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Das dreckige Dutzend (engl. Dirty Dozen) ist ein US-amerikanischer Kriegsfilm aus dem Jahre 1967 รผber ein fiktives Spezialkommando, bestehend aus zwรถlf Strafgefangenen, wรคhrend des Zweiten Weltkriegs. Unter Uhren-Freunden ist Dirty Dozen gleichzeitig auch die Bezeichnung fรผr eine Gruppe von Field Watches von zwรถlf unterschiedlichen Uhren-Herstellern – der durchaus populรคre Kriegsfilm hat sicherlich seinen Teil zur Findung dieses Spitznamens beigetragen, die zwรถlf besagten Uhren-Modelle wurden aber nicht etwa im Film, sondern von echten britischen Soldaten getragen, die im Zweiten Weltkrieg gekรคmpft haben. Doch was steckt hinter den Dirty Dozen-Uhren und wie gut ist die Vario 1945 D12, die sich im Designdunstkreis eben jener bewegt? Schauen wir’s uns an.

Vario 1945 Dirty Dozen Field Watch 4
Vario 1945 Dirty Dozen Field Watch 1

Eckdaten Vario 1945 D12:

Vario 1945 D12: Hintergrรผnde zur Dirty Dozen Watch

Zu dem Zeitpunkt als GroรŸbritannien 1939 Deutschland vor dem Hintergrund der Invasion Polens den Krieg erklรคrte, konnten kaum britische Uhrenfirmen mit den Produktionskapazitรคten der Schweiz mithalten. Und die wenigen verbliebenen, die noch im Bereich Uhren tรคtig waren, wurden von der Regierung in die Pflicht genommen, sich auf die Produktion von Komponenten fรผr insbesondere Luftwaffe und Marine zu konzentrieren.

Wegen der eingeschrรคnkten Produktionskapazitรคten orderte das britische Verteidigungsministerium daher die benรถtigten 150.000 Uhren bei einem Dutzend Hersteller – namentlich:

  • Buren,
  • Cyma,
  • Eterna,
  • Grana,
  • Jaeger Le-Coultre,
  • Lemania,
  • Longines,
  • IWC,
  • Omega,
  • Record,
  • Timor und
  • Vertex.

Die meisten Uhren kamen von Cyma, Omega und Record und nur sehr wenige beispielsweise von Grana (entsprechend schwierig sind diese Grana-Uhren teilweise auch auf dem Vintage-Markt zu bekommen).

Gerรผchten zu Folge gab es noch einen dreizehnten Uhrenhersteller aus der Schweiz, der mit der Belieferung beauftragt wurde: Enicar. Als die Briten aber rausgefunden haben, dass Enicar auch die deutsche Wehrmacht belieferte, wurde dieser kurzerhand ausgelistet.

Das britische Verteidigungsministerium stellte einige Anforderungen an die Field Watches fรผr ihre im Zweiten Weltkrieg kรคmpfenden Infanterie-Soldaten und sonstigen Bodentruppen (Gebirgs-, Fallschirm-, Panzerjรคger, Panzergrenadiere etc.), damit diese den rauen Soldatenalltag รผberstehen und optimal ablesbar sind:

  • Schwarzes Zifferblatt mit arabischen Ziffern, kleiner Sekunde und Eisenbahnminuterie
  • Leuchtende Stunden- und Minutenzeiger und Stundenindizes
  • Mechanisches Kaliber mit 15 Steinen, regulierbar auf Chronometer-Genauigkeit
  • Bruchsicheres Acryl-Glas
  • Gehรคuse wasserdicht und stoรŸsicher

Man beachte: Aufgrund der extremen Bedingungen, denen die Dirty Dozen-Uhren ausgesetzt waren, wurden viele von ihnen irgendwann im Laufe ihres Lebens repariert und sind entsprechend nicht mehr im Originalzustand. Das treibt die Preise fรผr die unter Sammlern ohnehin sehr begehrten Modelle.

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Bild: Amsterdam Watch Company

Dirty Dozen-Interpretation von Vario

Das Modell 1945 D12 der in Singapur ansรคssigen Marke Vario bewegt sich optisch recht nah an den damaligen Dirty Dozen-Field Watches, ist also vorrangig erst mal voll auf perfekte Ablesbarkeit gebรผrstet. Logisch: Unter den ruppigen Bedingungen, unter denen Infanterie-Soldaten tรคtig sind und waren, muss eine Uhr, als Grundlage fรผr zeitlich koordinierte Aktioneneinfach bzw. schnell ablesbar sein. Eine Field Watch wie die Dirty Dozen ist quasi der Stereotyp einer Uhr, die auf pure Funktionalitรคt getrimmt ist.

