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Als Uhrennerd denkt man manchmal, man hätte schon alles gesehen – aber ich wurde mit Blick auf die limitierte P99 Iris Tactical vom Schweizer Hersteller traser, der durch das Mutterhaus mb-microtec vor allem für Tritium-Uhren auf der Grundlage der GTLS-Technologie bekannt ist (trigalight), mal wieder eines Besseren belehrt. Und da schließt sich auch direkt der Kreis: Die permanent und unabhängig von externen Lichtquellen leuchtenden trigalights sind bei der P99 Iris Tactical erstmalig über eine patentierte Irisblende abdunkelbar. In dem Zusammenhang kommen auch die neuen sogenannten „Super Powered“ trigalights zum Einsatz. Das schauen wir uns natürlich einmal genauer an.

Eckdaten traser P99 Iris Tactical:

  • Swiss Made
  • Super Powered trigalight
  • Swiss Made Quarz
  • Durchmesser 46 mm
  • Horn-zu-Horn 54 mm
  • Höhe 16 mm
  • Anti-reflektierendes Saphirglas
  • Gehäuse: PVD-beschichteter Edelstahl
  • Verschraubte Krone
  • Wasserdichtigkeit 10 atm / 10 bar
  • Bandanstoß 22 mm
  • Limitiert auf 300 Stück
  • Listenpreis ab 920€, direkt über traser oder verschiedene Fachhändler

traser P99 Iris Tactical: Patent und Grundlagen

Wir kommen ohne große Umschweife zur großen Besonderheit der neuen traser P99: der namensgebenden Irisblende. Da ich solche technischen Dinge immer hochspannend finde, habe ich mich im Rahmen dieses Artikels zunächst einmal direkt auf die Suche nach dem original Patent begeben – und auch schnell gefunden, und zwar unter dem etwas sperrigen Namen „Zeitmesser mit einem permanent beleuchteten oder leuchtenden Anzeigeelement und einer Abdunkelungsanordnung.“

In der original Patentschrift mit der Nummer CH718119B1 ist auch die technische Umsetzung und der Gedanke der Lösung im Detail beschrieben. Dabei stellt traser zunächst die Verbindung zur Mil-Spec MIL-PRF-46374 G her – wir erinnern uns: Das ist die militärische Spezifikation für „General Purpose Wrist Watches“ der US Army, die bereits 1964 erstmalig erschien und seitdem laufend aktualisiert wurde (aktuelle Revision = G). So kam es 1988 zu einer Änderung der Mil-Spec, bei der klassisch „aufgepinselte“ Tritium-Leuchtfarbe durch eine sicherere Lösung ersetzt werden sollte. Die daraus folgende Idee rührte dann von Kompassen her, die damals schon mit selbstleuchtenden Tritium-Röhrchen (GTLS-Technologie) von der Schweizer mb-microtec, dem Mutterhaus von traser, kamen.

Naturgemäß haben Uhren mit GTLS-Technologie den Nachteil, dass das emittierende Licht nicht einfach per Knopfdruck ausgeschaltet werden kann – wie das beispielsweise bei einer Digitaluhr der Fall ist. Denn: Die Tritium-Röhrchen leuchten (anders als Super-LumiNova) dank Tritiumgas, das eine spezielle Beschichtung auf der Innenseite der Röhrchen aktiviert, mit Blick auf die Halbwertszeit konstant bzw. durchgängig, unabhängig von externer Lichteinspeisung (mehr über Tritium-Uhren hier). 

Der Knackpunkt: In absoluter Dunkelheit kann man mit solch einer Uhr ungewollt auffallen oder (im militärischen Kontext) sogar zum Ziel werden. Das Verfrachten der Uhr auf die Innenseite des Handgelenkes (wie das viele Soldaten ja tun) würde keine vollständige Sicherheit bringen. Uhren-Abdeckungen, also zusätzlicher Stoff mit Druckknopf, wie hier angeboten von CWC, stelle ich mir außerdem eher unpraktisch vor.

