• Beitrags-Kategorie:Tests
  • Beitrags-Kommentare:4 Kommentare
  • Beitrags-Autor:
  • Lesedauer:28 min Lesezeit

Och nee, nicht schon wieder ‘ne GMT mag sich der eine oder andere nun denken. Auch ich ertappe mich – mit Blick auf die Flut an GMT-Uhren im rot-blauen Pepsi-Design – in letzter Zeit verstĂ€rkt dabei, solche Modelle mit einem lauten GĂ€hnen zu quittieren. Nachdem ich bei meinem Besuch bei Laco in Pforzheim vor ein paar Monaten das Modell Laco Frankfurt GMT mit ETA 2893-2 Automatikwerk live begutachten konnte, war ich aber direkt hin und weg: Der Traditionshersteller setzt auf eigenstĂ€ndiges Design fernab des Pepsi-GMT-Hypes und bleibt gleichzeitig seinem Fokus auf historische Fliegeruhren treu. Aus diesem Grund wanderte die Frankfurt GMT auch kĂŒrzlich in meine Uhrensammlung. Was mich genau zum Kauf bewogen hat, verrate ich euch in diesem Artikel…

Eckdaten der Laco Frankfurt GMT:

  • 43 mm Durchmesser, Höhe 12,5 mm, Horn-Zu-Horn 50 mm
  • Schweizer ETA 2893-2 Automatikwerk mit GMT-Komplikation, QualitĂ€tsstufe ElaborĂ© (Kaliber Laco 93)
  • Wasserdichtigkeit 200 Meter / 20 bar
  • Leuchtmasse Superluminova C3
  • Massiver, verschraubter Stahlboden mit Flugzeugrelief
  • GehĂ€use aus Edelstahl, dunkel titangestrahlt
  • thermisch geblĂ€ute Zeiger (Stunde und Minute)
  • Schwarzes, wasserabweisendes Lederband und Nylon-Band, Bandanstoß 20 mm
  • Aluminium-Box inkl. Bandwechselwerkzeug und SchlĂŒsselanhĂ€nger
  • Made in Germany
  • UVP 1650€

Ein kurzer Abstecher in die (Fliegeruhren-)Geschichte der Laco Uhrenmanufaktur, Pforzheim

Fliegeruhren sind sicherlich die erste Assoziation, die Uhrenfreunden in den Sinn kommt, wenn sie an den 1925 gegrĂŒndeten Pforzheimer Uhrenhersteller Laco denken – und das nicht ohne Grund: Die von Frieda Lacher und Ludwig Hummel ins Leben gerufene Uhrenmanufaktur Lacher & Co. wurde aufgrund der stark ansteigenden Nachfrage nach Bordinstrumenten und Fliegeruhren gegrĂŒndet. Das hatte geschichtliche HintergrĂŒnde: Nach der Niederlage des Deutschen Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg mussten die Deutschen im Rahmen der Kapitulation den Versailler Vertrag unterschreiben, der diverse deutsche AktivitĂ€ten, darunter auch die Luftfahrt, stark einschrĂ€nkte oder gar ganz verbot. Erst viele Jahre spĂ€ter kam die deutsche Luftfahrt wieder in Schwung, wodurch sich natĂŒrlich auch GeschĂ€ftsmöglichkeiten eröffneten.

Die GeschĂ€ftspartner Lacher und Hummel trennten sich allerdings nur sieben Jahre nach der GrĂŒndung der Lacher & Co.: Frieda Lacher machte sich mit der spezialisierten Frieda Lacher PrĂ€zisionsteile Fabrik selbststĂ€ndig. Ein paar Jahre spĂ€ter nahm Frieda zusammen mit ihrem Sohn Erich aber einen Kurswechsel vor und nahm die Uhrenproduktion in Angriff – die Firma der Familie Lacher wurde in Erich Lacher Uhrenfabrik umbenannt.

GrĂ¶ĂŸere Erfolge feierte allerdings der ehemalige GeschĂ€ftspartner Ludwig Hummel, der – neben der FortfĂŒhrung der Uhrenproduktion mit Lacher & Co. bzw. der Laco Uhrenfabrik – auch noch die Deutsche Uhren-Roh-Werke (DuRoWe) grĂŒndete. Ein taktisch kluger Schachzug: Mit DuRoWe konnte man sich unabhĂ€ngiger von der starken Schweizer Uhrenindustrie machen und gleichzeitig die große Nachfrage nach Uhrwerken in der Goldstadt Pforzheim bedienen. DuRoWe hat dabei unter anderem Frieda und Erich Lacher beliefert.

