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Ich bin bekennender Fan mechanischer Uhren. Und dennoch finde ich manchmal die Diskussionen um Quarz-Uhren ziemlich unfair und viel zu pauschalisiert – Sprüche wie “Quarzuhren sind keine ernstzunehmenden Uhren” oder “denen fehlt die Seele” findet man nicht selten in einschlägigen Foren und Facebook-Gruppen.

Die Tatsache, dass Modeuhren von Marken wie Fossil, Diesel oder dergleichen meistens Quarzwerke an Bord haben, ist erst mal naheliegend, da solche Uhren in der Regel recht günstig angeboten werden. Es ist daher zwar logisch, dass viele Uhrenfreunde Quarz mit günstigen Modeuhren verbinden, fairerweise muss man aber sagen, dass das viel zu kurz gesprungen ist. Denn die Welt der Quarzuhren ist überaus spannend, vor allem im hochwertigen Bereich mit aktuellen Modellen von Grand Seiko, Omega, Breitling & Co. – ein Plädoyer für etwas mehr Quarzliebe.

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Quarz-Uhrwerke: Ein kurzer historischer Abriss

Die Japaner haben beim Thema Quarztechnologie eine Vorreiterrolle eingenommen: Nach rund zehn Jahren gemeinsamer Entwicklung durch Suwa Seikosha (die heutige Seiko Epson) und K. Hattori & Co. (heute Seiko Watch Corp.) im “Projekt 59A” wurde die Seiko Astron 35SQ am 25. Dezember 1969 als allererste kommerziell erhältliche Quarzuhr der Welt lanciert.

Die Quarztechnologie im Allgemeinen und die Astron im Speziellen war damals eine bahnbrechende Innovation, an dessen immensen nachhaltigen Erfolg Seiko selbst keinerlei Zweifel hatte – das zeigt sich beispielsweise in selbstbewussten Werbeanzeigen aus den Anfängen des Quarz-Zeitalters (“Someday all watches will be made this way”).

“Someday all watches will be made this way.”

Ganz unrecht hatten die Japaner nicht: Die internationale Nachfrage nach Quarzuhren zog rasant an, schnell sprach man in der Branche von der Quarzrevolution (aus der Sicht der Schweizer war es die Quarzkrise). So war im Jahre 1982 schon jede zweite weltweit produzierte Uhr eine Quarzuhr.

Insbesondere die Schweizer Uhrenindustrie litt massiv unter der verschlafenen Technologie, denn die Quarz-betriebene Seiko Astron hatte in allen technischen Aspekten die Nase vor klassischen mechanischen Uhren, insbesondere in puncto Ganggenauigkeit: Durch die Verwendung eines Quarz-Oszillators als Taktgeber betrug die Ganggenauigkeit phänomenal gute ±5 Sekunden pro Monat – ein Wert, den viele mechanische Kaliber damals grade so pro Tag schafften. Diesen immensen Präzisionsvorteil wusste Seiko innovativ und frisch zu vermarkten. Im Vergleich wirkten Schweizer Uhren altbacken, unpräzise und angestaubt.

Das Kaliber 35A der ersten Seiko Astron
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Quarz-Uhrwerke heute

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Genauigkeit: SuperQuartz, 9F & Co. sind unschlagbar

Die Genauigkeit einer Uhr wird grundsätzlich von einem sogenannten Oszillator bestimmt. Die Genauigkeit wird dabei umso besser, je höher die Schwingfrequenz. Mechanische Uhren haben in dieser Hinsicht eine “natürliche” Grenze, pfiffige Entwickler richteten ihre Aufmerksamkeit daher auf eine Technologie, bei der Strom durch einen kleinen Quarzkristall geleitet wird, um die Oszillator-Schwingungen zu kontrollieren. Zum Vergleich: die Frequenz der Astron von 1969 betrug 8.192 Hz, während typische mechanische Uhren bei grade mal 4 Hz liegen (Faktor 2000!). Heute arbeiten die meisten modernen Quarze mit 32.768 Hz. Ausnahmen bestätigen die Regel: Die Bulova Precisionist arbeitet sogar mit 262 kHz (262.000 Hz).

