Och nee, nicht schon wieder ’ne GMT mag sich der eine oder andere nun denken. Auch ich ertappe mich – mit Blick auf die Flut an GMT-Uhren im rot-blauen Pepsi-Design – in letzter Zeit verstรคrkt dabei, solche Modelle mit einem lauten Gรคhnen zu quittieren. Nachdem ich bei meinem Besuch bei Laco in Pforzheim vor ein paar Monaten das Modell Laco Frankfurt GMT mit ETA 2893-2 Automatikwerk live begutachten konnte, war ich aber direkt hin und weg: Der Traditionshersteller setzt auf eigenstรคndiges Design fernab des Pepsi-GMT-Hypes und bleibt gleichzeitig seinem Fokus auf historische Fliegeruhren treu. Aus diesem Grund wanderte die Frankfurt GMT auch kรผrzlich in meine Uhrensammlung. Was mich genau zum Kauf bewogen hat, verrate ich euch in diesem Artikel…
Eckdaten der Laco Frankfurt GMT:
- 43 mm Durchmesser, Hรถhe 12,5 mm, Horn-Zu-Horn 50 mm
- Schweizer ETA 2893-2 Automatikwerk mit GMT-Komplikation, Qualitรคtsstufe Elaborรฉ (Kaliber Laco 93)
- Wasserdichtigkeit 200 Meter / 20 bar
- Leuchtmasse Superluminova C3
- Massiver, verschraubter Stahlboden mit Flugzeugrelief
- Gehรคuse aus Edelstahl, dunkel titangestrahlt
- thermisch geblรคute Zeiger (Stunde und Minute)
- Schwarzes, wasserabweisendes Lederband und Nylon-Band, Bandanstoร 20 mm
- Aluminium-Box inkl. Bandwechselwerkzeug und Schlรผsselanhรคnger
- Made in Germany
- UVP 1650โฌ
Ein kurzer Abstecher in die (Fliegeruhren-)Geschichte der Laco Uhrenmanufaktur, Pforzheim
Fliegeruhren sind sicherlich die erste Assoziation, die Uhrenfreunden in den Sinn kommt, wenn sie an den 1925 gegrรผndeten Pforzheimer Uhrenhersteller Laco denken – und das nicht ohne Grund: Die von Frieda Lacher und Ludwig Hummel ins Leben gerufene Uhrenmanufaktur Lacher & Co. wurde aufgrund der stark ansteigenden Nachfrage nach Bordinstrumenten und Fliegeruhren gegrรผndet. Das hatte geschichtliche Hintergrรผnde: Nach der Niederlage des Deutschen Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg mussten die Deutschen im Rahmen der Kapitulation den Versailler Vertrag unterschreiben, der diverse deutsche Aktivitรคten, darunter auch die Luftfahrt, stark einschrรคnkte oder gar ganz verbot. Erst viele Jahre spรคter kam die deutsche Luftfahrt wieder in Schwung, wodurch sich natรผrlich auch Geschรคftsmรถglichkeiten erรถffneten.
Die Geschรคftspartner Lacher und Hummel trennten sich allerdings nur sieben Jahre nach der Grรผndung der Lacher & Co.: Frieda Lacher machte sich mit der spezialisierten Frieda Lacher Prรคzisionsteile Fabrik selbststรคndig. Ein paar Jahre spรคter nahm Frieda zusammen mit ihrem Sohn Erich aber einen Kurswechsel vor und nahm die Uhrenproduktion in Angriff – die Firma der Familie Lacher wurde in Erich Lacher Uhrenfabrik umbenannt.
Grรถรere Erfolge feierte allerdings der ehemalige Geschรคftspartner Ludwig Hummel, der – neben der Fortfรผhrung der Uhrenproduktion mit Lacher & Co. bzw. der Laco Uhrenfabrik – auch noch die Deutsche Uhren-Roh-Werke (DuRoWe) grรผndete. Ein taktisch kluger Schachzug: Mit DuRoWe konnte man sich unabhรคngiger von der starken Schweizer Uhrenindustrie machen und gleichzeitig die groรe Nachfrage nach Uhrwerken in der Goldstadt Pforzheim bedienen. DuRoWe hat dabei unter anderem Frieda und Erich Lacher beliefert.
