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Seit der (Wieder-)Einführung der Seascoper-Modellreihe hat Titoni diese rasant um viele neue Varianten erweitert – ein klares Zeichen dafür, dass die moderne Taucheruhr in unseren Gefilden ein absolutes Zugpferd und Aushängeschild des damals wie heute familiengeführten Uhrenherstellers ist (letzteres übrigens bemerkenswerterweise schon durchgängig in vierter Generation, was alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist mit Blick auf die Quarzkrise ab den 70ern und die heute von Konzernen geprägte Markenlandschaft). Mehr noch: Die Seascoper 600 kommt seit je her mit dem zum 100-jährigen Firmen-Jubiläum eingeführten Manufakturkaliber T10, was mit Blick auf den Preis bei der Einführung des Modells durchaus hohe Wellen geschlagen hat.

Nun, Anfang 2024, eröffnet Titoni das Uhrenjahr 2024 mit einer neuen Variante der Seascoper 600 mit dem Beinamen “Retro” – aber passt der Retro-Leitgedanke mit dem grundsätzlich modernen Erscheinungsbild des Modells zusammen?

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Titoni Seascoper 600 Retro im Test

Titoni hat in den letzten Jahren unter anderem mit der Seascoper 300 eine etwas “abgespecktere” und günstigere Variante (mit Standardkaliber) nachgelegt. Darüber hinaus hat Titoni das moderne Erscheinungsbild der Seascoper 600 passenderweise mit einer CarbonTech-Variante mit modernem Kohlefaser-Gehäuse unterstrichen.

Vor dem Hintergrund, dass die Seascoper 600 ein grundsätzlich modernes Erscheinungsbild hat, war ich zunächst ziemlich skeptisch, ob eine “Retro”-Variante überhaupt funktionieren kann. Von meinem ganz persönlichen Eindruck mal abgesehen, werden auf alt getrimmte Retro-Uhren mit brauner Leuchtmasse auch von vielen Uhrenfreunden grundsätzlich kritisch gesehen.

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Nun, so viel vorweg: Bei der Seascoper 600 Retro habe ich nicht das Gefühl, dass Titoni “auf Teufel komm raus” einen Retro-Look erzwingen wollte, sondern, dass man sich in Grenchen einfach Gedanken um eine stimmige neue Farbkombi gemacht hat (ob vor dem Hintergrund der Modell-Beiname “Retro” so geschickt gewählt ist, sei mal dahingestellt): Das Zifferblatt und der Lünetteneinsatz aus kratzfester Keramik sind in einem tiefen, dunklen Marineblauton gehalten. Den kräftigen Farbton kombinieren die Grenchner wiederum mit kupfer-goldfarben und auf Hochglanz polierten Akzenten: Zeiger, applizierte Indizes bzw. die für die Seascoper 600 charakteristischen, dominanten arabischen Ziffern und das applizierte Titoni-Logo (eine stilisierte Pflaumenblüte). Die kupfer-goldfarbenen Elemente haben in Verbindung mit der genial beidseitigen Entspiegelung des Saphirglases (auf ähnlich hohem Niveau wie Fortis) eine enorme, kontrastreiche Präsenz auf dem Zifferblatt mit Wow-Effekt.

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Titoni unterstreicht den warm-kühl-Kontrast passenderweise mit Schweizer Super-LumiNova in der Farbe Old Radium, die bei Tageslicht einen bräunlich-pastellorangen Farbton hat. Bei Dunkelheit ist das Nachleuchten grünlich – der Farbton, den das menschliche Auge am besten wahrnimmt (das liegt daran, dass die Zapfen und Stäbchen in der Netzhaut des Auges unterschiedlich auf verschiedene Wellenlängen des Lichts reagieren. Die Stäbchen, die für das Sehen bei schwachem Licht verantwortlich sind, sind am empfindlichsten für grünes Licht, gefolgt von Gelb und Blau).

Old Radium ahmt die vor Jahrzehnten zum Einsatz kommenden Radium-haltigen Leuchtfarben nach, die über die Jahre bräunlich wurden (wenn Radium mit Sauerstoff aus der Luft oder anderen Verunreinigungen in Kontakt kommt, bildet sich Radiumoxid, das braun ist). Anders als das früher zum Einsatz kommende Radium, bringt Super-LumiNova Old Radium aber natürlich keine Strahlenexposition mit und ist schon gar nicht gesundheitsgefährlich.