Ein wichtiges Stichwort ist hierbei die sogenannte Lichtdisziplin (engl. „Light Discipline“) – das ist ein Begriff aus dem militärisch-taktischen Kontext, der Maßnahmen und Verhaltensweisen beschreibt, die verhindern sollen, dass Lichtquellen die Position oder Bewegungen von Truppen verraten. Lichtdisziplin ist ein wesentlicher Bestandteil der Tarnung, insbesondere in Nacht- und Gefechtssituationen. Mit anderen Worten besteht die Grundidee darin, die Sichtbarkeit für den Gegner zu minimieren, damit man sich nicht „auf dem Präsentierteller“ serviert und gleichzeitig den Überraschungsmoment erhält.

Ganz konkret besagen Regeln der Lichtdisziplin beispielsweise, dass Lichter so ausgerichtet werden müssen, dass sie nicht direkt nach außen oder in die Richtung des Feindes scheinen. Auch Reflexionen, z.B. an Metall- oder Glasflächen, sind zu vermeiden. Je nach Situation kann es den Soldaten auch untersagt sein, überhaupt irgendeine Lichtquelle wie beispielsweise eine Taschenlampe zu nutzen.

Mehr: 3 Gründe warum das Militär und Einsatzkräfte ihre Armbanduhren an der Innenseite des Handgelenks tragen

Die Lösung: Die Funktionsweise der traser Irisblende

Die Lösung, da trigalights „always on“ und nicht einfach „ausknipsbar“ sind, konnte also nur etwas sein, das sich über dem Zifferblatt ausbreitet und somit das von den trigalights ausgehende Licht abdunkelt. In unserem Livestream mit Head of traser Christian Leiggener Ende 2024 hatte er die Lösung bereits angespoilert und bereits erwähnt, dass die traser-Lösung dabei deutlich pfiffiger ausfällt als eine simple externe Abdeckung.

Herausgekommen ist dabei eine „Irisblende“, die auch namensgebend für das neue Modell ist. Diese befindet sich unterhalb des Saphirglases, d.h. es ist durch das Glas geschützt, und wird über die Lünette angesteuert (und das ist auch naheliegenderweise der Grund warum keine klassische, zentrale Lünettenmarkierung zum Einsatz kommt).

Eine Irisblende (auch bekannt als Iris-Diaphragma oder Irisblendenverschluss) ähnelt der menschlichen Iris und reguliert den Lichteinfall durch eine Öffnung, deren Durchmesser variabel ist. In militärischen Kontexten wird diese Technologie in verschiedenen Bereichen eingesetzt, oft dort, wo Lichtkontrolle, Sichtschutz oder Zielpräzision gefragt sind. Irisblenden werden beispielsweise von Schützen verwendet, die mit offener Visierung schießen. Sie werden von hinten auf den Glashalter gesteckt und verbessern die Schärfentiefe im Ziel durch die Verkleinerung der Sichtöffnung.

Hier die technische Zeichnung von traser aus dem Patent, die die stufenlose Verstellung der Irisblende über die Lünette zeigt:

Spannend: Im Patent sind auch weitere Möglichkeiten genannt die trigalights zu verdunkeln, darunter über eine zusätzliche Krone und ein Zahnrad. Die Rede ist außerdem von einem Polarisationsfilter, der das trigalight-Licht unterdrückt – man darf gespannt sein, was traser aus dem Patent noch in Zukunft für marktreife Uhren zaubert.

Praktisch funktioniert der Iris-Mechanismus der hier gezeigten P99 Iris Tactical ganz wunderbar – bei meinem Prototypen, der mir zum Test vorlag, allerdings vielleicht noch einen Tick zu schwergängig (traser bestätigte aber auf Rückfrage, dass die Serienmodelle „weicher“ in der Handhabung sind): Eine Vierteldrehung der griffig-großen Lünette gegen den Uhrzeigersinn genügt, um die aus 16 Lamellen bestehende Irisblende zu schließen. Genauso funktioniert die Öffnung im Uhrzeigersinn, bei der die Lamellen wieder ganz unter dem Gehäuserand verschwinden und die Sicht auf das Zifferblatt freigeben. Da keine Schmierung der Lamellen erforderlich ist, bleibt die P99 Iris Limited Edition hin der Hinsicht wartungsfrei.

