Im Vorfeld der Uhren-Messe Watches & Wonders 2022 gab es in etlichen Blogs und Magazinen mal wieder eine Menge halbgarer Spekulationen darüber, was Rolex und die Tochter Tudor wohl für Neuheiten im Gepäck haben. Die meisten von den Gerüchten sind dabei (wie üblich) faktisch nicht eingetreten. Die tatsächlichen Neuheiten, die Rolex auf der Watches & Wonders 2022 präsentiert hat, sind aber dennoch durchaus spannend:
- Die Rolex Air-King bleibt überraschenderweise erhalten und wurde in Nuancen verändert.
- Es gibt eine neue Variante der GMT-Master II. In der Farbe Grün. Mit Stahl-Gehäuse. Und (Überraschung) mit linksseitiger (!) Krone (Ref. 126720VTNR).
- Nicht offiziell auf der W&W 2022 kommuniziert, aber ebenfalls überraschend: Die extrem gehypte Rolex „Tiffany Blue“ wurde nach nur einem Jahr schon wieder aus dem Sortiment genommen.
- Anders als erwartet wurde die Rolex Milgauss nicht angetastet.

Bei Tudor sticht insbesondere eine Neuheit hervor: Die Tudor Black Bay Pro (M79470-0001), die sich optisch an der Rolex Explorer „Steve McQueen“ aus den 1960er Jahren orientiert und mit Indizes aus applizierter, leuchtender (!) Monoblock-Keramik kommt….

INHALT
Rolex-Neuheiten 2022 (Watches & Wonders)
Neuheit 2022: Grüne Rolex GMT-Master II
Aus Duo wird Trio: Neben der „Pepsi“- und der „Batman“-Variante der GMT-Master II hat Rolex 2022 eine neue Variante mit Monoblock-Cerachrom-Zahlenscheibe aus grüner und schwarzer, hochglänzender Keramik ins Sortiment genommen. Die versenkten Graduierungen und Ziffern werden dabei (wie gehabt) in einem PVD-Verfahren (Physical Vapour Deposition, physikalische Gasphasenabscheidung) mit einer dünnen Platinschicht überzogen.
Die Referenz der neuen, grünen GMT-Master II ist die 126720VTNR (V für Verte = grün und N für Noir = schwarz). Und der Spitzname? Der ist noch nicht „offiziell“ von der Community auserkoren, mein heißer Tipp wäre aber „Sprite“ oder „Green Lantern“ – was wäre eine Rolex schließlich ohne den Spitznamen eines Erfrischungsgetränkes oder eines Superhelden?
Lesetipp: Uhren-Spitznamen von Rolex, Seiko & Co.

Aus funktionaler Sicht sorgt die Kombination aus zweifarbiger, bidirektionaler Lünette und 24-Stunden-Zeiger seit 1954 dafür, dass Globetrotter, Piloten von Fluglinien wie Pan Am eine zweite Zeitzone markieren konnten. Die Zweifarbigkeit der Lünette ist seit je her zweifellos das wesentliche Merkmal der Rolex GMT-Master: Der ursprüngliche Gedanke dahinter war, dass Anwender auf einen Blick sehen konnten, ob es in der Heimat (= Zweite Zeitzone) derzeit Tag oder Nacht ist.
Wie schon im Teaser-Video über eine Spiegelung angedeutet, ist die grüne Rolex GMT-Master II tatsächlich eine „Left Hand“- bzw. „Destro“-Version, also eine Uhr mit Kronenanordnung auf der linken Seite des Gehäuses – für den konservativen Hersteller Rolex ist das fast schon eine Sensation. Ursprünglich wurden Uhren mit Krone links tatsächlich für Linkshänder konzipiert. Allerdings kann ich auch jedem Rechtshänder eine Uhr mit linker Krone ans Herz legen: Grade bei Uhren mit größerem Durchmesser, die gleichzeitig mit einer eher „exponierten“ Krone kommen, zahlt eine linksseitige Kronenanordnung deutlich auf den Tragekomfort ein, da sich die Krone nicht unangenehm in den Handrücken bohren kann. Naturgemäß ist das Stellen einer linksgetragenen „Left Hand“-Uhr am Handgelenk aber natürlich nicht so einfach. Im Zuge der linksseitigen Kronen-Anordnung bei der grünen GMT-Master II ist auch das Datum samt Zykloplupe nach links gewandert.