Diese Hertz-Zahlen (Hz) beziehen sich auf Schwingungen pro Sekunde – bei mechanischen Uhren sind das die Schwingungen von Unruh und Hemmung, bei Quarzuhren die Schwingung des Quarzkristalls. Bei Quarzuhren erkennt ein integrierter Schaltkreis diese Schwingungen und sendet auf der Grundlage jede Sekunde ein genaues Zeitsignal an den Schrittmotor. Gemäß des Zeitsignals wird der Schrittmotor aktiviert, der eine Reihe von Zahnrädern und die Uhrzeiger bewegt.

Mit diesen theoretischen Wissen im Hinterkopf sollte klar sein, warum Quarzuhren so viel präziser sind als mechanische Uhren. Und dennoch: Billig-Quarzwerke (die auch mich nicht unbedingt in Extase versetzen) haben in der Regel eine deutlich höhere Abweichung als hochwertige “High Accuracy”-Quarzwerke wie das Grand Seiko 9F, die SuperQuartz-Werke von Breitling und die Longines V.H.P.-Werke (Very High Precision).

Viele teurere Quarzwerke verwenden beispielsweise eine Thermokompensation, um eine langfristige Ganggenauigkeit sicherzustellen. Das Uhrwerk Grand Seiko 9F prüft zum Beispiel mehrere Hundert Mal pro Tag auf Temperaturschwankungen und kompensiert diese Änderungen automatisch, um eine hohe Genauigkeit zu gewährleisten.

Japanisches Reinheitsgebot

Bleiben wir beim Beispiel Grand Seiko und einen kleinen Rückblick: 1988 wurde mit der 95GS die erste Quarzuhr von Grand Seiko geboren. Mit einer Ganggenauigkeit von ±10 Sekunden pro Jahr übertraf sie die Leistung aller herkömmlichen Quarzuhren bei weitem – dank hauseigener Entwicklungen: Durch die Verwendung von Quarzkristallen, die in den eigenen Anlagen mit eigens entwickelten Produktionstechniken hergestellt wurden, waren die Grand Seiko-Entwickler in der Lage, nur jene Oszillatoren auszuwählen, die hinsichtlich Temperaturbeständigkeit, Feuchtigkeitsresistenz und Stoßfestigkeit Top-Leistungen aufwiesen, um Uhrwerke mit höchstmöglicher Ganggenauigkeit herzustellen (das Prinzip ist ähnlich wie bei der Reinheit von Diamanten). Die Grand Seiko-Quarzwerke wie das 9F können daher heute bis zu einer Abweichung von ±5 Sekunden pro Jahr genau sein.

Eine weitere Besonderheit beim Grand Seiko 9F: Während bei einer mechanischen Uhr die Ganggenauigkeit manuell reguliert werden kann (siehe: Reglage), verfügen herkömmliche Quarzuhren über keinen solchen Mechanismus. Das 9F Quarzwerk verfügt jedoch über ein Rädchen für die Feinregulierung, das eine solche Präzisionseinstellung ermöglicht. 

Quarz-Uhrwerke: Für das Plus an Funktionalität

Natürlich kann man sich darüber streiten inwiefern Funktionen, die erst durch Quarzwerke ermöglicht werden, im Zeitalter von Smartwatches noch Sinn ergeben. Dennoch gibt es ein paar coole Beispiele und bis heute erhältliche Modelle, die die Welt der Quarzuhren meiner Meinung nach absolut bereichern.

Ein Beispiel ist die Omega Speedmaster Professional X33, die der offizielle Nachfolger des mechanischen Omega Speedmaster Professional “Moonwatch” Chronographen bei der NASA war. Seit Ende 2014 gibt es den Nachfolger, die Omega X33 Skywalker, die zwar nicht von der NASA, sehr wohl aber von der European Space Agency (ESA) auf bemannten Weltraum-Ausflügen eingesetzt wird. Die X33 Skywalker kommt mit einer Keramik-Lünette und wird vom thermokompensierten Omega-Kaliber 5619 angetrieben. Das Quarzwerk wurde anhand eines ESA-Patents entwickelt, welches auf einer Erfindung des ESA-Astronauten Jean-François Clervoy basiert.