So sieht das Ganze übrigens dann in Bewegung aus:

Zu beachten ist, dass zur Unterbringung der Lamellen der Irisblende – wenig verwunderlich – zusätzlicher Platz im Gehäuse notwendig ist. Daher ist die Lünette auch relativ hoch bzw. das Zifferblatt ist merkbar tief „versenkt“. Die Gesamthöhe des Gehäuses ist mit 16 mm auf jeden Fall nicht ganz ohne, im Zusammenhang mit dem Durchmesser von 46 mm (bei 54 mm Horn-zu-Horn) wirkt das Modell aber optisch relativ ausgewogen (aber man sollte natürlich schon einen gewissen Handgelenkumfang mitbringen, um die Uhr sinnvoll tragen zu können). Am Kautschuk beträgt das Gewicht der Uhr rund 140 Gramm. Mit Blick auf das massive Erscheinungsbild der P99 Iris Tactical wirkt die Wasserdichtigkeit (obwohl sie natürlich absolut alltagstauglich ist) mit 10 bar bzw. 10 atm etwas unterdimensioniert – ich könnte mir aber vorstellen, dass die Irisblende hierbei eine Rolle spielt.

Unten noch ein paar weitere Referenzbilder an meinem Handgelenk mit ca. 18,5 cm Umfang – ich habe relativ kräftige Arme, sodass die Abmessungen der Uhr an meinem Arm auf jeden Fall in Ordnung gehen.

Alles super? „Super Powered“ trigalight

Neu ist ferner, dass traser erstmalig bei der P99 Iris Tactical sogenanntes „Super Powered“ trigalight einsetzt, die die Stundenindizes und die Zeiger bestücken. Zunächst dachte ich, es handelte sich dabei um eine neue Namensgebung für die trigalight-Röhrchen, die mit deutlich über 1 GBq Füllmenge Tritium-Gas kommen, so wie beim Sondermodell traser P67 SuperSub T100, das nicht im freien Einzelhandel erhältlich ist und nur mit einer Sondergenehmigung geordert werden kann (z.B. durch offizielle Einsatzkräfte). Doch dem ist nicht so.

Die Super Powered trigalights (SP-GTLS) sind tatsächlich eine Neuentwicklung aus dem Hause mb-microtec. Diese leuchten laut traser dank einer im eigenen Hause entwickelten PVD-Beschichtung aus reinem Aluminium auf der Innenseite der Röhrchen 20% heller sowie mit knackigeren Konturen. Darüber hinaus soll die Leuchtkraft mit 20 Jahre aufwärts deutlich länger halten. Die 20 Jahre Lebenszeit kann ich logischerweise nicht testen (außer mir schenkt jemand eine Zeitmaschine), sehr wohl aber natürlich die Leuchtkraft – allerdings muss ich festhalten, dass der Leuchtkraftunterschied faktisch für mich mit der Kamera nicht wirklich einfangbar war, wie man unten im direkten Vergleich zwischen einer traser mit normalem trigalight (links) auch sehen kann. Interessant ist aber, dass mb-microtec die Super Powered trigalights mit Zielgruppe Armee und Polizei mit bis zu 80% Helligkeitsverbesserung bewirbt, und zwar im Zusammenhang mit Zielvisieren.

Ansonsten entspricht das Gesicht der P99 Iris Tactical dem nüchtern-funktionalen Look, den wir aus trasers P99-Reihe kennen. So ist beispielsweise eine 24-Stunden-Indexierung im Innenbereich an Bord, die als Hilfestellung für das Ablesen der Zeit im Militärkontext dient (im US-Militärjargon ist beispielsweise die Rede von 1600 (Sixteen Hundred) – der Innenring soll entsprechend den Soldaten als Hilfestellung dienen, um die Zeit richtig zu „übersetzen“).

Für mich nicht ganz nachvollziehbar ist aber, warum die Zeiger der P99 Iris Tactical schwarz ausgeführt sind, da ja auch das Blatt schwarz ist – ja natürlich, durch die relativ großen trigalights, die auf den Zeigern sitzen, ergibt sich dennoch ein guter Kontrast, allerdings hätte traser beim Zeigersatz doch wunderbar auch die rote Farbe des „Viertels“ auf der Lünette aufgreifen können, um die Ablesbarkeit noch weiter zu verbessern.

