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Die Breitling Navitimer 1884 (manchmal fälschlicherweise “Breitling Navigator”) gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Chronographen bzw. Fliegeruhren überhaupt: Dank einer ausgeklügelten, beidseitig drehbaren Rechenschieber-Lünette und guten Kontakten zur Luftfahrtindustrie gelang dem Schweizer Urgestein Breitling in den 50er Jahren ein Durchbruch mit dem auch heute noch sehr beliebten Navitimer Chrono.

Um die Evolution der Breitling Navitimer zu verstehen, schauen wir uns in diesem Artikel zunächst den Werdegang von Chronographen aus dem Hause Breitling an. Léon Breitlings Schwerpunkt waren seit Gründung der Breitling SA funktionale Chronographen, die damals beispielsweise für Anwendungen beim Militär oder in der Industrie zum Einsatz kamen. Breitlings Expertise war aber auch in der Luftfahrt gefragt, weshalb die Schweizer schon früh Flugzeughersteller mit Bord-Chronographen belieferten. Breitling galt auf dem Gebiet damals als echter Pionier. Aber der Reihe nach…

Breitling Navitimer 1884 Navigator- und Piloten-Chronograph

Chronographen aus dem Hause Breitling: Die Ursprünge der Breitling Navitimer 1884

Als Gründervater Léon Breitling 1914 verstarb, übernahm sein Sohn Gaston das Familienunternehmen. Und Gaston stellte (Gott sei dank!) nicht den Chronographen-Schwerpunkt des Unternehmens in Frage: Schon ein Jahr später nach Amtsantritt, anno 1915, brachte er eine der ersten Chronographenarmbanduhren der Welt mit separatem Drücker auf den Markt…

Breitling Armbandchronograph mit separatem Drücker, circa 1915. (PPR/Breitling)

Nur wenig später, im Jahre 1923, zeigte Breitling erneut Pioniergeist: Eine patentierte Taschenuhr mit zwei Chronographendrückern kam auf den Markt. Das Besondere: Das Starten und Stoppen erfolgte über den Drücker bei 2 Uhr, der zweite Drücker wiederum war in die Krone integriert und stellte den Chronographenmechanismus auf Null. Damit war es erstmals möglich mehrere Zeitintervalle nacheinander zu messen.

Hier zwei original Werbeanzeigen aus den Jahren 1894 und 1905, die die Chronographen (Chronographes) bzw. Zeitzähler (Compteurs) aus dem Hause Breitling in den Vordergrund rücken und die Wichtigkeit für den Schweizer Hersteller zeigen.

Gaston Breitling verstarb überraschend im Juli 1927. Dessen Sohn Willy war damals erst 14 Jahre alt und damit noch nicht alt genug, um in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Deshalb wurde das Unternehmen fünf Jahre lang von einem externen Management-Team geleitet. Als Willy dann im zarten Alter von 19 Jahren die Unternehmensführung übernahm, gehörten die Chronographen noch immer zum Kerngeschäft. Breitlings Kollektion umfasste zu diesem Zeitpunkt über 40 verschiedene Chrono-Modelle – in Form von Armbanduhren und Cockpitgeräten.

Im Jahre 1934 brachte Breitling eine Weltpremiere auf den Markt: Geschützt durch ein Patent, war es nun erstmals möglich einen Armband-Chronographen mit zwei separaten Drückern zu bedienen. Hier eine original Werbeanzeige aus diesem Jahr:

Werbeanzeige aus dem Jahre 1934: Der allererste Armbandchrono mit zwei Drückern (PPR/Breitling)

Doch das war erst der Anfang: 1936 führte Willy Breitling eine eigens für Piloten entworfene Chronographenarmbanduhr mit schwarzem Zifferblatt sowie auffälligen Leuchtziffern und -zeigern ein, die zudem über eine Drehlünette mit einem Merkpfeil verfügte – der Vorgänger der Rechenschieber-Lünette der Breitling Navitimer, die 16 Jahre später auf den Markt gebracht wurde.

