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War’s das mit der Baselworld? Die Branchenriesen Rolex, Tudor, Chanel, Patek Philippe und Chopard ziehen sich von der einst größten Uhrenmesse der Welt zurück. Die Luxusuhrenhersteller werden damit nicht bei der wegen des Corona-Virus auf Januar 2021 verschobenen Baselworld teilnehmen.

[UPDATE] Am 17. April 2020 wurde bekannt, dass auch die LVMH-Gruppe die Baselworld mit ihren Marken Bvlgari, Hublot, TAG Heuer und Zenith verlässt! Das ist alles andere als eine Überraschung (hierzu aber gleich mehr).

Es deutet sich ferner ein kleiner Scheidungskrieg an: Die Messeleitung der Baselworld (MCH) wirft Rolex “vorgeschobene Gründe” und eine Planung “von langer Hand” vor.

So oder so: Die Absage der Branchengrößen könnte der endgültige Dolchstoß für die ohnehin taumelnde Messe sein. Die MCH Gruppe will in den nächsten Wochen entscheiden wie (oder ob?) es mit der Baselworld weitergeht …

Menschenmassen auf der Baselworld, Bild: Baselworld

Rolex, Tudor, Patek & Co. wollen neue Parallel-Messe zur Watches & Wonders initiieren

Die Initiative für die Diskussion um einen gemeinsamen Rückzug ging, mit Blick auf die Pressemitteilung und Statements, von Rolex aus. Als Grund nannten die Hersteller die Entscheidung der Messeleitung (MCH Group), die Baselworld auf 2021 zu verschieben – ohne die Hersteller mit einzubinden. Solche Alleingänge sorgten auch in der Vergangenheit immer wieder für Unmut bei den Messeteilnehmern. Auch die Kosten sorgten offenbar für Streit (hierzu gleich mehr).

Die Messeleitung hält allerdings argumentativ dagegen: Am Abend des 14. April gab die MCH Group ein Statement heraus, welches besagt, dass der neue Termin sehr wohl gemeinsam mit den großen Teilnehmern ausgesucht wurde. Laut MCH habe sich Rolex klar für den Januar 2021 ausgesprochen. Mehr noch: MCH schreibt, dass Rolex & Co. nur einen Grund vorgeschoben haben und dass die Abkapselung von der Baselworld von langer Hand geplant war – Zitat:

“The intention to move to Geneva has never been mentioned. The MCH Group must therefore conclude that the relevant plans have been in preparation for some time and that the discussions concerning the financial arrangements for the cancellation of Baselworld 2020 are now being put forward as an argument.”

Klingt nach einer kleinen Schlammschlacht – fast wie bei einer Scheidung 😉

Die Aussteiger rund um Rolex wollen nun zusammen mit der Fondation de la Haute Horlogerie (FHH) kommendes Jahr eine eigene Messe in Genf veranstalten. Zielgruppe: Einzelhandel, Presse und VIP-Kunden (was auch immer letzteres bedeutet 😉 ). Die Partnermarken-Liste der FHH – eine 2005 gegründete Stiftung, die sich der hohen Uhrmacherkunst verschrieben hat – ist auf jeden Fall sehr umfassend und eine exquisite Grundlage für eine eigene Veranstaltung.

Die neue Messe der FHH soll gleichzeitig mit der der bereits bestehenden, ebenfalls in Genf stattfindenden Uhrenmesse Watches & Wonders im April 2021 auf dem Palexpo-Gelände stattfinden.

Die Aussteller der Watches & Wonders kommen vor allem aus dem Richemont-Konzern. Mit dabei sind u.a. Schwergewichte wie A. Lange & Söhne, IWC Schaffhausen, Piaget, Montblanc, Vacheron Constantin, Cartier, Jaeger LeCoultre, Panerai und weitere, unabhängige Hersteller.

Die LVMH-Gruppe und die Swatch-Gruppe hingegen waren immer traditionell auf der Baselworld vertreten.

Vor rund zwei Jahren hat sich bereits die gesamte Swatch-Gruppe mit großen Marken wie Blancpain, Longines, Glashütte Original, Omega, Tissot, Certina und Hamilton zurückgezogen und mit der Time to Move 2019 erstmals eine komplett Konzern-interne Messe abgehalten (2020 ist die Time to Move wegen des Corona-Virus ausgefallen).

Auch Konzern-unabhängige große Marken wie Breitling haben sich bereits von der Baselworld verabschiedet. Die japanische Citizen-Gruppe erteilte bereits Ende Februar wegen des Corona-Virus eine Absage.

