Der familiengeführte und unabhängige Traditionshersteller Squale ist vor allem für Taucheruhren im klassischen Design bekannt. Die neue 60 Atmos T-183 ist allerdings deutlich moderner unterwegs, als man es von den Schweizern/Italienern gewohnt ist – das liegt vor allem am Gehäuse aus Forged Carbon mit seiner marmorartigen Optik…
Eckdaten Squale T-183 Carbon (Orange):
- Swiss Made
- Zifferblatt mit applizierten Indizes
- Gehäuse aus Forged Carbon
- Super-LumiNova
- Sellita SW200-1 Automatikwerk, Qualitätsstufe Elaboré
- Verschraubter Gehäuseboden
- Verschraubte Krone
- Lünette mit kratzfester Keramikeinlage, mattschwarz
- Gewicht: 120 Gramm (am Band)
- Wasserdichtigkeit 60 bar / atm bzw. 600 Meter
- Saphirglas, entspiegelt
- Lederband, mit Gummi überzogen/wasserfest
- Durchmesser 42 mm, Höhe 15,5 mm, Horn-zu-Horn 49 mm
- Preis: 1410€, zum Beispiel beim offiziellen Squale-Händler Watchbandit
Squale T-183 Carbon-Taucheruhr im Test
Der in der Schweiz ansässige Uhrenhersteller Squale, der durch die Übernahme der unabhängigen, italienischen Unternehmerfamilie Maggi von Charles von Büren in den 1980er Jahren auch einen Hauch “Bella Italia” mitbringt, ist eigentlich eher für klassische Diver bekannt, die sich vor allem an Modellen aus der langen Unternehmensgeschichte von Squale bzw. dem damaligen Mutterhaus Von Büren orientieren. Als Beispiel sei die aktuelle Squale 2002 genannt, die mit satten 101 bar Wasserdichtigkeit kommt und sich sehr nah an Taucheruhren aus den 70ern bewegt, die mit charakteristischem, abgerundetem und Hörner-freiem Squale-Gehäuse kamen.
Anno 2019 hat Squale erstmals deutlich modernere Töne angeschlagen und ein Modell mit Carbon-Gehäuse auf den Markt gebracht. Nur ein Jahr später kam der Nachfolger (mit applizierten Indizes, ansonsten quasi baugleich) auf den Markt – und auch der war ratzfatz ausverkauft. Kein Wunder also, dass Squale Mitte 2022 einen weiteren Carbon-Diver in Form der Squale 60 Atmos T-183 auf den Markt bringt. Tatsächlich führt Squale die T-183 als eigenständige Kollektion, das Gehäuse hat glasklare Squale-DNA und bewegt sich mit seiner ergonomischen Form und einer auf “4 Uhr” versetzten Krone sehr nah am Gehäuse eines Squale-Klassikers, der 1521. Insbesondere die versetzte Krone ist ein deutliches Komfortplus, da sich diese bei Bewegung nicht in den Handrücken bohren kann.
Im Unterschied zu herkömmlichem Carbon basiert das beim Gehäuse der Squale T-183 zum Einsatz kommende Forged Carbon nicht auf langen, sondern auf kurz geschnittenen und gepressten Kunststofffasern. Der Begriff “forged” (geschmiedet) leitet sich vom Herstellungsprozess ab: Kleine Kohlefaserfragmente werden zusammen mit Epoxidharz in Formen gelegt, dann unter hohem Druck komprimiert und bei hohen Temperaturen „geschmiedet“. Anschließend werden die Carbon-Blöcke mit Hilfe von Werkzeugmaschinen in Form gebracht (z.B. Fräsen).
Da die Kohlenstoffflocken während des Produktionsvorgangs zufällig positioniert sind, entsteht während des Fertigungsprozesses eine charakteristische, marmorartige Struktur, die an eine Camouflage-Optik erinnert und mir persönlich deutlich besser gefällt als die “Zebra”-Optik der ersten T-183 aus 2019/2020.
Kohlenstofffasern werden heute verstärkt in Branchen wie der Automobilindustrie oder der Luftfahrt eingesetzt. Der Airbus A350 XWB beispielsweise besteht zu über 50% aus Kohlefaser-Verbundwerkstoffen. Kein Wunder, denn die Leichtbau-Ersparnisse sind immens: Ein Airbus A320 benötigt 10.000 Liter weniger Kerosin im Jahr, wenn er 100 Kilogramm leichter ist. Forged Carbon im Speziellen geht übrigens auf den Automobilbau zurück: Der Luxuskarossenbauer Lamborghini hat Forged Composites zusammen mit der Callaway Golf Company entwickelt und verwendet es seit 2010, zum Beispiel im Leichtbau-Sportwagen Sesto Elemento, der ein Trockengewicht von nur 999 kg hat.