Im Jahre 1938 untermauerte Willy Breitling seine starke Marktposition im Bereich Chronographen für die Luftfahrt: Er gründete das sogenannte Huit Aviation Department im Jahre 1938, eine neue Abteilung, die sich auf professionelle Art und Weise um die Bedürfnisse in der militärischen und zivilen Luftfahrt kümmern sollte. Der Schwerpunkt lag insbesondere auf Bord-Chronographen. So kurz vor dem Zweiten Weltkrieg war das natürlich kein schlechtes Timing…

(PPR/Breitling)

Breitlings Bordchronographen weckten auch das Interesse des Militärs: Die weltweiten Konflikte spitzten sich zu, weshalb prompt ein Großauftrag des britischen Militärs ins Hause Breitling geflattert kam. Dies sicherte Willy Breitlings Marke einen festen Platz in den Bombern und Kampfflugzeugen der Royal Air Force.

Während des zweiten Weltkriegs, im Jahre 1942 gelang Breitling ein weiterer Durchbruch mit dem Breitling Chronomat, eine Wortschöpfung aus Chronograph und Mathematik. Man braucht jetzt kein Genie zu sein, um festzustellen, dass auch mit dem Chronomat damals schon Kalkulationen über den integrierten Rechenschieber möglich waren. Der Chronomat kam beispielsweise bei der United States Air Force (USAF) zum Einsatz…

Breitling Chronomat, 40er Jahre (PPR/Breitling)

Auch heute noch führt Breitling eine Modellreihe mit dem Namen “Chronomat”, die aber mit dem Ur-Chronomaten aus dem Jahre 1942 optisch so gut wie nichts mehr gemeinsam hat:

Breitling Chronomat B01 (PPR/Breitling)

1952: Die Geburtsstunde des Breitling Navitimer Chronographen für Piloten und Navigatoren

Im Jahre 1952 war es endlich soweit: Die erste Breitling Navitimer kam auf den Markt, angetrieben vom Handaufzugswerk Venus 178. Die Breitling Navitimer, eine Wortneuschöpfung aus Navigation und Timer, ist eine Weiterentwicklung des Breitling Chronomat: Mit der Rechenschieber-Lünette der Navitimer war es nun – neben Dreisatzrechnungen, Mulitplikation und Division – auch möglich speziell für die Luftfahrt benötigte Kalkulationen durchzuführen

Und so sah die erste Breitling Navitimer aus dem Jahre 1952 aus (Bilder: PPR/Breitling):

Die Rechenschieber-Lünette ermöglichte zum Beispiel das Umrechnen von Kilometer in Meilen oder die Kalkulation von Treibstoffverbrauch, zurückgelegter Wegstrecke, Steig- und Sinkflugrate etc. – oder kurz gesagt: Berechnungen, die insbesondere für Piloten damals einen großen Nutzen boten, im digitalen Zeitalter nunmehr aber für wahrscheinlich 99,9999% der Navitimer-Träger bloße Spielerei sind 😉

Die Rechenschieber-Lünette einer modernen Breitling Navitimer

Dennoch ist die Funktionsweise der Rechenschieberlünette nach wie vor so genial wie spannend – hier einige konkrete Beispiele (Bilder aus dem Breitling-Chronolog 06):

Die neuen Möglichkeiten der Navitimer kamen bei Piloten offenbar ziemlich gut an: Die AOPA (Aircraft Owners and Pilots Association, mit knapp 500.000 Mitgliedern heute die größte Pilotenvereinigung der Welt) ging noch im selben Jahr mit Breitling eine Kooperation ein, woraufhin das Logo der AOPA auf der Breitling Navitimer 806 verewigt wurde. Diese Variante der Navitimer 806 wurde allerdings nur auf dem US-amerikanischen Mart vertrieben, während in Europa ein unsigniertes Breitling-Logo zum Einsatz kam (ohne das Breitling-“B”). Mehr über die Breitling Navitimer 806 gibt’s hier.

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Breitling Navitimer 806 “AOPA”, Bild: Breitling

Als offizieller Lieferant großer Airlines und Flugzeugbauer (KLM, Lockheed etc.) ritt Breitling in den folgenden Jahren auf einer beachtlichen Erfolgswelle und nannte sich in Werbeanzeigen sogar selbstbewusst – “Lieferant der Weltluftfahrt” (fournisseur attire de l’aviation mondiale).

