“Experimentelle” Dinge überlässt Rolex bekanntermaßen gerne dem Tochterunternehmen Tudor – so wie auch die erstmalige Einführung eines Gehäuses aus Bronze im Jahre 2016 beim Verkaufsrenner Tudor Black Bay. Im Jahr 2019 bekam die Tudor Black Bay Bronze außerdem die neue Farbe Schiefergrau spendiert (Referenz 79250BA) – und bis heute hält sich das Modell wacker als eines der beliebtesten Bronze-Modelle am Markt…
Eckdaten Tudor Black Bay Bronze M79250BA:
- Durchmesser 43 mm
- Höhe 14,8 mm
- Horn-zu-Horn 52 mm
- Manufaktur-Kaliber MT5601, COSC-zertifiziert, Gangreserve 70 Stunden, Silizium-Unruhspiralfeder
- Lünette aus Bronze mit mattem Aluminium-Inlay
- Wasserdichtigkeit 20 bar / 200 Meter
- Zifferblatt gewölbt, mit Dégradée-Effekt
- Gewölbtes Saphirglas
- Satiniertes Gehäuse in Bronze von 43 mm mit bronzefarbenem, PVD-beschichtetem Gehäuseboden in Edelstahl
- Listenpreis: 3870€
Tudor Black Bay Bronze und eine kleine Geschichtsstunde der Bronze-Uhr
Eine der ersten bzw. vermutlich die erste Bronze-Uhr überhaupt war das Modell Gefica im Jahre 1995 von der gleichnamigen Marke der Designerlegende Gérald Genta. Zu behaupten, dass dieses Modell der Durchbruch für Bronze-Uhren war, wäre aber maßlos übertrieben – tatsächlich ist der Bronze-Trend verstärkt seit 2011 zu beobachten, insbesondere seit der Einführung der Panerai “Bronzo” PAM382 Luminor 1950 Submersible, die damals ratz-fatz ausverkauft war und mit horrenden Preisaufschlägen gehandelt wurde (und nach wie vor wird). Im Jahr 2013 folgte daher eine weitere Bronze-Panerai, die PAM507 (auch hier bewegen sich die Marktpreise bei einem Vielfachen des Listenpreises).
Mit der Zenith Pilot Type 20 Extra Special Bronze im Jahre 2015 gab es erneuten Aufwind für die Bronzezeit. Kurz darauf wurde auch die Tudor Black Bay Bronze erstmalig im Rahmen der Baselworld 2016 eingeführt. Seitdem haben auch viele kleinere Uhrenmarken und Microbrands Bronze als Gehäusematerial für sich entdeckt – kaum ein Hersteller kommt ohne aus.
Die Tudor Submariner kam 1954 als günstige Alternative zur Rolex Submariner auf den Markt. Fast 60 Jahre später sollte die Black Bay-Reihe den “geistigen Nachfolger” der Tudor Submariner darstellen und gleichzeitig den Startpunkt für die Emanzipierung vom Mutterhaus Rolex markieren: Mit wettbewerbsfähigen Preisen, Retro-Optik und einer Qualität, der man die Wurzeln zum Mutterhaus Rolex ansieht. Der Plan ging auf: Tudor hat sich in den letzten Jahren gemausert – mit der Black Bay-Reihe als absolutes Zugpferd der Marke.
Charakteristisches Merkmal der Black Bay Bronze sind die sogenannten Snowflake-Zeiger, die erstmalig bei der Tudor Submariner im Jahre 1969 zum Einsatz kamen und durch die quadratische Spitze an eine Schneeflocke erinnern. Damals waren auch die Indizes, optisch passend zu den Snowflake-Zeigern, quadratisch – diese findet man heute allerdings nur in der Tudor Pelagos, nicht aber in der Black Bay.
Die allererste Bronze-Variante der Tudor Black Bay kam mit braunem Zifferblatt und brauner Lünette, bei der (meiner Meinung nach nicht zu unrecht) von einigen Uhrenfreunden der mangelnde Kontrast zum Bronze-Gehäuse bemängelt wurde. Später schob Tudor eine Variante mit blauem Zifferblatt und blauer Lünette nach – die ist allerdings exklusiv beim Händler Bucherer erhältlich. Seit 2019 führt Tudor eine schiefergraue Variante in Form der Referenz 79250BA, welche die braune, ursprüngliche Black Bay Bronze abgelöst hat und der Black Bay P01 auf der (bis dato) letzten Baselworld ganz schön die Schau gestohlen hat.
