sekunden pro Tag betragen. Das ist nicht besonders viel, sollte aber einen alltรคglichen Nutzen stiften.
Uhr magnetisiert? Experiment und Ergebnisse
Nun kommen wir zum eigentlichen Experiment: Ich habe die fรผnf oben genannten Uhren fรผr gewisse Zeitrรคume (30 bis 60 Minuten) drei unterschiedlich starken Magnetismus-Quellen (Rasierer, iPad, Rasierer) ausgesetzt. Die Situationen sind dabei als alltรคglich zu betrachten: Eine Uhr ist beispielsweise schnell mal direkt neben/auf einem Tablet oder in der Nรคhe des Fernsehers abgelegt. Die unmittelbare Nรคhe einer Uhr zu einem Magnetfeld ist im Alltag unbewusst schnell hergestellt.
Auรerdem sei angemerkt, dass die Ergebnisse in den Tabellen unten chronologisch zu lesen sind: Begonnen habe ich mit der Magnetismus-Quelle mit dem geringsten Mikrotesla-Wert (Rasierer). Dann ging es weiter zum iPad und anschlieรend zur Soundbar. Nachdem eine Uhr mit der jeweiligen Magnetismus-Quelle in Kontakt kam, wurde die Ganggenauigkeit mit einer Zeitwaage gemessen.
In den Tabellen unten sind diejenigen Ganggenauigkeitswerte mit einem Magnet-Symbol markiert, die darauf schlieรen lassen, dass eine Magnetisierung stattgefunden hat (hohe Abweichung gegenรผber der vorherigen Messung). Wurde eine Uhr merkbar magnetisiert, so wurde sie der folgenden, stรคrkeren Magnetismusquelle nicht mehr ausgesetzt.
Laco Erbstรผck mit ETA 2824-2:
DEKLA Turbulenz Pro mit ETA 2824-2 und Weicheisenkรคfig:
Seiko New Turtle mit Kaliber 4R36 (entspricht dem Seiko NH35):
Citizen Promaster Automatik mit Miyota 8203:
Omega Seamaster 300m mit Coaxial-Kaliber 8800 (mit Silizium-Spiralfeder):
Zusammenfassung der Erkenntnisse und Fazit zu magnetisierten Uhren
- Ein schwaches Magnetfeld, ausgehend von einem handelsรผblichen elektrischen Rasierapparat, hat bei keiner getesteten Uhr zu einer signifikanten Gangabweichung gefรผhrt.
- Die Magnetfelder im Bereich der Lautsprecher eines iPad (1500 ฮผT) sorgten fรผr eine starke Magnetisierung und einer damit einhergehenden stark verschlechterten Gangabweichung bei der Citizen Promaster Automatik (Miyota 8203) und der Laco Erbstรผck (ETA 2824-2 Elaborรฉ).
- Die Seiko Turtle (Kaliber 4R36 bzw. Seiko NH35) zeigte sich nur geringfรผgig beeindruckt vom Magnetfeld des iPad – die im eigenen Hause “angerรผhrte” Cobalt-Nickel-Legierung SPRON (von “SPRING MICRON”) macht offenbar einen guten Job.
- Die Omega Seamaster 300m (Kaliber 8800 mit Silizium-Spirale) und die DEKLA Turbulenz Pro mit Weicheisenkรคfig, welcher das ETA 2824-2 Elaborรฉ abschirmt, wurden wie erwartet รผberhaupt nicht vom iPad beeinflusst.
- Erst die Soundbar mit bis zu 5000 ฮผT hatte einen geringfรผgigen Einfluss auf die Ganggenauigkeit der Uhren von DEKLA und Omega.
Und die Moral von der Geschicht’?
Tatsรคchlich kรถnnen Magnetfelder einen groรen, negativen Einfluss auf die Gangabweichung einer mechanischen Uhr haben – das hat das Experiment klar belegt. Merkmale wie eine Silizium-Spirale oder ein Weicheisenkรคfig sind dabei nicht nur bloรe “Marketinggags”, sondern haben nachweislich einen hohen alltรคglichen Nutzen.