“for the plane, for the pilot” – 50er Jahre-Werbeanzeige (PPR/Breitling)
Selbstbewusst: Breitling wirbt mit Flugzeugherstellern und Fluggesellschaften, die die Schweizer mit Bord-Chronographen belieferten (PPR/Breitling)
Navitimer-Werbung aus den 60ern (PPR/Breitling)

Vom Flugzeug in mehreren Tausend Kilometern Höhe ist’s auch nicht mehr soooo weit bis zum Weltraum 😉 – 1962 wurde die Navitimer-Modellreihe durch die Cosmonaute ergänzt. Die Besonderheit: Ein 24-Stunden-Zifferblatt, welches schlicht und ergreifend aufgrund der Tatsache entwickelt wurde, das man im Weltraum nicht zwischen Tag und Nacht unterscheiden kann. Astronaut Scott Carpenter verwendete die Uhr am 24. Mai 1962 im Rahmen der Mercury-Atlas 7 NASA-Weltraummission an Bord des Raumflugkörpers Aurora 7.

Scott Carpenter inside Aurora 7
Scott Carpenter in der Aurora 7 mit seiner Breitling Navitimer Cosmonaute am Handgelenk, Bild: NASA [Public domain], via Wikimedia Commons

Durch Carpenters Weltraumausflug wurde die Breitling Navitimer zum ersten Schweizer Armbanduhren-Chrono im Weltraum. Auch dieses Event wurde werbetechnisch natürlich ausgeschlachtet 😉

Was Breitling natürlich nicht mehr kommuniziert: Bei Carpenters Landung auf der Erde gelang Wasser in die Uhr, wodurch sie nicht mehr lief – wo das defekte Original heute ist, ist leider nicht überliefert…

Ein weiterer spannender Navitimer-Meilenstein war die Breitling Navitimer Chrono-Matic 1806, die 1969 auf den Markt gebracht wurde: Während vorherige Navitimer-Modelle mit u.a. mit dem bereits erwähnten Kaliber Venus 178 von der Fabrique d’Ebauches Vénus S.A. (später Teil der Ebauches SA) sowie dem Valjoux 7740 kamen (u.a. die Breitling Navitimer 7806), war das in der Breitling Chrono-Matic verbaute Kaliber ein Kooperationsprodukt von Willy Breitling und niemand geringerem als Jack Heuer, Gründer des gleichnamigen Uhrenherstellers. Auch die Buren Watch S.A. und Dubois-Dépraz S.A. wirkten maßgeblich an dem Werk mit.

Das Calibre 11 war der weltweit erste Automatik-Chronograph mit kaum erkennbarem Mikrorotor und damit eine echte Innovation. Die Werkskonstruktion sorgte für eine optische Besonderheit, die man heute kaum noch findet: Eine linksseitige Aufzugskrone…

1969, Breitling Chronomatic. (PPR/Breitling)
Breitling Navitimer Chrono-Matic in einem Katalog aus dem Jahre 1969 (PPR/Breitling)

Jack Heuer setzte das Calibre 11 (unter anderem) in einem nicht minder bekannten Chronographen ein: in der Heuer Carrera. Einen umfangreichen Einblick in die Geschichte der (TAG) Heuer Carrera gibt’s hier.

Breitling und die Ära Ernest Schneider

Neben Venus 178, Calibre 11 & Co. tickten über die Jahrzente u.a. auch das Handaufzugskaliber Lemania 1873, das Valjoux 7750 sowie ein Eta 2892 mit Dubois-Dépraz-Chronographenmodul in der Navitimer. Nur in der Quarzkrise sah man sich bei Breitling zu einer Verzweiflungstat gezwungen: Eine batteriebetriebene LCD-Version der Navitimer wurde hurtig auf den Markt geworfen. Es half aber alles nichts: Breitling musste im Jahre 1979, kurz vor Willy Breitlings Tod, verkauft werden – an den Entrepreneur Ernest Schneider, der passenderweise Uhrmacher und Pilot war und der sich zusammen mit seiner Familie bis 2017 um das Erbe von Breitling kümmerte (hierzu gleich mehr).

