Eine echte รberraschung war die Neuauflage der Rolex Explorer II im Jahre 2021 in Form der neuen Referenz 226570 nicht: Das letzte Update der GMT-Uhr, die zwar im langen Schatten der Rolex Pepsi steht, aber trotzdem viele Fans hat (Wartezeit locker 2 Jahre aufwรคrts), ist immerhin schon 10 Jahre her. Auf der Baselworld 2011 war das – lang, lang ist’s her.
Im Jahre 2021 feiert die Rolex Explorer II auรerdem ihren 50. Geburtstag. Da Rolex traditionellerweise Jubilรคumsmodelle lanciert (wie die Rolex Milgauss), brauchte man keine Kristallkugel, um zu prognostizieren, dass da wohl irgendetwas „Neues“ kommen wird. Schlieรlich war auch das Upgrade auf die neue 3200er-Kaliberreihe fรคllig (dazu gleich mehr). Optisch gab’s aber nicht mehr als ein homรถopathisch dosiertes Facelift – und ich sage: gut so!
Eckdaten der Rolex Explorer II 226570 (neues Modell 2021):
- Referenz 226570
- Durchmesser 42 mm
- Horn-zu-Horn 49 mm
- Hรถhe 12,3 mm
- Feststehende Lรผnette mit 24-Stunden-Graduierung
- Saphirglas
- Wasserdichtigkeit 10 bar / 10 atm / 100 Meter
- Gehรคuse und Band aus 904L Edelstahl (Oystersteel)
- Automatisches Manufaktur-Kaliber 3285, Superlative Chronometer, Gangreserve 70 Stunden, Chronergy-Hemmung
- Dreireihiges Oyster-Band, Bandanstoร 22 mm
- Oysterclasp-Faltschlieรe mit 5โmm-Easylink-Verlรคngerung
- Listenpreis 7950โฌ
Ein kurzer Abriss zur Geschichte der Explorer II
Wรคhrend die Rolex Explorer I โMount Everestโ-Uhr bereits 1953 lanciert wurde, folgte die Rolex Explorer II erst im Jahre 1971 als eine Art โgroรer Bruderโ. Und der groรe Bruder war damals im Vergleich zur klassischen Dreizeigeruhr Explorer I eine echte „Sportskanone“: Die allererste Explorer II mit der Referenz 1655 kam mit einem fรผr damalige Verhรคltnisse relativ groรen Durchmesser von 39 mm, einer aufgesetzten Datumslupe, einer Edelstahl-Lรผnette samt 24-Stunden-Skala und einem orangen GMT-Zeiger, der dem Modell den Spitznamen „Orange Hand“ oder „Freccione“ (von ital. la freccia = Pfeil) einbrachte. Fรผr den Antrieb sorgte – wie auch bei der GMT-Master – das 1965 eingefรผhrte und vom Automatikkaliber 1530 abgeleitete GMT-Kaliber 1575. Der Preis der Explorer II 1655 damals: Unter 1000 D-Mark.
Rolex Explorer II 1655 aus 1973, Bild: Phillips
Die Idee hinter der Lรผnette mit 24-Stunden-Einteilung war damals, dass sich Forscher und Entdecker (englisch โExplorerโ) wie beispielsweise Spelรคologen (Hรถhlenforscher), Vulkanologen und Polarforscher hรคufig im Stockdunkeln aufhalten und durch die Lรผnette in Verbindung mit dem GMT-Zeiger eine Orientierung dafรผr bekommen sollten, ob es nun Tag oder Nacht ist.
Die Antarktis beispielsweise kennt keine โnormalenโ Tag- und Nachtzyklen wie wir sie in unseren Breitengraden gewohnt sind โ an den Polen lรคsst sich die Sonne im Winter ein halbes Jahr lang gar nicht blicken. In einer solchen Umgebung geht naturgemรคร irgendwann mal das Zeitgefรผhl flรถten und eine Uhr ist dabei ein sinnvolles Hilfsmittel, um dieser Problematik zu begegnen (siehe auch Artikel รผber 24-Stunden-Uhren).
Die Explorer II war beispielsweise der Begleiter am Handgelenk des Amerikaners Ed Viesturs, der 2005 das Projekt Endeavor 8000 abschloss, in dem es darum ging, die 14 hรถchsten Gipfel der Erde (jeweils in รผber 8.000 Meter Hรถhe) ohne Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff zu besteigen.