Das wohlbekannte Kaliber 3285 der GMT-Master II wird von dem automatischen Aufzugsmechanismus Perpetual-Rotor
angetrieben. Dank der Konstruktion seines Federhauses und des höheren Wirkungsgrads der Hemmung kann das Kaliber nunmehr mit einer Gangreserve von 70 Stunden aufwarten. Auch die Superlative Chronometer-Zertifizierung (Ganggenauigkeit −2/+2 Sekunden pro Tag, getestet nach dem Einschalen) und eine amagnetische Parachrom-Unruhspiralfeder sind an Bord.

Wie auch bei der Pepsi- und der Batman-Variante der GMT-Master II ist die neue grüne Variante sowohl am dreireihigen Oyster- als auch am feingliedrigen Jubilee-Band verfügbar. Die Oysterlock-Schließe ist aber jeweils dieselbe – an Bord ist wie gehabt auch die Easylink-Verlängerung, mit der das Armband auf einfache Weise um circa 5 mm erweitert oder verkürzt werden kann.

Neue Rolex Air-King 2022
Die allermeisten Uhrenfreunde gingen davon aus, dass die Rolex Air-King abgekündigt wird – aus gutem Grund. Entsprechend sind die Preise auf Portalen wie Chrono24 (mal wieder) explodiert. Durchaus eine Überraschung war daher, dass die Rolex Air-King bleibt, und zwar ohne wesentliche Änderungen beim Zifferblatt: die Fliegeruhr spaltet die Gemüter mit einem Zifferblattdesign in Anlehnung an zwei analoge Cockpit-Uhren, die Rolex im Jahre 2006 für das britische Bloodhound LSR-Projekt lieferte. Ins Auge sticht vor allem die (gewöhnungsbedürftige) Mischung aus applizierten Ziffern und gedruckten Minutenziffern sowie der grüne Rolex-Schriftzug samt gelber Krone.
Die „größte“ Änderung am Zifferblatt der 2022er Air-King ist, dass nun dank Hinzufügen einer „0“ vor der Ziffer 5 auf der 1-Uhr-Position der Minutenskala das Gesamtbild harmonischer ist (also 05-10- … etc. anstatt 5-10-…). Eine weitere Änderung: Die applizierten Ziffern 3-6-9 sind nun mit Chromalight-Leuchtmasse gefüllt.



Das Zifferblatt-Design geht auf ein Projekt für die Entwicklung eines Überschall-Fahrzeugs zurück, das als Antrieb unter der 13 Meter langen Karosserie eine Turbine aus dem Eurofighter Typhoon beherbergt. Cool, oder? Naja, nicht so richtig: Rolex dürfte es nicht gefallen, dass das Bloodhound-Projekt 2018 insolvent war und Anfang 2021 erneut einen neuen Investor suchen musste. Mitte 2021 wurde zwar vermeldet, dass das Projekt wiederbelebt werden konnte, so richtig in Fahrt kommt es aber keineswegs (jedenfalls nicht so wie man es von einem Überschallfahrzeug erwarten darf). Eine Distanzierung von Rolex zu dem Pannenprojekt über ein neues Design wäre eigentlich logisch gewesen (und ist meiner Meinung nach auch eine verpasste Chance). Aber was ist bei Rolex-Lancierungen schon logisch?


Insgesamt die größte Neuerung an der Rolex Air-King ist, dass ein Kronenschutz Einzug erhalten hat, also eine seitliche Erhebung am Gehäuse, welche die Krone schützen soll. Das macht das Modell (passenderweise) etwas tooliger. Die Flanken des Mittelteils sind nun außerdem gerade – wie beim Gehäuse der meisten Modelle der Kategorie Professional.
Das Oyster-Band wurde in den Proportionen überarbeitet, wobei insbesondere das Mittelelement verbreitert wurde. Erstmals ist nun auch die Oysterlock-Sicherheitsfaltschließe an Bord.


