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Während des Ost-West-Konflikts (1947-1990) sahen Geheimdienste ihre Aufgabe in erster Linie darin an der Seite ihrer Regierungen und Militärbündnisse aktiv in das globale Kräftemessen zwischen den USA und der Sowjetunion und ihren jeweiligen Verbündeten einzugreifen. Ihr Hauptgeschäft waren verdeckte Operationen im Ausland mit dem Ziel, verbündete Regierungen zu stabilisieren und feindliche zu stürzen. In der Fachliteratur herrscht beispielsweise Konsens darüber, dass die CIA aktiv am Sturz des chilenischen Präsidenten Allende anno 1973 beteiligt war.

Um ihre Ziele zu erreichen, nutzten die Geheimdienste natürlich auch allerlei “Spielzeug”. Vor allem die USA setzen im Laufe der Zeit verstärkt auf technische Hilfsmittel: Radarstationen und Funkhorchanlagen, Spionageflugzeuge sowie Satelliten mit hochauflösenden Kameras. Mit dabei war aber auch kleineres Equipment, das locker auch aus einem Film rund um den 1953 von Ian Fleming erdachten Geheimagenten James Bond stammen könnte: So wie explodierende Muscheln oder Zigarren, die nur einer von vielen Versuchen der CIA-“Operation Mongoose” waren, den unliebsamen kubanischen Staatschef Fidel Castro zu beseitigen. Im Reportoire von CIA & Co. war auch eine Armbanduhr – aber keine gewöhnliche Uhr zum Anzeigen der Uhrzeit, sondern eine geheime Mikrofonuhr zum Abhören des Feindes.

Diese Spionageuhr, die von etlichen Geheimdiensten rund um den Globus eingesetzt wurde, kam unter anderem in Form einer Hanhart-Attrappe, die ich bei meinem Besuch bei Hanhart in Gütenbach besonders spannend fand und die mir für diesen Artikel freundlicherweise von Hanhart zur Verfügung gestellt wurde.

Die Grundlage für die Spionageuhr war dabei das sogenannte Minifon

Das Minifon: Miniaturisierungs-Meilenstein der 50er

Auf der Industriemesse 1951 unter dem Funkturm in Berlin drängten sich die Menschenmassen um den kleinen Stand der Monske & Co. GmbH aus Hannover: Alle wollten es sehen, dieses für damalige Verhältnisse winzige, Gerät, das kleinste Magnettonbandgerät der Welt: das Minifon Mi-51.

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Das batteriebetriebene Gerät, das auf eine Entwicklung des deutschen Elektroingenieurs Willi Draheim ab 1948 zurückgeht, zeichnete Ton über einen Draht aus grade mal 0,05 mm dünnem Metall auf. Weiterentwicklungen des Minifons kamen mit wendbaren Halbspur-Tonbandkassetten (Vorläufer des Kassettenrekorders) mit Aufnahmedauern von 12, 30 und 60 Minuten. Die Tondrahtmodelle hingegen schafften immerhin 2 bis 5 Stunden Aufnahmedauer.

Das Minifon war über viele Jahre das kleinste Miniatur-Drahtschreibgerät der Welt und ein wesentlicher Baustein im Sortiment der Firma Monske, die später mit der Firma Protona fusionierte. Spannend ist auch die original Anleitung zum Minifon, die ihr hier runterladen könnt.

Fun Fact am Rande: Die Idee zur Black Box, die heute Standard in allen Flugzeugen ist, kam dem Erfinder David Waren aufgrund des Minifons.

minifon der spion in der tasche
minifon – Der Spion in der Tasche
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Deutsche Fotothek‎, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Das Mikrofon zum Minifon: Armbanduhren-Attrappe von Hanhart

Stichwort Miniaturisierung: Damals war die Erfindung des Minifons natürlich eine “große Sache” und die Entwicklung von Monske beflügelte offenbar auch die Fantasie der Geheimdienste: Und so kam man bei CIA & Co. auf die Idee getarnte Krawattennadeln, Uhren und dergleichen, die als Mikrofone dienten, in Kombination mit dem Minifon zu nutzen.

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Die Hanhart-Spionageuhr sieht im Prinzip aus wie ein typischer bzw. klassischer Bicompax-Chronograph der damaligen Zeit, mit goldfarbenen Ziffern, Goldzeigern, Minuterie, Totalisatoren. Krone und Drückern. Allerdings sind weder Drücker noch Krone funktionsfähig und die Zeiger waren fest fixiert.

Denn: Die Hanhart-Uhr ist tatsächlich eine (täuschend echt wirkende) Attrappe – das Gehäuse enthält kein Uhrwerk, daher zeigt die Uhr auch stets die gleiche Zeit an. Für ein Uhrwerk wäre auch damals gar kein Platz gewesen, denn im Metallgehäuse befindet sich ein einfaches Mikrofon. Auf der Rückseite der Uhr sind daher (neben einigen Gravuren) ringsum Löcher, um Sprachaufnahmen durch das integrierte Mikrofon zu ermöglichen.

Ein ziemlich dickes Kabel und ein fetter zweipoliger Stecker wurden verwendet, um das Tonsignal (versteckt unter dem Ärmel eines Sakkos oder Hemdes) zum Drahtschreiber zu übertragen. Der Draht verlief dabei von der linken Seite des Gehäuses über den linken Arm des Trägers.

Der Drahtschreiber, der von einem Bakelitgehäuse geschützt wurde, war wiederum klein genug, um in eine Manteltasche oder Handtasche zu passen

Der aufgezeichnete Ton konnte dann später über den mitgelieferten Stethoskop-Kopfhörer wiedergegeben werden (sofern man nicht aufgeflogen ist natürlich).

Ich habe das mal “simuliert” 😉 :

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Stethoskop-Kopfhörer für das Minifon

Man kann nur im Sinne der Gesundheit der Agenten hoffen, dass diese nicht zu oft nach der Uhrzeit gefragt wurden, denn ein auffälliges “ähhh, weiß nicht” kam vermutlich nicht so gut an. Auch ein “hübsche Uhr, darf ich mal sehen?” hat vermutlich für Transpiration und rasenden Puls beim Agenten gesorgt. Natürlich war es vielleicht auch “dezent” auffällig, wenn ein Agent bei einer Bullenhitze ein langärmliges Hemd trug, um das Kabel zu verstecken… 😉

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Der Preis für die Spionageuhr lag in den 1950ern bei mehreren Hundert Deutschen Mark – mehr als ein typischer Monatslohn und inflationsbereinigt heute mehrere Tausend Euro.

Protona Monske musste 1967 die Geschäftstätigkeit aufgeben, doch Geheimdienste auf der ganzen Welt nutzten ihre Mikrofonuhren noch über viele Jahre.

PS: Dieser Artikel zerstört sich nach 10 Sekunden von selbst…

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