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Rau und trinkfest, immer einen markigen Spruch auf den Lippen, stärker als ein „Saltie“ (Salzwasserkrokodil), aber trotzdem charmant und freundlich. Achja, und natürlich immer mit Buschmesser und Bumerang im Gepäck – so wird der typische Outback-Australier in Crocodile Dundee skizziert. Wie passt ein australischer Hersteller für höherwertigere, mechanische Uhren in dieses Bild? Richtig: Gar nicht. Das liegt aber weniger an Australien als vielmehr an dem völlig Klischee-überfrachteten Film, der kaum einen Stereotyp über Australien unangetastet lässt. 

Dass die Australier nämlich auch Uhren können, beweist die Microbrand Second Hour Watches, die sich erstmalig 2020 ganz klassisch eine Finanzierungsspritze über Kickstarter-Crowdfunding geholt hat – und das mit überaus erfolgreichen bzw. weit überdurchschnittlichen 170.010 AU$ (ca. 110.000€). Und Second Hour ist gekommen, um zu bleiben: Es folgte unter anderem die (noch erfolgreichere) Second Hour Mandala (umgerechnet 150.000€ über Kickstarter), die 2025 bereits in einer dritten Version (Mk3) lanciert wurde – sofort erhältlich, ganz ohne Crowdfunding.

Eckdaten Second Hour Mandala:

Second Hour Watches Mandala Mk3 im Test

Second Hour ist ansässig in der Metropole Melbourne, der Hauptstadt des Bundesstaates Victoria, die mit fast fünf Millionen Einwohnern nach Sydney die zweitgrößte Stadt des australischen Kontinents ist. Second Hour-Kopf Peter Sargison ist branchenfremd, was aber – und da gibt es viele Beispiele im Bereich Microbrands – kein Nachteil sein muss. Peter hat Politikwissenschaften, Geschichte und Soziologie in Melbourne studiert und widmet sich nun seit rund sechs Jahren neben seinem Hauptberuf als Business Analyst auch noch seiner eigenen Uhrenmarke. Der auf den ersten Blick eher ungewöhnliche Markenname greift eben genau diesen Aspekt aus Peters Vita, also seine „zweite Lebensphase“, auf.

Nun gibt es ja unter Uhrennerds immer wieder Diskussionen darum, wie wohlklingend der Markenname einer Uhr sein sollte, um „akzeptabel“ zu sein (vor allem, wenn dieser auch auf dem Zifferblatt verewigt ist) – in dieser Hinsicht hält es Peter aber schlicht: Nur das Second Hour-Logo, ein stilisierter Stern, kommt zum Einsatz auf dem Zifferblatt. Und Sterne sind (sicher nicht zufällig) ein wesentlicher Bestandteil der Australischen Flagge, die (neben dem Union Jack) durch den sogenannten Commonwealth Star und das Sternbild Kreuz des Südens geprägt wird. Auch im Wappen von Victoria findet sich dieses Sternbild wieder.

Wie schon beim Modell Giant Stride setzt Second Hour auch bei der Mandala auf ein besonderes, optisch geniales Zifferblattmuster – und zwar (wie der Name schon sagt) in Form eines Mandalas (das Sanskritwort Mandala bedeutet ursprünglich Kreis), das guillochiert wurde. Gut zu wissen: Die Guillochierung von Zifferblättern geht Überlieferungen zufolge auf einen Franzosen, Monsieur Guillot, und den Deutschen Hans Schwanhardt zurück und bezeichnet das Gravieren von geometrischen, aus feinen Linien bestehenden Figuren in dichtem, immer gleichem Abstand. 