Die X33 Skywalker hat die folgenden Funktionen an Bord:

  • Zwei Zeitzonen (T1 und T2)
  • Referenzzeit UTC (siehe oben)
  • Messung der MET (Mission Elapsed Time), d.h. die abgelaufene Missionszeit mit Bezug zum Missions-Start (Start der Rakete von der Erde).
  • Alarm (AL)-Funktion mit Bezug zu einem der vorgenannten Zeiten.
  • PET (Phase elapsed time): Die verbliebene Zeit bis zu einem festgelegten Ereignis (Vorwärtszählung)
  • Timer (TMR): Count-Down (Rückwärtszählung) für Kurzzeitmessungen
  • Chronograph (CHR): Zeitmessung auf 1/100-Genauigkeit.

Kurzum: Das Quarzwerk bietet Funktionen für die Astronauten, die mit einer mechanischen Uhr gar nicht möglich sind – bei einer Batterielaufzeit von zwar nicht besonders tollen 2 Jahren, aber das ist immerhin deutlich besser als eine Smartwatch täglich an den Strom docken zu müssen (das stelle ich mir im Weltraum auch eher schwierig vor).

Mehr: Omega X33: Hintergründe zur offiziellen Uhr der SpaceX Demo-2-Mission | CHRONONAUTIX Uhren-Blog

Mehr: Preisentwicklung der Omega Speedmaster von 1957 bis heute (chrononautix.com)

Ein weiteres Beispiel ist die Breitling Aerospace, die erstmalig 1985 auf den Markt gebracht wurde (erste Versionen der Uhr liefen übrigens unter dem Navitimer-Label). Die Uhr war mit dem modernsten Quarzwerk ausgestattet, das die Schweizer damals zu bieten hatten: das ETA 988.332 (von Breitling als Kaliber 56 bezeichnet).

Das Quarzwerk ermöglichte das charakteristische, aufgeräumte, hybride “Ana-Digi”-Design mit analogen Stunden- und Minutenzeigern und zwei langen LCD-Bildschirmen. Diese Displays verfügten über 12- oder 24-Stunden-Anzeigemodi, einen ewigen Kalender, eine zweite Zeitzone, einen 24-Stunden-Countdown-Timer, einen 24-Stunden-Chronographen mit einer Genauigkeit von 1/100 Sekunden und einen Alarm.

Das Innovative an der Breitling Aerospace war aber, dass diese Funktionen keine zusätzlichen Drücker erforderten: Anders als bei günstigeren japanischen Modellen konnten Uhrenfreunde alle Funktionen direkt über die Krone einstellen. 

Die quarzbetriebenen Ana-Digi-Modelle AeroSpace und Emergency finden sich auch heute noch in der Breitling-Kollektion. Die Breitling Emergency ist dabei sogar mit einer Notfunkbake ausgerüstet, welche per Knopfdruck auf internationalen Notfrequenzen sendet und damit die Notfall-Ortung des Trägers ermöglicht. Möglich macht das ein Mikrosender, der abwechselnd zwei verschiedene Frequenzen benutzt – dieser sendet alle 50 Sekunden ein erstes digitales Signal auf die satellitengestützte Frequenz 406 MHz sowie alle 2,25 Sekunden ein zweites analoges Signal auf die Frequenz 121,5 MHz. Mit der Breitling Emergency dürfte man bei Abenteuerausflügen also nicht mehr “verloren” gehen. Mit über 14.000€ Liste ist die Quarz-Uhr aber alles andere als ein Schnäppchen.

Deutlich günstiger ist da die optisch nicht unähnliche Breitling Aerospace, die gewisse Merkmale der ersten Aerospace aus 1985 hat und ab 4250€ erhältlich ist – eine Notfunkbake ist allerdings nicht an Bord.