Die Vorteile von Carbon liegen auf der Hand: Das Material gilt als sehr robust und leicht. Während Edelstahl ca. 8g/cm³ und Titan ca. 4,5 g/cm³ wiegt, kommt Karbon auf ca. 2 g/cm³. Das ist ein beachtlicher Unterschied, der sich im Alltag bei mehreren Stunden Tragezeit definitiv bemerkbar machen kann – theoretisch jedenfalls. Denn das Gewicht der Squale T-183 beträgt tatsächlich 120 Gramm (am Band), was jetzt nicht grade übermäßig leichter ist als andere Taucheruhren (das ist kaum weniger als bei der Seiko Turtle am Kautschukband oder der Rolex Explorer I am Stahl (!)-Band – mehr über das Gewicht von Uhren). Das liegt vor allem am zylindrischen Innencontainer aus 316L-Edelstahl, der die weit überdurchschnittliche Wasserdichtigkeit von 60 bar bzw. 600 Meter gewährleistet. Ein leichterer Titan-Container wäre in dieser Hinsicht die bessere Wahl gewesen, da der Gewichtsvorteil von Carbon bei der Squale T-183 leider ein Stück weit durch den schweren Stahl-Container konterkariert wird.
Das Gehäuse wird von einer Lünette mit kratzfestem Keramik-Inlay abgerundet. Die Keramikoberfläche ist dabei satiniert, was gut zum matten Gesamterscheinungsbild des Carbon-Gehäuses passt. Auffällig ist auch, dass die Lünette vergleichsweise stark hochragt, wodurch sich eine Gesamtgehäusehöhe von 15,5 mm ergibt – im Zusammenhang mit dem Durchmesser von 42 mm wirkt die T-183 leicht “pummelig”, trägt sich aber (vor allem dank der bereits erwähnten, schräg versetzten Krone und auch wegen des humanen Horn-zu-Horn-Maßes von 49 mm), sehr komfortabel.
Das Zifferblatt der T-183 hält Squale-typisch gleich mehrere Logos parat: Zum einen der “Squale”-Schriftzug auf “12 Uhr” mit einer stilisierten Krone, die aus einem “v” geformt ist – eine Remineszenz an das Logo der Squale-Mutterfirma Von Büren, die Squale ab Ende der 50er Jahre als eigenständige Tauchmarke etabliert hat. Auf der anderen Seite befindet sich auf “6 Uhr” ein weiterer “Squale”-Schriftzug, der in den Körper eines gekrümmten, stilisierten Haifisches eingebettet ist – auch dieses Logo ist als Hommage an frühere Squale-Geschäftstätigkeiten entstanden, nämlich die hochspezialisierte Fertigung von Gehäusen für Taucheruhren anderer Hersteller in den 50er, 60er und 70er Jahren, die mit eben diesem Logo versehen wurden (ähnlich wie das Logo der Erwin Piquerez SA (EPSA) auf den Zwei-Kronen-Super-Compressor-Uhren von Longines, Wittnauer, Enicar & Co.). Die Kundenliste für Squale-Gehäuse war damals lang und prominent besetzt, darunter Auricoste, Doxa, Zenith, Grimsel, Sinn, (TAG) Heuer und weitere Firmen, die auf Taucherequipment im Allgemeinen spezialisiert waren wie die französische Firma La Spirotechnique (heute: Aqua Lung International).
Ansonsten ist das Zifferblatt unaufgeregt-klassischer Natur: Zum Einsatz kommen rechteckige, applizierte Indizes auf mattschwarzem Blatt, ein Datumsfenster auf “3 Uhr” und eine gedruckte Minuterie. In Verbindung mit der mattschwarzen Lünette und dem schwarzen Carbongehäuse ergibt sich eine Art “Ninja”-Optik, die durch einen überaus kontrastreichen, orangen Minutenzeiger (im selben Farbton wie der Squale-Hai) durchbrochen wird. Alle Zeiger, Indizes und die zentrale Lünettenmarkierung sind mit weißer Super-LumiNova-Leuchtmasse belegt, die im dunkeln einen bläulichen Farbton annimmt.
Der Squale T-183 Carbon-Diver kommt an einem schön flexiblen Lederband aus italienischer Fertigung. Und da Leder und Wasser naturgemäß nicht allzu dicke Freunde sind, hat Squale das Band mit einer Gummibeschichtung überzogen, um es wasserfest zu machen. Besonders auffällig sind die gewachsten und handbemalten Bandseiten, die farblich passend auf die jeweiligen Modellvarianten abgestimmt sind (Blau bzw. Orange). Im Falle der orangen Variante ist der Farbton ziemlich grell, fast schon neonfarben.
