Bei Auslieferung sind die allermeisten Bronze-Uhren noch ziemlich “Patina-jungfräulich” und es kann Monate oder Jahre dauern, bis die Patina schön kräftig bzw. ausgeprägt ist. Dabei macht eine intensive Patina meiner Meinung nach erst den Charme einer Uhr aus Bronze aus…
Bronze patinieren: Turbo-Patina erzeugen
Zunächst ein paar Grundlagen: Es handelt sich bei Bronze um eine Kupfer-Zinn-Legierung, deren Kupferanteil “lebendig” ist und unter atmosphärischen Bedingungen eine stabile Schutzschicht ausbildet – und zwar durch Einwirkung von Sauerstoff. Das Resultat: Der metallische Glanz der Bronze verschwindet und die charakteristische Dunkelfärbung der Bronze setzt sich durch, die sogenannte Patina.
Die exakte chemische Zusammensetzung von Bronze-Patina ist stark abhängig von der Umgebung: In durch Industrie und Großstadt belasteter Luft besteht Patina im Wesentlichen aus basischem Kupfersulfat. In Meeresnähe enthält sie deutliche Anteile an basischem Kupferchlorid. In ländlichen Gegenden wiederum besteht die Patina häufig aus basischem Kupferkarbonat. Darüber hinaus spielen auch die weiteren Bestandteile der umgebenden Atmosphäre eine Rolle, die beispielsweise den pH-Wert der vorhandenen Feuchtigkeitsfilme auf dem Metall verändern. Je nach Zusammensetzung der Atmosphäre können so zahlreiche Verbindungen mit unterschiedlicher Stabilität entstehen, erkennbar an verschiedenen Farben an der Oberfläche des Bronze-Gehäuses.
Patina sieht aber nicht nur besonders aus, sie erfüllt auch noch einen ganz praktischen Zweck: Sie dient wie eine beständige “Schutzhaut”, die vor weiterer Korrosion schützt. Dadurch werden auch oberflächliche Kratzer ein Stück weit überdeckt.
Fun Fact am Rande: Die 1886 eingeweihte Freiheitsstatue auf Liberty Island im New Yorker Hafen besteht außen aus Kupferplatten und hatte zunächst auch eine entsprechende Farbe. Doch nicht einmal 20 Jahre nach der Errichtung waren die Platten oxidiert, eine grüne Patina überzog die Figur.
Wie bereits erwähnt haben die meisten Bronze-Uhren zunächst kaum Patina, da sich diese erst über die Monate und Jahre ausbildet. Besonders lange dauert’s bei Mehrstoffbronze mit einem Anteil Aluminium, das die Ausbildung von Patina hemmt (siehe Tudor Black Bay Bronze). Schneller geht es bei der standardmäßig zum Einsatz kommenden Legierung CuSn8 und wenn man die Uhr sehr häufig trägt – Schweiß beispielsweise fördert die Entwicklung von Patina.
Ungeduldige Gemüter können aber zu einem einfachen Trick greifen, um eine Turbo-Patina innerhalb von einer Stunde zu erzeugen…
Bronze selbst patinieren: Die Eier-Methode
Die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Bronzelegierung bei Uhrengehäusen ist CuSn8, welche aus 92% Kupfer und 8% Zinn besteht – so wie diese Fliegeruhr der Microbrand Aquatico, bei der man nur in Ansätzen eine Patina erkennen kann. Da geht aber noch mehr, oder?
Warnhinweis vorab: Bevor ihr mit der Eier-Methode startet prüft bitte, ob die Uhr mindestens bis 5 bar wasserdicht ist – schließlich sollte man die Uhr nach der Behandlung wieder vom Eimatsch befreien. Und auch während der Behandlung können hohe Luftfeuchtigkeitswerte vorherrschen, wodurch Feuchtigkeit in die Uhr eindringen kann, sofern diese nicht wasserdicht ist. Im Zweifelsfall lieber auch noch mal die Wasserdichtigkeit beim Uhrmacher checken lassen! Von selbst versteht sich auch, dass man nicht-wasserfeste Bänder wie beispielsweise Lederbänder vorher entfernen sollte. Und natürlich gilt grundsätzlich: Selbst ausprobieren auf eigene Gefahr.
