Uhren mit besonderen Zifferblättern liegen nach wie vor voll im Trend – man schaue beispielsweise auf die Edelstein-Zifferblätter der (ziemlich schnell ausverkaufen) HEINRICH Helicoprion. Auch die Monbrey MB2 Kenkyū folgt diesem Trend – und macht gleichzeitig einiges anders. So viel vorweg: Monbrey ist für mich persönlich eine der Überraschungen des Jahres 2024.
Eckdaten Monbrey MB2:
- Edelstahlgehäuse 316L
- Weicheisenkäfig, resistent gegen Magnetismus bis 4800 A/m
- Durchmesser 37,5 mm
- Horn-zu-Horn 45 mm
- Höhe 9,5 mm (ohne Glas) bzw. 11,8 mm (mit Glas)
- Saphirglas mit Antireflexbeschichtung auf der Innenseite und Anti-Fingerabdruck-Beschichtung auf der Oberseite
- Zifferblatt aus Juwelenstahl oder CNC-bearbeitetes Bishamon-kikko pattern auf Basis von Perlmutt
- Super-LumiNova BGW9 (Grade A)
- Vergoldeter Sekundenzeiger
- Wasserdichtigkeit 10 ATM / 100 Meters / 330 Feet
- Antimagnetisch ≥ 4800 A/m dank Weicheisenkäfig
- Japanisches Miyota-Automatikkaliber 9039, Gangreserve 40+ Stunden
- Edelstahlband mit werkzeugfreier Feinjustierung und Schnellwechselsystem
- Zusätzlich Epsom-Lederband aus Italien mit Schnellwechselfederstegen
- Erhältlich ab 4. November 2024 im Vorverkauf auf monbrey.com, Auslieferung ab Ende März 2025
- Listenpreis im Rahmen des Vorverkaufs um 25% reduziert, effektiver Endpreis im Vorverkauf inkl. Einfuhrumsatzsteuer/Zoll: 560€
Monbrey MB2 im Test
Monbrey wurde 2021 von den beiden in Hongkong ansässigen Industriedesignern Henry Kwong und Austin Lee gegründet. Im Jahr 2002 begannen sie ihre Reise in die Uhrenindustrie und fertigten Uhren für renommierte globale Marken im Sinne eines Private Label-Uhrenherstellers – Monbrey ist also keine so ganz klassische Microbrand-Story, bei der die Gründer häufig völlig branchenfremd sind. Stattdessen ist eine ordentliche Portion Expertise und Erfahrung an Bord – und das merkt man (so viel vorab) in vielen Details der MB2.
Genau wie das erfolgreich über Kickstarter finanzierte Einstandsmodell Monbrey MB1 ist auch die neue MB2 im Dunstkreis japanischer Vintage-Designs wie die King Seiko 44-9990 aus dem Jahre 1965, auch genannt “KSK” (kurz für kisei-tsuki, das japanische Wort für Sekundenstopp bei gezogener Krone), zu verordnen.
Die Monbrey MB2 trägt daher auch nicht zufällig den Beinamen Kenkyū (建久), der Name für die Ära, in der das erste Shogunat in Japan gegründet wurde (die Regierung des Shoguns Yoritomo bzw. des erblichen oberen militärischen Befehlshaber Japans von 1190 bis 1199). Das Japano-Leitthema spiegelt sich beispielsweise in den aufwändigen Zifferblättern wider, die u.a. von damaligen Samuraischwerten inspiriert sind. Die MB2 ist dabei auf auf zwei Hauptvarianten aufgeteilt: „Tamahagane“ und „Bishamon-kikko“ – jeweils in verschiedenen Farbvarianten.
Tamahagane (玉鋼) „Juwelenstahl“
Für diesen Artikel lag mir eine Tamahagane (玉鋼)-Variante der MB2 vor, benannt nach dem Tamahagane-Stahl, eine traditionelle Art von japanischem Schmiedestahl, der seit Jahrhunderten zur Herstellung von Katanas und anderen Schwertern verwendet wird. Heute werden neben Schwertklingen auch Klingen für „alltägliche“ Messer wie Hocho (japanische Küchenmesser) oder Kamisori (japanische Rasiermesser) aus Tamahagane hergestellt.