Wie man es von vielen (nicht allen) traser-Modellen gewohnt ist, kommt auch die P99 Iris Tactical mit einem Quarzwerk, konkret dem Ronda 517 xtratech. Das Schweizer Dreizeigerwerk mit Datum kommt dabei auf knapp vier Jahre Batterielaufzeit (371) und eine Ganggenauigkeit von -10 bis +20 Sekunden pro Monat. Die Magnetfeldresistenz gibt Ronda mit 18,8 Oersted an, was umgerechnet 1880 Mikrotesla entspricht – damit ist das Werk ordentlich gegen die gängigsten, alltäglichen Magnetfelder abgeschirmt. Zusätzlich ist auch eine Wochentagsanzeige an Bord des Ronda 517 – und zwar zweisprachig deutsch/englisch (zum Beispiel MIT und WED).

Auch, wenn es Freunden der Mechanik vielleicht nicht schmeckt: Ganz nüchtern betrachtet hat die Quarztechnologie gegenüber klassischen Automatikkalibern (fast) nur Vorteile, vor allem hinsichtlich der Stoßfestigkeit, welche typischerweise die Achillesferse aller mechanischer Uhren ist (insbesondere die Unruhwelle) – vor allem mit Blick auf die Positionierung des Modells, ist trasers Entscheidung also mehr als nachvollziehbar (dazu gleich mehr).

Blende gut, alles gut? Abschließende Gedanken

Der Aufpreis der Iris-Variante (ab 920€) gegenüber der „Standard“-P99 mit Quarzwerk (ab 569€ Liste) ist natürlich nicht ganz ohne. Allerdings ist wohl auch die Zielgruppe für die Irisblende nicht grade riesig, denn Otto Normal-Bürotäter wie ich scheren sich nicht unbedingt jeden Tag um Lichtdisziplin im militärisch-taktischen Kontext oder dergleichen. Und die trigalights sind ja nun auch nicht so nachterhellend, dass man die Blende nun beispielsweise unbedingt bräuchte, um die Uhr bei der nächtlichen Ablage auf dem Nachtschrank abzudunkeln, damit man ordentlich schlafen kann. In dem Sinne ist auch die Limitierung erst mal nachvollziehbar. Auf der anderen Seite ist die Irisblende natürlich gleichzeitig auch aus der Kategorie „ziemlich cooles Männerspielzeug“ und in jedem Fall unterstreicht traser mit der Umsetzung des Patents den (historisch gewachsenen) Anspruch sich im taktischen Bereich zu positionieren (siehe MIL-PRF-46374 G). Getreu dem Motto: Schaut mal her, was wir können.

Ich habe mir darüber hinaus noch die Frage gestellt, ob die Uhr vielleicht für Jäger interessant ist: Nachttiere (z. B. Wildschweine, Füchse, Rehe) haben ein sogenanntes Tapetum lucidum, eine reflektierende Schicht im Auge, die Licht verstärkt. Das macht sie besonders empfindlich für schwache Lichtquellen, d.h. sie können (vergleichsweise) schwaches Leuchten durchaus sehen. Auf der anderen Seite sind viele Tiere an natürliche schwache Lichtquellen (wie Glühwürmchen etc.) gewöhnt. Falls jemand Erfahrung in der Hinsicht hat, freue ich mich über Kommentare!

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Frank T. aus MZ
3 Stunden zurück

Hi Ho Mario 😀!
Eine Irisblende in einer Armbanduhr gab es schon mal vor ca. 10 Jahren von der Schweizer Fa. VALBRAY in deren „Oculus“. Bei der handelte es sich jedoch eher um ein Stylingmerkmal. Diese traser hätte ich gerne als Teenie als Gimmick in einem Yps-Heft vorgefunden. In Zeiten von Wärmebildkameras erscheint das alles auch eher als Gimmick. Zudem lässt sich ein Ärmel oder Handschuh über die Uhr ziehen und dunkel isses. Zur Not freilich auch so eine von Dir verlinkte Binde. Die Wermutstropfen für die Irisblende (nur 10 bar wd, die nicht illuminierte Lünette sowie die Abmessungen) erscheinen mir zu hoch. Sehr gut ist Deine Kritik zu den schwarzen Zeigern auf schwarzem Grund, traser scheint hier auf einem hartnäckigen Trip zu sein, entgegen jeglicher Vernunft. Zu dem aufgerufenen Preis in Deutschland von EUR 920-980 (teurer als in CHF) wird es sicher schwer die Uhren an den Mann zu bringen. Zugute halten muss man, dass es sich hier im Gegensatz zur P99Q um ein komplettes Stahlgehäuse handelt.
Beste Grüße, Frank