Kein Zufall: Ludwig Hummel wurde im im Zweiten Weltkrieg vom Deutschen Reichsluftfahrtministerium (RLM) per Beschluss verpflichtet Fliegeruhren nach ganz genauen Spezifikationen, die im Dokument Fl. 23883 festgehalten waren, fĂŒr die Luftwaffe zu fertigen – das war der Startschuss fĂŒr die berĂŒhmten Beobachtungsuhren im A-Muster- bzw. B-Muster-Design aus Pforzheimer Fertigung. Das schlichte, aber charakteristische Beobachtungsuhren-Design wird auch heute noch von vielen Herstellern aufgegriffen – historisch gesehen waren es neben Laco aber faktisch nur noch Stowa, IWC, Wempe und Lange & Söhne, die diese Uhren produziert haben. Übrigens: Auch das Oberkommando der Kriegsmarine klopfte damals bei Hummel an: Laco musste auch Marineuhren produzieren…

Wer noch etwas tiefer in die Geschichte von Laco eintauchen möchte und in der NÀhe von Pforzheim wohnt, dem empfehle ich einen Besuch des Laco-Showrooms und -Werksverkaufs in Pforzheim

Laco Frankfurt GMT im Test

Historisch betrachtet sind Fliegeruhren sicherlich die Kernkompetenz von Laco. In dieser Hinsicht passt die Laco Frankfurt GMT-Fliegeruhr natĂŒrlich hervorragend ins Portfolio der Pforzheimer. Dennoch: Man kann natĂŒrlich auf die Idee kommen, dass Laco mit dem neuen Modell Frankfurt GMT nur die Erfolgswelle von GMT-Uhren reiten will, die mit der Rolex GMT und der Tudor GMT “Pepsi” im Jahre 2018 so richtig ins rollen kam. *Klugscheißmodus an* Der Betriebswirt spricht hier auch von “Me Too”-Strategie *Klugscheißmodus aus*. Solch eine Strategie ist an sich nichts Verwerfliches, allerdings bringen viele Hersteller oftmals nur Design-Nachahmungen auf die Reihe, die die GĂ€hnmuskeln strapazieren. Ok ok, auch die Laco GMT Frankfurt erfindet das GMT-Rad natĂŒrlich nicht komplett neu. Das Modell hat aber viele eigenstĂ€ndige und liebevolle Design-Elemente an Bord, die perfekt harmonieren und die Fliegeruhr gleichzeitig auf erfrischende Weise vom allgegenwĂ€rtigen 08/15-Pepsi-Design abheben.

Ein besonderes Merkmal der Laco Frankfurt GMT ist das GehĂ€use: In Anbetracht des matt-grauen Farbtons denkt man schnell an Titan als GehĂ€usematerial. TatsĂ€chlich handelt es sich aber um Edelstahl, welches durch Titanstrahlen durchgĂ€ngig verdunkelt und satiniert wurde. Dieses Finish passt perfekt zum “tooligen” bzw. funktionalen Charakter der Uhr. Bemerkenswert: Das GehĂ€use der Frankfurt GMT kommt mit einer Wasserdichtigkeit von satten 200 Meter bzw. 20 bar – das Modell darf somit auch bedenkenlos bei TauchgĂ€ngen am Arm bleiben. Eine verkappte Taucheruhr im Flieger-Design quasi 😉 Zum Vergleich: Die Rolex GMT Master kommt mit einer Wasserdichtigkeit von 100 Meter bzw. 10 bar.

Besonders gut harmoniert das graue GehĂ€use mit der Laco Frankfurt GMT in der Zifferblatt-Variante Grau (eine schwarze Variante ist ebenfalls erhĂ€ltlich). In seiner Schlichtheit erinnert das Zifferblatt ein wenig an die historischen A-Muster Beobachtungsuhren. SĂ€mtliche Ziffern und Indizes der Frankfurt GMT sind – ganz im Sinne einer Toolwatch – gedruckt. Die Drucke bzw. die aufgebrachte Superluminova Leuchtmasse wirken sehr hochwertig und perfekt umgesetzt. Auch bei Nahaufnahmen leistet sich die Laco GMT-Fliegeruhr keinerlei SchwĂ€chen.

