Als ich mal vor einiger Zeit nach Microbrand-Neuheiten gesucht habe, war ich erstmal etwas baff, als ich feststellte, dass die Website von Venturo gar nicht mehr existiert. Mein erster Impuls: Da hat es wohl eine Marke nicht gepackt. Das hรคtte mich einerseits schon gewundert, denn Venturo befindet sich unter dem Schirm der in Singapur ansรคssigen und seit vielen Jahren etablierten Microbrand Gruppo Gamma. Auf der anderen Seite beherbergt der Microbrand-Markt unzรคhlige Marken und bereinigt sich nun mal ein Stรผck weit von selbst.
Tatsรคchlich aber gibt’s Venturo nach wie vor: Die Microbrand ist mittlerweile direkt in die Website von Gruppo Gamma „eingezogen“. Auch der offizielle Gruppo Gamma-Distributor fรผr Europa fรผhrt – wenig รผberraschend – auch Zeitmesser der Marke Venturo.
Im Jahre 2023 gab es auch noch mal ein Lebenszeichen: Venturo legt nach und lanciert immerhin schon das vierte Modell – die Field III, die sowohl in einer Dreizeiger- als auch in einer GMT-Variante verfรผgbar ist…
- Kaliber Seiko NH34 (GMT) bzw. NH38 (Dreizeiger; Variante des NH35, das typischerweise fรผr Uhren mit offener Unruh genutzt wird), 41 Stunden Gangreserve, 21600 bph
- Durchmesser 40mm
- Horn-zu-Horn 48,5mm
- Hรถhe 14mm
- Bandanstoร 22mm
- Saphirglas
- Verschraubte Krone
- Wasserdichtigkeit 200 Meter / 20 bar
- Super-LumiNova, BGW9
- Stahlband mit Schnellwechselfederstegen und Canvas-Band (130/80)
- Preis: ab 386โฌ, direkt beim offiziellen Distributor Mi-Watch.it bei Nutzung des Rabatt-Codes „CHRONONAUTIX“
Venturo Field III im Test
Der aus Singapur stammende Markeninitiator Naoki ist von Anfang an sehr transparent damit umgegangen, dass Venturo eine gรผnstiger positionierte Sub-Marke von seiner vor รผber 10 Jahren (!) gegrรผndeten Hauptmarke Gruppo Gamma ist. Kein Wunder, denn Gruppo Gamma ist in der groรen Welt der unzรคhligen Microbrands eine echte Konstante mit groรer Fangemeinde – dass Naoki seine etablierte Marke nutzt, um Venturo „im Windschatten“ von Gruppo Gamma zu etablieren ist naheliegend und logisch.
Uhren von Venturo sind sowas wie das „massentauglichere“ Pendant zu Gruppo Gamma: Deutlich gรผnstiger (dafรผr aber auch nicht mit Schweizer ETA-Kalibern), mit deutlich weniger „speziellen“ Designs und kompakteren Gehรคusedurchmessern.
Die Field III ist (wer hรคtt’s gedacht) das dritte Modell innerhalb Venturos Field Watch-Linie. Es gibt jede Menge Lesestoff darรผber, was eine Field Watch ist und was nicht, aber am Ende des Tages lรคuft es immer darauf hinaus, dass es sich um robuste Uhren fรผr Bodentruppen handelt, die unter erschwerten Bedingungen Zeitmessungen vornehmen mรผssen, um zeitlich koordinierte Aktionen durchzufรผhren.
Mehr: Field Watch und Infanterie-Uhr von gestern bis heute
Und so kommt auch das Zifferblatt der Venturo Field III in einem schlichten, klar ablesbaren Design ohne Schnickschnack. Die Indizes sind knackig scharf und kontrastreich auf dem schwarzen Blatt gedruckt. An Super-LumiNova in der zweitkrรคftigsten, bei Tageslicht weiรen und bei Dunkelheit hellblauen Farbe BGW9 wurde nicht gespart – auch bei sehr schlechten Sichtverhรคltnissen wie hier in der Tropfsteinhรถhle Coves del Drac bei Porto Christo war die Ablesbarkeit stets tadellos:
Besonders ins Auge stechen die fรผr das Zifferblatt charakteristischen Ziffern „6“ und „9“, die dabei wegen ihrer „schneckenartigen“ Machart ein wenig an die Ziffern von Panerai Radiomir bzw. Luminor Marina erinnern (bei der hier gezeigten Variante der Venturo Field III GMT macht die „6“ Platz fรผr ein Datumsfenster, es gibt aber auch eine Variante ohne Datumsfenster).