Nun aber zum Vorgehen:
- Ein oder zwei Eier hartkochen
- Die frisch gekochten Eier handwarm abkühlen und mit einer Gabel o.Ä. zermatschen
- Das Uhrengehäuse zusammen mit der noch warmen Eipampe in ein möglichst luftdichtes Gefäß, eine Plastiktüte oder dergleichen einschließen
- Je nach gewünschter Patinierung die Uhr nach 15 bis 60 Minuten aus dem Gefäß befreien
- Uhr mit Wasser und Seife abwaschen
Und so sah das Ganze aus:
Nach rund 30 Minuten packte mich die Ungeduld und ich spickte mal kurz in das Gefäß – sieht doch schon vielversprechend aus:
Wie man auf den Bildern erkennt ist bereits eine deutliche Dunkelfärbung und teilweise eine Art Marmorierung eingetreten – so wie nach monatelangem Tragen. Der Grund: Das Ei hat Schwefelwasserstoffgas freisetzt und der Schwefelanteil darin hat mit dem Kupfer in der Bronze zu Kupfersulfid reagiert.
Exkurs: Kein Zufall ist natürlich, dass Flatulenzen nach dem Genuss von Eiern einen typisch fauligen Geruch entwickeln können – unter anderem eben wegen Schwefelwasserstoffen und anderer schwefelhaltigen Verbindungen.
Wenn man zufrieden mit der Stärke der Patina ist, sollte man das Uhrengehäuse ordentlich mit Wasser und Seife reinigen (Wasserdichtigkeit beachten!). Die Patina bleibt dabei im Wesentlichen erhalten (Seife ist alkalisch und hat keinen Einfluss auf Patina). Es sei dabei aber erwähnt, dass stark patinierte Bronze auf der Haut oder auf der Kleidung Verfärbungen hinterlassen kann, vor allem im Sommer – das liegt aber einfach in der Natur der Sache.
Nach insgesamt einer vollen Stunde im Gefäß mit dem Eimatsch und nach dem Abwaschen mit Wasser und Seife sieht das Gehäuse der Aquatico-Uhr nun so aus. Ganz cool, oder?
Update: CHRONONAUTIX-Leser Murat hat die Eier-Methode für 60 Minuten bei einer Aquatico Super Charger Dive 1000 Bronze-Uhr angewendet – und das ist das Ergebnis:
Vorher…
… und nachher!
NICHT zu empfehlen: Turbo-Patina mit Essig
Ja richtig gelesen: Während der direkte Kontakt von Bronze mit dem (sauren) Essig eine Uhr von Patina befreien kann (dazu gleich mehr), sorgen Essig-Dämpfe (!) in Verbindung mit dem Sauerstoff der Luft dafür, dass Patina entsteht – allerdings leider nicht nachhaltig.
Hierzu ein einfacher Aufbau mit der Uhr auf einer Art “Thron” (ein Schnapsglas innerhalb eines Trinkglases) mit einer Mischung aus handelsüblichem, unverdünntem Apfelessig und Essigessenz am Boden. Da Essig ganz schön stinkt, sollte man das Glas außerdem abdecken:
Das Ergebnis nach rund 12 Stunden: Intensive Grüntöne haben sich zur Dunkelfärbung durch das Ei hinzugesellt. Ziemlich beeindruckend, oder?
Der Knackpunkt ist allerdings, dass die Grüntöne nicht beständig sind und sich einfach wieder mit einem nassen Tuch entfernen lassen. Mehr noch: Auch die Patina aus der Ei-Methode hat sich zu einem großen Teil wieder gelöst – vermutlich, da sich der Essigdampf in Form von Flüssigkeit am Gehäuse abgesetzt hat und daher genau den umgekehrten Effekt hatte. Die Essigdampf-Methode ist also nicht zu empfehlen (außer man möchte die Uhr für die Vitrine patinieren 😉 ).
Hier noch ein Bild von der Uhr nach der Essigdampf-Behandlung und nach der Reinigung mit Wasser und Seife:
Bronze-Uhr reinigen: Patina entfernen
Wie bereits oben erwähnt hat der sich abgesetzte Essig schon einiges von der bräunlichen Patina wieder entfernt. Es geht natürlich auch einfacher: Ein mit Essig getränkter Wattetupfer beispielsweise eignet sich hervorragend, um Patina wieder zu lösen.
Wer den Essiggestank nicht mag, der kann einfach die folgende, auch von mir bevorzugte Methode wählen: Ich habe die restliche Patina von der Aquatico-Uhr ganz einfach wieder mit einem Bad aus selbst angemischte Zitronenlimonade, bestehend aus ca. 2/3 Zitrone und 1/3 Wasser, entfernt.
Hier das Ergebnis nach 30 Minuten Einwirkzeit: Die Bronze hat wieder deutlich mehr Glanz und wirkt weniger bräunlich. In den Bildern unten ist der Unterschied ganz gut zu erkennen, da ich die Uhr nur hälftig im Bad versenkt habe.
Zur Sicherheit sei noch gesagt, dass man auf keinen Fall Lösungsmittel wie Nagellackentferner oder Farbverdünner verwenden darf, da sich Farben (zum Beispiel Lünetten-Index) unwiederbringlich auflösen können.