Exkurs am Rande: Wer auf den Braunton der ersten Black Bay Bronze steht, der kann versuchen eine der homöopathisch gesäten, Boutique-exklusiven Black Bay 58 Bronze-Referenzen M79012M-0001 am Bronze-Band (!) zu ergattern – die Preise bei Chrono24 & Co. liegen zwar merkbar über dem Listenpreis (4210€ vs. ca. 5600€), die Preise sind zuletzt aber deutlich gesunken.
Das Schiefergrau des Zifferblattes und des matt-eloxierten Lünetten-Inlays aus Aluminium passt perfekt zur Tudor Black Bay Bronze: Der Farbton wirkt wie ein über die Jahre ausgeblichenes Schwarz und rundet damit auf wunderschöne Art und Weise das Bronze-Gehäuse und die sonstigen, goldfarbenen Elemente ab (Minuterie, vergoldete Ziffern und Markierungen auf der Lünette, vergoldete und applizierte Stundenindizes und -Ziffern).
Auch der dezente Degradé-/Fumé-Effekt passt ganz wunderbar: Die Mitte des Zifferblatts ist ein hellerer Grauton, der auf der Minutenskala fast in Schwarz übergeht. Die Wölbung des Zifferblattes unterstützt diesen Effekt.
Tudor Black Bay Bronze: Über Bronze, Patina & Co.
Bronze als Gehäusematerial kommt vor allem bei Taucheruhren zum Einsatz: Das hat neben den rein optischen Aspekten einen ganz pragmatischen Grund: Bronze ist meerwasserbeständig und wird daher z.B. im Schiffbau verwendet. Auch Taucherhelme wurden früher nicht zufällig aus Bronze gefertigt: Der Kupferanteil in Bronze bildet unter atmosphärischen Bedingungen eine relative stabile Schutzschicht aus – durch Einwirkung von Sauerstoff in Form von Cuprit (Cu2O) oder unter Beteiligung von Kohlenstoffdioxid in Form von Carbonatschichten. Das Resultat: die charakteristische, sogenannte Patina.
Die exakte chemische Zusammensetzung der Bronze-Patina ist stark abhängig davon, wo man sich befindet: In durch Industrie und Großstadt belasteter Luft besteht die Patina im Wesentlichen aus basischem Kupfersulfat. In Meeresnähe enthält sie deutliche Anteile an basischem Kupferchlorid. In ländlichen Gegenden wiederum besteht die Patina häufig aus basischem Kupferkarbonat.
Darüber hinaus spielen auch die weiteren Bestandteile der umgebenden Atmosphäre eine Rolle, die beispielsweise den pH-Wert der vorhandenen Feuchtigkeitsfilme auf dem Metall verändern. Je nach Zusammensetzung der Atmosphäre können so zahlreiche weitere Verbindungen mit unterschiedlicher Stabilität entstehen, erkennbar an unterschiedlichen Farben an der Oberfläche des Bronze-Gehäuses.
So oder so: Wenn nun durch Einwirkung von Luftinhaltsstoffen und Feuchte über die Monate und Jahre Patina ausgebildet wird, so dient diese wie eine beständige Schutzschicht, die vor weiterer Korrosion schützt. Die Oberfläche verliert ihren metallischen Glanz und wird deutlich dunkler.
Ein weiterer Vorteil von Bronze: Kratzer werden durch die Patinierung mit der Zeit überdeckt. Oder mit anderen Worten: Bei Beschädigung bildet sich die Patina-Schutzschicht einfach neu. Die Härte von Bronze ist allerdings in etwa auf einem Niveau von Edelstahl – Bronze ist also per se nicht widerstandsfähiger gegen Kratzer.
Die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Bronzelegierung bei Uhrengehäusen ist CuSn8, welche aus 92% Kupfer und 8% Zinn besteht. Tudor mischt der Kupfer-Zinn-Legierung außerdem Aluminium, wodurch eine sogenannte Mehrstoffbronze entsteht. Durch den Aluminium-Anteil wird die Bildung der Patina verlangsamt und es sollen sich laut Tudor nur bräunlich-goldene Farbtöne und keine grünlichen auf dem Gehäuse bilden.