Breitling Navitimer Quartz from 1977. (PPR/Breitling)

Nach dem Verkauf von Breitling an Ernest Schneider wurde es um die Navitimer einige Jahre lang ruhig – Schneider konzentrierte sich zunächst auf einen Reparaturservice und die Produktion von Breitling-Uhren aus Altbeständen. In diesen Jahren erfolgte auch der Umzug der Breitling-Produktion von La Chaux-de-Fonds nach Grenchen, da Ernest Schneider auch Eigentümer der in Grenchen beheimateten Firma Sicura war.

Mitte der 80er Jahre hat Schneider die Navitimer aber wiederbelebt: Die Navitimer 81600 mit dem Handaufzugskaliber Lemania 1872, die sich nah an der Ur-Navitimer orientierte, war geboren. 1987 folgte eine Automatik-Variante.

Im Jahre 1998 hat Ernest Schneider das Szepter an seinen Sohn Théodore, Spitzname “Theddy”, übergeben. Die Geschäfte liefen gut, die jährlichen Umsätze kletterten stetig Richtung 400 Millionen-Franken-Marke…

Seit 1999 sind alle Breitling-Uhren, darunter natürlich auch die Navitimer, COSC-zertifiziert und damit besonders ganggenau. Mehr über die sogenannte Chronometer-Zertifizierung gibt’s hier. (PPR/Breitling)

Breitling Navitimer 01 – der Aufstieg in den Olymp der Manufakturkaliber-Hersteller

Im Jahre 2011 stieg Breitling mit der Entwicklung eines Manufakturkalibers mit dem innovativen (*hust*) Namen Breitling 01 (B01), in den Olymp der Uhrenhersteller auf. Das Werk hat einen technisch anspruchsvollen Schaltrad-Mechanismus, der deutlich aufwendiger in der Herstellung ist als gängige Chronographenkaliber mit sogenannter Kulissensteuerung, Solche Werke werden heutzutage kaum noch verbaut – und falls doch, in der Regel bei sehr hochpreisigen Modellen, z.B. von Patek Philippe. Das B01 Manufakturkaliber kam natürlich zu allererst in der Navitimer zum Einsatz, so zum Beispiel auch in der (nicht mehr erhältlichen) Navitimer mit der Referenz AB0120:

Mittlerweile gibt es von dem Manufakturkaliber auch Varianten mit Weltzeitfunktion (Kaliber B05), einer zweiten Zeitzone (Kaliber B04), als Dreizeiger-Handaufzugsversion (Kaliber B02) oder seit 2019 in einer Chronographen-Handaufzugsversion in der Navitimer Ref. 806 Re-Edition (Kaliber B09).

Breitling Navitimer 1884 heute: Die Ära Georges Kern

Im Mai 2017 wurde Breitling vom Investor CVC Capital Partners übernommen, im Juli desselben Jahres übernahm der ehemalige IWC-Manager Georges Kern unerwartet die Gesschäftsführung. Im November 2018 endete die Beteiligung der Familie Schneider an Breitling endgültig: Theddy Schneider hat die letzten 20 Prozent seiner Anteile an CVC verkauft. Der Grund: Offenbar menschelte es ordentlich zwischen Schneider und Kern.

Georges Kern (PPR/Breitling/Harold Cunningham)

Kern wirbelte ordentlich durch das Breitling-Portfolio und brachte beispielsweise eine vergleichsweise günstige Einsteiger-“Navitimer”, die Navitimer 1 Automatic Dreizeigeruhr (!), auf den Markt – hier will der Funke bei mir aber nicht so recht überspringen. Für mich muss eine Navitimer einfach mit Chronographen-Funktionen kommen – so richtig mit Totalisatoren, Drückern undso 😉

Breitling Navitimer 1 (PPR/Breitling)

Immerhin ruderte Kern bei der unpopulären Entscheidung zurück, die deutlich klassischeren neuen Breitling-Flieger-Chronographen ebenfalls unter dem Namen Navitimer 8 laufen zu lassen – diese sind mittlerweile in der separaten Aviator 8-Modellreihe zu finden.

