Was schon länger in der Gerüchteküche zu hören war, hat sich bewahrheitet: Seit dem 1. Dezember 2022 stellt Rolex für gebrauchte Uhren Echtheitsbescheinigungen und eine zweijährige Garantie aus (Rolex Certified Pre-Owned) – und zwar über den “Umweg” Rolex-Fachhändler. Damit will Rolex das lukrative Gebrauchtuhren-Geschäft in offizielle Bahnen lenken und ein Stück vom Kuchen abhaben. Denn: Der Handel mit gebrauchten Uhren über Grauhändler bzw. Plattformen wie Chronext oder Chrono24 ist in den letzten Jahren schier explodiert – die Unternehmensberater von McKinsey prognostizieren bis 2025 ein Marktwachstum auf rund 30 Milliarden US-Dollar jährlich (das ist rund die Hälfte des Neuuhren-Marktes!). Da wäre Rolex ja schön blöd, wenn man diesen Markt kampflos anderen überlassen würde, oder? Leider hat das Rolex Certified Pre-Owned-Programm einen faden Beigeschmack – getreu dem Motto: Du willst eine GMT-Master II zum Listenpreis? Hm naja vielleicht in 10 Jahren, wenn überhaupt – aber hey, schau mal, hier ist eine bereits getragene zum doppelten des Listenpreises!
Eckpunkte des Rolex Certified Pre-Owned (CPO)-Programms zusammengefasst:
- Gebrauchte Rolex-Uhren, die ein Rolex-Konzessionär von einer Privatperson “zurückkauft”, werden zunächst zu Rolex geschickt.
- Bei Rolex werden sie auf ihre Echtheit geprüft, vollständig revidiert und mit einer Echtheitsbescheinigung sowie einer zweijährigen internationalen Garantie versehen.
- Bedingung ist, dass die Rolex-Uhren ursprünglich vom ankaufenden Händler stammen müssen.
- Eine weitere Bedingung ist, dass die Uhren mindestens 3 Jahre alt sein müssen.
- Die Einführung des neuen Programms findet schrittweise statt – Bucherer macht den Anfang. Andere offizielle Rolex-Konzis können ab dem Frühjahr 2023 mitmachen.
Gedanken zum Rolex Certified Pre-Owned-Programm (CPO)
Je älter eine Uhr, desto größer der Abschlag auf den Listenpreis – das ist die Regel. Wie immer bestätigen Ausnahmen die Regel: Bei Marken wie Rolex, bei denen die Wartelisten auf Jahre knüllevoll sind, übersteigen die Marktpreise wegen der extremen Knappheit die Listenpreise deutlich – daher ist es als Privatperson auch problemlos möglich eine Rolex, die man irgendwann mal beim Konzessionär zum Listenpreis gekauft hat, mit ordentlichen Aufschlag an Anbieter wie Chronext zu verticken.
Mehr: In die Rolex-Warteliste eintragen lassen?
So wirbt Chronext beispielsweise mit einem eigenen “Certified Pre-Owned”-Programm, also Gebrauchtuhren, die von Chronext selbst (!) hinsichtlich Echtheit und Funktionalität geprüft wurden.
Eine offizielle Rolex-Konzession hat Chronext aber nicht. Am Ende des Tages muss man sich drauf verlassen, dass die Chronext-Uhrmacher einen guten Job machen und beispielsweise Fälschungen bzw. Teilfälschungen (“Franken Watches”) zuverlässig erkennen – vor allem vor dem Hintergrund immer besser werdender Replicas.
Mehr: Rolex Fälschung erkennen: Original vs. gefälschte Submariner
Rolex Certified Pre-Owned: Kampfansage an Grauhändler? Bucherer macht den Anfang
Händlern wie Chronext spuckt Rolex jetzt jedenfalls ordentlich in die Suppe: Die Genfer haben nun einen Hebel, um sich wieder mehr Kontrolle über den Vertrieb zu sichern. Gleichzeitig stärkt Rolex dem eigenen Händlernetz den Rücken und motiviert sie, stärker ins Secondhand-Geschäft einzusteigen – denn der Konzi darf sich darüber freuen, dass er nicht nur leergefegte Rolex-Auslagen zeigen kann, sondern auch Uhren direkt zum Mitnehmen (natürlich bewegen sich die Preise der Gebrauchtuhren aber auf dem Niveau der Marktpreise bzw. sogar darüber, also weit über Listenpreis, was etwas skurril anmutet – dazu aber gleich mehr).