Fun Fact am Rande: Die allererste Rolex Explorer II-Referenz 1655 trรคgt auch den Spitznamen โSteve McQueenโ – warum auch immer. Denn der โKing of Coolโ war zwar Rolex-Fan und wurde oft mit einer Submariner am Arm gesichtet, es gibt aber kein einziges Foto von ihm, auf dem er die Explorer II trรคgt. Dennoch: Trotz dieser nicht belegten Geschichte stiegen die Preise fรผr die Ur-Referenz 1655, die im Jahre 1984/1985 von der Referenz 16550 abgelรถst wurde, sprunghaft an. Fรผr unter 20.000โฌ ist das Modell heute kaum zu erhalten.
Von der Rolex Explorer II 1655 zur 16550
Die 16550 brachte gegenรผber der 1655 einige optische Verรคnderungen mit sich: Anstelle der gedruckten, „versetzten“, quadratischen Indizes kamen erstmals applizierte, kreisrunde Indizes zum Einsatz. Auch beim Zeigersatz gab es einige รnderungen – so kam beispielsweise der Rolex-typische Mercedes-Stundenzeiger zum Einsatz. Auch die Lรผnettengravuren wurden angepasst.
Seit 1984 wurde das Design der Explorer II nur wenig angepasst – alles in allem รคhnelt die Explorer II 16550 auch heute noch sehr der 2021 im Rahmen des 50. Geburtstages neu aufgelegten Explorer II 226570 …
Die „neue“ Rolex Explorer II 226570
Einige Rolex-Fans waren voller Hoffnung, dass sich die neue 2021er Rolex Explorer II optisch nรคher an der Ur-Explorer II 1655 bewegt. Das wรคre fรผr den als konservativ geltenden Uhrenhersteller fast schon revolutionรคr gewesenโฆ und ist entsprechend auch nicht passiert. Ob man nun Rolex mag oder nicht, eines muss man den Genfern lassen: Die modellpolitische Ausrichtung des Konzerns ist sehr stringent – so ist die Retro-Ecke eindeutig nur fรผr die Rolex-Tochter Tudor reserviert (siehe zum Beispiel Tudor Black Bay Bronze).
Weitere wilde Spekulationen von Bloggern und anderen Medien bezogen sich darauf, dass die neue Explorer II mรถglicherweise eine Keramiklรผnette spendiert bekommt und/oder der GMT-Zeiger die Jubilรคumsfarbe grรผn erhรคlt. Ehrlich gesagt kann ich den ganzen Artikeln von Uhrenmagazinen und Blogs, die auf der Jagd nach Klicks solche Spekulationen und Hirngespinste in die Welt setzen, รผberhaupt nichts abgewinnen. Am Ende des Tages ist davon Null Komma Nix Wirklichkeit geworden.
So ist insbesondere die radial gebรผrstete Edelstahllรผnette erhalten geblieben. Und ich sage: Gut so, denn am Ende des Tages ist die Stahllรผnette mit 24-Stunden-Einteilung seit je her das charakteristische Merkmal der Explorer II.
Anders als man vielleicht vermuten kรถnnte, lรคsst sich die Lรผnette der Explorer II รผbrigens nicht drehen. Dadurch lรคsst sich – anders als bei der GMT-Master II – nur eine weitere Zeitzone einstellen.
Auch sonst hat sich optisch bei der neuen Rolex Explorer II 2021 (Referenz 226570) so gut wie gar nichts geรคndert. Im Wesentlichen sind nur die Hรถrner des klassischen Oyster-Gehรคuses aus 904L-Edelstahl (Oystersteel) etwas schmaler geworden – was keine รberraschung ist, denn das war auch schon bei der neuen Submariner 2020 der Fall. Am dreireihigen Oyster-Stahlband merkt man den Unterschied bei den Hรถrnern meiner Meinung nach kaum, wer aber gerne auf Rolex-Armbรคnder (z.B. Leder, Kautschuk) von Drittanbietern wechselt, der dรผrfte einen gewissen optischen Unterschied bemerken.
Der Gehรคuse-Durchmesser der Explorer II hat sich mit 42 mm nicht geรคndert (Horn-zu-Horn: 49 mm), die Gehรคusehรถhe mit 12,3 mm nach wie vor angenehm schmal. Auch die Wasserdichtigkeit liegt nach wie vor bei 10 bar (zum Schwimmen geeignet).
Weitere kleinere รnderungen betreffen den Zeigersatz: Bei der weiรen „Polar“-Variante sind die Zeiger (genau wie die applizierten Indizes) zwar nach wie vor schwarz PVD-beschichtet, nun aber deutlich matter, was die Ablesbarkeit erhรถhen soll.