Das Gehรคuse der Field III ist mit 40 mm eher kompakt und das bisher kleinste Gehรคuse von Gruppo Gamma/Venturo (jedenfalls deutlich kompakter als die doch eher bulligen Gehรคuse von Gruppo Gamma Vanguard, Divemaster, Peacemaker & Co.). Qualitativ merkt man dem CNC-gefrรคsten Gehรคuse auf jeden Fall auch die Gruppo Gamma’sche Herkunft an: Die Satinierung ist wunderbar fein, die Kanten sind knackig-scharf und an der Flanke warten dezente Abstufungen.
Es ist natรผrlich eine Frage des persรถnlichen Geschmacks, aber ich hรคtte mir das Gehรคuse der Field III lieber in 41 oder 42mm gewรผnscht, da der Durchmesser von 40mm in Verbindung mit der Hรถhe von 14mm das Gehรคuse leicht pummelig wirken lรคsst (sowohl Dreizeigervariante als auch GMT-Variante der Field III sind รผbrigens identisch in der Bauhรถhe, was nicht verwundert, da das tickende Innere, die Kaliber NH34 und NH38 ebenfalls dieselbe Bauhรถhe haben).
Gut: Mit einer Gehรคuse-Wasserdichtigkeit von 200 Meter bzw. 20 bar kann die Venturo FIeld III auch bedenkenlos mit auf Tauchstation genommen werden – keine Selbstverstรคndlichkeit fรผr eine Field Watch (siehe z.B. die Second Hour Sattelberg mit 10 bar).
Wรคhrend die Dreizeigervariante der Field III im Prinzip auf das Nรถtigste reduziert ist und ein wenig an die erste Rolex Explorer 6350 aus 1953 erinnert, kommt die in diesem Artikel vorgestellte GMT-Variante mit ein paar roten Farbklecksen (GMT-Zeiger, zentrale Lรผnettenmarkierung, „GMT“-Schrift) und einer 24-Stunden-Skalierung auf der Lรผnette, die das Modell deutlich sportlicher wirken lassen.
Die Lรผnetteneinteilung der GMT-Variante erinnert dabei an die der Rolex Explorer II Freccione aus den 70er Jahren bzw. der Quasi-Neuauflage Tudor Black Bay Pro. Naoki ist immer sehr transparent damit umgegangen, gewisse Inspirationen aus bekannten Vintage-Uhren zu ziehen (bei der Venturo Field Watch #2 war die Vorlage die Rolex Oyster Army 3139). Gleichzeitig merkt man deutlich, dass Naoki der Marke Venturo (genauso wie Gruppo Gamma) einen eigenen Stempel aufdrรผcken will – reine Hommagen gibt’s hier nicht, was ich absolut begrรผรe.
Die Lรผnette der GMT-Field III ist รผbrigens feststehend, d.h. nicht drehbar (genau wie bei der Rolex Explorer II) – das ist auf den ersten Blick eher unรผblich, da viele GMT-Uhren, die heute auf den Markt gebracht werden, Abwandlungen von Taucheruhren sind und daher eine (meistens bidirektional) drehbare Lรผnette mitbringen. Hinsichtlich Funktionalitรคt ist eine drehbare Lรผnette heute aber gar nicht unbedingt notwendig, um eine zweite Zeitzone einstellen zu kรถnnen, da sich der rote GMT-Zeiger dank des Kalibers NH34 unabhรคngig von den „normalen“ Zeigern drehen lรคsst – bei GMT-Kalibern vor einigen Jahrzehnten war das technisch noch nicht mรถglich, weshalb im Umkehrschluss eine drehbare Lรผnette unabdingbar war.
Die Field III kommt bei Bestellung รผber den Distributor Mi-Watch mit einem haptisch ordentlich verarbeiteten Stahlband mit mehrstufiger Feinjustierung (leider nicht werkzeugfrei) und einem khakifarbenen Canvas in der Lรคnge 130/80.