Darüber hinaus haben die charakteristisch-kantigen Ziffern bzw. Strichindizes auf der Lünette sowie die zentrale Lünettenmarkierung die gleiche cremige Farbe spendiert bekommen.

Der kräftig-kühle Blauton und die creme- bzw. goldfarbenen Elemente – all das harmoniert ganz wunderbar. Ein Wermutstropfen sei aber genannt: Wenn ich einen Wunsch frei hätte, hätte ich die Datumsanzeige bei “3 Uhr” anders ausgestaltet – eine farblich auf das Zifferblatt abgestimmte blaue Datumsscheibe mit cremefarbenem Druck der Datumsziffern hätte meiner Meinung nach einfach besser harmoniert als die aktuelle Lösung mit dem weißen Datum und der cremefarbenen Umrandung des Fensters. Andererseits ist die weiße Datumsscheibe natürlich optimal ablesbar.

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Die Seascoper 600 Retro kommt unverändert mit einem 42mm-Edelstahlgehäuse mit einer Höhe von 14,45 mm und einem Horn-zu-Horn-Maß von 52,2 mm. Mit Blick auf diese durchaus sportlichen Abmessungen ist die Seascoper 600 sicher nicht jedermanns Sache, denn das Modell ist überaus präsent am Handgelenk und trägt sich schwer und massiv. Passend zum haptisch wuchtigen Erscheinungsbild, sind auch die Spezifikationen weit überdurchschnittlich: Eine Wasserdichtigkeit von 60 bar bzw. 600 Meter und ein Heliumventil machen das Modell sogar fit für Berufstaucher (ob das Otto Normal-Schreibtischtäter wie meine Wenigkeit brauchen steht natürlich auf einem anderen Blatt).

Zum Vergleich: Die Seascoper 300 ist mit ihrer Gehäusehöhe von 12,55 mm schlanker und merkbar leichter zu tragen, wenngleich ich persönlich mit einem 19cm-Handgelenk kein Problem damit habe den “großen Bruder” zu tragen. Dennoch: Die Seascoper 600 ist kein Diver für Uhrenfreunde mit allzu schmalen Handgelenken.

Ein schönes optisches Detail ist die polierte und anglierte, also abgekantete, Fase an der Innenseite der Hörner, die die Kontur des Bandanstoßes im Übergang zum Endglied des Armbands betont. Das Stahlband kommt dabei wie gehabt im dreigliedrigen, schlichten “Oyster”-Stil und die Bänder sind nach wie vor verstiftet (noch ein Punkt auf meiner Wunschliste: Bei einer Seascoper 600 2.0 dürften es gerne verschraubte Glieder sein).

Das Band verfügt über eine Faltschließe mit Druckknopfverschluss und ein werkzeugloses Mikroverstellsystem, das sich durch Drücken des mittleren Teils des Titoni-Logos auf der Schließe auslösen lässt – auch “on the fly”, also während man die Uhr am Arm trägt. Die Titoni-Schließe ist in der Preisklasse bis 2000€ einer meiner absoluten Favoriten, denn der Mechanismus sieht durch seine vollintegrierte Machart nicht nur gut aus, sondern funktioniert auch ganz wunderbar. Man beachte allerdings, dass ein solcher Mechanismus die Schließe naturgemäß etwas in der Höhe anwachsen lässt.

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Titoni T10 an Bord

Ein weiteres markantes Designmerkmal der Seascoper 600 Retro ist der Gehäuseboden mitsamt eines speziell gestalteten Saphirglassichtfenster: In Form eines Bullauges bietet es einen Blick auf das 2019 vorgestellte, vollständig von Titoni in Eigenregie entwickelte und intern gefertigte Uhrwerk T10, das sein Debut im Modell Line 1919 feierte.

Aufgrund des schrittweisen Abbaus der Lieferungen von ETA-Kalibern durch die Swatch Group hatte sich Titoni, genau wie viele andere Hersteller, damals nach Alternativen umschauen müssen. Viele Uhrenhersteller sind letztendlich bei den Standardkalibern der Sellita SA gelandet – dort kauft auch Titoni ein, um beispielsweise die günstigere Seascoper 300 auszustatten. Für Spitzenmodelle wie die Seascoper 600 setzen die Grenchner aber auf das hauseigene Kaliber T10, das aus Sicht von Titoni (neben Image-Aspekten) eine größere Unabhängigkeit von Zulieferern ermöglicht – den Invest in die Entwicklung und Konstruktion wird man in Grenchen in der Summe sicherlich nicht bereut haben.

