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Der familiengeführte Pforzheimer Uhrenhersteller Circula hat sich anno 2024 ganz schön Zeit gelassen für das erste komplett neue Modell, die Fliegeruhr ProFlight. Wobei “komplett neu” ist die ProFlight streng genommen nicht: Die Fliegeruhr basiert auf dem modernen Gehäuse der 2023 auf den Markt gebrachten ProTrail Field Watch. Das ändert aber nichts daran, dass sich das Modell schnell zu meinem absoluten Circula-Favoriten gemausert hat…

Eckdaten Circula ProFlight:

  • Made in Germany
  • Schweizer Automatikwerk Sellita SW-200-1, Qualitätsstufe Elaboré (7 ±7 s/d, Incabloc-Stoßsicherung)
  • 40mm Durchmesser, 46mm Horn zu Horn, 12mm Höhe (ohne Glas), 20mm Bandanstoß
  • 316L Edelstahlgehäuse mit Stahlboden, kratzfeste Oberflächenhärtung bis 1.200 Vickers
  • Antimagnetisch bis 80.000 A/m mit einem Weicheisenkäfig
  • 150 Meter wasserdicht, verschraubte Fliegerkrone, Gravur belegt mit Super-LumiNova BGW9
  • Gewölbtes und mehrfach innen entspiegeltes Saphirglas
  • Zeiger und Zahlen gefüllt mit Swiss Super-LumiNova BGW9 bzw. C3 X1
  • Individuell gestaltete Ziffern auf dem Blatt
  • Geprägter Gehäuseboden mit Flugzeugpropeller, Gehäuseflanken mit geätzter Vertiefung
  • Segeltuch-Uhrband mit Schnellwechselsystem, hartbeschichtetes Stahlband mit Schnellwechselsystem und Feinverstellung in drei Positionen optional erhältlich
  • ab 1.029€ im Onlineshop von Circula (das kratzfeste Stahlband ist optional für zusätzliche 170€ erhältlich)

Circula ProFlight im Test

Der Pforzheimer Uhrenhersteller Circula wurde ursprünglich 1955 von Heinz Huber gegründet und im Jahr 2018 durch Cornelius Huber, dem Enkel des Gründers, übernommen und neu ausgerichtet. Circula ist demnach weniger eine klassische Microbrand, sondern vielmehr ein unabhängiges Familienunternehmen, das sich mit fünf mechanischen Modellen in verschiedenen Varianten heute im Markt etabliert hat (wenngleich die erschwinglichen Preise und der Schwerpunkt auf den Online-Direktvertrieb zwei Microbrand-Charakteristika sind, die man auch bei Circula vorfindet).

Gegenüber der ProTrail betrifft die wesentlichste Änderung der ProFlight, die in Zusammenarbeit mit dem bekannten Schweizer Designer Guy Bove gestaltet wurde (u.a. tätig für TAG Heuer, Chopard, Breitling und IWC), wenig überraschend das Zifferblatt inklusive des Zeigersatzes. Und die ProFlight ist auch ein perfektes Beispiel dafür, dass die Analogie vom Zifferblatt als “Gesicht” einer Uhr mehr als zutreffend ist, denn die ProFlight hat einen ganz eigenen, neuen Charakter.

Besonders ins Auge sticht das zentrale Leuchtdreieck mit zwei Punkten: Es handelt sich dabei um ein Merkmal, das Uhrenfreunde unter anderem von klassischen A-Muster-Beobachtungsuhren kennen und das aus Gründen der besseren Ablesbarkeit statt der arabischen „12“ zum Einsatz kommt. Das Dreieck sorgt (damals wie heute) dafür, dass der Träger der Uhr auch im hektischen Alltag und im Dunkeln selbst mit einem flüchtigen Blick die Stellung der Zeiger zur „12“ erkennen kann. 

Circula nimmt dabei eine kleine, aber feine Veränderung am Dreieck vor: Es kommt nun in der Art eines umgekehrten “V” – das macht die ProFlight etwas sportlicher und “leichter”.

Mehr: Fliegeruhren: Die charakteristischsten optischen und technischen Merkmale

Auch die großen, applizierten Stundenziffern sind ein klassisches Merkmal aus dem Bereich A-Muster-Beobachtungsuhren – diese wurden für die ProFlight individuell gestaltet und unterstreichen mit ihrer Kombination aus harten Kanten und Rundungen das moderne Erscheinungsbild der Fliegeruhr (die Ziffern wirken teilweise wie “aufgepumpt”). Nettes Detail am Rande: Als erstes Modell erhält das Zifferblatt das neue Circula-Schriftlogo, das sich mit seiner charakteristischen Typographie am historischen Design orientiert und gleichzeitig dessen Schlichtheit beibehält (das Schriftlogo findet man u.a. auf Circula-Taucheruhren aus den 70ern, siehe: Circula AquaSport).