Kein Zufall: Ludwig Hummel wurde im im Zweiten Weltkrieg vom Deutschen Reichsluftfahrtministerium (RLM) per Beschluss verpflichtet Fliegeruhren nach ganz genauen Spezifikationen, die im Dokument Fl. 23883 festgehalten waren, fรผr die Luftwaffe zu fertigen – das war der Startschuss fรผr die berรผhmten Beobachtungsuhren im A-Muster- bzw. B-Muster-Design aus Pforzheimer Fertigung. Das schlichte, aber charakteristische Beobachtungsuhren-Design wird auch heute noch von vielen Herstellern aufgegriffen – historisch gesehen waren es neben Laco aber faktisch nur noch Stowa, IWC, Wempe und Lange & Sรถhne, die diese Uhren produziert haben. รbrigens: Auch das Oberkommando der Kriegsmarine klopfte damals bei Hummel an: Laco musste auch Marineuhren produzieren…
Wer noch etwas tiefer in die Geschichte von Laco eintauchen mรถchte und in der Nรคhe von Pforzheim wohnt, dem empfehle ich einen Besuch des Laco-Showrooms und -Werksverkaufs in Pforzheim…
Laco Frankfurt GMT im Test
Historisch betrachtet sind Fliegeruhren sicherlich die Kernkompetenz von Laco. In dieser Hinsicht passt die Laco Frankfurt GMT-Fliegeruhr natรผrlich hervorragend ins Portfolio der Pforzheimer. Dennoch: Man kann natรผrlich auf die Idee kommen, dass Laco mit dem neuen Modell Frankfurt GMT nur die Erfolgswelle von GMT-Uhren reiten will, die mit der Rolex GMT und der Tudor GMT „Pepsi“ im Jahre 2018 so richtig ins rollen kam. *Klugscheiรmodus an* Der Betriebswirt spricht hier auch von „Me Too“-Strategie *Klugscheiรmodus aus*. Solch eine Strategie ist an sich nichts Verwerfliches, allerdings bringen viele Hersteller oftmals nur Design-Nachahmungen auf die Reihe, die die Gรคhnmuskeln strapazieren. Ok ok, auch die Laco GMT Frankfurt erfindet das GMT-Rad natรผrlich nicht komplett neu. Das Modell hat aber viele eigenstรคndige und liebevolle Design-Elemente an Bord, die perfekt harmonieren und die Fliegeruhr gleichzeitig auf erfrischende Weise vom allgegenwรคrtigen 08/15-Pepsi-Design abheben.
Ein besonderes Merkmal der Laco Frankfurt GMT ist das Gehรคuse: In Anbetracht des matt-grauen Farbtons denkt man schnell an Titan als Gehรคusematerial. Tatsรคchlich handelt es sich aber um Edelstahl, welches durch Titanstrahlen durchgรคngig verdunkelt und satiniert wurde. Dieses Finish passt perfekt zum „tooligen“ bzw. funktionalen Charakter der Uhr. Bemerkenswert: Das Gehรคuse der Frankfurt GMT kommt mit einer Wasserdichtigkeit von satten 200 Meter bzw. 20 bar – das Modell darf somit auch bedenkenlos bei Tauchgรคngen am Arm bleiben. Eine verkappte Taucheruhr im Flieger-Design quasi ๐ Zum Vergleich: Die Rolex GMT Master kommt mit einer Wasserdichtigkeit von 100 Meter bzw. 10 bar.