Breitling-Aviator-8-Chronograph-43-Day-Date-Test

Vielen Breitling-Freunde sagen allerdings, dass die neuen Modelle zu wenig Breitling-DNA in sich tragen. In einem Interview mit Capital sagte Kern: „[…] wir wollen weder asiatisch werden noch unsere Wurzeln verleugnen […] Wir wollen die Historie wieder aufleben lassen.“ Die Schubladen seien voll von tollen Geschichten. Geschichten, wie die, die zur (meiner Meinung nach grandiosen) Re-Edition der Navitimer 806 im Jahre 2019 geführt haben.

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Original vs. Neuauflage, Bild: PPR/Breitling

Was ich persönlich Georges Kern aber nicht so wirklich verzeihen kann ist, dass er die Flügel des Breitling-Logos bei der Navitimer gestutzt hat: Die neuen Navitimer-Modelle, die zum Glück noch die DNA der Ur-Navitimer in sich tragen, kommen (wie alle anderen Neuerscheinungen von Breitling) mit einem einfachen, geschwungenen “B” als Logo…

Kein Flügel-Logo, aber immerhin mit Navitimer-DNA: Die Breitling Navitimer 1 mit Manufakturkaliber B01.

Aus diesem Grund habe ich mir auch ein etwas älteres Auslauf-Modell im Outlet Metzingen (in der Nähe von Stuttgart) gekauft. Mehr über den (durchaus empfehlenswerten) Breitling-Store in der Outletcity Metzingen…

Breitling Erfahrungen Metzingen Outlet
Breitling Outlet in Metzingen

Man darf gespannt sein, wo die Reise für die Breitling Navitimer noch hingeht…

(PPR/Breitling)
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Hommagen-freie Zone: Breitling Navitimer 1884-Alternativen ohne schlechtes Gewissen (Sinn 903 und Poljot Blue Angels)

An dieser Stelle möchte ich noch zwei Breitling Navitimer-Alternativen vorstellen, die nicht einfach nur Design-Nachahmungen bzw. Hommagen sind, sondern tatsächlich aus Breitlings Unternehmensgeschichte heraus in Verbindung mit der Quarzkrise entstanden sind: Die Sinn 903 und die russische Poljot Blue Angels. Beide Modelle sind auf jeden Fall eine sinnvollere Anschaffung als ein Navitimer-Replica (in einem meiner ersten Blog-Artikel überhaupt habe ich eine Breitling Navitimer World Replica begutachtet und allgemeine Hinweise zum Replica-Markt zusammengefasst).

Sinn 903 oder: wie der schnelle Helmut bei Navitimer-Komponenten zuschnappte

Der Spitzname “der schnelle Helmut” wird ihm nicht nur im Zusammenhang mit der Fliegerei oder Autorennen gerecht, sondern auch in einem anderen Zusammenhang: Als Breitling in Folge der Quarzkrise in Schieflage geraten ist (wie viele andere Schweizer Uhrenhersteller auch), erkannte niemand geringeres als Helmut Sinn eine große Chance und kaufte fast den gesamten Lagerbestand an Navitimer-Ersatzteilen sowie Maschinen und die Designrechte von Breitling ab. Das ganze Zeugs stellte er sich natürlich nicht in ein Museum: Helmut Sinn erweckte in Frankfurt die Navitimer in Form der “Sinn 903” zum Leben. Irre: In vielen der ersten Sinn 903 Chronographen waren sogar noch die Breitling-Schriftzüge graviert.

Die Sinn 903 war offenbar ein voller Erfolg: Als die alten Breitling-Lagerbestände aufgebraucht waren, produzierte Sinn den Flieger-Chronographen mit neu hergestellten Komponenten trotzdem weiter. Auch heute noch ist die Sinn 903 erhältlich.