Selbiges gilt fĂŒr die tollen Zeiger der Frankfurt GMT. Stunden- und Minutenzeiger sind thermisch geblĂ€ut und zeigen je nach Lichteinfall unterschiedliche Facetten. Man beachte auch auch das kleine, stilisierte Flugzeug am Ende des Sekundenzeigers – toll!

Seitlich am – haptisch sehr massiv wirkenden – GehĂ€use befinden sich zwei verschraubte Kronen, die jeweils in einen Kronenschutz eingelassen sind: Eine Krone fungiert zum Einstellen der Zeiger bzw. der lokalen und der Heimat-Uhrzeit, die andere zum Einstellen der innenliegenden LĂŒnette.

Konkret nutzt man die GMT-Funktion wie folgt: Der “normale” Stundenzeiger der Laco Frankfurt GMT dreht – wie man es von analogen Armbanduhren gewohnt ist – zwei Runden pro Tag (nach Adam Riese macht das eine Runde alle 12 Stunden). Diesen stellt man in der Regel auf die lokale Uhrzeit ein – zum Beispiel beim Urlaub in Australien auf die dortige Uhrzeit, sobald man die FĂŒĂŸe auf australischen Boden setzt.

Der GMT-Zeiger wiederum lĂ€uft halb so schnell wie der “normale” Stundenzeiger, sprich: Er dreht nur eine Runde alle 24 Stunden. Der GMT-Zeiger ist farblich markiert (orange Spitze), damit er auf Anhieb vom “normalen” Stundenzeiger unterschieden werden kann. Bezugspunkt (Index) fĂŒr den GMT-Zeiger ist – wie sollte es auch anders sein – die innenliegende 24-Stunden-LĂŒnette, die sich ĂŒber die obere Krone dank Kugellagerung butterweich einstellen lĂ€sst. GMT-Zeiger und -LĂŒnette werden in der Regel genutzt, um die Uhrzeit in der Heimat, das heißt eine zweite Zeitzone, einzustellen.

Markant und perfekt ausgerichtet: Der GMT-Zeiger mit oranger Spitze

Die innenliegende LĂŒnette ist dezent zweifarbig (schwarz-grau) gehalten – und das aus einem simplen Grund: Als Anwender soll man auf einen Blick sehen können, ob in der Heimat grade Tag oder Nacht ist (das Wachklingeln der Ehefrau gibt nĂ€mlich in den seltensten FĂ€llen Pluspunkte).

Der Motor der Laco Frankfurt GMT ist ĂŒbrigens bewĂ€hrte und robuste ETA Automatik-Ware, konkret das ETA 2893-2 in der QualitĂ€tsstufe ElaborĂ©. Gut fĂŒr Ganggenauigkeitsfreunde: Laco bietet mittlerweile bei der Frankfurt GMT auch die höher QualitĂ€tsstufe Top gegen Aufpreis an (130€).

Mit einer Gangabweichung von +4 Sekunden pro Tag lĂ€uft das ElaborĂ©-Werk in meiner Frankfurt GMT in einem sehr guten Bereich. Alles andere hĂ€tte mich auch gewundert: Nach der Montage wird jede einzelne Laco-Uhr feinreguliert, sodass sie im Mittel mit 0 bis +10 Sekunden pro Tag lĂ€uft. Hierzu wird die Gangabweichung in mehreren Lagen (zum Beispiel auf der Seite liegend) mehrere Tage geprĂŒft. Ist die Gangabweichung zu groß, justiert einer der hauseigenen Uhrmacher nach.

Normalerweise bin ich ein ziemlicher Fan von Glasböden, um den mechanischen Werken bei der Arbeit zuzuschauen. Bei der Laco Frankfurt GMT lege ich diese Vorliebe aber mit VergnĂŒgen ab: Das sehr tiefe Flugzeugrelief auf dem verschraubten GehĂ€useboden ist – wie auch schon bei der Laco Atlantik – einfach der Wahnsinn. Bitte mehr davon, Laco!