Gut: Schnellwechselfederstege erlauben es, das Stahlband innerhalb von wenigen Sekunden werkzeugfrei abzumontieren. Nicht so gut: Das Canvas bringt leider keine Schnellwechselfederstege mit. Das ist wegen der durchbohrten Hรถrner, die den Bandwechsel ohnehin recht einfach gestalten, nicht dramatisch, aber auch nicht konsequent zu Ende gedacht.
Venturo Field III und das NH34
Venturo nutzt fรผr die Field III relativ neue technische Mรถglichkeiten bei der GMT-Variante: Das Kaliber NH34 von der japanischen Firma Time Module (TMI), einer Tochtergesellschaft von Seiko (SII, Seiko Instrumentcs Inc). Die Namensรคhnlichkeit zum unfassbar hรคufig von Microbrands verwendeten Seiko NH35 (bzw. Seiko-intern 4R35) ist natรผrlich kein Zufall: Das NH34, das in der Field III tickt, basiert auf der robusten und zuverlรคssigen Konstruktion des NH35 โ nur wurde es eben um eine GMT-Komplikation erweitert. Das klingt jetzt erst mal nicht grade nach der Innovation des Jahrhunderts, war aber โ aus Sicht von Uhrenfreunden โ ein seit vielen Jahren heiร erwarteter Schritt, da die NH35-Basis eine bewรคhrte und robuste Konstruktion ist, die gleichzeitig einen erschwinglichen Einstieg in die Welt der mechanischen Uhren zulรคsst.
Oder anders gesagt: Relativ gรผnstige Uhren mit solider Mechanik samt GMT-Komplikation (deutlich unter 1000โฌ) sind eher Mangelware (jaja, ich weiร – bis auf Steinhart natรผrlich), da es kaum gรผnstigere Kaliber-Optionen gab โ zumindest bis zum Einfรผhrungsjahr 2022 (zum Vergleich: das Schweizer Sellita SW330 GMT-Kaliber ist im Einkauf rund drei mal so teuer wie das NH34).
Die Ganggenauigkeit des NH34 reiรt per Spezifikation (genau wie beim NH35 bzw. NH38) mit -20 bis +40 Sekunden pro Tag bei einer Referenztemperatur von 2 ยบC und 23 ยบC keine Bรคume aus. Faktisch habe ich bei der mir vorliegenden Uhr einen Wert von +17 Sekunden pro Tag auf der Zeitwaage gemessen – weit weg von Chronometer-Werten, aber fรผr den Alltag einigermaรen brauchbar. Ganggenauigkeitsfetischisten kรถnnen bei einem Uhrmacher fรผr relativ wenig Geld noch eine zusรคtzliche Reglage vornehmen lassen (oder man legt selbst Hand an, was ich nur Uhrenfreunden mit sehr ruhigen Hรคnden empfehle – wenn รผberhaupt).
Mehr: Reglage: Ganggenauigkeit einer Automatikuhr einstellen โ der Uhrmacher als Herzchirurg
Fazit zur Venturo Field III GMT / Rabatt-Code
Wie bereits Eingangs erwรคhnt ist Venturo eine gรผnstiger positionierte Sub-Marke von Gruppo Gamma. Die Preise der Venturo III starten entsprechend deutlich unterhalb der Muttermarke bei 386โฌ (Dreizeigervariante) bzw. 413โฌ (GMT-Variante) bei Nutzung des Rabatt-Codes „CHRONONAUTIX“. Abstriche muss man allerdings beim tickenden Innenleben machen: Statt Schweizer ETA-Kalibern kommen „nur“ japanische Seiko-Kaliber zum Einsatz (die aber, wie ausgefรผhrt, ihren Job erfahrungsgemรคร ebenfalls zuverlรคssig erledigen). Insbesondere an der รผberdurchschnittlich guten Verarbeitung des Gehรคuses merkt man ganz klar die „Handschrift“ der Muttermarke. Auch die selbst auf Nahaufnahmen qualitativ perfekt gedruckten Ziffern und Indizes sprechen fรผr eine Herkunft aus derselben Produktionsstรคtte, die ihr Handwerk offenbar versteht.
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Ich entnehme den online Diskussionen, dass das NH34 den GMT-Zeiger nur in Stundensprรผngen einstellt. Damit sind krumme Zeitzonen (z.B. Indien) nicht mรถglich. Eine drehbare Lรผnette wรผrde helfen, aber die gibt es hier nicht. Damit ist fรผr mich die GMT Funktion nur ein Gimmick.