Und auch, wenn man keinen riesigen Bogen um jedes potentielle Magnetfeld machen brauch (siehe Erkenntnisse รผber die starke Abnahme von Magnetfeldern nach wenigen Zentimetern), so sollte man sich bewusst sein, dass beispielsweise das Ablegen einer mechanischen Uhr auf einem Tablet, einem Laptop, auf einer Soundbar oder neben einem Lautsprecher nicht unbedingt die beste Idee ist. Wenn man sich dieser Tatsache bewusst ist, kann man die Magnetisierung von Uhren besser vermeiden.
Einschrรคnkungen zum Experiment
Das Experiment unterliegt gewissen Einschrรคnkungen, auf die ich noch hinweisen mรถchte. Zum einen das Messmittel selbst: der im iPhone verbaute Magnetfeldsensor ist ein gรผnstiges Massenprodukt, welches eigentlich die Aufgabe erfรผllen soll die Kompass-App mit Werten zu versorgen. Fรผr die Ausgabe genauer Messwerte ist der Magnetfeldsensor eigentlich nicht gedacht. Dennoch ist diese Einschrรคnkung meiner Meinung nach vernachlรคssigbar, da es beim Experiment ja u.a. darum geht, die Intensitรคt von Magnetismus-Quellen im Verhรคltnis zueinander und deren Einfluss auf Uhren zu beobachten.
Hinzu kommt, dass das iPhone, welches fรผr die Messungen genutzt wurde, per se natรผrlich auch ein eigenes Magnetfeld mitbringt, welches die Ergebnisse beeinflussen kann. Die App phyphox versucht diesen Effekt allerdings automatisch herauszurechnen.
Eine weitere Einschrรคnkung ist, dass – wie beschrieben – die Mikrotesla-Werte bei den Magnetismusquellen bei weitem nicht gleichmรครig verteilt sind. Beim iPad beispielsweise zeigte sich der hรถchste Mikrotesla-Wert in einem eher begrenzten Bereich in der Nรคhe der Lautsprecher. In dem Sinne ist es beim Versuchsaufbau natรผrlich mรถglich, dass nicht alle Uhren einer exakt gleichen Magnetisierung ausgesetzt waren.
Mechanische Uhren selber entmagnetisieren – so geht’s
Wie man im Experiment sehen kann, sind Uhren, die keine besonderen amagnetischen Eigenschaften wie eine Silizium-Spirale oder einen Weicheisenkรคfig mitbringen, im Alltag schnell magnetisiert und haben daraufhin eine deutlich schlechtere Ganggenauigkeit.
Doch was tun, wenn eine Uhr magnetisiert ist? Ich erinnere mich noch gut an meinen Physiklehrer, der einen magnetisierten Gegenstand mit Karacho gegen den Tisch knalle, um diesen zu entmagnetisieren – starke Schlรคge helfen zwar, bei einer mechanischen Uhr ist das aber sicher nicht die beste Idee ๐
Natรผrlich bietet sich der Gang zum Uhrmacher an, der optimalerweise zwecks Entmagnetisierung auch den Gehรคuseboden รถffnet und anschlieรend wieder wasserdicht verschlieรt – das sollte nicht mehr als 20โฌ kosten. Wer aber im Alltag (zum Beispiel berufsbedingt) Magnetfeldern nicht ausweichen kann und seine Uhr(en) hรคufig magnetisiert, der kann sich รผberlegen eine Apparatur zum Entmagnetisieren anzuschaffen. Professionelle Gerรคte kosten allerdings mehrere Hundert Euro, zum Beispiel der Greiner Vibrograf ANTIMAG 2. Es geht aber auch deutlich gรผnstiger: Billige “Made in China”-Gerรคte sind bei Amazon & Co. ab rund 15โฌ erhรคltlich.
Der blaue China-Entmagnetisierer ist relativ schwer, macht zugegebenermaรen aber keinen besonders vertrauenserweckenden Eindruck: Das Plastikgehรคuse ist unsauber verarbeitet, ein kleines Stรผckchen Plastik war sogar bei Lieferung herausgebrochen. Ein CE–Zeichen als Hinweis darauf, dass das Produkt alle EU-weiten Anforderungen an Sicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz erfรผllt? Fehlanzeige! Sehr unschรถn, vor allem wenn man bedenkt, dass ordentlich elektrische Spannung auf dem Gerรคt ist.
Allgemein gilt daher natรผrlich: Anwendung auf eigene Gefahr! Insbesondere sei noch darauf hingewiesen, dass man den Entmagnetisierer aus China niemals unbeaufsichtigt am Stromnetz lassen sollte.
