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Gaius Julius Caesar, Mark Twain, Albert Einstein, Marie Curie, Marilyn Monroe, Charlie Chaplin – nicht wenige berühmte Persönlichkeiten der Zeitgeschichte waren Linkshänder. Letzterer Name fällt meist als erstes, wenn es um linkshändiges Musizieren geht: Charlie Chaplin hielt seinen Bogen intuitiv links und spielte damit eine Geige, die hinsichtlich Saiten, Bassbalken und Stimmstock entsprechend umgebaut war – berühmt ist vor allem Chaplins musikalische Einlage im Film Limelight. Konsequenterweise besaß Chaplin auch eine Rolex Oyster Ref. 4453 mit Krone auf der linken Gehäuseseite. Diese Positionierung ermöglichte es ihm das Kaliber über die Krone mit seiner dominanten Hand aufzuziehen. Im Jahre 2013 versteigerte Antiquorum die Uhr von Charlie Chaplin für über 50.000 US-Dollar.

Rolex GMT Master II Sprite Destro 126720VTNR 2

Auf der Watches & Wonders 2022 hat Rolex mit der Ref. 126720VTNR eine neue Variante der GMT-Master II vorgestellt. Schnell vergaben Uhrenfreunde aufgrund der teilweise grünen Lünette den Spitznamen Sprite – der hat sich zwar mittlerweile durchgesetzt und reiht sich gut in die Erfrischungsgetränke Pepsi und Coke ein, ist aber eigentlich nicht so ganz logisch, da auf einer Dose bzw. Flasche Sprite kein Schwarz zu finden ist. 

Viel passender ist da eigentlich der Beiname “Destro” oder auch “Lefty” als Hinweis auf ein charakteristisches Gestaltungsmerkmal, das auf den ersten Blick so gar nicht zum konservativen U(h)rgestein Rolex passen will: Eine linksseitige Anordnung von Krone und Datum. Ich muss nicht extra erwähnen, dass das Modell wie kaum eine andere Rolex polarisiert, oder? Dabei ergibt das Modell designtechnisch absolut Sinn…

Über die Rolex “Sprite” GMT-Master II (126720VTNR)

Früher war die Reise von Kontinent zu Kontinent für die breite Masse unerschwinglicher Luxus. Das änderte sich erst in den 1950er-Jahren allmählich, als das US-Luftfahrtunternehmen Pan Am eine Vorreiterrolle einnahm und mit Boeings vierstrahligem Langstrecken-Flieger 707 den täglichen Verkehr zwischen USA und Europa aufnahm. Kein Zufall also, dass die allererste Rolex GMT-Master anno 1955 in Form der Referenz 6542 lanciert wurde, denn Berufspiloten und Flugpersonal äußerten damals zunehmend den Wunsch nach einer zuverlässigen Armbanduhr mit der gleichzeitigen Anzeige von Orts- und Heimatzeit, um beim transatlantischen Zeitzonen-Hopping nicht den Überblick zu verlieren. Die von Rolex entwickelte GMT-Komplikation in Kombination mit einer charakteristischen zweifarbigen Lünette (zwecks Unterscheidung zwischen Tag- und Nachtstunden) machte genau das möglich.

Rolex GMT Master II Sprite Destro 126720VTNR 12

Die 2022 lancierte Rolex GMT-Master II 126720VTNR ist im Grunde die gleiche Uhr wie die aktuellen Schwester-Referenzen 126710BLRO (Pepsi) und 126710BLNR (Batgirl), die das Erbe der 1955 eingeführten GMT-Master fortführen – jedoch um 180 Grad gedreht, um sie praktischer für Linkshänder zu machen.

Daher behält auch das Gehäuse die gleiche Form (nur gespiegelt) und die gleichen Abmessungen: Es besteht aus 904L-Edelstahl “Oystersteel”, hat einen Durchmesser von 40 mm, eine Höhe von etwa 12 mm und ein gut tragbares Horn-zu-Horn-Maß von 48 mm. Das Gehäuse verfügt über einen integrierten Kronenschutz, der die verschraubte Triplock-Krone umschließt. Die Wasserdichtigkeit wird wie üblich mit 100 Metern bzw. 10 bar angegeben. Im Inneren tickt das Kaliber 3285, das bereits 2018 eingeführt wurde und über eine Gangreserve von 70 Stunden mitbringt.