Die durchgängig zum Einsatz kommende Satinierung des Bronze-Gehäuses der Tudor Black Bay Bronze ist sehr fein bzw. seidenmatt und wirkt sehr hochwertig. Es ist eigentlich ein Jammer, dass die Patina über die Zeit die Oberflächenbearbeitung ein Stück weit “verschwinden” lässt – selbst in einem frühen Stadium der Patinierung.
Produktion von Bronze-Gehäusen bei Tudor
Die von Tudor verwendete Bronze-Legierung wird zunächst zu Stangen verarbeitet, die wiederum in wenige Zentimeter lange Rohlinge (kleine Zylinder) geschnitten werden. Anschließend werden die Rohlinge auf so hohe Temperaturen erhitzt, dass sie orange glühen, bevor sie mit Hilfe einer Presse unter tonnenschweren Druck einzeln gestanzt werden. Mit diesem Arbeitsgang nimmt der Rohmaterialzylinder, nachdem er aus dem Ofen geholt wurde, bereits die grobe Form des Uhrengehäuses an.
Dennoch ist das Gehäuse noch weit davon entfernt fertig zu sein: So sind immerhin noch rund 40 weitere Arbeitsschritte erforderlich, um das fertige Bronzegehäuse zu erhalten. Das Gehäuse wird vor allem mit modernen Werkzeugmaschinen weiter in Form gebracht, das Gewinde für den Gehäuseboden gefräst, die Bohrungen in den Hörnern (für die Federstege) vorgenommen etc.. Die Oberflächenbearbeitung erfolgt sowohl automatisiert auf Maschinen als auch von Hand.
Mehr dazu im Video:
Der Gehäuseboden der Tudor Black Bay Bronze ist – wie man es auch vom Mutterhaus Rolex kennt – unspektakulär bis langweilig. Bei genauem Hinsehen fällt allerdings auf, dass sich der Boden farblich leicht vom Gehäuse selbst abhebt. Das liegt ganz einfach daran, dass der Boden nicht (wie das sonstige Gehäuse) aus “Voll”-Bronze ist, sondern aus PVD-beschichtetem Edelstahl. Der Grund dahinter ist simpel: Bei direktem Hautkontakt von Bronze mit der Haut und insbesondere in Verbindung mit Schweiß können sich schnell Verfärbungen bilden. Das wird durch den PVD-beschichteten Stahlboden weitestgehend verhindert, wenngleich es im Bereich der Krone dennoch zu Verfärbungen auf der Haut kommen kann. Insbesondere Uhren-Freunde, die Probleme mit Kontaktallergien haben, sollten also Vorsicht walten lassen und sich einen eventuellen Kauf gut überlegen.
So oder so ist die schiefergraue Tudor Black Bay Bronze hinsichtlich Verfärbungen deutlich unproblematischer als die oben bereits erwähnte Boutique-exklusive Tudor Black Bay 58 Bronze-Referenz M79012M-0001, die mit einem Bronze-Band (!) kommt. In einschlägigen Foren häufen sich jedenfalls Berichte über starke Verfärbungen am Arm. Ob es nun so eine clevere Idee ist sich ein Bronze-Band um den Arm zu schnallen, muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Für mich wäre es ehrlich gesagt nix.
Und da wären wir auch schon beim Thema Band: Die “normale” Black Bay Bronze in Schiefergrau ist am Leder- und am Textilband erhältlich. Wie alle Tudor-Textilbänder wird auch das Textilband der Black Bay Bronze in Frankreich auf Jacquard-Webstühlen aus dem 19. Jahrhundert von dem 1864 gegründeten Familienunternehmen Julien Faure aus der Region Saint-Étienne gewoben.
Das Lederband ist ausgesprochen weich und flexibel, hätte gerne aber deutlich länger ausfallen dürfen – mit 19 cm Handgelenkumfang ist man jedenfalls schon im letzten oder vorletzten Loch. Ein so kurzes Band ist (im Verhältnis zum Durchmesser) jedenfalls sehr ungewöhnlich und ich frage mich ehrlich gesagt, was sich Tudor dabei gedacht hat.
Hinzu kommt, dass der Bandanstoß 23 mm beträgt – gängig sind eigentlich gerade Anstöße wie 22 mm oder 24 mm. Das erschwert die Suche nach passenden Bändern “von der Stange” jedenfalls enorm. Im Zweifel hilft ein individuell genähtes Lederband von Manufakturen wie Greenpilot-Watchstraps.