Im Praxistest hat aber auch der billige China-Entmagnetisierer seinen Zweck erfรผllt: Ich konnte alle drei stรคrker magnetisierten Uhren (von Laco, Seiko und Citizen) wieder gรคnzlich auf die ursprรผnglichen Ganggenauigkeitswerte bringen.
Die Anwendung war ganz einfach:
- Man halte die Uhr mit dem Gehรคuseboden wenige Millimeter รผber die Kontaktflรคche des Gerรคtes
- Den roten Knopf fรผr wenige Sekunden drรผcken (die Lampe leuchtet rot auf)
- Uhr langsam entfernen und wรคhrenddessen den Entmagnetisierer eingeschaltet lassen.
- Vorgang ggf. mehrmals wiederholen
Alternativ kann man auch die Uhr in kleinen Wellenbewegungen langsam wenige Millimeter รผber das Gerรคt von links nach rechts ziehen.
Im Zweifelsfall muss man etwas Geduld mitbringen: Ich habe unterschiedlich viele Versuche fรผr die drei Uhren benรถtigt und immer wieder zwischendurch die Ganggenauigkeit auf einer Zeitwaage gemessen, um zu sehen, ob die Magnetisierung entfernt wurde.
Abschlieรend sei gesagt, dass eine hohe Gangabweichung natรผrlich verschiedenste Ursachen haben kann und nicht nur auf Magnetismus zurรผckzufรผhren ist. In Frage kommt beispielsweise eine schlechte oder nicht vorhandene Feinregulierung durch den Hersteller oder eine fรคllige Revision (siehe hierzu mein Artikel รผber die Feinregulierung des Seiko NH35). Es bietet sich aber natรผrlich an, bevor man eine Uhr beim Uhrmacher zur Feinregulierung oder zur Revision gibt, diese erst mal zu entmagnetisieren – das lรถst ein Ganggenauigkeitsproblem vielleicht auch schon.
Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, freue ich mich รผber ein Like bei Facebook, Instagram, YouTube oder
Auch รผber WhatsApp kannst du immer auf dem neuesten Stand bleiben – jetzt abonnieren:
Darรผber hinaus freue ich mich รผber Kommentare immer sehr (Kommentare werden in der Regel innerhalb kurzer Zeit geprรผft und freigeschaltet). Vielen Dank!
Hallo Mario,
vielen Dank fรผr den hochinformativen und wie immer flรผssig geschriebenen Artikel!
Eine Frage hรคtte ich noch im Bezug auf das Entmagnetisieren: Kann man das bei laufendem Uhrwerk tun, oder ist es besser, das Werk durch ziehen der Krone anzuhalten?
viele Grรผรe
Martin
Eigentlich ein Armutszeugnis der Hersteller, die im Preissegment 1000โฌ plus nicht in der Lage sind einen Weicheisenkern als Magnet-Schutz oder eine Siliziumspirale einzusetzen. Ein Schelm wer Bรถses dabei denkt. Ist halt alles auf Gewinnmaximierung ausgelegt und nicht mehr auf Qualitรคt.
Hallo,
habe jetzt erst den Artikel gelesen und kann die Angaben bestรคtigen, natรผrlich nicht mit den technischen Details, eher in der Wirkung.
Ich hatte einen Artikel zum Thema Magnetisierung gelesen und dachte, dass probierst du mal aus bevor die Uhr eingeschickt wird. Ich habe u.a.m. eine Zenith Pilot GMT 48mm aus 2015, mit dem Elite- Kaliber 693, welches eine relativ hohe Gangabweichung hatte, die Uhr lief zu schnell.
Ich beschaffte dann bei amazon genau den hier beschriebenen Entmagnetisierer und legte los, die dritte Hand hatte meine Frau. Die drรผckte und hielt den roten Knopf. Uhr aufgelegt und beim zรคhlen bis zehn die Uhr langsam auf 20 cm Hรถhe gehoben und dabei das Lederband u 180 Grad gedreht, das ganze Procedere zweimal.
Was soll ich sagen, ein voller Erfolg! Die Uhr lรคuft sauber +2/ 24 und muss nicht zur Revi zu Zenith, holla Geld gespart. Nachteile kann ich keine feststellen, alles paletti und OK.
Schรถner und technisch einwandfrei belegter Text, danke.
Vielen Dank fรผr deine Erfahrungen Kay!