Mehr: Ana-Digi: “Hybrid”-Uhren von günstig bis teuer | CHRONONAUTIX Uhren-Blog

Wir verlassen die digitale Welt, denn die Quarztechnologie ermöglicht auch spannende analoge Technologien wie das Beispiel Sinn Spezialuhren aus Frankfurt zeigt: Das wesentliche Merkmal der Einsatzuhr UX S EZM 2B ist die Ende der 1990er von Sinn entwickelte, sogenannte HYDRO-Technologie. Diese wurde von den Frankfurtern aufgrund der Anforderungen des Bundes bzw. im Rahmen einer offiziellen Ausschreibung ausgetüftelt.

Sinn UX Hydro
Befüllung des HYDRO Uhrengehäuses, hier am Beispiel der UX GSG 9 (EZM 2B).

Im HYDRO-Gehäuse der Sinn UX S EZM 2B sind Uhrwerk, Zifferblatt und Zeiger direkt in einem glasklaren Flüssigkeitsbad gelagert. Dessen Brechungsindex ist an den Brechungsindex des Saphirglases angeglichen. Als Folge davon wird das Licht beim Eintritt in das Saphirglas nicht mehr gebrochen.

Daraus ergibt sich eine Reihe von Vorteilen, nämlich, dass die Uhr unter Wasser völlig verspiegelungsfrei ist: Dadurch, dass die Luft, in der sich die Zeiger normalerweise bewegen, durch eine Flüssigkeit ersetzt wird, die über die gleichen optischen Eigenschaften verfügt wie das Saphirglas, entfällt der normalerweise unter Wasser auftretende Verspiegelungseffekt – die Ablesbarkeit der UX S EZM 2B bei Taucheinsätzen ist damit perfekt, selbst bei sehr flachen Winkeln. Ferner ist die Uhr beschlagsicher und absolut druckfest (inkompressibel und damit Drucksicherheit des Uhrwerkes bis 500 bar und des Gehäuses bis 1.200 bar Tauchtiefe).

Die Sinn UX S wird aufgrund der Ölfüllung notwendigerweise mit einem Quarzwerk angetrieben, denn die Unruhschwingung eines mechanischen Kalibers könnte den hohen Reibungswiderstand der Flüssigkeit im Gehäuse nicht überwinden. Das verbaute Quarzwerk ETA 955.652 ist temperaturstabilisiert und die UX S EZM 2B damit im Bereich von -20 °C bis +60 °C lauffähig.

Mehr: GSG 9-Uhr Sinn UX S: “Echte” Einsatzuhr oder Blindgänger? (chrononautix.com)

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Taucheruhr UX (EZM 2B) unter Wasser im Vergleich: Links mit und rechts ohne Ölfüllung

Flache(re) Bauweise durch Quarz-Uhrwerke – theoretisch jedenfalls

Viele Uhrenfreunde bevorzugen möglichst schmale Uhren, vor allem bei dressigeren Uhren. Quarzwerke haben hier einfach den Vorteil, dass diese in aller Regel deutlich flacher konstruiert sind, als mechanische Kaliber. Zum Vergleich: Das ETA 802.004 Quarzwerk ist nur 3mm hoch. Das ETA 2824 Automatikkaliber kommt auf 4,6mm.

Den Vorteil heben allerdings (leider) nicht allzu viele Hersteller – und da rede ich nicht von beispielsweise der Casio G-Shock, die von Natur aus (trotz Quarzantrieb) natürlich brachial und wuchtig daher kommt. Hier ein Beispiel, bei dem der Unterschied zwischen Quarz und Mechanik nur marginal ist: Die Cartier Santos ist in der Quarz-Version zwar nur 7,3 mm hoch und damit wunderbar geeignet für Uhrenfreunde, die eine flache Dresswatch suchen. Das Mechanik-Pendant kommt aber dank Handaufzugskaliber 430 MC auf kaum höhere 7,5mm. Immerhin der Preisunterschied ist deutlich: Das Stahlmodell mit Quarzwerk und überdurchschnittlichen 6 Jahren Batterielaufzeit kostet 4500€, während die mechanische Variante mit 6700€ zu Buche schlägt.

