Die Rolex-Taucheruhren Submariner und Sea-Dweller mit dem auffรคlligen, weiร hinterlegten COMEX-Schriftzug auf dem Zifferblatt erzielen bei Auktionen regelmรครig sechsstellige Summen. Die COMEX-Submariner mit der Referenz 1680 beispielsweise erzielte 2014 beim Auktionshaus Christie’s fast 200.000 Schweizer Franken. Mitte 2020 wechselte ein solches Modell gar fรผr รผber 500.000 CHF den Besitzer. Doch was steckt dahinter?
Rolex und COMEX: So kam es zur Zusammenarbeit
COMEX (kurz fรผr Compagnie Maritime d’Expertises) ist eine im Jahre 1961 von Henri Germain Delauze gegrรผndete Organisation mit Sitz in Marseille. Einer der Schwerpunkte von COMEX ist seit je her die Sicherheit von Tauchern in groรen Tiefen zu verbessern. COMEX leistete insbesondere Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Bereich des Sรคttigungstauchens – so entstanden Innovationen wie das Atemgasgemisch Heliox, eine Mischung aus Helium und Sauerstoff. Im Jahre 1987 war COMEX auรerdem beispielsweise Teil eines kanadisch-franzรถsischen Konsortiums, welches das allererste nukleare Mini-U-Boot mit dem Namen SAGA, auf Basis einer Konstruktion von Jacques-Yves Cousteau, gebaut hat.
Die Expertise von COMEX sprach sich schnell rum und so fand die Organisation insbesondere Kunden im Bereich der Offshore-รlindustrie, bei denen die COMEX-Berufstaucher zu Reparaturarbeiten an รlbohrplattformen in groรe Tiefen abtauchen mussten.
Eine Firma wie COMEX ist seit je her natรผrlich auf verlรคssliche Partner angewiesen. Und so ist es alles andere als Zufall, dass sich die Franzosen mit einem Schweizer Uhrenbauer zusammengetan haben, um zu ermรถglichen, dass die COMEX-Berufstaucher zuverlรคssig die bereits verstrichene Zeit unter Wasser ablesen konnten – schlieรlich geht auch das beste Atemgas der Welt irgendwann zur Neige.
Und obwohl sich insbesondere Rolex einen Namen im Bereich professioneller Taucheruhren gemacht hatte, kooperierten die Franzosen zunรคchst exklusiv fรผr drei Jahre mit einem Uhrenhersteller, der heute Rolex‘ รคrgster Rivale ist: Omega. So kamen beispielsweise bei der JANUS 2-Versuchsreihe vor der Kรผste von Korsika, bei der zum ersten mal รผberhaupt Unterwasser-Tรคtigkeiten wie Schweiรen in รผber 250 Metern Tiefe durchgefรผhrt wurden, Prototypen der Omega Seamaster 600 Ploprof zum Einsatz.
COMEX war damals nicht unzufrieden mit Omega. Aber warum dann der plรถtzliche Wechsel auf Rolex? An der รผberaus passend klingenden Wortkombination Rolex-COMEX wird es ja wohl nicht nur gelegen haben, oder? ๐ Nun, der Grund fรผr den Bruch mit Omega war simpel: Wie COMEX-Grรผnder Delauze in einem Interview im Jahre 2009 sagte, versprach der damalige Rolex-Geschรคftsfรผhrer Andrรฉ Heiniger immerhin 100 Rolex-Uhren vรถllig kostenlos an COMEX auszuliefern, wenn man eine Partnerschaft einginge. 100 Rolex-Taucheruhren? Vรถllig koschdelos? Mit Blick auf die extrem teure und irgendwie „over-engineered“ wirkende XXL-Spezialkonstruktion der Seamaster 600 PloProf zรถgerte Delauze nicht lange, schlug zu und schasste Omega.
Umgekehrt sollte Rolex fortan mit der Kooperation mit COMEX werben dรผrfen (siehe Original-Anzeigen im nรคchsten Abschnitt). Obendrein konnte Rolex gleich eine ganze Mannschaft von Berufstauchern einspannen, welche die Rolex-Taucheruhren in echten Einsรคtzen auf Herz und Nieren prรผften – eine hervorragende Grundlage fรผr stetige Produktverbesserungen. Kurzum: Win-Win fรผr beide Seiten…
Rolex: COMEX-Submariner und COMEX-Sea-Dweller
Rolex leistete echte Pionierarbeit im Bereich Taucheruhren – wir erinnern uns: Die Rolex Oyster Perpetual Submariner mit einer Wasserdichtigkeit von 10 bar (100 Meter) erblickte 1953 das Licht der Welt. Schon ein Jahr spรคter betrug die Wasserdichtigkeit der โSubโ 200 Meter. รber die Jahrzehnte wurde die maximal mรถgliche Wasserdichtigkeit aufgrund technologischer Fortschritte immer weiter verbessert: Im Jahre 1967, mit Einfรผhrung der ersten Sea-Dweller (โSingle Redโ), erweiterte Rolex die Wasserdichtigkeit auf 500 Meter, noch im selben Jahr bekam die Sea-Dweller ein Upgrade auf 610 Meter (โDouble Redโ). 1978 waren es dann schon 1220 Meter. Nicht zu vergessen ist auch der Ausflug eines XXL-Prototypen (Rolex Deep Sea Special) an der Auรenhรผlle des 150 Tonnen schweren Tiefseeboot Trieste, das von US-Navy Lieutenant Don Walsh und dem Schweizer Ozeanografen Jacques Piccard als Vehikel fรผr einen Ausflug in den Marianengraben in 10.916 Meter Tiefe diente (und ja, die Rolex tickte nach dem 9-stรผndigen Ausflug noch).