Ganz lieben Dank fรผr den sehr aufschlussreichen Bericht. Meine Seiko SKX lief fast -30 Sek. am Tag. Nachdem ich die Uhr mehrmals entmagnetisiert habe bin ich bei -4sek.
Eine Frage hรคtte ich noch. Wie oft darf man diesen Vorgang wiederholen?
Hallo Mario!
Seit ein paar Monaten bin ich interessierter Leser deiner Artikel, und habe viel Spaร dabei.
Die besagte IPhone App musste ich natรผrlich auch gleich am IPad ausprobieren (da ich das Ding doch hรคufig nutze) und siehe da,
das stรคrkste Magnetfeld war nicht so sehr an den Lautsprechern, sondern im Bereich des Magic keyboards.
Kurz waren noch 3500 ยตT zu sehen bevor die Messung sich wegen noch hรถherer Werte abschaltete.
Uff! Ich werde nie wieder das IPad als Uhrenablage verwenden, wo sie doch vermeintlich so viel besser liegt als auf der steinernen Arbeitsplatte.
Danke fรผr diesen Augenรถffner!
Viele Grรผรe,
Michael
Ich bin behindert, liege viel am Rรผcken, auch gerade jetzt, hab die Khaki Field am Handgelenk und schreibe auf dem iPad. Eine andere Wahl, auรer Uhr ablegen hab ich kaum. Auch bei der normalen PC Arbeit , midi Tower mit mehreren Festplatten, Bose Lautsprecher, bin ich immer in der Gefahrenzone. Irgendwie war nicht nur die Quarzuhr, sondern der komplette elektronische Fortschritt, der Feind unserer geliebten Uhren . Was tun, Uhr ablegen, regelmรครig zum Uhrmacher, selbst entmagnetisieren und und und ?? Bisher keine groรen Problem, oder nicht bemerkt. Auf jeden Fall, sehe ich doch die Sache jetzt anders.
Danke fรผr diesen und noch so einige gute Berichte, lese alle !
Beste Grรผรe aus ganz kurz vor den Bergen
Woifi
Danke dir Wolfgang ๐
Ich finde den gesamten Prozess der Entmagnetisierung sehr spannend. Mein Onkel arbeitet bei einer Firma, die fรผr Entmagnetisierung zustรคndig ist und Gerรคte zur Magnetpulverprรผfung herstellt. Seitdem er mir von seiner Arbeit erzรคhlt hat, interessiere ich mich fรผr das Thema. Interessant, dass eine Spiralfeder รผber einen langen Zeitraum magnetisch geladen bleiben kann.
Sehr interessanter Artikel. Bin Abonnent und freue mich auf die nรคchsten Beitrรคge.
Lang, lang ist’s her, da hatte ich ein sehr hochwertiges Nakamichi-Tapedeck. Auch dort gab es das Problem, daร mit der Zeit die Tonkรถpfe magnetisiert wurden, was Einbuรen im Klang hatte. Um dem vorzubeugen, habe ich damals auf Anraten meines Hifi-Hรคndlers eine Entmagnetisierungsdrossel gekauft, mit der man mit kreisenden Bewegungen die Tonkรถpfe bei Bedarf entmagnetisieren konnte. Die Drossel liegt nun wie das Tape-Deck schon lange Zeit im Karton und beide werden nicht mehr benutzt. Lange Rede, kurze Frage: Kann ich diese Entmagnetisierungsdrossel auch fรผr meine mechanische Uhr benutzen? Die stammt รผbrigens noch aus der “Made in Germany”-Zeit, als wir noch nicht soviel Schrott bei den Chinesen gekauft haben.
Danke fรผr einen Artikel, bei dem ich wieder einiges gelernt habe. Viele Grรผรe!
Wieder Mal ein toller, ausfรผhrlicher, gut recherchierter Bericht.
Magnetismus und Wasserdichtheit sind nach wie vor immer noch die zwei grรถรten Probleme einer Armbanduhr.
Eine Siliziumspirale oder einen Weicheisenkern haben nur die wenigsten Uhren, dem entsprechend kommt eine magnetisierte Uhr (eigentlich ist es nur die Spirale die magnetisch ist) ziemlich hรคufig vor.
Leider hat es die Uhrenindustrie, genau wie bei dem Thema Wasserdichtheit, bisher verpasst die Kunden aufzuklรคren.
