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Bei Keramik denkt Otto Normalverbraucher zuerst an Geschirr, Vasen oder Fliesen. Dennoch hat Keramik in der Uhren-Herstellung neben weiteren Nischen-Materialien (z.B. Carbon oder Bronze) aufgrund einiger Vorteile durchaus seine Daseinsberechtigung.

Grund genug für mich in diesem Artikel auf die Eigenschaften von Keramik und die wichtigsten Marken, die Keramik-Uhren bauen, einzugehen.

Eigenschaften und Anwendungsgebiete von Keramik

Die Herstellung von Keramik ist schon viele Tausend Jahre alt: In der Jungsteinzeit, als die Menschen sesshaft wurden, wurden Aufbewahrungsbehältnisse für Nahrungsmittel aus Keramik gebrannt  – schließlich musste ja das ganze Zeug aus dem landwirtschaftlichen Anbau in Ermangelung an Tupperware irgendwie gelagert werden.

Natürlich werden Geschirr, Vasen etc. nach wie vor aus Keramik hergestellt. Unter der Bezeichnung technische Keramik hat der Werkstoff mittlerweile aber auch Einzug in viele weitere Bereiche wie z.B. die Medizintechnik (als Zahnersatz) oder den Ofenbau gefunden. Keramische Kacheln bewahren z.B. auch Raumfähren beim Wiedereintritt in die Atmosphäre vor dem Verglühen.

Keramik hat mehrere vorteilhafte Eigenschaften, die das Material interessant für die Produktion von Uhren machen: Zum einen ist Keramik kratzfest, robust, hitzeresistent, korrosionsbeständig und besitzt eine sehr feine Haptik. Ein großer Vorteil gegenüber dunklen beschichteten PVD-Stahluhren ist außerdem, dass bei Keramik-Uhren keine Farbe abplatzen kann.

Zum anderen ist Keramik aber auch vergleichsweise leicht und geeignet für alle, die eine Nickel-Allergie haben. Denn: Edelstahl wird stets mit Nickel hergestellt. Auch der typischerweise im Uhrenbau verwendete Chirurgenstahl (316-L-Edelstahl) enthält Nickel, allerdings in so geringen Mengen, dass normalerweise keine allergischen Reaktionen auftreten.

Aufgrund der Eigenschaften von Keramik sind viele Hersteller im Mittel- bis Hochpreis-Segment dazu übergegangen, zumindest die Lünetten aus kratzfester Keramik zu fertigen. Das macht auch Sinn, da die Lünette normalerweise einer der Kratzer-Fänger Nr. 1 ist.

Als Beispiel sei die Breitling SuperOcean 44 oder die vergleichsweise günstige neue Tissot PRS 516 Automatic Modellreihe genannt, die auf Keramik-Lünetten setzen:

Der Nachteil von Keramik ist aber, dass es vergleichsweise leicht brechen kann – logisch, denn auch ein Sturz der Kaffeetasse vom Tisch auf einen harten Boden überlebt diese in den aller seltensten Fällen. Der Uhrenhersteller IWC schreibt diesbezüglich aber Hoffnung machend:

Die Hightech-Keramik, wie sie in Uhren verwendet wird, zeichnet sich vor allem durch viel reinere Rohstoffe und komplexe Herstellungsprozesse aus. Im Gegensatz zu dem aus Ton gebrannten Porzellan zerbricht sie deshalb auch nicht so leicht.

Dennoch: Allzu ruppig sollte man mit einer Keramik-Uhr nicht umgehen: Im Netz tauchen von Zeit zu Zeit Bilder zerbrochener oder angebrochener Keramik-Uhren auf – definitiv kein schöner Anblick und die Reparaturkosten gehen oftmals in den Bereich von 2/3 der Neuanschaffung oder mehr.

Auch der Preis ist bei Uhren mit Voll-Keramik-Gehäuse oftmals ziemlich knackig. Das liegt unter anderem daran, dass die Produktion recht anspruchsvoll ist: Keramik-Gehäuse schrumpfen während des Brennens um etwa ein Drittel. Die Herausforderung besteht somit darin, den Größenverlust bei der Produktion zu berücksichtigen, um z.B. nicht die Wasserdichtigkeit oder die exakte Passform von Krone bzw. Drückern zu gefährden.