Tamahagane bedeutet übersetzt “Juwelenstahl”. Der Tamahagane-Stahl wird aus dem Rohmaterial Eisensand (Satetsu) gewonnen. Dieses stammt aus dem Gebiet Okuizumo in der Präfektur Shimane, die in der Region Chugoku auf der japanischen Hauptinsel Honshu liegt. Der Sandeisenstein wird dabei in einem aufwendigen Prozess zu Roheisen verarbeitet und dann durch das Schmieden und Falten weiter verfeinert.
Die Textur des Tamahagane-Stahls auf dem Blatt der MB2 erinnert effektiv an eine Mischung aus Lavagestein, Asphalt und Meteorit mit einer plastisch-feinkörnigen Oberfläche. Gleichzeitig stechen die funkelnden Pigmente ins Auge – das Tamahagane-Blatt ist dadurch eine tolle Alternative zu Zifferblättern aus Aventurin, die man in letzter Zeit ja recht häufig sieht. Prädikat: Mehr als sehenswert.
„Bishamon-kikko“
Nun auch noch ein paar Worte zum Zifferblatt mit Bishamon-kikko-Muster (das mir allerdings leider nicht „live“ vorlag): Dieses wird per CNC-Maschine auf Perlmutt (Mother of Pearl, MOP) gefräst, was sicherlich produktionstechnisch nicht so ganz einfach ist, da Perlmutt als leicht zerbrechlich gilt.
Ursprünglich soll das Muster, das den Panzer einer Schildkröte imitiert, für Langlebigkeit, Gesundheit und Abwehr des Bösen stehen. Das Muster ist beispielsweise auf der Rüstung von Bishamonten (毘沙門) zu entdecken, der in der allgemeinen japanischen Religion einer der sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin) ist (siehe Brustpanzer bzw. oberer Teil der Rüstung im Bild unten).
Unabhängig von der Textur und Farbe des Zifferblatts haben alle dasselbe grundlegende, recht schlichte Design. Ins Auge stechen vor allem die auch auf Nahaufnahmen extrem präzise, knackscharf verarbeiteten dreidimensionalen und facettenreichen Stunden-Indizes. Das Besondere: Jeder Index ist aufwändig mit etlichen feinen, CNC-gefrästen Rillen auf der Oberseite ausgestattet, die in der Summe einen matten Effekt erzeugen.
Die Minuterie ist hochgezogen und setzt sich dezent am Rande ab. Stunden- und Minutenzeiger sind ähnlich scharf facettiert wie die Indizes. Der nadelförmige Sekundenzeiger ist roségoldbeschichtet, auf Nahaufnahmen wirkt die Textur ähnlich wie Blattgold.
In der Summe habe ich in der Preisklasse der MB2 höchstselten eine solche Detailqualität bei einem Zifferblatt gesehen, die auch sämtlichen Nahaufnahmen gewachsen ist. Prädikat: 素晴らしい! (Subarashii!)
Auch vom Gehäuse bin ich nicht minder begeistert: Ähnlich wie bei der damaligen King Seiko KSK zeigt das Gehäuse der Monbrey MB2 vor allem eine auffallend scharfe und kantige Kontur (siehe insbesondere die Hörner). Die Übergänge von der spitz zulaufenden, polierten Fase zur fein satinierten Flanke sind knackscharf umgesetzt.
Gut: Die Krone ist verschraubt, was alles andere als üblich für eine Uhr diesen Typs ist. Gleiches gilt für die Wasserdichtigkeit von immerhin 10 ATM / 100 Meter / 330 Feet (zum Schwimmen geeignet). „Den Deckel drauf“ macht ein stark zum Rand hin schön hochgewölbtes Saphirglas (sogenanntes „Box-shaped“ Saphirglas) – ein typisches Merkmal klassischer Vintage-Uhren, die damals mit gewölbtem Plexiglas kamen. Das passt wunderbar zum japanischen Vintage-Thema der Uhr.
Gegenüber der MB1 hat Monbrey die MB2 weiter verkleinert, und zwar auf 37,5 mm Durchmesser (45 mm Horn-zu-Horn) und ein schlankeres Profil von 9,5 mm (ohne Glas). Intuitiv hätte ich das Modell – so wie es am Arm wirkt – wohl als etwas größer eingeschätzt, an meinem 19 cm-Handgelenk wirkt die Uhr aber dennoch etwas verloren.