Das fรผhrt oft zu Irritationen bei den Trรคgern, wenn die Uhr neu ist oder vor kurzem bei der Revision war und der Uhrmacher darf sich damit rumschlagen!
Grรผรe aus der Uhrmacherwerkstatt
Uli Kriescher
Lieben Dank fรผr die ergรคnzenden Worte, Uli!
Ein kurzer Erfahrungsbericht: Meine Uhr mit Handaufzug liess sich tatsรคchlich nicht mehr aufziehen und lief auch nicht mehr. Ich wollte sie schon zur รberprรผfung einschicken. Dann ist mir nach der Lektรผre deines Artikels aufgefallen, dass ich die Uhr immer neben meinen nicht ganz kleinen Monitorboxen liegen hatte. Also habe ich mir so ein Chinagerรคt bestellt und das ganze Procedere (mehrmals!!) ausgefรผhrt. Voilร , meine geliebte Khaki Field lรคuft wieder wie gewohnt. Vielen Dank !!!
Hi Dieter, freut mich zu hรถren und danke fรผr deine Erfahrungen! ๐
Omega gibt einen Schutz gegen ein Magnetismus von 15000 Gauss an, hier im Test zeigt die Uhr schon nach 50 Gauss einen Einfluss.
Hi Michael,
die Frage ist halt, auf welcher Messbasis Omega die 15.000 Gauss ermittelt hat. Wie im Artikel beschrieben, ist der Faktor Zeit nicht unwichtig. In meinem Experiment lag die Omega ja fรผr 30 Minuten auf der Soundbar.
Viele Grรผรe
Mario
Guten Abend Mario, ein wirklich gut geschriebener Artikel. Klasse. Eine Frage zum Entmagnetisierer habe ich noch: Roten Knopf drรผcken und dann die Uhr langsam wegziehen, danach den Knopf loslassen. Oder den Knopf drรผcken, ein paar Sekunden warten, loslassen und danach die Uhr wegbewegen. Sorry wegen der dummen Frage, ich bin Maschinenbauer, die kรถnnen Strom nicht so gut. Viele Grรผรe, Herbert
Hi Herbert, ich habe Ersteres gemacht ๐
Viele Grรผรe
Mario
Danke fรผr den mรผhevollen Test!Ich versuche mรถglichst meine Uhren von Lautsprechern etc.fernzuhalten!
Ich verstehe auch nicht den fatalen Modegauss:”Irgendwelche metallenden Armbรคnder neben der Uhr zu tragen!!!” :-/
Die Fa.Dekla hat beispielsweise eine Antimagnetschutz bei Deiner:”Turbulenz”entwickelt!
Gibt es einen Unterschied bei Automatik und Quarzuhren?
Soweit ich weiss waren viele Uhren aus den 70gern mit Antimagnetschutz versehen….zumindest stand das unten auf dem Gehรคuseboden!?!
Bleib Gesund!
mfG
Thorsten S.
Toller Artikel! Danke dafรผr.
Bemerkenswert ist ja dass die Seiko magnetisiert langsamer wird
Tatsรคchlich hatte ich vor ca. einem Jahr ein Problem nach der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Im Flugzeug hatte ich bemerkt, daร meine Automatikuhr plรถtzlich mit fast doppelter Geschwindigkeit lief (Beim Blick auf die Uhr wรคhrend des 30-Minรผtigen Zubringerflugs, hรคtte ich meinen Anschlussflug schon verpasst gehabt) . Dieser Effekt hielt 2 Tage an, dann habe ich die Uhr abgelegt und bis zum Stillstand gewartet. Siehe da, anschlieรend lief sie wieder normal und tut das bis heute. Ich vermute daร die Feder durch Magnetismus “zusammenklebte” und sich beim Ablauf dann wieder aufgeschnappt ist.
Danke fรผr die Ergรคnzung, Manfred!
Einmal mehr ein top Beitrag, welcher informativ, gut rechechiert und verstรคndlich geschrieben ist! Warum die Fachpresse dies so nicht hinkriegt, bleibt wohl deren Geheimnis! Vielen Dank Mario, Deine Beitrรคge sind eine echte Bereicherung!
Danke Claude ๐
Hallo Mario! Besten Dank fรผr deinen aufschlussreichen Bericht!๐๐๐ผ….Gruss aus Biel Bienne!
Sehr gerne ๐