Wenn wir sündhaft teurem extrem flache Uhren wie die mit 1,7 Millionen CHF bepreiste Richard Mille “Ferrari”-Uhr außen vor lassen, geht es auch im Bereich der erschwinglichen Mechanik noch flacher: So ist beispielsweise Nomos aus Glashütte mit den hauseigenen Kalibern seit je her auf eine flache Bauweise spezialisiert – unter anderem, indem manche Bauteile – ähnlich wie Computerchips – fotolithografisch hergestellt werden: Bei der Nomos Tangente neomatik 39 (ab 2580€) beispielsweise erlaubt das mit 3,2 mm extraflache Kaliber DUW 3001 eine mit nur 6,9mm überdurchschnittlich flache Gehäusekonstruktion.

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Das flache DUW 3001 von Nomos

Robustheit: Keine Achillesferse bei Quarzwerken

Hersteller im Bereich professionell-taktischer und Outdoor-Einsatzuhren wie traser haben ihren Schwerpunkt klar auf moderne Quarz-Modelle. Aus gutem Grund: Quarz-Werke sind von Natur aus deutlich robuster als Automatik- oder Handaufzugswerke und damit natürlich besser für “reale Einsätze” fernab der Büros und Schreibtische dieser Welt geeignet, bei denen man einer Uhr auch wirklich was abverlangt. Der Grund: die Stoßfestigkeit ist typischerweise die Achillesferse aller mechanischer Uhren – trotz Stoßsicherungen wie Incabloc & Co., mit der Unruhwelle als schwächstes Glied in der Kette.

Mehr: T wie Titan: traser P99 T Tactical im Test

Stichwort Stöße und Schläge – Longines ging sogar noch ein Stück weiter: Die V.H.P.-Quarzwerke, genauer das Kaliber L288.2 in der Dreizeiger-mit-Kalender-Version und das L289.2 in der Version mit Chronographenfunktionen, zeichnen sich durch die Verwendung eines sogenannten GPD-Systems (Gear Position Detection) aus, das die Zeiger der Uhr nach einem Aufprall oder der Einwirkung eines Magnetfelds schnell zurücksetzt. Schade: Die mit viel Tamtam in den Markt eingeführten V.H.P.-Modelle von Longines sind nicht mehr auf der offiziellen Longines-Website gelistet (gleichwohl hat Longines aber noch günstigere Quarz-Uhren im Sortiment).

Optik: Auch ein Quarz-Rücken kann entzücken

Hinsichtlich Optik schlägt ein mechanisches Uhrwerk in der Regel Quarzwerke – aber auch hier gibt es doch so einige Ausnahmen von der Regel: Wenn ich beispielsweise ein unsexy-undekoriertes Standardkaliber wie das Seiko NH35/36 mit hochwertigen Quarzwerken wie beispielsweise dem Grand Seiko 9F vergleiche, so fällt mir die Wahl hinsichtlich der Optik nicht schwer.

Mehr: Uhren mit Glasboden: Pro und Kontra (chrononautix.com)

Das Beispiel der (leider nicht mehr erhältlichen) Grand Seiko Heritage 44GS 55th Anniversary SBGP017 “Blue Clouds” (3800€) zeigt, dass ein Quarzwerk ansehnlich und schick verarbeitet verarbeitet sein und durch einen Sichtboden schön in Szene gesetzt werden kann (das kommt leider viel zu selten vor und darf bei solch ansehnlichen Quarzwerken meiner Meinung nach deutlich öfter vorkommen). Gleichzeitig muss man natürlich festhalten, dass die Wirkung der veredelten Hauptplatine wegen der “aufliegenden” Batterie und anderer notwendiger Teile natürlich ein Stück weit ruiniert wird – und daran kann man wohl auch wenig ändern.