Für Technik-Freaks – IWC schreibt dazu:

Während Kunststoffe sich beim bloßen Erhitzen verflüssigen, muss bei der Keramik das pulverförmige Ausgangsmaterial zuerst in eine homogene Masse verwandelt werden. Dafür wird dem Zirkonoxid ein thermoplastisches Bindemittel beigemischt. Als gebundenes Granulat kann es bei einer Temperatur von 170 Grad Celsius in die Form gespritzt werden. Weil der Gehäusering teilweise sehr dicke Partien aufweist, ist die Gefahr von Lufteinschlüssen groß und die Kontrolle des Gusses eine Herausforderung. Mit dem Abschluss des Gusses entsteht der sogenannte Grünling. Jeder wird einzeln gründlich auf seine Oberflächenbeschaffenheit hin untersucht und dann mit ersten präzisen Bohrungen weiter bearbeitet. […]

Bei der Produktion der Omega Speedmaster Keramik-Variante Dark Side of the Moon sieht das konkret so aus (Quelle: Omega):

Omega Speedmaster Dark Side of the Moon Keramik-Herstellung

Omega Speedmaster Dark Side of the Moon Keramik-Herstellung

Weitere Infos zu den Produktionsschritten bei Omega (u.a. das Keramik-Ziffernblatt), gibt es in diesem schönen PDF: Keramik-Produktionsschritte bei Omega für die Speedmaster Dark Side of the Moon (Quelle: Omega).

Wenn man von der vielen Effekt-Hascherei am Anfang absieht, gibt es hier auch noch ein paar schöne bewegte Bilder:

Alles in allem ist Keramik im Vergleich zu Edelstahl bei Uhren-Gehäusen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Dennoch gibt es einige schicke Modelle, die ich euch hier vorstellen möchte…

Keramik-Uhren von Tudor, Rado und Junghans für den ziemlich großen Geldbeutel

Mit der Ceramica Modellreihe ist der zur Swatch-Gruppe gehörende Schweizer Hersteller Rado sicherlich am stärksten mit Uhren aus Keramik am Markt vertreten. Rado brachte bereits in den 80ern mit der DiaStar Ceramica ein Modell heraus, dass ein Voll-Keramik-Gehäuse besaß.

Das Besondere bei vielen Rado-Keramik-Modellen ist die eckige Gehäuseform, bei der das Armband direkt integriert ist. Der Preis für die (zweifellos sehr hochwertig verarbeiteten) Keramik-Uhren von Rado ist in Anbetracht der verarbeiteten Quarz-Werke allerdings ziemlich knackig: Der Rado Ceramica Chronograph (R21.824.15.2) zum Beispiel schlägt mit fast 3000€ zu Buche. Etwas schlichtere Herrenmodelle wie die Rado Ceramica Digital (R21.925.15.2) sind zwar “schon” für unter 2000€ zu haben, ein Schnäppchen sind die Modelle aber nicht.

2016 hat der Industriedesigner Konstantin Grcic die Rado Ceramica in einer Limited Edition neu gestaltet: Bisher bekannt für die hochglänzende Optik präsentieren sich nun zwei Herrenmodelle der Ceramica mit einer matten Oberfläche. Beide Modelle kommen mit einem Schweizer ETA E61.511 Quarz-Werk, gewölbtem Saphirglas und 5bar Wasserdichtigkeit (spritzwassergeschützt). Die Maße betragen  30,0 x 41,7 x 7,6 (B x L x H in mm).

Rado Ceramica Grcic Limited Edition 2016
Bild: Rado

Aber selbst die Rado Ceramica kommt nicht ganz ohne andere Materialen aus: Während auch die Armband-Glieder aus mattschwarzer Keramik sind, sind Krone und Innenband aus schwarzem PVD-Stahl und Schließe sowie Gehäuseboden aus Titan.

Übrigens: Wer sich einen Partnerlook geben will, findet die Rado Ceramica auch als kleinere Variante für Damen

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Rado Plasma-Ofen, Bild: Rado

Mit einem Schweizer ETA-Automatik-Werk ausgestattet und vom Design her deutlich klassischer ist die plasmabehandelte Keramikuhr Rado DiaMaster, die in der Chronographen-Variante mit über 3500€ aber ebenfalls einen recht sportlichen Preis hat. Das 45mm große Modell hat Saphirglas, 10bar Wasserdichtigkeit und ein Schweizer Automatikwerk an Bord.

rado-diamaster-ceramic-chocolate-brown
Auch sehr schick: Die Rado Diamaster in der Farbe Chocolate Brown, Bild: Rado

Auch die Rolex-Tochter Tudor setzt mit der Fastrider Black Shield Modellreihe, die 2011 anlässlich der Zusammenarbeit mit dem Motorradhersteller Ducati entwickelt wurde,  auf Keramik.  Im Jahr 2013 präsentierte Tudor die Chronographen-Variante mit seinem mattschwarzen Monoblockgehäuse aus Keramik das Ergebnis eines interdisziplinären Designansatzes, der die Welt der Sportmotorräder mit der der Uhrmacherkunst verbinden soll. Das Ergebnis ist ein sehr sportlicher und moderner Chronograph, der sich komplett anders positioniert als das bekannteste Tudor-Modell, die Black Bay Heritage-Reihe.