Der GMT-Zeiger ist damals wie heute in einem knalligen Orange gehalten, das auf dem weiรen Zifferblatt besonders heraussticht. Anstelle der unlackierten Dreiecksspitze frรผherer Explorer II-Modelle (z.B. Ref. 16570) ist der GMT-Zeiger in der aktuellen Form quasi identisch mit dem der Ur-Explorer II 1655 und durchgรคngig lackiert.
Der „normale“ Stundenzeiger umkreist zwei mal pro Tag das Zifferblatt und zeigt in der Regel die lokale Uhrzeit an (z.B. beim Urlaub in einer anderen Zeitzone). Der orangefarbene GMT-Zeiger wiederum umkreist das Zifferblatt ein mal in 24 Stunden und dient in der Regel zum Ablesen der Uhrzeit in der Heimat (mit Hilfe der 24-Stunden-Skalierung auf der Lรผnette).
Zeiger und Indexe sind mit Chromalight-Leuchtmasse belegt, welche vermutlich dieselbe chemische Basis wie Super-LumiNova hat. Chromalight-Leuchtmasse ist tagsรผber weiร und leuchtet nachts blau.
Damals wie heute ist auch eine aufgesetzte Vergrรถรerungslupe („Zykloplupe“) an Bord der Explorer II, welche die Ablesbarkeit des Datums verbessern soll. Einerseits sind aufgesetzte Datumslupen ein Markenzeichen von Rolex, andererseits verstehe ich auch Uhrenfreunde, die mit diesem „Datumspickel“ nichts anfangen kรถnnen. Meine Meinung: Eine eingeschliffene (!) Datumslupe wie bei der Mรผhle-Glashรผtte SAR Rescue Timer wรผrde auch dem einen oder anderen Rolex-Modell gut stehen.
Die neue Rolex Explorer II kommt auรerdem mit der aktuellen Version des Oyster-Bandes samt Oysterlock-Sicherheitsfaltschlieรe, die versehentliches รffnen verhindern soll. Der geniale Glidelock-Mechanismus, den man von der Rolex Submariner kennt, ist aber leider nicht mit an Bord (und das verstehe wer will, denn die Explorer II ist eigentlich sportlich genug, um eine etwas hรถher bauende Schlieรe, die den Glidelock-Mechanismus beherbergt, zu „verkraften“). Stattdessen gibtโs leider โnurโ die Easylink-Verlรคngerung, die eine einfache Anpassungsmรถglichkeit um 5 mm bietet. Rolex-Fans kennen dieses System schon von Modellen wie Explorer I, Milgauss oder Oyster Perpetual 41.
Rolex Explorer II und das Kaliber 3285
Die grรถรte Neuerung der neuen Rolex Explorer II betrifft das Innenleben: Anstelle des Automatikkalibers 3187 mit GMT-Komplikation tickt in der neuen Ex II das Kaliber 3285, das erstmalig im Jahre 2018 in der GMT-Master II eingefรผhrt wurde. Die 3200er-Kaliberreihe kam erstmalig 2015 in der Rolex Pearlmaster zum Einsatz, mittlerweile tickt das Kaliber in den allermeisten Rolex-Modellen, darunter auch in der 2020 neu aufgelegten Submariner. Auf dem Papier bringt das neue, als Superlative Chronometer-zertifizerte (โ2/+2 Sekunden pro Tag) und mit amagnetischer Parachrom-Unruhspiralfeder sowie effizienterer Chronergy-Hemmung ausgestattete Werk vor allem einen ordentlichen Gangreserveboost von 48 auf 70 Stunden mit.
Gut: Das Kaliber 3285 ist ein vollwertiges GMT-Kaliber, d.h. der Stundenzeiger springt knackig und prรคzise von Stunde zu Stunde, ohne dass die Uhrzeit stoppt. Man kann die Uhrzeit also, z.B. nach der Landung in einer Stadt in einer anderen Zeitzone, ratzfatz umstellen.
Fazit zur Rolex Explorer II „Polar White“ 226570
Rolex hat mit dem homรถopathisch dosierten Design-Update der Explorer II unzรคhlbar viele Blogger und Fachmedien Lรผgen gestraft – Gott sei Dank, denn die Explorer II ist meiner Meinung nach (fast) genau richtig wie sie ist. Nur im Detail kann ich Entscheidungen nicht nachvollziehen, darunter insbesondere den stoischen Verzicht auf die Glidelock-Schlieรe – in dieser Hinsicht mรถchte Rolex wohl einfach nur aus Prinzip einen gewissen portfoliopolitischen Respektabstand zu Submariner und Sea-Dweller belassen.