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Eine Frage hab ich noch! 😉
Ich habe 2 Elysee-Bronze Uhren (Eher kupferfarbene Bronze,Patina :Dunkelbraun/Graubraun)
eine DEKLA Bronze und eine Steeldive fifty Fanthoms-Bronze (Braungolden/Patina:Hell bis Dunkelbraun)….Die Frage stellt sich:Welche davon ist “Schiffschraubenbronze”,die angeblich KEINE Patina bildet,und wie kann man als”Laie”,den Unterschied erkennen!
Wäre lieb wenn Du mir Bescheid sagst,vorausgesetzt :”Das Du Lust dazu hast!”
Die chemischen Begriffe wie:”Kupferbronze oder Zinnbronze”sagen wenig darüber aus! ;-(
LG
und Guten Start in die Woche wünsch Dir und Frauchen…
…Euer(Uhrensohn)THOR!
😉
Erklärung:…Wenn die Patina noch feucht ist,ist Sie instabil!
Dh.:Erst bei “Trocknung”verbindet sich die Patina dauerhaft mit dem Gehäuse!
Und bitte Mario…KEINE SEIFE VERWENDEN!!! :-(
Die erwünschten”Übergänge”verschwimmen und verblassen dadurch!
Du cremst Dich ja auch nicht vorher ein,und gehst dann Duschen…oder? 😉
LG
THOR
Zitat von Mario:Auch die Patina aus der Ei-Methode hat sich zu einem großen Teil wieder gelöst
Antwort:Hi Mario,
Es ist superwichtig….Egal welche Methode….Die “Probanten”,nach der Prozedur an der Luft trocknen zu lassen,und sie teilweise noch feuchte Patina nicht mit den Fingern anzufassen!!!
Ich empfehle die “Ei-Methode” bei warmen Wetterbedingungen und am besten in einer kleinen
“TUPPERWARE”-Box oder Schale den Deckel nach gewünschter Patina zu öffnen,um die Patina
zu trocknen!
NIE IM NASSEN ZUSTAND ABTUPFEN!!! ;-(
….Um die Bronze wieder in den “Normalzustand” zu versetzen,kann erfolgreich auch
Ketchup verwendet werden!(Iss auch nicht so Aggro wie Zitrone oder Essig!)
Möge die “Patina” mit Dir sein! 🙂
LG
THOR 😉
Hi Mario,Ich persönlich rate zu der Methode mit Schwefelleber ab!
Gründe:Die Prozedur ist zu aggressiv und könnte die Oberfläche beschädigen!
Ich empfehle aus “Selbstversuchen”die:”Ei-Methode”,rate aber davon ab,
die Eier nach Prozedur für den “Eiersalat”zu verwenden! 😉
LG….THOR
Danke für den Beitrag. Ich würde aber – als metallurgisch nicht ganz Unbeleckter – einen Unterschied zwischen Patina und Korrosion machen wollen. Patina ist – aus meiner Sicht – eine extrem dünne Schicht auf einer Oberfläche, die farblich schimmert und für einen gewissen Korrosionsschutz des Materials (so merkwürdig das klingt) sorgt. Korrosion (in dem Falle Grünspan) ist tiefere gehende Umwandlung und damit Zerstörung des Ursprungsmaterials.
Ich habe mit der Eieiei-Methode heute meine Bronze-Uhr patiniert, sie hat eine wunderbar glänzende, je nach Lichteinfall changierende Optik.
Daher nochmal: Danke für die Vorstellung dieser Methode!
Habe bei meiner Tudor wirklich alles probiert, es hat nichts geholfen. Dann kam ein simples Silberputztuch und 5 Minuten später, war die Uhr wie neu.
Ich sehe du bist kein Patina Fan? 😉
Hi Mario, technisch ein interessanter Bericht. Irgendwie werde ich mit dem Material Bronze nicht warm und für Uhren mit ausgeprägter Patina ( wer will denn sowas.?) greif ich in meine Grabbelkiste und suche mir das schäbigste Messinggehäuse mit Restspurem einer Verchromung raus. Die Eier esse ich lieber auf.
Dann guten Appetit! 😉
Guten Tag Mario
Wie kann ich eine Vostok Komandirskie Handaufzug zuerst entchromen und danach das Brincegehäuse patinieren? Geht das mit der beschriebenen Methode?
Wie wird „einfach“ entchromen?
Vielen Dank für den interessanten Artikel!
Hallo Volker,
Wostok-Gehäuse fast alle sind aus Messing und dann verchromt, Du kannst die Verchromung mit Salzsäure aus dem Baumarkt entfernen, ist aber nur mit Vorsicht zu handhaben und die Reste sind dann als Sondermüll auf dem Bauhof zu entsorgen.