Fun Fact am Rande: Mandala-Malbücher für Erwachsene sind derzeit voll im Trend – die immergleichen Muster sollen entspannend wirken. Dahinter steckt aber viel mehr als irgendwelche Ausmalbücher für verregnete Sonntage: Was wie eine reine Modeerscheinung erscheint, hat bei buddhistischen Mönchen eine lange Tradition, vor allem dienen Mandalas der Meditation. Besonders spannend sind Sandmandalas: Die Mönche benutzen dafür ein sandgefüllte Metallröhrchen. Mit einem zweiten Stab streichen sie über das Metallröhrchen, das eine geriffelte Oberfläche hat. Durch die minimale Erschütterung fallen aus der Tülle des Metallröhrchens ganz kontrolliert die feinen Sandkörnchen. So können die Mönche feinste Striche in das Mandala zeichnen. 

Die Stundenindizes sind obendrein appliziert, und bei der hier gezeigten Variante schwarz lackiert, um die Ablesbarkeit im Zusammenhang mit dem weißen Zentrum zu gewährleisten. Untypisch ist die Hervorhebung des 4-Uhr und des 8-Uhr-Indexes – im Sinne der Symmetrie und im Zusammenspiel mit dem Datumsfenster auf „6 Uhr“ aber eine durchaus willkommene Idee. Die Datumsscheibe ist übrigens lobenswerterweise farblich auf das Blatt abgestimmt – bei allen Varianten.

Für das Zifferblatt steht ein breites Spektrum an Farben zur Auswahl. Vor allem die Farben „Salmon“ (Lachs), „Mint“, aber auch die hier gezeigte „Bull’s Eye Red“ sind eher ungewöhnlich und stechen ins Auge – das gilt auch für die diamantgeschliffenen Stunden- und Minutenzeiger, die an der Spitze mit einer ungewöhnlichen, aber gefälligen, stimmgabelförmigen Spitze kommen.

Änderungen der Mk3 gegenüber der MkII betreffen übrigens noch einen leicht vergrößerten „12 Uhr“-Index, um vor allem bei Dunkelheit eine bessere Ablesbarkeit zu ermöglichen. Auch der „MANDALA“-Schriftzug wurde leicht angepasst. Darüber hinaus kommen Minuten- und Stundenzeiger nunmehr auch noch mit einem plastischen „Mittelknick“, was dem Zeitmesser in bestimmten Lichtverhältnissen zusätzliche Tiefe verleiht.

Ebenfalls wieder mit dabei bei der Mk3 ist auch die Farbe „Silver Blue“, eine Art Eisblau, die ich schon vor ein paar Jahren für euch ablichten konnte (siehe unten Bilder der Silver Blue MkII – man beachte aber, dass die Mk3-Silver Blue beispielsweise keine gelber Sekundenzeigerspitze mehr mitbringt). Die 2023 lancierten Burst-Varianten mit Degradeé-Effekt stehen Stand Mai 2025 leider nicht (mehr) zur Verfügung.

Auf Zeigern und Indizes kommt Super-LumiNova in der Farbe BGW9 zum Einsatz. BGW9 ist bei Tageslicht weiß und bei Dunkelheit hellblau. Die Leuchtkraft liegt bei ca. 95 Prozent im direkten Vergleich zur kräftigsten Farbe C3. Hinsichtlich der Leuchtdauer hat BGW9 allerdings die Nase vor C3.

Miyota 9015 an Bord

Für den Antrieb der Second Hour Mandala Mk3 sorgt das automatische Kaliber Miyota 9015 aus dem japanischen Hause Citizen. Ich plädiere ja schon länger dafür, dass Microbrands auf die Miyota 9000er-Reihe setzen, denn das Kaliber wurde nicht ohne Grund von der Citizen-Gruppe als Alternative zu Schweizer Kalibern wie dem Sellita SW200-1 ins Rennen geschickt. Ich frage mich immer wieder warum viele Microbrands entweder auf das Seiko NH35 oder die deutlich ältere Miyota-Kaliberreihe 8200 setzen, die mit Blick auf die harten Fakten in vielerlei Hinsicht im Nachteil sind.