Mit einem Preis von unter 3000€ ist beispielsweise die Sinn 903 St B E – im Vergleich zur Breitling Navitimer – halbwegs erschwinglich. Über die hervorragende Qualität von Sinn habe ich in meinem Test der Sinn U1 bereits geschrieben – dennoch täte der Frankfurter Spezialuhren-Hersteller gut daran, die Preisschraube nicht allzu sehr anzudrehen: Preislich ist sie nicht allzu weit entfernt von den Breitling Einsteiger-Navitimern…

Russische Navitimer-Alternative: Poljot Blue Angels mit Handaufzugskaliber 3133

Auch der alteingesessene russische Uhrenhersteller Poljot ist durch eine Vereinbarung mit Breitling an die Erlaubnis gekommen eine Art Navitimer zu bauen. Wie genau sich dies vertraglich gestaltet? Darum ranken sich einige Mysterien im großen weiten Internet. Gesicherte Quellen habe ich leider nicht gefunden. Hier und da liest man allerdings beispielsweise, dass die Poljot Blue Angels aufgrund der Vereinbarung keine drehbare Lünette haben darf – der Rechenschieber hat also keinerlei Funktion, was in Anbetracht des Preises aber verschmerzbar ist.

Interessant ist aber nicht nur die Optik der Poljot Blue Angels, sondern auch das Innenleben: Das Kaliber 3133 ist quasi baugleich mit dem Schweizer Valjoux 7734 – um das Werk bauen zu können hat die Moskauer Uhrenschmiede den sich in finanziellen Nöten (Hallo Quarzkrise!) befindlichen Schweizern die Fertigungsanlagen komplett abgekauft. Qualitativ ist das Kaliber 3133 also durchaus eine Hausnummer.

Die Poljot Blue Angels kommt in einem Durchmesser von 40 mm, ist also auch für schmalere Handgelenke geeignet (was man über die meisten Breitling Navitimer-Modelle nicht sagen kann ;-)). Kleiner Wermutstropfen: Leider wird nur gehärtetes Mineralglas verbaut. Die Poljot Blue Angels kostet derzeit 445€ bei poljot24.de. Mehr über russische Uhren gibt’s hier.

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6 Kommentare
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Thomas
8 Monate zurück

übrigens habe ich auch einen Breitling Navitimer, jetzt etwa 30 Jahre alt, damals für 3000 DM gekauft, freut mich ebenfalls immer wieder.
Alles Gute

Thomas
8 Monate zurück

interessanter Artikel, ich vermisse jedoch die Herren Ollech und Wajs, die haben in der Breitling-Krise mit Herrn Sinn ebenfalls viele Teile gekauft und „Breitlings“ gebaut, ich besitze eine Aviation Cosmonaut (24h) mit Handaufzugswerk, aus einem Nachlass gekauft für 1000 €, und freue mich immer wieder daran.

Micha
3 Jahre zurück

Wie immer super recherchiert und damit eine story geschaffen die absolut interessant und lesenswert. Dankeschön

Thomas H.
4 Jahre zurück

Tja, meine Geschichte zur Navitimer hatte ich ja schon in einem anderen Review zu Protokoll gegeben. Nach wie vor sind die UR-Modelle einfach nur g..l . Wie Günter aber schon geschrieben hat : “Aber kann immer noch nicht eine Breitling meine nennen. ” Genau so geht es mir – zumindest was den Navitimer betrifft.
Die “Normal”-Version ist, genau wie die beiden anderen Alternativen mit 41 mm einfach zu klein. Es gibt zwar auch die 43er und 46er Modelle, aber da stimmen die Proportionen und vor Allem der Preis nicht – der bei der Grundversion m.E. auch schon zu hoch angesetzt ist.
Von daher würde ich, wenn ich mal schrumpfen sollte, doch eher zur 3.150,- (preiswerten) Sinn greifen, mir für das eingesparte Geld dann für Alltags die Blue Angels zulegen und zus. 2-3 Wochen Urlaub machen können. :-).
Aber wieder mal super geschrieben – hätte ich fast vergessen !! Danke dafür.

Günter
4 Jahre zurück

Moin, moin. Danke. Der Artikel war wieder sehr lesenswert. Bei Breitling bin ich immer hin und her gerissen. Die Qualität stelle ich dabei auf keinen Fall in Frage. War auch in Metzingen im Shop. Aber kann immer noch nicht eine Breitling meine nennen. Warte gespannt auf den nächsten Bericht.