Die Zeiger kommen in klassischer Losange-Form, die man oftmals bei Fliegeruhren vorfindet. Das Schallplattenmuster im Innenbereich des Blattes deutet die Rotation eines Propellers an. Bei der blauen Variante (mein haushoher Favorit) sind die applizierten Ziffern und der Zeigersatz übrigens thermisch gebläut; bei der monochromem bzw. schwarzen Variante sind sie aus Edelstahl in Gunmetal-Optik (auf den in diesem Artikel gezeigten Bildern sind die Ziffern der schwarzen Variante noch unbehandelt, d.h. die Ziffern der finalen Version werden etwas dunkler am Rand werden).

Im Sekundenzeiger und im “PROFLIGHT”-Schriftzug hat die blaue ProFlight außerdem warme orange Akzente spendiert bekommen – der warm-kalt-Kontrast passt hier ganz wunderbar. Auch die Super-LumiNova-Farben wurden entsprechend angepasst: Die blaue ProFlight kommt mit blau nachleuchtendem BGW9, die monochrome Variante mit gelbgrün nachleuchtendem C3 – jeweils in der höchsten Qualitätsstufe X1, die eine längere Nachleuchtdauer mitbringt.

Weicheisenkäfig und historischer Bezug

Das Schweizer Automatikkaliber Sellita SW200-1 in der höheren Qualitätsstufe Elaboré wird bei der Circula ProFlight durch einen innenliegenden Weicheisenkäfig geschützt, bestehend aus Zifferblattunterseite, Werkhaltering und Zwischenboden aus reinem Eisen (da eine geschlossene Konstruktion notwendig ist, um die antimagnetischen Eigenschaften nicht zu beeinträchtigen, verzichtet Circula auf ein Datumsfenster, das einem Loch im Zifferblatt gleich käme).

Der historische Hintergrund: Magnetfeldabschirmung war stets ein relevantes Thema in der Geschichte der Aeronautik – so sind beispielsweise die Ablenkspulen von Radarschirmen, die sich in Flugzeugcockpits und den Bodenstationen befinden, magnetisch und können einen negativen Einfluss auf die Ganggenauigkeit einer mechanischen Uhr ohne speziellen Magnetfeldschutz haben. Auch Stromkreise, Elektromotoren in Lüftern, Pumpen, Aktuatoren und dergleichen erzeugen Magnetfelder.

Der Einsatz eines abschirmenden Weicheisenkäfigs in einer Fliegeruhr wie der ProFlight ergibt also thematisch absolut Sinn. Dieser bringt aber auch einen großen Alltagsnutzen für Uhrenfreunde, die lieber am Boden bleiben: Wie ich in einem ausführlichen Experiment dargelegt habe, können von alltäglichen Gegenständen wie beispielsweise einer Soundbar hohe Mikrotesla-Werte ausgehen, welche die Ganggenauigkeit eines Uhrwerkes stark beeinträchtigen können. Der Magnetfeldschutz der ProFlight bis satte 100.000 Mikrotesla (= 80.000 A/m) bietet in dieser Hinsicht einen alltagstauglichen, sinnvollen Schutz, der weit mehr ist als bloße Spielerei. Zum Vergleich: In einer Untersuchung von rund 1.000 Uhren, die der Spezialuhrenhersteller Sinn im Rahmen des Kundendienstes durchgeführt hat, erwiesen sich fast 60% der eingegangenen Uhren als magnetisiert, davon die Hälfte mit starken Magnetfeldfehlern. 

Durch den Weicheisenkäfig ist die ProFlight übrigens etwas schwerer – immerhin knapp 100 Gramm bringt die Fliegeruhr am Canvasband auf die Waage. Das Edelstahlband wiegt in etwa noch mal genau so viel.

Genau wie bei der ProTrail ist das bis 15 bar wasserdichte Gehäuse der ProFlight ebenfalls kolsterisiert. Kolsterisieren ist ein Diffusionsverfahren welches bei vergleichsweise geringen Temperaturen von circa 300 Grad durchgeführt wird. Bei dieser Temperatur diffundiert Kohlenstoff in die Oberfläche des Stahls. Die Kohlenstoffatome besetzen dabei die Zwischengitterplätze im Stahlgefüge, ohne eine chemische Verbindung mit dem Stahl einzugehen. Dadurch entsteht eine Druckspannung, die eine starke Aufhärtung der Oberfläche bewirkt, jedoch die Korrosionsbeständigkeit nicht beeinträchtigt. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber anderen Oberflächenhärteverfahren, die beispielsweise beim Aufkohlen Karbide bilden, die einen negativen Einfluss auf die Rostbeständigkeit haben können.