Ein weiteres Beispiel für ein durchaus ansehnliches Quarzwerk sind die Kaliber, die bis zum Jahre 2000 in der Rolex Oysterquartz tickten. Die Werke haben 11 Lagersteine und die Regulierung erfolgte durch eine Palettengabel und ein Rad. Die Konstruktion der Kaliber 5035 und 5055 zeigt, dass Rolex bei den Werken Wartungsfreundlichkeit und Langlebigkeit im Sinn hatte – genau wie bei den mechanischen Werken.

Die Oysterquartz wurde sogar anno 1978 von Reinhold Messner getragen als dieser zusammen mit Peter Habeler den Gipfel des Mount Everest bestieg. Hier ein Bild von Reinhold Messner mit seiner Oysterquartz in eisigen Höhen:

Abschließende Gedanken

Trotz des Aufwandes für Entwicklung und Marketing, den verschiedene Hersteller in Quarzwerke stecken, und egal ob sie optisch ansprechend, einfach nur extrem genau sind oder zusätzliche Funktionen ermöglichen (siehe z.B. Sinn Hydro) – es erscheint wie eine Sisyphusarbeit, die Wahrnehmung von Quarzwerken im Dunstkreis von Hardcore-Uhrennerds positiv zu beeinflussen. Vermutlich vor allem deswegen, da mechanischen Uhrwerken im direkten Vergleich zu Quarzwerken deutlich mehr Handwerkskunst nachgesagt wird.

Dazu möchte ich aber kritisch einwerfen, dass diese Handwerkskunst auf einige High End-Kaliber zutreffen mag, die umfangreich dekoriert werden – man denke da nur an die unglaublich schönen Kaliber von Glashütte Original (siehe z.B. Glashütte Original SeaQ Panoramadatum).

Wenn wir nun aber einfach mal die Romantik rund um mechanische Uhren beiseite schieben, so muss man einfach nüchtern festhalten, dass auch die meisten mechanischen Kaliber reine Massenprodukte sind – das gilt für günstige Standard- bzw. Einsteigerkaliber wie das Seiko NH35 oder das Miyota 8200, aber auch für Manufakturkaliber wie beispielsweise von Rolex, von denen nach Schätzungen rund 1 Millionen Stück pro Jahr mit hohem Automatisierungsgrad hergestellt werden – Handarbeit, wie der Name “Manufakturkaliber” suggeriert, ist hier nicht unbedingt der erste Begriff, der mir in den Sinn kommt. Kurzum: Man kann sich getrost von der romantischen Vorstellung verabschieden, dass mechanische Uhrwerke stets mit deutlich mehr Handarbeit von Uhrmachern hergestellt werden als Quarzuhren.

Spannend: Mit händischer Arbeit im Sinne einer Manufaktur versucht sich Grand Seiko mit seinen Quarzwerken zu differenzieren – Zitat:

Ein von Hand gefertigtes Quarzwerk

Während die meisten Quarzwerke automatisiert montiert werden, wird das 9F Quarzwerk von Grand Seiko mit seiner Vielfalt an komplexen Funktionen komplett von Hand zusammengebaut. Zwei erfahrene Uhrmacher vereinen ihre individuellen Talente, um den hohen Qualitätsstandard von Grand Seiko zu gewährleisten – einer ist für das Uhrwerk verantwortlich, während der andere die Assemblage der Datumsschaltung durchführt und das Uhrwerk einschalt.

Grand Seiko

Summa summarum bin ich der Meinung, dass eine hochwertige Quarzuhr in jede gute Uhrensammlung gehört – sei es wegen der zusätzlichen Funktionen, wegen der Ästhetik (Stichwort: potentiell flache Bauweise) oder einfach, wenn man Wert auf hohe Ganggenauigkeit legt. Aber das alles ist am Ende des Tages natürlich eine persönliche Entscheidung – dennoch hoffe ich, mit meinen Ausführungen dem einen oder anderen hochwertige Quarzuhren etwas schmackhaft gemacht zu haben.