Bucherer-Fachhändlern in sechs Ländern (Schweiz, Österreich, Deutschland,
Frankreich, Dänemark und Vereinigtes Königreich) sind die allerersten, die am Rolex CPO-Programm teilnehmen. Bucherer schreibt:
Bucherer ist stolz darauf, Teil des offiziellen Netzwerks von Rolex Certified Pre-Owned Fachhändlern zu sein, denen der Verkauf von Rolex Certified Pre-Owned Armbanduhren vorbehalten ist. Jede unserer Armbanduhren aus zweiter Hand wurde von Rolex geprüft und wird mit einer zweijährigen internationalen Garantie geliefert.
Was Bucherer nicht schreibt ist, dass der Luxusuhrenhändler schon seit einigen Jahren ein eigenes Certified-Pre-Owned-Programm hat – und das wurde jetzt natürlich von Rolex “geentert”. Dass nun alle Rolex-Uhren, die den offiziellen CPO-Stempel bekommen sollen, zwangsläufig über die (teuren) Uhrmachertische in Genf gehen müssen, dürfte die Marge von Bucherer jedenfalls nicht grade vergrößern.
Dabei sollte man wissen, dass Rolex nicht “einfach so” alle Rolex-Uhren zertifiziert, sondern nur jene, die von den jeweiligen Fachhändlern ursprünglich auch verkauft wurden. Oder anders gesagt: Die Bucherer-Uhren bleiben innerhalb der Bucherer-Gruppe – sowohl die Konzessionäre als auch Rolex selbst können dadurch “doppelt” verdienen. Es ist nicht möglich mit einer Rolex von Juwelier X zu Juwelier Y zu gehen und diese dort ins Certified Pre-Owned-Programm zum Ankauf zu geben.
Der Rolex-Konzessionär nimmt allerdings nur Uhren an, die älter als drei Jahre sind. Damit soll sicherlich verhindert werden, dass sogenannte “Scalper” die Uhren nur mit dem Ziel erwerben, sie sofort teurer weiterzuverkaufen.
Denn: Auch im Rahmen des Rolex Certified Pre-Owned-Programms werden die Gebrauchtuhren zu Marktpreisen angekauft und unter Einbeziehung von Kosten für Zertifizierung, Revision, Gewährleistung/Garantie und natürlich auch einer gewissen Marge, wieder angeboten. Dass das in Preisen weit über Listenpreis mündet, zeigt der Blick auf den Certified Pre-Owned-Bereich bei Bucherer:
Zum Vergleich: Die hier gezeigte, am 1.12.2022 von Bucherer für 23.400€ angebotene (offiziell) Certified Pre-Owned GMT-Master II, hat einen Listenpreis von 10.300€. Am selben Tag sind bei Chronext im (inoffiziellen) Certified Pre-Owned-Bereich GMT-Master II-Uhren für um die 18.000€ erhältlich.
Nun muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, ob er…
- bereit ist die deutlich höheren, offiziellen Certified Pre-Owned-Preise zu bezahlen, um wirklich ganz sicher zu gehen, dass die Rolex-Uhr beispielsweise keine Replica-Komponenten verbaut hat (Nutzen durch eine offizielle Abwicklung über Rolex-Uhrmacher) oder
- (ziemlich teuer, aber immer noch deutlich günstiger) gebrauchte Rolex-Uhren von (Grau-)Händlern kauft, die nicht offiziell Certified Pre-Owned sind, sondern “nur” in Eigenregie, d.h. mit eigenen Uhrmachern, geprüft wurden oder
- natürlich, ob man die massiven Aufschläge auf den Listenpreis beim Konzessionär überhaupt mitmachen will – denn, wenn man mal ehrlich ist, ist es schon skurril, dass die gebrauchte Rolex in Zukunft hochoffiziell (!!!) deutlich mehr kostet als die brandneue (Benefit durch sofortige Verfügbarkeit hin oder her). Getreu dem Motto: Du willst eine GMT-Master II zum Listenpreis? Hm naja vielleicht in 10 Jahren, wenn überhaupt – aber hey, schau mal, hier ist eine bereits getragene zum doppelten des Listenpreises! Aus Endkundensicht ist das – gelinde gesagt – ein potentiell sehr befremdliches Geschäftsgebaren (aus Sicht von Rolex aber natürlich eine echte Gelddruckmaschine). Oder wie der Schwabe sagen würde: Das Ganze hat ein “Geschmäckle”.
In jedem Fall ist das Rolex CPO-Programm keine guten Nachricht für Grauhändler, deren Umsätze sich zu großen Teilen aus dem Gebrauchtuhrenhandel speisen. Denn Rolex wird (trotz der immensen Preisunterschiede und der hier diskutierten Kritikpunkte) sicherlich viele Kunden abgraben, die einfach hundertprozentige Sicherheit beim Kauf gebrauchter, sofort verfügbarer Rolex-Uhren wollen.