Das Miyota 9015 bringt jedenfalls alles mit, was man von einem modernen Automatikwerk erwarten darf (28.800 bph, Sekundenstopp etc.) – nur die Ganggenauigkeit reißt mit -10 ~ +30 Sekunden pro Tag, die Miyota ab Werk garantiert, (theoretisch) keine Bäume aus. Praktisch ergeben sich bei meiner Testuhr aber sehr gute Werte, was für eine ordentliche Reglage bzw. Feinregulierung spricht.

Das Miyota 9015 in der Mandala Mk3 kommt darüber hinaus mit einem schick gravierten Rotor, der das Muster des Zifferblattes aufgreift. Die Optik des Werkes ist ansonsten nicht allzu spektakulär und kann nicht so recht mit dem tollen Zifferblatt mithalten. Mit Blick auf die Preisklasse ist die Dekorierung des Werkes aber auf jeden Fall ein schöner Bonus.

Second Hour Watches Mandala MkII Test 28

Einen großen Vorteil hat das Miyota 9015 obendrein: Es ist mit unter vier Millimeter recht flach und leistet daher einen nicht unwesentlichen Beitrag dazu, dass die Mandala Mk3 mit einer Gesamtbauhöhe von 10,5 mm problemlos unter dem Hemdärmel verschwinden kann. Durch die abgekanteten und auf Hochglanz polierten Flanken wirkt das Gehäuse außerdem nochmal etwas graziler. Die Hörner sind darüber hinaus sehr schmal. In Verbindung mit einem eher kompakteren Durchmesser von 40 mm (Horn-zu-Horn 47 mm) ist die Second Hour Mandala Mk3 auch für schmale Herrenhandgelenke geeignet. Zum Vergleich: Mein Handgelenkumfang beträgt rund 19 cm, die Mandala Mk3 wirkt dabei fast einen Tick zu klein (aber das ist natürlich Geschmackssache). Zudem unterstreicht das fein verarbeitete Gehäuse – auch dank der polierten Lünette – die dressige Optik des Zifferblattes.

Edelstahl-Gehäuse, -Band und -Schließe kommen mit einer transparenten Hartbeschichtung. Diese sorgt laut Second Hour bei der Mk3 für eine Vickershärte von 1200 HV – 400 HV mehr als bei der MkII. Zum Vergleich: Unbeschichteter 316L-Edelstahl kommt auf rund 200-240 HV. Solche Hartbeschichtungen sieht man zunehmend bei Microbrands (siehe auch Direnzo DRZ04 oder RZE SuperCompressor) – gut so, denn meiner Erfahrung nach können diese Beschichtungen zwar nicht mit einer Tiefenhärtung mithalten (Kolsterisieren, Tegimentieren; siehe z.B. Circula ProTrail, Circula ProFlight oder Sinn U50), verbessern aber dennoch die „Nehmerqualitäten“ des Edelstahls deutlich und sind überaus nützlich zur Vermeidung feiner Kratzer, die beispielsweise typischerweise beim Desk Diving entstehen – in der Hinsicht ist es auch gut, dass nicht nur die Uhr selbst, sondern auch Band und Schließe hartbeschichtet sind, denn grade diese Komponenten sehen durch Schreibtischkontakt schnell unschick aus.

Mehr: HART im Nehmen? Typische Materialien bei Uhren und ihre Härte nach Vickers

Das Stahlband unterscheidet sich wohltuend vom Bänder-Einheitsbreit, den man häufig bei Microbrands vorfindet, durch überdurchschnittlich gut aufeinander abgestimmte, feine Glieder, die obendrein auch noch verschraubt sind – letzteres ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit in dieser Preisklasse und sogar in höheren Preisklassen (siehe Titoni Seascoper 600). Dadurch ist die Kürzung des Bandes in Eigenregie mit dem von Second Hour mitgelieferten Werkzeug vergleichsweise einfach möglich (selbst für eher ungeschicktere Uhrenfreunde wie mich).