Was denkt ihr? Seid ihr vielleicht komplett anderer Meinung? Hinterlasst gerne einen Kommentar unter diesem Artikel!

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Rainer
2 Monate zurück

Ich habe mich lange mit Seiko und den alten Quarz-Uhren aus den 1970er Jahren befasst.

Jedoch vermisse ich im Artikel die Erwähnung von “The Citizen”, die zudem solarbetrieben sind und mit Ganggenauigkeiten von bis zu 1 Sek. pro Jahr selbst GS in den Schatten stellen.

Tom
3 Monate zurück

Nach Jahren der Fokussierung auf Automaten habe ich auch wieder die Quartzer für mich entdeckt. Neben diversen Casios/G-Shocks (mind. 1 davon gehört meiner Meinung nach sowieso in jede Uhrensammlung), kam die Sinn UX SDR GSG 9 dazu (eine meiner absoluten Favoriten) und bspw. auch eine Citizen EcoDrive. Grab and go ist hier das Stichwort. Wenn man einen steten Wechsel am Arm hat, so ist es einfach bequemer, nichts stellen zu müssen. Meine Automatikuhren (Seamaster, Damasko, Squale…) will ich aber ebenfalls nicht missen. Alles hat letztlich sein Für und Wider und vor allem seine Verwendung. Eine friedliche Koexistenz ist möglich 😉

Carsten
3 Monate zurück

Mich als Sammler hat irgendwann die schlichte Tatsache des nervigen Batterie Wechselns in die Arme der mechanischen Uhren getrieben. Kommt natürlich drauf an, von welcher Menge an Uhren man spricht,-ähemm,- hüstel 🙂

THOR
4 Monate zurück

Na ja…wenn man ein Fan von:”präziser Zeitablesung”,ist,mögen Quarzuhren preislich
günstiger sein als:”Automatische Chronometer!”
Wer sich wenig bis gar nicht bewegt aufgrund bestimmter,unvermeidbarer Situationen
(Nicht werkstätig,-krankenhausaufenthalt,JVA…etc),für die Person sei eine Quarzuhr zu empfehlen!
Ich persönlich habe Quarz und Automatikuhren,jedoch habe ich es inzwischen vermieden:”Die Quarzuhren mit neuen Batterien zu betanken,die ich selten oder gar nicht trage!” 🙁
…Lieber “erwecke”,ich eine lange ungetragene Automatikuhr wieder durch Bewegung zum Leben!
Irgendwie haben Automatikuhren für mich eine unerklärliche Faszination der Mechanik!
Und ganau “DAS”,ist es was ich Liebe!
mfG
THOR

Thomas
4 Monate zurück

Eine ein wenig vergleichbare Funktion wie das GPD-System (Gear Position Detection) bei den Longines V.H.P.-Quarzwerken (das die Zeiger der Uhr nach einem Aufprall oder der Einwirkung eines Magnetfelds schnell zurücksetzt) bieten heute auch die sicher technisch wesentlich einfacheren ETA Quarzwerke mit einer “Heavy Drive” Funktion, wo ein integrierter Schaltkreis (IC) einen Stoss erkennt und ihm entgegenwirkt. Tritt ein Stoss auf, so befiehlt der IC dem Motor, eine Gegenkraft zu erzeugen, die den Zeiger während der Stossdauer festhält. Dieser Gegenimpuls verhindert, dass der Zeiger unbeabsichtigt springt.
Wenn man damit noch “Precidrive” kombiniert, d.h. eine Technik mit Gangabweichung von +/- 10 sec im Jahr, hat man für wenig Geld eine wirklich sehr genau gehende Uhr. Ein dem entsprechendes ETA F06.412 wird z.B. in einige Certina DS (Precidrive) eingebaut, aber u.a. auch in die flotten aber günstigen Swiss Military by Chrono “High Precision” SM 34088.01 bis..05.

https://www.eta.ch/sites/default/files/downloads-items/HeavyDrive_d.pdf
https://www.eta.ch/de/unsere-produkte/quarzuhrwerke/trendline

https://swissmilitarywatches.ch/de/shop/swiss-military-sm34088-02-de/

Das soll keine Werbung oder ähnliches sein, nur ein Tip für Preisbewusste, die Genauigkeit lieben.