Das Kolsterisierungs-Verfahren wird von der bei Frankfurt ansässigen Firma Bodycote vor allem für anspruchsvolle Industrielle Anwendungen beworben, in denen der Verschleiß von Bauteilen reduziert werden soll bzw., um die Langlebigkeit zu erhöhen. Und was für industrielle Anwendungen passt, passt natürlich auch für Uhren. Bodycote sagt, dass durch Kolsterisieren die Härte auf bis zu 1.200 Vickers (HV) steigt. Zum Vergleich: Unbehandelter 316L-Edelstahl kommt auf grade mal rund 200 HV.

Und noch ein Vorteil: Anders als beim Eishärtungs-Verfahren, bei dem vor allem bei austenitischen Edelstählen eine signifikante Wirkung auf die magnetischen Eigenschaften eintreten können, indem es die Bildung von martensitischen Phasen fördert und so die Magnetisierbarkeit erhöht, hat Kolsterisieren keinerlei Einfluss auf die magnetischen Eigenschaften.

Kurzum: Wer Kratzer auf seiner Uhr hasst, wird ein kolsterisiertes Gehäuse nicht mehr missen wollen.

Von den technischen “Hard Facts” mal abgesehen bin ich ohnehin ein großer Fan des von Hand sandgestrahlten, facettierten Edelstahlgehäuses der ProTrail/ProFlight: Haptik und Verarbeitung sind erstklassig, das markante Design ist modern, eigenständig und überaus gelungen. Charakteristisch ist dabei die Ausbuchtung an der linken Flanke mit der rauen, eingelassenen Struktur, die man auch im Außenbereich des Blattes wiederfindet und die das Gehäuse etwas “leichter” wirken lässt.

Übrigens: Die (verschraubbare) Krone der ProFlight ist deutlich größer und griffiger als die der ProTrail – auch hier ganz im Sinne historischer Fliegeruhren, die in den bitterkalten Cockpits auch mit dicken Handschuhen bedienbar sein mussten (ein Vergleichsbild ProFlight vs. ProTrail dazu unten).

Ein nettes Gimmick ist, dass in das eingravierte Circula-Logo auf der Krone ebenfalls Super-LumiNova eingelassen ist. Der Gehäuseboden der ProFlight trägt außerdem eine schlichte Propeller-Gravur, passend zum Innenbereich auf dem Zifferblatt (der mir vorliegende Prototyp der ProFlight hatte diesen Boden noch nicht, weshalb ich an dieser Stelle auf ein Rendering von Circula verweise).

Proflight grey 2

Neben dem angenehm flexiblen Band mit Segeltuch- bzw. Canvas-Oberseite und Leder-Unterseite bietet Circula darüber hinaus auch optional ein passendes Stahlband an – zum reduzierten Preis von 170€ (wenn man es später separat erwirbt sind’s 199€).

Man beachte, dass das Stahlband nicht wie das Gehäuse kolsterisiert ist. Unempfindlich(er) gegen Kratzer ist es trotzdem: Dank Oberflächenbehandlung sind Stahlband und Schließe kratzfest bis 1.200 Vickers – eine gute Sache für Bürotäter wie mich, die regelmäßig mit dem Stahlband am Schreibtisch entlang schubbern. Dennoch sollte man logischerweise davon ausgehen, dass eine “Tiefenhärtung” wie Kolsterisieren Stahl deutlich unempfindlicher macht als eine “einfache” Beschichtung auf der Oberfläche.

Die Glieder des Stahlbandes sind haptisch für diese Preisklasse in jedem Fall überdurchschnittlich gut aufeinander abgestimmt. Die Schließe lässt sich in drei Stufen feinjustieren – allerdings leider nicht werkzeuglos, d.h. man benötigt mindestens eine Büroklammer, um den Federsteg in den seitlichen Bohrungen der Schließe aufzuhebeln. Dank Schnellwechsel-Federstegen lässt sich fix zwischen Canvas- und Stahlband wechseln.

Abschließende Gedanken

Die ProFlight erfindet die Kategorie der Fliegeruhren sicherlich nicht neu. Mir als Uhrennerd geht aber natürlich das Herz auf, wenn ich sehe mit wie viel Liebe zum Detail das Modell kommt – und das, obwohl sich “nur” Zifferblatt inklusive Zeigersatz, Boden und Krone gegenüber der ProTrail verändert haben.