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Nun ich denke das sich dieses Programm sehr wohl dauerhaft auf die Preise umlegen wird. Denn wie hier einige Kommentatoren schon richtig geschrieben haben , ist der Markt an gmt , Daytona und Sub‘s prinzipiell gesättigt und die Preise haben einen schönen Knick gen Süden bekommen. Aber genau hier setzt Rolex sehr clever an. Rolex animiert seine Vertriebspartner zum Ankauf eben dieser Modelle, was den Markt a an n verfügbaren günstigen Uhren erheblich ausdünnen dürfte denn schließlich betreten tausende neue Käufer (rolex konzessionär) die Tanzfläche. Diese Uhren stehen dann zwar nach der Aufarbeitung wieder zum Verkauf nun aber eben mit einem saftigen Aufschlag. Und wer nun so argumentiert das niemand eine Submariner für 17.000€ kaufen wird der wird auch nicht so schnell an eine Daytona zum Listenpreis rankommen wie einer der sie kauft;-) alles eine Mischkalkulation und ziehmlich gut durchdacht. Ich mache mir bezüglich der Preise jedenfalls keine Illusionen. Ich denke die steigen
Wäre sinnvoll sich vorher genauer zu informieren
Sehr viele Fehlinterpretationen
Danke schön für die ausführlichen Erläuterungen
Rolex sollte jedoch an der Service Qualität arbeiten
Als gerichtlich geprüfter Sachverständiger für Uhren hatte ich heuer bereits 4 Vorfälle die eher fragwürdig sind.
Beispiel: zwei Uhren mit falschem Ziffernblatt gingen anfangs des Jahres an Rolex Genf zum Service bis dato hat es Rolex nicht geschafft einen Kostenvoranschlag zu erstellen (telefonische Auskunft: noch in Prüfung)
Beispiel: dayjust zum Service Konzessionär1 sagt Uhr ist verfälscht Konzessionär2 bestätigt Echtheit erstellt zwei Jahre internationale Service Garantie
Beispiel: Daytona Ziffernblatt wieder falsch Kunde erwartet KV inkl. Neuem Original Blatt doch erstaunlicherweise kommt ein KV ohne Ziffernblatt auf nachfragen wird bestätigt dass das Blatt falsch ist jedoch ein gewisser %satz (welcher nach oben und unten schwankt) darf falsch sein um trotzdem eine Service Garantie zu erhalten Die internationale Gültigkeit hat
Rolex ist wohl bei den guten Fälschungen aktuelle schwer bis nicht in der Lage die Originalität ohne Werdegang der Uhr zu bestätigen weshalb das Programm ausschließlich für den “erstverkaufs” Juwelier möglich ist.
Diese Problematik wirkt sich unser Meinung bereits auf den Markt aus weswegen deutliche Rückgänge der Preise zu beobachten sind. Wenn ein Kunde Geld für seine Uhr will und er sie nirgends ohne Monate lange Wartezeit verkaufen kann lachen alle die sich für weniger Geld gleiche Qualität gekauft haben😂🤮😂🤮
Wenn man das liest ist doch das Zertifikat das Papier nicht wert, auf welches es gedruckt wurde. Da bringt es Rolex oder deren Konzessionäre nicht einmal hin, eine einheitliche Expertise zu erstellen. Eigentlich kindisch, welches Tamtam hier von diesem Hersteller getrieben wird.
Das sind ka interessante News…! Eine Frage kommt mir sofort in den Sinn…was wenn der Konzi gar nicht@mehr existiert…bein zB Sedlatzek in Berlin?!?
Eine sehr gute Frage, auf die ich leider keine Antwort habe
Wie immer: Gut recherchiert, Mario! Was habe ich als Interessent einer Rolex davon, dass der Konzern an seinen Uhren ein weiteres Mal prächtig verdienen will? Gar nichts, denn ich lasse mich auf den Schwachsinnshype, den Rolex bewußt erzeugt, ein. Die Preise beginnen ordentlich zu bröckeln, denn es gibt ein Überangebot an überteuerten GMT, Daytona und Co. Bei den Stahl/GoldModellen ist das bereits deutlich zu beobachten. In ca. 2 Jahren wird der Markt, der sich eben aus Angebot und Nachfrage bildet, soweit erholt haben, dass der Hype vorbei ist. Jeder, der keine preowned Batmann für 23k kauft, wird diese Marktentwicklung zur Normalität beschleunigen. Ich kann warten, ich bin dabei!
Zur Geldruckmaschine wird es erst, wenn wir Kunden bereit sind diese Preise auch zu bezahlen und das wird nicht passieren.
Möchte ich tatsächlich eine Uhr eines Herstellers mein Eigen nennen, welche sehr häufig an Handgelenken von äusserst dubiosen Gestalten Platz findet? Nicht wirklich!