Wer es noch etwas auffälliger mag, der findet aber auch viele passende Aftermarket-Bänder mit 20 mm Bandanstoß. Insbesondere ein oranges FKM-Kautschukband passt ganz hervorragend zur Squale T-183 (FKM hat viele Vorteile wie beispielsweise, dass es keinen Staub anzieht und absolut geruchsneutral ist, siehe auch Test von Everest Bands für Rolex/Tudor). Hier zwei Alternativen zum original Squale-Band:
Die Squale T-183 kommt – wie man es von Squale gewohnt ist – mit einem bodenständigen und robusten Automatikkaliber aus dem Hause Sellita, dem SW200-1 in der besseren Qualitätsstufe Elaboré, das mit einer Ganggenauigkeit von +/-7 Sekunden pro Tag tickt und mit Incabloc-Stoßsicherung kommt (gegenüber +/-12 Sekunden pro Tag und der günstigeren Novodiac-Stoßsicherung bei der “Standard”-Qualität). Gut: Das SW200-1 kommt bei der Squale T-183 mit einer Datumsscheibe in farblich zum Zifferblatt passendem Schwarz. Das Kaliber versteckt sich hinter einem verschraubten Gehäuseboden, der eine ansehnliche Gravur des Squale-Haifischs innerhalb feiner Wellen zeigt:
Fazit zum Squale T-183 Carbon-Diver
Squale zeigt mit der T-183, dass hochwertige Carbon-Uhren kein riesiges Loch in die Uhrenkasse fressen müssen. Tatsächlich sind die Alternativen mit Carbon-Gehäuse von anderen Herstellern im Preisbereich von Squale dünn gesät (genannt seien beispielsweise die Tempest Carbon 2 mit Miyota 9015 für rund 1000 US-Dollar + Einfuhrumsatzsteuer oder verschiedene Gorilla Fastback-Modelle mit Miyota 8215 für unter 1000€).
Mit 1410€ ist die T-183 zwar merkbar teurer als das ansonsten fast baugleiche, 2020 lancierte Vorgänger-Modell (1190€) – das verwundert aber mit Blick auf die allgemeinen Preissteigerungstendenzen nicht (Stichwort: Lieferkettenproblematik, Inflation etc.). Davon mal abgesehen ist der Carbon-Aufpreis gegenüber den “normalen” 1521er Edelstahl-Squales mit rund 400€ nach wie vor in einem akzeptablen Bereich. Zum Vergleich: Der Schweizer Uhrenhersteller Doxa, der genau wie Squale auf Taucheruhren spezialisiert ist, verlangt 1300€ mehr für die Carbon-Variante der SUB 300 (3790€ vs. 2490€).
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Einige Male habe ich an dieser Stelle (zu recht?) gemeckert über zum Teil unmögliche Zeitgeist-Diver voller abtörnender Hässlichkeit oder sogenannten Mikros, die sich aus dem China-Baukasten bedienen und auch nichts Gescheites auf die Reihe kriegen. Wie anders heute, nach der sehr interessanten Lektüre eines wie immer sehr gut und informativ geschriebenen Artikels über einen mir bis dato unbekannten Hersteller mit einer richtig tollen Uhr. Ja, schaut mal, ihr Zeitgeist-Narren, so geht Uhr! Meine Begeisterung geht über das Material des Gehäuses, den Aufbau der Uhr (das Gemecker über das angeblich hohe Gewicht des Stahlkäfigs halte ich für unsinnig, etwas Gewicht darf die Uhr schon noch haben. Mein Wecker wiegt bald 200g!), das pfiffige Armband (wenn der Mario nicht basteln und wechseln kann und diese hässlichen NATO-Straps dazu) und ein sehr gescheites Uhrwerk dazu.
Und das alles zu einem Preis, bei dem ich echt gestaunt habe. Holla die Waldfee, da löhnt man bei anderen Herstellern (Doxa, vom Autor treffend bemerkt) deutlich mehr. Auf der Webseite bin ich auch gewesen, also für mich eine echte Entdeckung. Und wie Mario richtig bemerkt hat, noch ein echter Geheimtip. Das Dumme ist nur: Nach einem solch guten Artikel, der mir richtig lange Zähne gemacht hat, vielleicht nicht mehr lange.
Danke Michael 🙂
Hallo Mario, wunderschöne Uhr, die T-183, gewiss, und vielen Dank für die ausführliche Vorstellung. Aber bei dem Gewicht mit 120g ist Carbon wirklich nur Zierde: Meine Breitling Superocean, immerhin ein 44 mm “Edelstahl-Schwergewicht”- 1000 m wasserdicht – kommt am Kautschukband gerade auf 140 g. Und wie leicht man mit Carbon werden kann, zeigt die Christopher Ward C63 Colchester- nur 150 m, aber Chronometer-Selitta für 1365-€: sie wiegt am kräftigen Textilband nur 63g.
Danke für die Vergleichswerte!
Bei der SQUALE T-183 in “Zebra-Optik” *lach* war auch öfters von Glasfaser zu lesen. Die Uhr soll ähnlich schwer wie die hier vorgestellte “forged Carbon” T-183 sein. Dass diese Uhren einen Edelstahl-Container a la traser P66 besitzen, hatte ich so nicht erwartet. In der Tat macht es wenig Sinn, wenn das leichte “Hightech”-Material nur der Ziede dient. Bei der traser P66 hat der Polymerkäfig, der den Edelstahl-Container umhüllt, zumindest eine Funktion als Shockabsorber. An Deinem 19cm-Arm wirkt die Uhr mit ihren kurzen Lugs etwas klein. Ich denke, die geniale SQUALE 2002 steht Dir weitaus besser und die ist dazu (noch) ein preislicher Geheimtipp. Danke fürs Vorstellen, lieber Mario!
Danke dir auch 🙂