Durch das Blatt mit seinen großen, applizierten Ziffern und der frischen Interpretation des klassischen Fliegerdreiecks bekommt die ProFlight einen ganz eigenen Charakter. Gleichzeitig bringt die ProFlight zwei alltagstaugliche Goodies mit, die man in der Preisklasse höchstselten antrifft (Kolsterisieren, Weicheisenkäfig). Insgesamt ist die neue ProFlight meiner Meinung nach die bisher geilste Circula – auch, wenn die Pforzheimer die magische 1000€-Marke durchbrechen, möchte ich eine ganz klare Kaufempfehlung aussprechen, denn wo findet man heute noch ein so rundes Paket von einem familiengeführten Traditionshersteller?

Die ProFlight ist am passenden Segeltuch-Textilband ab 1.029€ im Onlineshop von Circula erhältlich. Ein kratzfestes Stahlband ist optional für zusätzliche 170€ erhältlich.

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Glenn
4 Monate zurück

Da ich diese Uhr nicht kaufe, obwohl ich sie gerne hätte, hier die Gründe dafür:

1) Ein bisschen teuer

2) Die Höhe von 13,4 mm (12 mm ohne Glas) ist im Verhältnis zum Durchmesser von 40 mm viel zu groß! Praktisch kann man sie nicht unter einer Hemdmanschette tragen. Die Angabe der Höhe ohne Glas kann sich als Falle erweisen. Das ist so, als würde man die Höhe eines Hauses ohne Dach angeben (vorausgesetzt, es hat überhaupt ein Dach). Was immer zählt, sind die tatsächlichen Maße für den Gegenstand, den man trägt oder benutzt.

Ich frage mich immer, warum man diese Höhe nicht auf ein “tragbareres” Maß reduzieren kann?

Danke Mario für den Bericht!

THOR
4 Monate zurück

Die “Schallplatte” in der Mitte und die “Grobe Körnung” gefallen mir! 😉
Der aufgerufene Preis für eine:”Drei-Zeiger-Uhr”,ist deutlich zu hoch! 🙁
Dafür sieht das Zifferblatt nun nicht wirklich “Hochwertig”,aus!!!
…Es gibt immer Zwei Meinungen:”Meine und die Falsche!” 😉
mfG
THOR

Chris Christian
4 Monate zurück

Auch wenn die Uhr sehr gut beschrieben wurde, so wirkt sie für mich wie ein Billigprodunkt, wenn ich mir das Ziffernblatt ansehe. Es sieht aus. als wäre es einfaches Plastik. Zudem ist es für mich keine Uhr die auffällt. Würde nicht Circula am Ziffernblatt stehen, könnte man sie nicht von Massenware unterscheiden.

Uwe
4 Monate zurück

Wunderbar beschrieben und toll dokumentiert. Circula ist eine sympatische Uhrenmarke, leider gefällt mir das Sandpapier-Ziffernblatt nicht und als Fliegeruhr ist sie mir mit 40 mm Durchmesser und ein HGU bei 19 cm wieder einmal zu klein. Weiterhin viel Erfolg und bald mal wieder größere Uhren wünsche ich…hasta pronto!

Lars
4 Monate zurück

Komisch, was die Gimmicks betrifft, so sind wir zumindest bei der Krone, Brüder im Geiste😉.

Das Zifferblatt erinnert mich ein bisschen an ein mash up von IWC und JLC (Polaris). Mir gefällt die grobe Körnung leider nicht.
Ich hätte auch lieber das Firmenlogo auf dem Zifferblatt, als erneut den Firmenname🤷‍♂️
Besonders die Ausführung zum Gehäuse Material ließen mich, wahrscheinlich diverse PTM, aufhorchen, dafür 👍.
Die Farbgestaltung gefällt mir gut, blau/ orange geht halt immer😎.
Insgesamt ein sehr stimmiges Paket, auch mit der WaDi ist man zumindest auf der sicheren Seite.

Dennoch, da ich weder JLC Fan bin, noch meine Ansprüche an ein Automatik-Werk erfüllt sind, warte ich auf die weitere Entwicklung bei Circula.

Grüsse

Thomas
5 Monate zurück

Toller Artikel, tolle Fotos und eine klasse Uhr!
Was für eine PROTRAIL ist in der Mitte des Berichts abgebildet (auf dem Kopf stehend)?
Die sieht auch extrem gut aus!

Alexander
4 Monate zurück
Antworten...  Mario

Die gefällt mir auch, dann warte ich mal auf die Veröffentlichung!

Marcus V
5 Monate zurück

Der Bericht und die Bilder sind super, vielen Dank ! ! …. Das ist meine Nächste !

Ralf
5 Monate zurück

Wie immer erstklassig beschrieben. Das Preis – Leistung- Verhältnis der Uhr ist kaum zu übertreffen.