Die Bandlänge lässt sich in vier Positionen werkzeugfrei anpassen, zum Beispiel, wenn man vom Winterspaziergang ins warme Heim kommt und der Handgelenkumfang sich so deutlich ändern kann: Einfach den kleinen Schieber innerhalb der Schließe drücken und das Band verschieben. Schön: Die Bandelemente sind an den Seiten abgekantet und poliert. Das zahlt weiter auf die hochwertige Gesamtoptik ein.
Gut und heutzutage alles andere als eine Selbstverständlichkeit: Im Lieferumfang der Monbrey MB2 ist auch ein schwarzes italienisches Lederarmband mit sogenanntem Epsom-Muster, das auf den Luxusartikelhersteller Hermès zurückgeht, enthalten. Das Stahlband ist aber dennoch mein klarer Favorit.
Für den Antrieb der MB2 sorgt das japanische Premium-Kaliber Miyota 9039 mit 28.800 bph Frequenz und 42 Stunden Gangreserve. Das Kaliber kann es nach einhelliger Meinung absolut mit Schweizer Kalibern wie dem SW200-1 aufnehmen. Allerdings scheuen die meisten Microbrands zusätzliche Aufwände bzw. Kosten, um die per Spezifikation nicht grade phänomenale Ganggenauigkeit von -10 bis +30 Sekunden pro Tag zu verbessern – nicht so Monbrey, die lobenswerterweise durch eine Reglage +/-8 Sekunden pro Tag versprechen.
Auf einen Sichtboden, der das Kaliber freigibt, verzichtet Monbrey – aus funktionalen Gründen: Im Gehäuse der MB2 kommt eine Weicheisenkäfig, d.h. ein geschlossenes System, bestehend aus Zifferblatt-Unterseite, Werkhaltering und Zwischenboden aus reinem Eisen zum Einsatz, der für eine magnetische Abschirmung ≥ 4800 A/m sorgt (= ca. 6000 Mikrotesla). Weicheisen ist ein Stoff, der sich leicht magnetisieren lässt, gleichzeitig aber eine geringe Remanenz – das heißt nach einer Magnetfeldeinwirkung geringe zurückbleibende Magnetisierung – aufweist. Wie ich in meinem Artikel über Uhren und Magnetismus bzw. in einem Experiment festgehalten habe, haben Features wie ein Weicheisenkäfig definitiv nicht nur theoretischen Nutzen, denn Magnetismus-Quellen gibt es im Alltag quasi überall.
Mehr: Uhr entmagnetisieren und Magnetismus im Alltag
Abschließende Gedanken
Monbrey ist für mich persönlich eine der Überraschungen des Jahres 2024. In der Preisklasse der MB2 Kenkyū ist ein so hochwertig-detailreich verarbeitetes Zifferblatt in Verbindung mit einem so genialen Struktureffekt (Juwelenstahl) wohl so ziemlich einmalig. Die Variante mit „Bishamon-kikko“-Muster konnte ich leider nicht live begutachten, auf Pressefotos sieht diese aber nicht minder imposant aus. In jedem Fall zeigt das Beispiel Monbrey MB2, dass eine schlichte Uhr, die alles andere als ein weltbewegend neues Design hat, dennoch durch viel Liebe zum Detail (hier vor allem das Blatt) punkten und aus der Masse hervorstechen kann.
Alle sieben Varianten der MB2 Kenkyū können direkt auf der Website von Monbrey vorbestellt werden, wobei die Auslieferung voraussichtlich zwischen Ende März/Anfang April 2025 erfolgen wird (und aufgrund der langjährigen Erfahrung der Monbrey-Gründer, darf man auch davon ausgehen, dass dieser Termin auch gehalten werden wird). Der Preis im Rahmen des Vorverkaufs: Umgerechnet knapp 470€ zzgl. Zoll und Einfuhrumsatzsteuer also effektiv rund 560€. Die Zahlung ist derzeit nur per Kreditkarte möglich, was etwas schade ist, da Kreditkarten in Deutschland nicht allzu verbreitet sind – wer sich für die Monbrey MB2 interessiert, für den ist das aber nun ja vielleicht eine gute Gelegenheit, um eine Kreditkarte anzuschaffen (ja, es lohnt sich).
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