Das Update der Explorer II sorgt fรผr eine รผberschaubare Preiserhรถhung auf 7950โฌ (vorherige Referenz = 7750โฌ). Das dรผrfte die Wartelisten allerdings kaum verkรผrzen (2 Jahre aufwรคrts, daher Marktpreise auf Chrono24 & Co. locker bei ca. 13.000โฌ, also ca. 60% รผber Liste)…
Explorer II-Alternative
Fรผr ungeduldige Gemรผter, die (verstรคndlicherweise) keine Lust auf den Rolex’schen Wartelistenwahnnsinn haben und fรผr den kleineren Geldbeutel empfiehlt sich ein Blick auf die Maurice Lacroix Aikon Venturer GMT, die in der weiรen Zifferblatt-Variante ebenfalls mit einem charakteristischen orangen GMT-Zeiger kommt (ohne dabei eine plumpe Hommage der Explorer II zu sein). Das verbaute Kaliber Sellita SW330 bringt allerdings keine „echte“ GMT-Funktionalitรคt mit: Der โnormaleโ Stundenzeiger (fรผr die lokale Uhrzeit) lรคsst sich nรคmlich nicht bidirektional in Stunden-Schritten und auch nicht unabhรคngig vom GMT-Zeiger einstellen. Der GMT-Zeiger (fรผr die Heimatzeit) lรคsst sich auรerdem nur in eine Richtung drehen. Der Preis (ab 2350โฌ Liste, Marktpreise deutlich darunter) ist aber dennoch fair.
Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, freue ich mich รผber ein Like bei Facebook, Instagram, YouTube oder
Auch รผber WhatsApp kannst du immer auf dem neuesten Stand bleiben – jetzt abonnieren:
Darรผber hinaus freue ich mich รผber Kommentare immer sehr (Kommentare werden in der Regel innerhalb kurzer Zeit geprรผft und freigeschaltet). Vielen Dank!
Danke fรผr den knackig-kurzen, aber alle wesentlichen Fakten enthaltenden Abriss der Explorer 2 Historie.
Die Uhr ist als sportlicher Begleiter top geeignet – nicht zuletzt auch durch das nicht ganz โrolex-typischeโ Gesicht, was in manchen Urlaubsgebieten kein Nachteil sein muss.
Weiรt du zufรคllig etwas zum Gangverhalten des neuen Werks? Mein 3187 kann, wenn es gut drauf ist, รผber ein paar Tage auf Null laufen (wenn es nicht mag, geht es halt 1 s/Tag vor – fรผr mich voll ok).
Von den neuen Werken der Diver kann ich das nicht eben behaupten, sowohl bei meiner SD als auch bei Uhren eines Freundes werden die versprochenen +/- 2 s/Tag deutlich verfehlt (trotz bereits erfolgten Kur-Aufenthaltes in Kรถlnโฆ)
Hast du hierzu einen Kenntnisstand vom 3285?
Ich mag meine Ex 2 – ein cooler Rocker ๐
Danke fรผr deine Gedanken!
Ist denn der Schliff der Lรผnette nicht eher radial, denn konzentrisch?
Wenn die hรคssliche Altherrenlupe nicht wรคre, wรคre die Uhr sogar ganz ansehnlich. So bleibt die einzige Rolex, die bei einer Zehntelung des Preises je einen Weg in meine Uhrenkiste finden wรผrde, vorerst die Daytona.
Stimmt, es ist natรผrlich radial ๐
Ich habe die Explorer 2 Snowflake in der Version vor der 21er MOPF getauscht, weil ich ein Sportmodell suchte, was sich abseits des รผberzogenen GMT und Submariner Mainstreams bewegt. Die Verarbeitung ist gewohnt erstklassig und auch wenn die Preise und besonders deren Entwicklung von Rolex Sportmodellen irrational ist, bleibt das einigermaรen gute Gefรผhl, dass die Uhr wertstabil bleibt. Etwas stรถrend ist allenfalls die fummelige Datumseinstellung รผber den Stundenzeiger, aber eine technische Alternative fรคllt mir hier auch nicht ein, auรer die Krone in 3 Positionen herauszuziehen (dรผrfte fรผr die Welle nicht gut sein).
Danke, Chris ๐
konnte mich nie fรผr Rolex erwรคrmen, vielleicht ist es die Zyklonlupe, wirkt bei einem kostspieligen Zeitmesser eher etwas rustikal, oder die kรผnstliche Verknappung um die Preise zu erhรถhen, apropos Preise, fรผr die Explorer II bekommt man gerade mal 3 Exemplare anderer Manufakturen von vergleichbarer Qualitรคt, daher sind die Vorschlรคge zu den alternativen in den Beitrรคgen immer besonders spannend. saluti da matteo
Merci ๐