Neu bei der Mk3 ist (lobenswerterweise), dass die Schließe nun mit einer komfortablen, werkzeugfreien Feinjustierung über einen „PUSH“-Drücker auf der Unterseite kommt. Bei der MkII habe ich diese noch schmerzlich vermisst, um die Bandlänge beispielsweise im Sommer bei zunehmendem Handgelenkumfang einfach anpassen zu können. Schön: Das Stahlband lässt sich über Schnellwechselfederstege ratzfatz entfernen und beispielsweise gegen ein NATO Strap tauschen. Mehr Komfort geht nicht.

Fazit zur Second Hour Watches Mandala Mk3

Second Hour hat sich nicht grundlos in wenigen Jahren zu einer festen Größe unter den Microbrands entwickelt: Die stringente und eigenständige Designsprache, die Peter Sargison in seine Modelpalette einbringt, hat einen durchaus beachtlichen Wiedererkennungswert – und das ist grade bei Microbrands essentiell, um sich nachhaltig zu etablieren. Auch qualitativ und haptisch kann es die hier getestete Mandala Mk3 problemlos mit anderen Microbrands in der Preisklasse zwischen 500€ und 1000€ aufnehmen. Insofern kann ich mein Fazit, das ich bereits vor ein paar Jahren bei der MkII gezogen habe, auch hinsichtlich der Mk3 nur wiederholen: Prädikat: Good on ya, mate!

Bezüglich der Preise auf der Seite von Second Hour Watches sei abschließend noch gesagt, dass es sich logischerweise um Australische Dollar handelt und nicht um US-Dollar. Und das ist unter Währungsumrechnungsaspekten überaus vorteilhaft: Die 920 AUD mit derzeit kostenlosem Versand (und damit effektiv nur eine Mini-Preissteigerung gegenüber der MkII von ehemals 900 AUD inkl. Versand nach Deutschland), die Second Hour für die Mandala aufruft, entsprechen derzeit rund 520€. Hinzu kommen noch Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 19% und ein paar Cent Zollgebühren. Macht in der Summe rund 620€ bei Direktbestellung bei Second Hour Watches in Australien oder alternativ 588€ inkl. Steuern bei Bestellung über den offiziellen deutschen Fachhändler Chronofactum – und das ist für das Paket, das Second Hour mit der Mandala schnürt, absolut fair und wettbewerbsfähig im hart umkämpften Microbrand-Markt.

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5 Kommentare
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Michael
2 Jahre zurück

Eine Frage: Wo werden die Uhren produziert ? Bei Chronofactum steht Fernost.

Rolf
2 Jahre zurück

Moin Mario,
bei 650 Euro wird es bei der Direktbestellung in Australien nicht bleiben. Second Hour bringt zusätzlich zum Kaufpreis noch 55 AUD shipping Kosten in Ansatz, in der Summe 900,- AUD = 582,72 Euro. Davon 19% Einfuhrumsatzsteuer sind 110,71, das ergibt eine Kaufpreis von 693,43 Euro.
Positiv ist zu bewerten, dass Second Hour die Frachtkosten angibt und nicht wie Spinnaker oder Avi-8, die nur noch von Hong Kong aus versenden, von Free Shipping spricht. Der Spediteur FedEx addiert dann bei der Verzollung die tatsächlichen Frachtkosten zum Kaufpreis. Das gibt dann eine böse Überraschung.

Harry Bauer
2 Jahre zurück

Ich bin ein großer Fan von Panzera auch ein Microbrand aus Down Under. Tolle Uhren auch immer wieder mal eine Swiss Made dabei. Vielleicht könntest Du auch mal einen Bericht darüber machen.

hayohein@gmx.de
2 Jahre zurück

Wunderschöne Uhr ..werde ich mir vermutlich zu Weinachten schenken . Danke für den Bericht ..und die vielen anderenBerichte/Tests!