Bild: Tudor
Bild: Tudor

In der Tudor Fastrider Black Shield kommt ein modifiziertes Schweizer ETA 7753 Automatikwerk mit 46 Stunden Gangreserve zum Einsatz. Abgerundet wird die Swiss Made-Modellreihe mit 15bar Wasserdichtigkeit (geeignet zum Schwimmen) und Saphirglas. Preispunkt: ca. 3500€.

Bild: Tudor

Bild: Tudor

Auch Junghans setzt immerhin seit 1995 auf Keramik in der Uhren-Fertigung: In der aktuellen Junghans-Kollektion Mega Solar (Modelle Spektrum und Force) verbaut der deutsche Traditionshersteller Keramik im Gehäuse und auch im Armband – nur die Schließe ist aus Titan.

Junghans ist bekannt für Uhrwerke mit Funk-Technologie, um größtmögliche Präzision zu gewährleisten. Bei der  Force Mega Solar Kollektion wurde die Funk-Technologie außerdem mit Solaraufladung kombiniert: In der Junghans-Zentrale im württembergischen Schramberg werden die Solarzifferblätter in verschiedenen Arbeitsschritten wie z.B. Mittellochzentrierung, Bedruckung oder Aufbringung von Appliken produziert.

Die Eigenschaften des Force-Modells: Saphirglas, 5bar Wasserdichtigkeit (spritzwassergeschützt), die Möglichkeit verschiedene Zeitzonen einzustellen und 40,4 mm Gehäusedurchmesser.

Junghans Force Mega Solar Keramik
Passend zum modernen Inneren der Uhr ist auch die Optik zeitgemäß: Junghans Force Mega Solar, Bild: Junghans

Der Preis liegt mit ca. 1300€ für das Made in Germany Paket unterhalb von Rado und Tudor und ist in einem vergleichsweise günstigen Rahmen.

Mehr über Junghans:

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Für den noch größeren Geldbeutel: Keramik-Uhren von Omega, IWC und Panerai

Omega setzt mit einem ganz aktuellen Modell, die Omega Planet Ocean Deep Black, auf ein Gehäuse, welches aus einem einzigen Block Keramik besteht. Nettes Detail: Erstmals wurde Kautschuk mit Keramik kombiniert, und zwar in Form der farblichen Akzente auf der Lünette (rote und blaue Version) sowie auf der Krone (Omega-Logo) und dem Helium-Ventil.

Omega Planet Ocean Deep Black Rot
Bild: Omega Ltd.

Was viele abschrecken dürfte ist die Größe der Omega Keramik-Uhr: Die Omega Planet Ocean Deep Black bringt es auf satte 45,5mm Durchmesser und 17,8mm Bauhöhe. Dadurch, dass Keramik allerdings deutlich leichter ist als Edelstahl, ist die Uhr relativ komfortabel tragbar.

Schwindelerregend ist allerdings nicht nur die Größe der Keramik-Uhr sondern auch der Preis: Selbst mit Rabatt beim Juwelier dürfte das Modell nicht für unter 8000€ zu bekommen sein.

Mehr Infos zu Omegas neuestem Keramik-Modell gibt’s hier:

Omega setzt aber auch in seinem Flagschiff-Modell, der Omega Speedmaster Moonwatch in der Dark Side of the Moon-Variante, auf ein schwarzes Vollkeramik-Gehäuse. Ähnlich wie für die Omega Planet Ocean Deep Black ist aber auch der Preis für die Dark Side of the Moon mit über 7000€ ziemlich knackig.

Schon 1986 präsentierte der Schweizer Hersteller IWC das Modell Da Vinci als weltweit erste Uhr mit einem Gehäuse aus gefärbter Keramik. 2010 wurde die IWC Da Vinci Chronograph Ceramic neu aufgelegt, die zumindest teilweise aus Keramik besteht – für Glasfassung, Boden, Krone und Tasten des Gehäuses kommt die Titanlegierung der Güteklasse 5 zum Einsatz, wodurch die Oberfläche flexibler behandelt werden kann. Dadurch wirkt das Titan nicht wie üblich gräulich, sondern hat einen sehr schicken tiefen-Effekt.