Charakteristischste optische Merkmale sind die Eisenbahnminuterie, also eine รคuรŸere Minuteneinteilung, die an Eisenbahnschienen erinnert, rundum laufende Stundenziffern und natรผrlich die kleine, dezentrale Sekunde.

Vario 1945 Dirty Dozen Field Watch 3

Gleichzeitig ist die 1945 D12 aber keine 1:1-Hommage, denn Vario bringt auch ein paar eigene Ideen ein: Das Original kam damals mit dem sogenannten Broad Arrow unterhalb des jeweiligen Hersteller-Logos, einem Symbol, welches ab dem 16. Jahrhundert vom Britischen Board of Ordnance, der Behรถrde, die fรผr Waffen und Ausrรผstung der Royal Army und Royal Navy zustรคndig war, genutzt wurde, um Staats-Eigentum zu markieren.

Eine pfiffige Idee von Vario ist, dass der Broad Arrow der Designvorlage in abgewandelter Form auf die zentrale „12 Uhr“-Position gerรผckt ist. Des Weiteren hat sich Vario fรผr ein rau strukturiertes Zifferblatt entschieden, welches die Uhr etwas lebendiger und plastischer wirken lรคsst. Das Vario-Schriftlogo ist dabei dezent vertieft untergebracht. Man beachte auf den Nahaufnahmen auch die exzellente Detailqualitรคt: Ich habe schon wesentlich teurere Uhren vor der Linse gehabt, die auf Makroaufnahmen merkbar – sagen wir mal – weniger perfekt aussahen. Toll!

Vario 1945 Dirty Dozen Field Watch 2

Naheliegende ร„nderungen betreffen natรผrlich auch die Leuchtmasse: In den 1960er Jahren wurden die Zifferblรคtter der Dirty Dozen-Uhren, die Radium und Promethium enthielten, durch nicht-radioaktive Zifferblรคtter ersetzt. Auch bei heutigen Neuauflagen wie der Vario 1945 D12 kommt natรผrlich kein Radium mehr zum Einsatz, denn wie eine Studie belegt, kann die Radioaktivitรคt von Leuchtmasse insbesondere in selten belรผfteten Rรคumen gesundheitsgefรคhrdend sein. Stattdessen setzt Vario auf gรคngige Super-LumiNova in der am stรคrksten leuchtenden Farbe C3 (Indizes) bzw. BGW9 (Ziffern).

Vario 1945 Dirty Dozen Field Watch 12
Vario 1945 Dirty Dozen Field Watch 5

Ein weiterer wesentlicher, augenscheinlicher Unterschied ist, dass das Gehรคuse der Vario 1945 D12 mit einer versetzten Krone kommt. Wie auch schon bei der Vario 1918 Trench Watch (Schรผtzengrabenuhr; Ersten Weltkrieg) sorgt das dafรผr, dass der Tragekomfort weiter verbessert wird, da sich die Krone beim Bewegen des Handgelenkes nicht in den Handrรผcken bohren kann.

Die zwรถlf oben genannten Hersteller des Originals hatten bei der Umsetzung der Anforderungen ziemlich hohe Freiheitsgrade, was eher ungewรถhnlich fรผr Militรคruhren ist. So unterscheiden sich u.a. die Durchmesser recht stark: Die damalige Dirty Dozen-Field Watch von IWC beispielsweise kam mit 35mm Durchmesser, die von Longines hatte 38mm. Das Edelstahl-Gehรคuse der Vario 1945 D12 ist – ganz im Geiste der damaligen Dirty Dozen-Field Watches – mit einem Durchmesser von 37mm (Horn-zu-Horn 45mm) eher kleiner dimensioniert. Mit einer Hรถhe von 10mm ist das Gehรคuse gleichzeitig auch flach genug, damit das Modell nicht zu pummelig am Arm wirkt (Verhรคltnis Durchmesser-Hรถhe). Die Wasserdichtigkeit ist mit 10 bar bzw. 10 atm absolut alltagstauglich (zum Schwimmen und Schnorcheln geeignet).