In der alten Air-King tickte noch die alte Kalibergeneration 3100 – die neue Air-King hat logischerweise das neue Dreizeiger-„NoDate“-Kaliber 3230 spendiert bekommen. Auf dem Papier macht das neue, als Superlative Chronometer-zertifizerte und mit amagnetischer Parachrom-Unruhspiralfeder ausgestattete Werk einen ziemlich guten Eindruck. In der Praxis besonders nützlich ist der beachtliche Gangreserve-Verbesserung von 48 auf 70 Stunden.
Lesetipp: Hier geht’s zum Test Rolex Air-King (fast identische Vorgänger-Version 116900)

Abgekündigt: Bye, bye Rolex Tiffany
Die Massenhysterie rund um die türkisblaue Rolex Oyster Perpetual (landläufig einfach Rolex Tiffany Blue), die von Wettbewerber Patek Philippe „rübergeschwappt“ kam, ist eigentlich kaum nachzuvollziehen. Die Graumarktpreise sind schwindelerregend hoch und einfach nur absurd.
Große Überraschung 2022: Nach nur zwei Jahren hat Rolex die Zifferblatt-Varianten der Oyster Perpetual 41 bereits wieder deutlich eingestampft und die Pastellfarben Orange, Gelb und Türkisblau/Tiffany Blue wieder begraben bzw. aus dem Konfigurator entfernt:

Nur noch die kleinere, eher für Damenhandgelenke geeignete, Oyster Perpetual 36 ist in türkisblau erhältlich:

Diese Entscheidung dürfte die Preise für die wenigen 41er Oyster Perpetual Tiffany Blue, die bisher ausgeliefert wurden, sicherlich noch weiter explodieren lassen…
Lesetipp: Alternativen zur Rolex Tiffany Blue
Weitere Rolex-Neuheiten 2022: Edelmetall und Bling-Bling
Rolex lässt es sich nicht nehmen auch neue Edelmetall- und Bling-Bling-Modelle zu lancieren:
- Oyster Perpetual Day-Date 40 mit Riffel-Lünette in 950er Platin
- Yacht-Master 42 mit Gehäsue 18-karätigem Gelbgold mit Oysterflex
- Yacht-Master 40 mit Gehäuse aus 18-karätigem Weißgold und einer Menge Brillis
- Datejust 31 aus Stahl/Gold mit Blumen-Muster
Netter Nebeneffekt: Die Stückmarge ist bei Edelmetall-Varianten natürlich deutlich größer als bei Stahl-Modellen.




Tudor-Neuheiten 2022 (Watches & Wonders)
Tudor Black Bay Pro 79470: McQueen-Explorer lässt grüßen / T-Fit Feinjustierung an Bord
Bei Tudor stehen die Zeichen auf Bicolor: Der Black Bay Chrono, die Black Bay GMT und die Black Bay 31/36/39/41 gibt es nun in S&G-Varianten (Stahl & Gold, Bicolor).


Eine Tudor-Neuheit sticht aber besonders hervor: Die neue Tudor Black Bay Pro. Wie man es vom Mutter-Tochter-Gespann schon gewohnt ist, haben viele Tudor-Modelle einen gewissen Retro-Charme, der aus der Historie von Rolex herrührt – so auch die Tudor Black Bay Pro, die sich optisch an der allerersten Rolex Explorer II-Referenz 1655 orientiert, die den Spitznamen „Steve McQueen“ trägt – warum auch immer. Denn der „King of Cool“ war zwar Rolex-Fan und wurde oft mit einer Submariner am Arm gesichtet, es gibt aber kein einziges Foto von ihm, auf dem er die Explorer II trägt. Dennoch: Trotz dieser nicht belegten Geschichte stiegen die Preise für die Ur-Referenz 1655 raketenartig an. Für unter 20.000€ ist das Modell heute kaum zu bekommen.