Last edited 4 Monate zurück by Thomas
Thomas Graf-Backhausen
4 Monate zurück

Alles gute, sachliche und richtige Argumente, aber ich kaufe und trage Uhren aus Bauchentscheidung und selbst wenn ich eine Quarzuhr mit Hirn kaufe, verweigert mein Bauch das Tragen. Ich bleibe 100% mechanisch. Lg Thomas

Chris Crealto
4 Monate zurück

Vielen Dank für diesen guten und sachlichen Bericht über Quarz-Uhren. Es wurde ja schon fast alles in dem Artikel beschrieben. Aber eben nur fast alles. Was mir etwas gefehlt hat ist nämlich, dass sich eine gute Uhr nicht nur über das Uhrwerk definiert, sondern über die Qualität all ihrer Bestandteile wie Gehäuse, Zifferblatt, Zeiger, Indizes, Band, Schließe usw. Allein wenn ich an Grand Seiko denke, möchte ich daran erinnern, dass die Qualität (Finish, Zeiger, Indizes, Zifferblätter, Polissage etc.) aller Uhren auf dem gleichen exquisiten Niveau sind, egal ob mechanisch, Spring Drive oder Quarz. Das kommt mit oft zu kurz, wenn über Quarzuhren berichtet wird.

Ulrich Dittmann
4 Monate zurück

Absolute Zustimmung zu diesem Beitrag!
Im Alltag trage ich ausschließlich “Quarz”.
Unübertroffen in Genauigkeit, Robustheit – und Preis!

Hans
4 Monate zurück
Antworten...  Ulrich Dittmann

Unübertroffen in Genauigkeit, Robustheit – und Preis!“
Was die Genauigkeit betrifft, ist die Aussage falsch. Da sollte man sich eine gute Funkuhr zulegen. Die ist dann vielfach genauer.
Ansonsten, glücklicherweise jeder wie er es mag. Ein Vergleich ist so sinnvoll wie der zwischen Äpfel und Birnen. Beides ist Obst, jedoch unterschiedliche Früchte. So verhält es sich mit den unterschiedlichen „Uhrantrieben“. Der eine bevorzugt dies, der andere jenes und noch anderen ist es sowas von egal.
Immer eine gute Zeit
Hans

Frank T. aus MZ
4 Monate zurück

Yepp, ich besitze auch einige Quarzuhren in meiner Sammlung: Neben der SINN UX S, welche ja konstruktionsbedingt ein Quarzwerk erfordert, finden sich bei mir diverse Modelle von traser und Luminox. Demnächst zieht vermutlich noch eine Bulova Quarzuhr bei mir ein. Wenn man öfters zwischen den Uhren wechselt ist ein Quarzwerk sehr praktisch. Ich achte jedoch auf die Batteriestandzeit. Bevorzugt sollte diese schon 48 Monaten betragen. Am längsten laufen 3V Werke mit Lithiumtechnik. Zudem sollte man darauf achten, dass der Sekundenzeiger einigermaßen die Minutenstriche trifft. Dies ist leider häufig nicht der Fall. Genauso wie bei mechanischen Uhrwerken gibt es Qualitätsunterschiede, übrigens auch in Punkto Präzision. Dies wäre mal ein schönes Thema für Deinen Blog, lieber Mario ;-). Schönen Gruß, Frank

KD
4 Monate zurück

Bin auch ein Fan von Quartz, neben meinen Automatik Uhren. Habe eine Vintage Breitling Quarz und suche noch eine Tag Heuer Link CT1113. Gerade bei Vintage mag ich Quartz sehr, vermutlich auch weil das verbunden ist mit Kindheitserinnerungen an die Uhren. Finde es spricht nichts dagegen als Uhrenliebhaber auch Quartz in der Sammlung zu haben