Besonders gut harmoniert das graue Gehรคuse mit der Laco Frankfurt GMT in der Zifferblatt-Variante Grau (eine schwarze Variante ist ebenfalls erhรคltlich). In seiner Schlichtheit erinnert das Zifferblatt ein wenig an die historischen A-Muster Beobachtungsuhren. Sรคmtliche Ziffern und Indizes der Frankfurt GMT sind – ganz im Sinne einer Toolwatch – gedruckt. Die Drucke bzw. die aufgebrachte Superluminova Leuchtmasse wirken sehr hochwertig und perfekt umgesetzt. Auch bei Nahaufnahmen leistet sich die Laco GMT-Fliegeruhr keinerlei Schwรคchen.
Selbiges gilt fรผr die tollen Zeiger der Frankfurt GMT. Stunden- und Minutenzeiger sind thermisch geblรคut und zeigen je nach Lichteinfall unterschiedliche Facetten. Man beachte auch auch das kleine, stilisierte Flugzeug am Ende des Sekundenzeigers – toll!
Seitlich am – haptisch sehr massiv wirkenden – Gehรคuse befinden sich zwei verschraubte Kronen, die jeweils in einen Kronenschutz eingelassen sind: Eine Krone fungiert zum Einstellen der Zeiger bzw. der lokalen und der Heimat-Uhrzeit, die andere zum Einstellen der innenliegenden Lรผnette.
Konkret nutzt man die GMT-Funktion wie folgt: Der „normale“ Stundenzeiger der Laco Frankfurt GMT dreht – wie man es von analogen Armbanduhren gewohnt ist – zwei Runden pro Tag (nach Adam Riese macht das eine Runde alle 12 Stunden). Diesen stellt man in der Regel auf die lokale Uhrzeit ein – zum Beispiel beim Urlaub in Australien auf die dortige Uhrzeit, sobald man die Fรผรe auf australischen Boden setzt.
Der GMT-Zeiger wiederum lรคuft halb so schnell wie der „normale“ Stundenzeiger, sprich: Er dreht nur eine Runde alle 24 Stunden. Der GMT-Zeiger ist farblich markiert (orange Spitze), damit er auf Anhieb vom „normalen“ Stundenzeiger unterschieden werden kann. Bezugspunkt (Index) fรผr den GMT-Zeiger ist – wie sollte es auch anders sein – die innenliegende 24-Stunden-Lรผnette, die sich รผber die obere Krone dank Kugellagerung butterweich einstellen lรคsst. GMT-Zeiger und -Lรผnette werden in der Regel genutzt, um die Uhrzeit in der Heimat, das heiรt eine zweite Zeitzone, einzustellen.
Die innenliegende Lรผnette ist dezent zweifarbig (schwarz-grau) gehalten – und das aus einem simplen Grund: Als Anwender soll man auf einen Blick sehen kรถnnen, ob in der Heimat grade Tag oder Nacht ist (das Wachklingeln der Ehefrau gibt nรคmlich in den seltensten Fรคllen Pluspunkte).
Der Motor der Laco Frankfurt GMT ist รผbrigens bewรคhrte und robuste ETA Automatik-Ware, konkret das ETA 2893-2 in der Qualitรคtsstufe Elaborรฉ. Gut fรผr Ganggenauigkeitsfreunde: Laco bietet mittlerweile bei der Frankfurt GMT auch die hรถher Qualitรคtsstufe Top gegen Aufpreis an (130โฌ).
Mit einer Gangabweichung von +4 Sekunden pro Tag lรคuft das Elaborรฉ-Werk in meiner Frankfurt GMT in einem sehr guten Bereich. Alles andere hรคtte mich auch gewundert: Nach der Montage wird jede einzelne Laco-Uhr feinreguliert, sodass sie im Mittel mit 0 bis +10 Sekunden pro Tag lรคuft. Hierzu wird die Gangabweichung in mehreren Lagen (zum Beispiel auf der Seite liegend) mehrere Tage geprรผft. Ist die Gangabweichung zu groร, justiert einer der hauseigenen Uhrmacher nach.