รœbrigens: Optional kann man die Uhr (gegen Aufpreis) mit einem Stahlboden mit individualisierbarer Gravur oder einen Saphirglasboden ordern โ€“ der Blick durch den Saphirglasboden auf das japanische Automatikkaliber Citizen-Miyota 82s5 ist dank Genfer Streifen (Cรดtes de Genรจve) recht anschaulich, aber auch nicht allzu spektakulรคr, weshalb ich eher zu den Massivboden-Varianten mit Gravur raten wรผrde (aber das ist natรผrlich Geschmackssache, siehe auch: Uhren mit Glasboden: Muss man wirklich IMMER den Durchblick haben?).

Das Miyota 82s5 kommt dabei in der neueren Version mit Sekundenstopp – diese sogenannte โ€œHackingโ€œ-Funktion war auch historisch betrachtet wichtig, damit die Soldaten im Feld ihre Uhren einfach synchronisieren konnten (heute Standard bei fast allen mechanischen Uhrwerken). Ferner sind eine Handaufzugsmรถglichkeit รผber die Krone, 21 Steine, 21.600 bph und 40 Stunden Gangreserve an Bord. In der Preisklasse der Vario 1945 D12 ist die Wahl des Kalibers auf jeden Fall vertretbar.

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Schรถn ist auch, dass Vario nicht einfach nur ein 08/15 NATO Strap an das Modell „ranklatscht“, sondern ein richtig gut verarbeitetes Cordura-Band mit verstรคrkten Lรถchern – nichts anderes hรคtte ich aber auch erwartet, denn Vario verkauft seit je her auch Bรคnder.

Wer die Vario 1945 D12 optisch etwas vergrรถรŸern will, der kann auch zum Unterlagen- bzw. „BUND“-Band aus Leder greifen: รœber den historischen Hintergrund solcher Unterlagenbรคnder wird viel spekuliert โ€“ sicher ist eigentlich nur, dass diese Lederbรคnder ihren Ursprung im militรคrischen Bereich haben, vermutlich, um das Gehรคuse-Material zu schonen. Denn: Im rauen Soldatenalltag konnte eine Kombination aus SchweiรŸ, Schmutz etc. einer Uhr ganz schรถn zusetzen, insbesondere, wenn die Dichtigkeit nicht 100% gegeben oder das Material gar rostanfรคllig war โ€“ Uhren wurden schlieรŸlich nicht immer aus Edelstahl hergestellt. Eine Lederunterlage zwischen Uhr und Haut hatte dementsprechend schon vor Jahrzehnten einen schรผtzenden Charakter.

AbschlieรŸende Gedanken

Die Vario 1945 D12 ist eine rundum durchdachte Interpretation der Dirty Dozen Field Watch. Lobenswerterweise stรผtzt sich Vario dabei nicht auf eine pure Design-Hommage, sondern bringt auch ein paar eigenstรคndige Ideen ein.

รœberraschenderweise sind die aktuellen Alternativen im Dirty Dozen-Designdunstkreis rar gesรคt oder deutlich teurer als die 1945 D12 – so wie die VAER A12 Dirty Dozen, die Timor Heritage Field oder die Vertex M100 (jeweils ab ca. 1000โ‚ฌ, allerdings alle mit Schweizer Sellita-Kalibern). Insofern ist die Vario 1945 D12 eine gute Mittelpreisvariante mit รผberdurchschnittlicher Zifferblatt-Qualitรคt, die vor allem fรผr Uhrenfreunde mit schmalen Handgelenken einen Blick wert ist.

Lesetipp: Field Watch und Infanterie-Uhr von gestern bis heute

Vario 1945 Dirty Dozen Field Watch 13

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THOR
11 Monate zurรผck

IWC hat als deutsches Unternehmen,Uhren fรผr England hergestellt???
glaub ich jetzt nicht, da wรคre wohl das RLM eingeschritten! :-/
Zu der Marineuhr selbst gibt es nichts zu meckern (ausser dem Werk!)
die Farbcombi ist ein Eyecatcher aber trotzdem sehr harmonisch!
schรถnen Sunday-Rest wรผnscht
THOR

Michael
5 Monate zurรผck
Antworten...  THOR

Wieso als „deutsches Unternehmen“? IWC? Das war immer und ist so schweizerisch wie nur irgendwas. Nix fรผr ungut.