Linkshänderuhren sind für Rolex, das zeigt das Beispiel Charlie Chaplin, kein Neuland. Was aber nicht allzu bekannt (und Rolex auch nicht wirklich kommuniziert) ist, dass die Genfer schon 1959 GMT-Master-Modelle mit linksseitiger Krone produziert haben – anno 2018 fanden zwei solcher Uhren über das Auktionshaus Phillips neue Eigentümer; die “Pussy Galore”-Variante für umgerechnet über 250.000€, die Goldvariante für rund 210.000€. Es handelte sich dabei allerdings offenbar um individuelle Auftragsarbeiten.

Neben der in diesem Artikel näher beleuchteten GMT-Master II „Sprite“ und den beiden oben gezeigten Modellen aus dem Jahr 1959 gab es weitere Rolex-Modelle mit der Krone auf der linken Seite, so wie die Rolex King Midas aus den 1960er Jahren, die niemand geringeres als Elvis Presley in der Linkshänder-Variante getragen hat (Ref. 9630). Bei der Konzernschwester Tudor gibt es seit einigen Jahren außerdem die Titan-Taucheruhr Pelagos als “LHD”-Variante (Hintergründe dazu gleich).

Und außerhalb des Rolex-Kosmos? Da hat beispielsweise der Frankfurter Spezialuhrenhersteller Sinn erstmalig anno 1997 das Chronographen-Modell EZM für den deutschen Zoll hergestellt. Auch die klassische Heuer Monaco, die Steve McQueen im Film Le Mans getragen hat, kam mit der Krone links (aber den Drückern rechts, aus technischen Gründen). Der Pforzheimer Uhrenhersteller Laco bietet in seinem Fliegeruhren-Konfigurator auch eine Linkshänder-Version an.

Unter Uhrennerds ist eine linksseitige Krone, auch bekannt als “Destro” (abgeleitet von dem häufig von Panerai-Fans für Linkshänder-Modelle verwendeten, italienischen Begriff für “Rechts”) also keine wirkliche Neuheit.

Mehr: Sinn EZM 13.1: Diver-Chrono mit Einsatzzeitmesser-DNA im Test

Mehr: TAG Heuer Monaco: Steve McQueen Film-Uhr aus “Le Mans”

Mehr: Laco Flieger PRO: Modell Stuttgart PRO aus dem Baukasten im Test

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Die Rolex King Midas wurde Elvis als Dankeschön dafür geschenkt, dass er 1970 sechs Tage lang am Stück ausverkaufte Konzerte spielte.

Spannend ist dabei übrigens der historische Nutzen einer linksseitigen Krone-/Drücker-Anordnung: Früher wurden Taucheruhren wie beispielsweise von Panerai in den Anfangstagen des professionellen militärischen Tauchens tatsächlich häufig rechts getragen, da das linke Handgelenk für anderes Equipment wie beispielsweise Tiefenmesser belegt war. So bestellte beispielsweise auch die französische Marine ab 1970 die „Snowflake“ Tudor-Ref. 9401-Uhren in einer Destro-Konfiguration (hier schließt sich der Kreis zur heutigen Pelagos LHD).

Später wurde die linksseitige Krone-/Drücker-Anordnung von Einsatzkräften als praktisches Feature entdeckt, da sich Drücker/Krone beim Bewegen des Handgelenks nicht in die Handaußenseite bohren können – und das empfinde ich auch in meinem “langweiligen” Alltag, der so rein gar nichts mit professionellem Tauchen oder sonstigen Einsätzen zu tun hat, als Vorteil, zum Beispiel, wenn ich meine Tochter auf den Arm nehme.

Ich empfinde es gleichzeitig auch nicht als Nachteil, dass man bei einer Linkshänderuhr die Krone nicht einstellen kann, während die Uhr am Handgelenk ist – und das sollte man auch sowieso tunlichst vermeiden: Das Stellen der Uhr am Handgelenk führt immer zu einer hebelnden Wirkung an der Krone. Das kann dazu führen, dass die Krone bzw. Aufzugwelle verbogen wird und die Krone anfängt zu “eiern”. Und wenn die Krone leicht zu eiern beginnt, ist das immer eine Gefahr für die Wasserdichtigkeit, weil die Dichtung nicht mehr vollständig am Tubus anliegt.

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Das, was aber wirklich die Uhrengemeinde mit Blick auf die Rolex GMT-Master II 126720VTNR spaltet, ist nicht etwa die linksseitige Anordnung der Krone (da gibt es wie gesagt genug aktuelle und historische Beispiele). Es ist auch nicht die grüne Farbe auf der Cerachrom-Lünette (genau das gleiche Grün wie auf der Submariner Date “Kermit”) – es ist das Datum bei 9 Uhr, das durch die Zykloplupe auch noch besonders intensiv hervorsticht bzw. auffällt.