Normalerweise bin ich ein ziemlicher Fan von Glasbรถden, um den mechanischen Werken bei der Arbeit zuzuschauen. Bei der Laco Frankfurt GMT lege ich diese Vorliebe aber mit Vergnรผgen ab: Das sehr tiefe Flugzeugrelief auf dem verschraubten Gehรคuseboden ist – wie auch schon bei der Laco Atlantik – einfach der Wahnsinn. Bitte mehr davon, Laco!
Auch beim Lieferumfang lรคsst sich Laco nicht Lumpen: Eingebettet in einer hochwertigen Aluminium-Box (passenderweise im Stile eines Koffers) findet sich die Uhr nebst Wechsel-Band, Werkzeug und „Remove before Flight“-Schlรผsselanhรคnger. Leider ist die Schaumstoff-Verkleidung der Box verklebt und somit nicht so leicht rรผckstandsfrei entfernbar. Dabei wรผrde sich die Box eigentlich hervorragend zum Lagern von Bรคndern eignen – schade!
Apropos Bรคnder: Das standardmรครig montierte, sehr weiche Lederband mit feinwabiger Oberflรคche gefรคllt mir persรถnlich zwar am besten, das graue Nylonband mit orangem Zierstreifen passt aber natรผrlich farblich ebenfalls perfekt zur Laco Frankfurt GMT. Wasserscheu sind beide Bรคnder keineswegs: Das Nylonband ist genau wie das Lederband (dank Spezialbeschichtung) wasserabweisend.
Wer sich noch unsicher wegen der Uhrengrรถรe (Durchmesser 43 mm) ist, den kann ich beruhigen: Die Laco Frankfurt GMT trรคgt sich etwas kleiner und รคuรerst angenehm. Zum Vergleich: Mein Handgelenkumfang betrรคgt in etwa 19 cm.
Fazit zur Laco Frankfurt GMT: Bon Voyage!
Statt sich im vermeintlich sicheren Hafen des ubiquitรคren Pepsi-GMT-Designs zu bewegen und รผberhastet ein entsprechendes Modell herauszubringen (wie so manch anderer Hersteller, der etwas vom GMT-Kuchen abhaben wollte), hat sich Laco vergleichsweise viel Zeit gelassen. Und das Warten hat sich mehr als gelohnt! Der Pforzheimer Traditionshersteller hat die Zeit genutzt, um eine exzellent verarbeitete GMT-Fliegeruhr mit vielen eigenstรคndigen, durchdachten, perfekt harmonierenden und liebevollen Design-Elementen zu lancieren – was will ein Uhrenfreund mehr?
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Hallo, Mario,
irgendwie ist ein Teil des Textes im Datennirwana verschwunden: „Apropos Bรคnder: … Textilbรคnder dรผ“ und dann?
Du erwรคhnst auch den mitgelieferten Schlรผsselanhรคnger; der hat die Aufschrift: „Remove before Flight“. Seit ich letztes Jahr bei meinem Lacobesuch einen solchen geschenkt bekam, frage ich mich, WAS ich „before flight“ „removen“ soll? Hast du eine Idee?
Alf
Danke dir, ist nun korrigiert ๐
Hiho,
Die „Remove before Flight“ Fahnen kommen in der Regel bei lรคnger abgestellten Flugzeugen zum Einsatz, um dank der angebrachten Verschlussstopfen zu verhindern, dass sensible Teile oder รffnungen am Flugzeug verschmutzen oder verstopfen.
LG
Mario
Hallo Mario,
mit rotierender Lรผnette UND separat einstellbarem GMT-Zeiger kann man natรผrlich 3 Zeitzonen haben, aber dazu mรผsste sinnvollerweise auch innen eine feste 24 Stundenskala aufgebracht sein.
Sonst muss man halt rechnen. Aber wenn man rechnet, kann man auch eine 3-Zeigeruhr nehmen. Die kann alle Zeitzonen bloss nicht eben anzeigen.
Oder habe ich das was รผbersehen?