Gegenüber der Stahl-Black Bay Heritage wurde der Durchmesser der Black Bay Bronze von 41 mm auf 43 mm aufgepumpt. Einerseits verlangt eine toolig-sportlich wirkende Bronze-Uhr wie die Black Bay Bronze nach einer gewissen Größe, andererseits ist der Schritt dennoch nicht so ganz nachvollziehbar, da ich die 41 mm Durchmesser der Stahl-Black Bay eigentlich so ziemlich optimal finde. Gleich aber mehr zur Größe…
Tudor Black Bay Bronze: Kaliber MT5601
Erstmalig an Bord der Tudor North Flag- und Pelagos-Modelle im Jahr 2015 eingeführt, wurde Tudors Manufakturkaliberfamilie (MT für Manufacture Tudor) ein Jahr später auch für die Heritage Black Bay-Modelle übernommen.
Das MT5601 sorgt aus Sicht von Tudor nicht nur für eine Unabhängigkeit vom Schweizer Uhrwerke-Oligopol (Sellita, ETA), sondern bietet auch einige handfeste Vorteile gegenüber der vorher zum Einsatz kommenden “Stangenware” von ETA, darunter insbesondere eine erhöhte Gangreserve (70 Stunden vs. ca. 40 Stunden) und eine offizielle Chronometer-Zertifizierung von der COSC, die eine Top-Ganggenauigkeit von maximal -4 bis +6 Sekunden verspricht.
Zum Einsatz kommt außerdem eine Unruhspiralfeder aus Silizium: Das Verfahren zur Herstellung der Silizium-Unruhspirale geht auf ein gemeinsames Forschungsprojekt von Patek Philippe, Rolex/Tudor, der Swatch Group und dem Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) zurück. Die Vorteile gegenüber klassischen Unruhspiralen aus gängigen Legierungen wie Nivarox sind:
- ein gleichmäßigeres Schwing-Verhalten,
- eine flachere Bauweise,
- Korrosions- und Stoßfestigkeit und
- eine Unempfindlichkeit gegenüber Magnetfeldern.
Die Unruh im MT 5601 oszilliert außerdem unter einer Art Brücke mit Zwei-Punkt-Fixierung – das soll die Stoßfestigkeit weiter erhöhen. All diese technischen Merkmale sorgen in der Summe für eine langfristig bessere Ganggenauigkeit.
Ein Nachteil des Tudor-Manufakturkalibers MT5601 sei aber erwähnt: Es baut mit 6,5 mm merkbar höher als Standardkaliber von ETA (ETA 2824 = 4,65 mm), weshalb die aktuellen Black Bay-Modelle mit 14,8 mm deutlich höher bauen als die früheren ETA-Varianten mit dem Spitznamen “Smiley” (13 mm). Insofern verstehe ich nicht wirklich, warum Tudor nicht das deutlich flachere, ebenfalls im eigenen Hause produzierte und nur 4,99 mm hohe MT5402, das beispielsweise in der nur 12 mm hohen Tudor Black Bay 58 tickt, verbaut.
Fazit zur Tudor Black Bay Bronze 79250BA
Eine Bronze-Uhr gehört meiner Meinung nach in jede gute Uhrensammlung. Und wer eine gut gefüllte “Kriegskasse” hat und sich eine Bronze-Uhr in die Sammlung holen möchte, der kommt an der Tudor Black Bay Bronze eigentlich kaum vorbei: Die Verarbeitung ist erstklassig und das Innenleben in Form eines Manufakturkalibers ist mit seinen handfesten Vorteilen (Gangreserve, Silizium-Unruhspiralfeder, COSC) ein gutes Kaufargument.
Übrigens: Wegen des “Rolex-Effektes” gibt es mittlerweile sogar Tudor-Wartelisten für neuere Modelle wie z.B. den Tudor Black Bay Chrono Panda oder die Tudor Pelagos FXD– die Black Bay Bronze hingegen ist, da sie schon eine Weile erhältlich ist, problemlos bei Online- und Offline-Händlern erhältlich (oftmals sogar mit ein paar Prozent Rabatt auf den Listenpreis in Höhe von 3870€).
Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, freue ich mich über ein Like bei Facebook, Instagram, YouTube oder
Auch über WhatsApp kannst du immer auf dem neuesten Stand bleiben – jetzt abonnieren:
Darüber hinaus freue ich mich über Kommentare immer sehr (Kommentare werden in der Regel innerhalb kurzer Zeit geprüft und freigeschaltet). Vielen Dank!