Wie gesagt bewegt sich die neue Tudor Black Bay Pro im Dunstkreis des Rolex Explorer-Designs aus den 60er Jahren – vor allem mit Blick auf Merkmale wie die Stahl-Lünette mit 24-Stunden-Einteilung und den farblich orange akzentuierten GMT-Zeiger.



Gleichzeitig gibt es beim Zifferblatt Änderungen – so kommen anstatt der rechteckigen Indizes der 60er Jahre McQueen-Explorer klassische Stunden-Rundindizes zum Einsatz. Diese sind appliziert und bestehen spannenderweise aus leuchtender (!) Monoblock-Keramik. Auch die – wie sollte es auch anders sein – Tudor’schen Snowflake-Zeiger (Stundenzeiger und GMT-Zeiger) sind an Bord.


Es stehen drei Varianten zur Verfügung, die sich nur hinsichtlich der Bänder unterscheiden (Stahl, Textil, Hybrid-Leder-Textil).
Wie alle Tudor-Textilbänder wird auch das Textilband der Black Bay Pro in Frankreich auf Jacquard-Webstühlen aus dem 19. Jahrhundert von dem 1864 gegründeten Familienunternehmen Julien Faure aus der Region Saint-Étienne gewoben.
Neu ist die Schließe beim Stahlband der Black Bay Pro, die mit einem plastischen, eingravierten Tudor-Wappenschild kommt (ähnlich Rolex). In dem Zuge hat das Stahlband auch das Tudor „T-fit“-Schnellverstellsystem spendiert bekommen, das man schon von der Tudor Black Bay 58 Bronze kennt und (endlich!) eine werkzeuglose Feinjustierung ermöglicht – ein längst überfälliger Schritt.

Angetrieben wird die Tudor Black Bay Pro vom hauseigenen Tudor-Manufakturkaliber MT5652 mit integrierter GMT-Funktionalität und sehr guten 70 Stunden Gangreserve. Ein Knackpunkt an der Black Bay Pro dürfte der folgende sein: das MT5652 baut recht hoch, weshalb auch die Black Bay Pro mit fast 15 mm Gehäusehöhe ziemlich hoch baut – fast genau so viel wie die Black Bay GMT. Die Black Bay GMT ist mit 41 mm Durchmesser allerdings auch merkbar größer als die Black Bay Pro (39 mm) – ein gewisser „Pummeligkeits-Faktor“ dürfte also vorhanden sein, da das Verhältnis aus Durchmesser und Höhe bei der Black Bay Pro nicht mehr allzu stimmig ist. Hmm!




Das MT5652 tickt auch in der Tudor Black Bay GMT, die eine neue Variante spendiert bekommen hat: Bicolor! In dem Zuge hat die Pepsi-Lünette auch einen „faded“-Look bekommen (das Rot geht eher ins Bräunliche, das Schwarz eher ins Anthrazit). Ansonsten sind die Eckdaten identisch mit der bereits bekannten Tudor Black Bay GMT (hier geht’s zum Test).




Auch der 2021 neu aufgelegte Tudor Black Bay Chrono hat im Jahre 2022 eine Bicolor-Variante bekommen – auch hier sind die Eckdaten wie die Größe, das COSC-zertifizierte Manufakturkaliber MT5813 etc. ansonsten identisch (hier geht’s zum ausführlichen Test des Tudor Black Bay Chrono).





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Die neue Rolex GMT-Master II in grün sieht ganz toll aus, könnte ich jedoch niemals tragen (abgesehen davon, daß ich mir diese Uhr nie-niemals leisten könnte). Mein Hirn signalisierte sofort:“Da ist ja alles falschrum…“ und versuchte auch gleich zu korrigieren. Nee, sorry, das geht ja gar nicht. Diese Uhr würde mich schnurstracks in den Wahnsinn treiben.
Für die neue Lefty ROLEX GMT-Master II schlage ich den Spitznamen „Hanf“ vor, befürchte jedoch, dass es „Sprite“ werden wird ;-).
Die auch für Rechtshänder praktische Linkshändervariante stellt mein Gehirn bei der Bildverarbeitung des gesehenen auf eine harte Probe, nein das Bild steht weder Kopf noch ist es seitenverkehrt 🙂