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So cool die Idee mit dem Bullauge auch ist – durch das deutlich verengte Fenster wird aber auch leider beispielsweise die durchaus ansehnliche, goldfarbene Schwungmasse verdeckt. Es ist zwar grundsätzlich schön, auch mal Mechanik beobachten zu können, die nicht aus dem Standardkaliber-Dunstkreis von Sellita, Miyota & Co. stammt, die aktuelle Lösung kommt aber ein wenig aus der Kategorie “nichts Halbes und nichts Ganzes”.

Aus Endkundensicht stehen auf der technischen Habenseite vor allem eine Zertifizierung als Chronometer von der COSC, die sich bei der mir vorliegenden Testuhr in einer perfekten Ganggenauigkeit von 0 Sekunden/Tag bemerkbar macht (Zifferblatt oben). Titoni differenziert sich mit dem T10 gegenüber Standardkalibern außerdem vor allem mit einer üppigen “Weekend proof” Gangreserve von 72 Stunden – und damit eine ordentliche Schippe mehr als typische Standardkaliber wie das Sellita SW200-1 (41 Stunden).

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Abschließende Gedanken

Ich habe nun schon einige Titoni-Zeitmesser auf Herz und Nieren getestet und war jedes mal äußerst angetan vom Preis-Leistungs-Verhältnis. Das ist auch bei der neuen Seascoper 600 Retro nicht anders, die mit ihrer toll abgestimmten Farbgebung eine willkommene Ergänzung in der Seascoper 600-Reihe ist – meine anfängliche Skepsis ist jedenfalls schnell verschwunden. Und trotz der Preiserhöhungen der letzten Jahre kann man nach wie vor festhalten, dass die überdurchschnittlich hochwertige Optik (die Uhr sieht deutlich teurer aus als sie ist) und die massive Haptik in Verbindung mit der Technik (Manufakturkaliber mit üppiger Gangreserve) für den von Titoni aufgerufenen Preis von 2.030 Euro (inkl. Steuern/Zoll) nicht leicht zu schlagen sind. Gleichzeitig zahlt die Unabhängigkeit von Titoni als inhabergeführtes Familienunternehmen auf das Sympathiekonto ein.

Eckdaten Titoni Seascoper 600 (Ref. 83600 S-BO-255):

  • Zifferblatt marineblau mit aufgesetzten Indizes im Kupfer-Gold-Ton
  • Old Radium Super-LumiNova
  • Gehäuse aus Edelstahl
  • Lünetten-Einsatz aus Keramik, marineblau
  • Durchmesser 42 mm
  • Horn-zu-Horn 52,17 mm
  • Höhe 14,45 mm
  • Saphirglas mit beidseitiger Antireflexbeschichtung
  • Gehäuseboden aus Edelstahl mit Saphirglas-Sichtfenster, verschraubt
  • Wasserdichtigkeit 600 Meter / 60 bar
  • Heliumventil
  • Dreigliedriges Armband aus Edelstahl mit Faltschließe und werkzeugloser Mikroverstellung
  • Listenpreis 2030€ (inkl. Zoll/Steuern), direkt bei titoni.ch oder diversen Fachhändlern
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3 Kommentare
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THOR
1 Monat zurück

…Ehrlich gesagt:”Diese ganzen inhouse und sonstigen verbesserten Werke”,
haben den Vorteil,daß Dir bei der nächsten Revision,der Uhrmacher den Stinkefinger zeigt! 🙁
LG
THOR

THOR
1 Monat zurück

Nachtrag:Welcher Nachbau ist das T10-Werk…kenn ich gar nicht! 🙁

THOR
1 Monat zurück

…Also mit gefallen die Zeiger ganz gut!
Allen Voran ist es schön:”Alle Zeiger im selben Design zu haben!
Die Kombination:”Nachtblaues Zifferblatt + goldfarbende Zeiger + Old Radium-Lumme”,
geht immer!
Die zurückhaltend beschriftete Lünette gefällt ebenfalls!
(Mario will nicht glauben,das ICH mal etwas lobe!) LOL
LG an Anhang
Sunny Sunday wishes
THOR 😉