Auch beim Lieferumfang lĂ€sst sich Laco nicht Lumpen: Eingebettet in einer hochwertigen Aluminium-Box (passenderweise im Stile eines Koffers) findet sich die Uhr nebst Wechsel-Band, Werkzeug und “Remove before Flight”-SchlĂŒsselanhĂ€nger. Leider ist die Schaumstoff-Verkleidung der Box verklebt und somit nicht so leicht rĂŒckstandsfrei entfernbar. Dabei wĂŒrde sich die Box eigentlich hervorragend zum Lagern von BĂ€ndern eignen – schade!

Apropos BĂ€nder: Das standardmĂ€ĂŸig montierte, sehr weiche Lederband mit feinwabiger OberflĂ€che gefĂ€llt mir persönlich zwar am besten, das graue Nylonband mit orangem Zierstreifen passt aber natĂŒrlich farblich ebenfalls perfekt zur Laco Frankfurt GMT. Wasserscheu sind beide BĂ€nder keineswegs: Das Nylonband ist genau wie das Lederband (dank Spezialbeschichtung) wasserabweisend.

Wer sich noch unsicher wegen der UhrengrĂ¶ĂŸe (Durchmesser 43 mm) ist, den kann ich beruhigen: Die Laco Frankfurt GMT trĂ€gt sich etwas kleiner und Ă€ußerst angenehm. Zum Vergleich: Mein Handgelenkumfang betrĂ€gt in etwa 19 cm.

Fazit zur Laco Frankfurt GMT: Bon Voyage!

Statt sich im vermeintlich sicheren Hafen des ubiquitĂ€ren Pepsi-GMT-Designs zu bewegen und ĂŒberhastet ein entsprechendes Modell herauszubringen (wie so manch anderer Hersteller, der etwas vom GMT-Kuchen abhaben wollte), hat sich Laco vergleichsweise viel Zeit gelassen. Und das Warten hat sich mehr als gelohnt! Der Pforzheimer Traditionshersteller hat die Zeit genutzt, um eine exzellent verarbeitete GMT-Fliegeruhr mit vielen eigenstĂ€ndigen, durchdachten, perfekt harmonierenden und liebevollen Design-Elementen zu lancieren – was will ein Uhrenfreund mehr?

Okay, zugegeben: Der eine oder andere wird mit Blick auf den Preis wahrscheinlich erst mal schlucken. Ein UVP von 1650€ ist schon eine Ansage fĂŒr einen vergleichsweise kleinen Uhrenhersteller wie Laco – und Rabatte sind in aller Regel auch nicht drin, da die Pforzheimer den Graumarkt absolut im Griff haben. Preiskritischen Stimmen kann ich aber kurz und knackig begegnen: Glaubt mir, die Uhr ist’s mehr als wert.

Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, freue ich mich ĂŒber ein Like bei Facebook, Instagram oder

Auch ĂŒber Kommentare freue ich mich immer sehr (Kommentare werden in der Regel innerhalb kurzer Zeit geprĂŒft und freigeschaltet). Vielen Dank!

Abonnieren
Benachrichtige mich bei...
4 Kommentare
Neueste Kommentare
Älteste Kommentare Kommentare mit den meisten Votings
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Alf
26. Dezember 2019 15:35

Hallo, Mario,

irgendwie ist ein Teil des Textes im Datennirwana verschwunden: “Apropos BĂ€nder: … TextilbĂ€nder dĂŒ” und dann?
Du erwĂ€hnst auch den mitgelieferten SchlĂŒsselanhĂ€nger; der hat die Aufschrift: “Remove before Flight”. Seit ich letztes Jahr bei meinem Lacobesuch einen solchen geschenkt bekam, frage ich mich, WAS ich “before flight” “removen” soll? Hast du eine Idee?

Alf

Dlanor Lepov
20. Dezember 2019 22:36

Hallo Mario,
mit rotierender LĂŒnette UND separat einstellbarem GMT-Zeiger kann man natĂŒrlich 3 Zeitzonen haben, aber dazu mĂŒsste sinnvollerweise auch innen eine feste 24 Stundenskala aufgebracht sein.
Sonst muss man halt rechnen. Aber wenn man rechnet, kann man auch eine 3-Zeigeruhr nehmen. Die kann alle Zeitzonen bloss nicht eben anzeigen.
Oder habe ich das was ĂŒbersehen?