Auch LVMH-Gruppe zieht mit TAG Heuer, Zenith, Hublot, Bvlgari die Reißleine

Nur wenige Tage nach der Ankündigung von Rolex, Chanel, Patek Philippe, Chopard und Tudor, sich nun ebenfalls von der Baselworld zu verabschieden, zog auch die LVMH-Gruppe mit TAG Heuer, Hublot und Zenith und Bvulgari die Reißleine – damit bricht auch der letzte große Uhren-Konzern weg. Die pompöse Halle 1 ist damit so gut wie leer. Bereits im Oktober 2019 (also lange vor der Corona-bedingten Absage 2020) hat LVMH-Chef Biver ein großes Fragezeichen hinter die Teilnahme für 2021 gepackt. Die Abkehr von der Baselworld ist also alles andere als eine Überraschung.

Rolex & Co.: Streit um Kosten und Vorauszahlungen

Bereits Anfang April hat Rolex mit einem Rückzug von der Baselworld gedroht und eine echte Bombe platzen lassen: Rolex Top-Manager du Plessix schrieb in seiner Funktion als Präsident des Komitees der Schweizer Baselworld-Aussteller an die Messeleitung: “Wir befürchten, dass dies das Ende der Baselworld sein könnte, schlicht und einfach”.

Laut der Schweizer Handelszeitung hat die Messeleitung den Ausstellern im April 2020 zwei Vorschläge auf den Tisch gelegt, um die für die 2020 annulierte Baselworld bereits einbezahlten Gelder teilweise auf 2021 zu übertragen oder – Variante B – eine teilweise Rückerstattung der bereits bezahlten Beträge zu erwirken.

In beiden Szenarien wollte die Messeleitung der Baselworld einen ordentlichen Batzen für sich behalten, um unvermeidbare oder bereits angefallene Kosten zu decken. Vertragsgemäß hätte die Baselworld-Messeleitung laut der Handelszeitung keinen einzigen Franken zurückzahlen müssen.

Das Komitee der Schweizer Baselworld-Aussteller bestand allerdings auf eine komplette Rückerstattung der Vorauszahlungen an die Aussteller. Eurotempus, die Dachorganisation der Uhrenverbände aus Frankreich, Italien und Deutschland, schloss sich der Meinung der Schweizer Vertretung an.

Bild: Baselworld

Der Knackpunkt ist: Nicht jeder Uhrenhersteller hat – wie Rolex – ein komfortables Finanzpolster. Vielen kleineren Herstellern könnte das Einbehalten von Geldern durch die Messeleitung das Genick brechen. Auf der anderen Seite ist aber auch die Baselworld-Messeleitung seit einiger Zeit im Krisenmodus – bleiben die Veranstalter auf ihren Kosten sitzen, so könnten auch diese ins Schwimmen geraten. Von daher wäre es ja eigentlich logisch, wenn sich Veranstalter und Aussteller an einen Tisch setzen und eine gemeinsame Lösung erarbeiten, oder?

Nun, offenbar lag eine Einigung in weiter Ferne. Und wenn ich einen heißen Tipp abgeben darf: Wahrscheinlich menschelte es ordentlich zwischen den großen Ausstellern und der Messeleitung, weshalb Rolex und Co. die Reißleine gezogen haben…

Ist die Baselworld noch zu retten?

Die Baselworld vereinte bis vor ein paar Jahren noch die Branchen-Schwergewichte in der glamourösen Halle 1 und gleichzeitig viele kleinere und bodenständige Hersteller in der Halle 2. Ich persönlich war ja immer eher der Typ “Halle 2” – viele kleinere und sympathische Hersteller boten dort Gesprächsstoff und Neuheiten zum Anfassen – ein toller, zentraler Anlaufpunkt für Blogger wie mich.

Aber die kleinen Hersteller profitieren natürlich von Publikums-Magneten wie Rolex, TAG Heuer, Omega & Co.. Weniger Besucher = eine deutlich geringere Attraktivität der Messe an sich. Selbst, wenn die Baselworld weitermachen will – ist die Messe jetzt noch attraktiv genug für kleinere Hersteller wie Laco, Mühle-Glashütte etc.?

Ich als Uhren-Blogger bin jedenfalls sehr unglücklich über die Entwicklungen der letzten Jahre. Die Pläne der Messeleitung, die Baselworld attraktiver zu gestalten, zum Beispiel mit einem Diskussions-Forum, gingen in die richtige Richtung.

Hoffnungsschimmer: Ein Ende der Baselworld könnte kleinere Veranstaltungen wie die Watchtime Düsseldorf oder die Inhorgenta München beflügeln…

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Baselworld 2017 Mario Reinsch
Chrononautix @ Baselworld
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