Für ca. 10.000€ allerdings erfordert die IWC Da Vinci Keramik-Uhr einen ziemlich großen Geldbeutel…

Das ist aber noch nicht alles, was die Schaffhausener anzubieten haben: In der IWC Top Gun Fliegeruhren-Reihe z.B. kommen in sehr vielen Modellen wuchtige schwarze Keramik-Gehäuse zum Einsatz. Spannend: IWCs Fliegeruhren-Historie reicht zurück bis in die 30er Jahre

IWC Keramik Top Gun
IWC Top Gun, Bild: Photopress / IWC

Auch die italienische Marke Officine Panerai kann eine lange Marken-Historie vorweisen: Bekannt ist die Marke v.a. für die wuchtigen Kampftaucher-Uhren, die im zweiten Weltkrieg an den Arm so mancher Marine-Spezialkräfte kam. Den großen Durchbruch hatte Panerai allerdings erst durch den Markenfan Sylvester „Rambo“ Stallone, der mehrere Panerai-Uhren in seinem Privatbesitz hat und z.B. im Film Daylight zur Schau trug. Mehr zur Historie von Panerai gibt es in diesem Artikel: Militäruhren: Günstige und teure Modelle für den rauen Einsatz.

Panerai hat mit dem Modell Luminor 1950 3 Days GMT Ceramica ein 44mm großes Modell im Portfolio, das zwar mit toller Optik aufwartet, aber ziemlich große Löcher in die Geldbörse reißt: Unter 8500€ ist das Modell mit Manufakturkaliber kaum zu kriegen.

Das Besondere an den meisten Panerai-Modellen ist der sehr dominante Kronenschutzbügel sowie das eher schlichte Design, welches sich gut mit den großen Gehäuse-Durchmessern verträgt. Auch die Luminor 1950 Ceramica ist so gestaltet:

Uhren von Jacques Lemans und Bruno Söhnle: Günstiger Einstieg in die Keramik-Welt

Wem die oben vorgestellten Modelle zu teuer sind, der kann einen Blick auf die zwei Hersteller Jacques Lemans und Bruno Söhnle werfen: In dessen Modellen ist zwar das Gehäuse nicht aus Keramik, es wird aber ein Materialmix aus Keramik und Edelstahl genutzt, der für durchaus abwechslungsreiche Optik sorgt.

Durchdacht ist z.B. die (teilweise) Verwendung von Keramik im Uhrenarmband, um dieses kratzunanfälliger zu machen. Der Hersteller Bruno Söhnle aus Glashütte setzt z.B. bei seinem batteriebetriebenen Modell Algebra darauf. Preispunkt: ab ca. 500€.

Bild: Bruno Söhnle
Bild: Bruno Söhnle

Ein weiterer Hersteller, der auf einen Keramik-Edelstahl-Materialmix setzt, ist der unabhängige österreichische Uhrenhersteller Jacques Lemans. Sehr schick finde ich z.B. die Jacques Lemans Sports Liverpool DayDate für knappe 400€ – aber Achtung: Auch bei diesem Modell ist das Gehäuse leider nur aus beschichtetem Edelstahl, d.h. nur das Armband ist aus Keramik. Das mit 46mm sehr präsente Modell kommt mit Saphirglas, Quarz-Werk und 10bar Wasserdichtigkeit (geeignet zum Duschen, Baden etc.).

Wie Bruno Söhnles Modell Algebra setzt aber auch Jacques Lemans in vielen Modellen auf das bewusste optische Abheben von Edelstahl- und Keramikelementen, z.B. bei der Jacques Lemans Dublin für ca. 250€. Auch dieses Modell hat Saphirglas, ein Quarz-Werk und 10bar Wasserdichtigkeit an Bord.

Kennt ihr noch Keramik-Uhren, die unbedingt in diesen Artikel müssen? Hinterlasst mir einen Kommentar!

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Arne
6 Jahre zurück

Mittlerweile bietet auch Bering diverse Keramik-Uhren an. Im Preissegment um 300 € sind auch Vollkeramik-Uhren dabei (ich habe so eine gerade um mein Handgelenk).
Das ist zwar keine Traum-Uhr, aber für den Preis ziemlich haltbar. Außerdem ist das Design ganz gut.

Gelegentlich findet man auch bei Regent Uhren mit Keramik. Das Design finde ich allerdings mittelmäßig.

Alex
6 Jahre zurück

Hey, was ist mit der Junghans Spektrum Automatic mit Keramik lünette und einem Grand Seiko Automatikwerk?

Carsten
7 Jahre zurück

Ich habe leider nicht viel Ahnung, aber was ist mit so einer Uhr ?
Oder gilt das nicht als Uhr ?

http://www.pierre-delor.com/kollektionen/keramik/dolomiti-chronograph?lang=de