Die Zusammenarbeit zwischen Rolex und COMEX startete offiziell im Jahre 1971. Eines der ersten Projekte war es, ein Problem zu adressieren, das professionelle Sรคttigungstaucher wรคhrend ihrer Dekompressionsphasen hatten: diese stellten regelmรครig in Dekompressionsphasen beim Auftauchen oder in der Dekompressionskammer fest wie das Uhrglas von Standard-Taucheruhren aufgrund des รberdrucks auf Nimmerwiedersehen abplatzte.
Und so kam es zur Erfindung des Heliumventils durch Rolex und COMEX: Es handelt sich dabei um eine Art Sicherheitsventil, welches in Phasen des abnehmenden Druckes fรผr einen Druckausgleich sorgt. Oder anders gesagt: Wenn der รberdruck im Inneren der Uhr einen bestimmten Wert erreicht, so wird das Rรผckschlagventil an der Gehรคuseflanke automatisch aktiviert, damit Helium aus dem Gehรคuse entweichen kann. Der Druck wird dadurch automatisch ausgeglichen und ein Abplatzen des Glases verhindert. Wer gerne kocht, kennt dieses Prinzip sicherlich โ ein Schnellkochtopf macht im Wesentlichen nix anderes: Ist der Druck im Topf durch den Wasserdampf zu hoch, so entweicht durch das Rรผckschlagventil ein Teil der Flรผssigkeit.
Anfang der 70er Jahre baute Rolex erstmalig eine COMEX-Sonderanfertigung der Submariner. Diese basierte auf der Standard-Referenz 5513 unterschied und sich von der Serienvariante nur durch das eben beschriebene Heliumventil. Die Rolex Submariner mit der neu geschaffenen Referenz 5514 kam niemals in den freien Handel und wurde ausschlieรlich von den professionellen COMEX-Tauchern bei ihren Tiefsee-Einsรคtzen getragen. Nur rund 1000 Stรผck sollen gebaut worden sein (und spรคtestens jetzt sollte auch klar sein, warum das Modell bei Vintage-Sammlern so begehrt ist).
Rolex 5514 aus 1978, Bilder: Phillips
Auch optisch gab’s eine Besonderheit: Die Rolex 5514 kam mit einem auffรคlligen COMEX-Schriftzug auf dem Zifferblatt, um die franzรถsisch-Schweizerische Kooperation hervorzuheben. Nur die allerersten Submariner-Taucheruhren, die der Kooperation entsprungen sind, kamen noch ganz ohne COMEX-Schriftzug auf dem Zifferblatt – so wie diese sehr seltene Rolex Submariner mit Heliumventil und COMEX-Gravur auf dem Gehรคuseboden, die beim Auktionshaus Phillips fรผr rund 61.000โฌ unter den Hammer kam:
Spรคter folgte die COMEX-Submariner mit der Referenz 1680, die allerdings ohne Heliumventil kam und von der angeblich grade mal 60 Stรผck produziert wurden. Da die allermeisten 1680er bei spรคter turnusmรครig durchgefรผhrten Servicearbeiten ein neues Zifferblatt ohne COMEX-Schriftzug bekommen haben, sind 1680er-Modelle mit Schriftzug heute entsprechend heiร begehrt. Wenige Hundert Stรผck der Nachfolge-Referenzen 16800, 168000 und 16610 wurden in den 80er und 90er Jahren produziert und kam ebenfalls ohne Heliumventil.
Neben der COMEX-Submariner lieferte Rolex auch COMEX-Varianten der Rolex Sea-Dweller aus – mit Heliumventil: diese wurde erstmalig im Jahre 1972 von COMEX fรผr รผber vier Tage bei einer simulierten Tiefe von 500 Meter getestet (Sagittaire 2-Experiment). Kurz darauf wurde es noch extremer: Im Rahmen des Physalie 6-Experimentes zur Erforschung der Heliumtremors, einer Stรถrung des zentralen Nervensystems durch die Atmung von Helium in Atemgasgemischen bei hohen Heliumpartialdrรผcken, wurde die Sea-Dweller von den COMEX-Tauchern Robert Gauret und Patrice Chemin in simulierten 610 Metern Tiefe getestet – damals Weltrekord.
Hier im Bild ist die Sea-Dweller-Referenz 16660 aus dem Jahre 1982 zu sehen, die beim Auktionshaus Phillips fรผr knapp 240.000 CHF unter den Hammer kam. Nur rund 200 Stรผck der Sea-Dweller 16660 sollen produziert worden sein (man beachte den Hinweis „Original Gas Escape Valve“ auf dem Gehรคuseboden als Hinweis auf das Heliumventil):
Rolex Sea-Dweller COMEX 16660, Bild: Phillips
Nun, nach eigenen Angaben sei die Beziehung zwischen Rolex und COMEX heute so eng wie eh und je – das zeigt sich beispielsweise an dem รberdrucktank, der vom Marseiller Unternehmen eigens fรผr den Test der Rolex Deepsea entwickelt und produziert wurde…
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Hallo und danke fรผr die ausfรผhrliche Informationen. Ich habe vor dreissig Jahren eine „SeaDweller“ Single Red erworben. Die Person von der ich sie habe hat sie von einem Taucher in Kalifornien fรผr 7500 USD gekauft. welcher sie direkt von Rolex bekam. 1993 hat noch niemand viel Aufhebens um so eine Uhr gemacht. Heute sieht das wohl anders aus. Ich habe ein paar Bilder und NFT von der Uhr ins Netz gestellt.
Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen Submariner und Sea-Dweller? Ich kann nur die Datumslupe ausmachen.
Hi Michael, Unterschiede gibt’s bei Grรถรe, WaDi und hinsichtlich Heliumventil.
Spannender Artikel hat richtig Spaร gemacht beim lesen !! ๐
Danke