Rolex GMT Master II Sprite Destro 126720VTNR 8

Dabei ist dieser Schritt nur konsequent und logisch: Für Linkshänder, die eine Uhr typischerweise rechts tragen, ist es einfach bequemer, wenn sich das Datum auf “9 Uhr” befindet, denn auf diese Weise ist das Datum ablesbar, selbst wenn die Uhr teilweise von einer Manschette oder einem Ärmel verdeckt ist. Oder anders gesagt: Die Rolex 126720VTNR ist eigentlich nur ein Produkt für Linkshänder und es spielt keine Rolle, was man als Rechtshänder über die Position des Datums und der Krone denkt, weil das Modell (theoretisch) gar nicht für Rechtshänder gedacht ist.

Praktisch sieht die Welt natürlich anders aus: Schätzungen zu Folge sind grade mal 10% der Weltbevölkerung Linkshänder und die allermeisten Käufer der GMT-Master II 126720VTNR dürften wohl Rechtshänder sein – und, wenn wir mal die ganzen Tresor-Spekulanten und Scalper ausklammern, so ist das auch absolut nachvollziehbar, denn auch mir als Rechtshänder gefällt an der Rolex “Sprite”, dass sie mit der unantastbaren Rolex’schen Formel bricht und einfach so herrlich untypisch für den Genfer Luxusuhrenhersteller ist.

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Die GMT-Master II „Sprite“ ist sowohl am Oyster- als auch am Jubilee-Armband erhältlich. Letzteres erhöht den offiziellen Verkaufspreis um 200 Euro. Die Marktpreise für die GMT-Master II 126720VTNR auf Plattformen wie Chrono24 lagen zu Beginn bei absurden 50.000 Euro und haben sich derzeit bei um die 20.000€ eingependelt, also immer noch deutlich über Liste.

Mehr: Rolex Preisliste 2023: Uhren-Preise in der Bildergalerie und Analyse der Preisentwicklung [Update zum Jahreswechsel 2024]

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Roger
7 Monate zurück

Also ich bin auch Linkshänder und trage die Uhr am rechten Handgelenk,, weil ich links viel mehr Bewegung habe und dadurch die Chance größer ist, die Uhr dabei irgendwo dagegen zu schlagen.
Aber ich bin echt froh, daß all meine Kronen rechts sind und so nie meinem Handgelenk im Weg sind.

Ja, zum stellen muß ich sie jeweils abziehen. Seit dem Artikel weiß ich nun, daß es sowieso besser ist, dies zu tun.

Einzig die Bedienung der Chronographen ist etwas seltsam., weil der obere Drücker nicht mit dem Daumen bedient werden kann. So habe ich mir angewöhnt, mit dem Zeigefinger zu bedienen, während dem der Daumen die Uhr gegenhält.

Selbst als ich die Taucheruhr von Agat gekauft habe (da kann man wählen, wo die Krone ist) , nahm ich die Krone rechts.

Felix
7 Monate zurück

Auch ich finde es originell und witzig, dass Rolex dieses Layout lanciert, noch viel witziger fände ich es aber, wenn ab und an mal ein paar der begehrten Stahlmodelle beim Händler auftauchen würden.
Irgendwie hab ich den Eindruck, die Produktion steht bei 5% der früher normalen Anzahl.
Wie wärs denn mal mit einem Bericht zu diesem Problem?
Danke für die immer interessanten Reportagen

Chris
7 Monate zurück
Antworten...  Felix

Durchhalten! Die Preiserosion bei den Spinnerpreisen hat ja bereits begonnen und zu den ca. 80% der Uhren, die rein zu Spekulationszwecken gehortet wurden, kommen ständig neu hergestellte dazu. Die Spekulanten beginnen, mit fallenden Preisen beschleunigt zu verkaufen, das ist ein Marktautomatismus, der bereits eingesetzt hat. Ich gebe diesem Zirkus maximal noch 2 Jahre. Die einzige Möglichkeit, diesen Trend zu beschleunigen: Nicht über UVP kaufen! Ich bin Linkshänder und warte in Ruhe ab, bis ich die Sprite zum UVP oder darunter bekomme. Solange trage ich meine GMT halt an der rechten Hand.

Lion
7 Monate zurück
Antworten...  Chris

Habe ein angebot für 17k ist das deiner meinung noch zu teuer ?

Lars
6 Monate zurück
Antworten...  Lion

Wie soll eine Fremde Person einschätzen, ob ein Rolex Modell für DICH zu teuer ist😉🤷‍♂️- Leute gibts.
Grundsätzlich ist aber jede Uhr über Liste zu teuer😎