• Beitrags-Kategorie:Tests
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare
  • Beitrags-Autor:
  • Lesedauer:18 min Lesezeit

Im persönlichen Gespräch auf der Inhorgenta 2024 konnte ich ein Vintage-Original einer Archimedes World Timer vom Schweizer Hersteller Milus begutachten – zusammen mit der Ankündigung, dass die Schweizer an einer Neuauflage arbeiten. Und nun anno 2025 ist es soweit: Milus hat eine neue Interpretation seiner Archimedes Taucheruhr herausgebracht, bei der der innenliegende Taucherdrehring gegen eine Worldtimer-Anzeige ausgetauscht wurde.

Eckdaten Milus Archimèdes World Timer:

  • Swiss Made
  • Schweizer Automatikkaliber ETA 2892-A2 (Qualitätsstufe Top), 42 Stunden Gangreserve
  • Gehäuse aus Edelstahl
  • Durchmesser 41 mm
  • Höhe 11,9 mm (inkl. Glas)
  • Horn-zu-Horn 51 mm
  • Heliumventil
  • Bidirektionaler Drehring
  • Verschraubte Kronen
  • Krone und Boden verschraubt
  • Edelstahlband mit Schmetterlingsfaltschließe oder Tropic Rubber, Schnellwechselsystem
  • Gewölbtes Saphirglas mit innerer Antireflexbeschichtung
  • Wasserdichtigkeit 30 bar / 300 Meter / 30 atm
  • Listenpreis: ab 2590€ (am Tropic Strap), direkt über milus.com

Milus Archimedes World Timer Blue Odyssey im Hands-On

„Milus ist eine Art 100 Jahre altes Start-up“, sagte Luc Tissot anno 2019 in einem Interview – richtig, genau der Herr Tissot, der die gleichnamige Marke im Rahmen der Quarzkrise in den 70ern an die Swatch Group verkauft hat. Anno 2016 hat es Luc Tissot dann offenbar doch noch mal wissen wollen – und die Geschäfte von Milus übernommen. Eines der Modelle aus der Ära „Milus 2.0“ ist die Archimèdes Super Compressor- bzw. Dual Crown-Taucheruhr, die nun eine World Timer-Variante spendiert bekommen hat.

Unten im Bild sehen wir den original Milus Super Compressor und den World Timer aus den 1970er Jahren, der schon damals innerhalb derselben Modellreihe mit dem Namen Archimedes auf den Markt gebracht wurde.

Namensgebend für die neue Milus World Timer Blue Odyssey ist übrigens der gleichnamige Held der griechischen Mythologie, den man von seiner 10 Jahre andauernden abenteuerlichen Heimreise vom Trojanischen Krieg über die Weltmeere in der Odyssee (Fahrten des Odysseus) kennt, die der griechische Dichter Homer beschreibt. 

Und da sind wir auch direkt beim absoluten Highlight der World Timer, das wunderschöne blaue Zifferblatt samt dezentem Farbverlauf von einem helleren Blau im Zentrum zu einem kräftigeren Blau am Rande des Blattes, wobei Milus nicht in Versuchung kommt den Blauton in die seit einiger Zeit gehypten Blautöne Eisblau/Tiffany kippen zu lassen – gut so!

Blau ist im Übrigen Stand Mitte 2025 auch die einzige Farbvariante der World Timer. Der Farbton erinnert dabei an kristallklares blaues Meer. Natürlich nicht zufällig, denn als dezente Farbtupfer sind der Sekundenzeiger und die äußere 24-Stundenskala sowie die damit in Verbindung stehenden Indizes auf dem Städte-Drehring grün gehalten – in Anlehnung an die Farben der Landmassen wie man diese in einem Atlas vorfindet.

Die Drucke des Blattes sind extrem präzise umgesetzt und geben sich auch auf Makroaufnahmen keinerlei Blöße. Die Zeiger im „Broad Arrow“-Stil sind diamantgeschnitten, d.h. bei der Bearbeitung kam ein Werkzeug mit Diamantspitze zur Anwendung, um extrem präzise und glänzende Oberflächen zu erzeugen. Im Gegensatz zu klassischen Fräs- oder Polierarbeiten ermöglicht der Diamond Cut eine deutlich feinere, oft spiegelartige Oberfläche ohne zusätzliche Politur. Die Zeiger sind außerdem rhodiniert, d.h. im Galvanisierungs-Verfahren mit Rhodium beschichtet. 

Alles in allem hat es richtig Spaß gemacht mit der Kamera samt Makroobjektiv „voll drauf“ zu halten.

Augenscheinlich ist, dass die Neuauflage der World Timer kein 1:1-Reissue ist: So finden wir keine Kombination aus außenliegendem Städtering und innenliegendem Taucherdrehring vor. Stattdessen hat die Neuauflage den Städtering kurzerhand auf den innenliegenden Drehring verfrachtet, den man über die obere Krone ansteuert (dazu gleich mehr).

Der Grund: Die Milus Archimèdes Super Compressor und die neue World Timer-Variante teilen sich dasselbe Gehäuse. Heißt: Wir finden auch bei der World Timer die meiner Meinung nach absolut stimmigen Gehäuseproportionen mit einem Durchmesser von 41mm (Horn-zu-Horn 51mm) und einer Höhe von 11,9mm (inkl. Glas) vor. Die Wasserdichtigkeit beträgt unverändert 30 bar und erlaubt somit auch professionelle Tauchgänge.

Und auch ein Heliumventil ist wieder an Bord – da die World Timer durch den Städtering nunmehr eigentlich keine „echte“ Taucheruhr mehr ist, kann man sich über den Sinn des Heliumventils natürlich vortrefflich streiten. Vermutlich wäre aber der Aufwand ein neues Gehäuse ohne Heliumventil zu kreieren höher gewesen, weshalb ich den Schritt zunächst mal nachvollziehen kann.

Die Archimedes World Timer kommt im klassischen Super Compressor-Stil bzw. „Dual Crown“-Stil: So hat – wie für eine Super Compressor-Uhr klassischerweise üblich – auch die Milus Archimèdes World Timer einen innenliegenden, bidirektional und stufenlos drehbaren Zifferblattring an Bord, der sich über die obere, ebenfalls verschraubte Krone, ansteuern lässt. Und dieser Ring beherbergt – wie bereits erwähnt – prominente größerer Städte, Hauptstädte bzw. Städte mit Flughäfen, rund um den Globus, die sinnbildlich für die jeweiligen Zeitzonen stehen.

Anders als beispielsweise bei der Mühle-Glashütte Teutonia II Weltzeit, finden wir bei der Milus World Timer allerdings keinen zusätzlichen GMT-Zeiger vor, d.h. wir können keine Differenzierung vornehmen, indem wir beispielsweise den „normalen“ Minuten- und Stundenzeiger auf die Lokalzeit/Ortszeit einstellen (z.B. bei Landung in Tokio), während der GMT-Zeiger die Uhrzeit (typischerweise) in der Heimat anzeigt.

Insofern muss man den Städtering bei der Milus Archimedes World Timer eher als „Nachschlagewerk“ betrachten, d.h. man stellt „ad hoc“ den Städtering über die obere Krone so auf den Stundenzeiger ein, dass er der aktuellen Ortszeit entspricht (z.B. bei Landung in Tokio) und wir wissen dann, dass Tokio im Verhältnis X Stunden vor oder hinter der Heimatzeit oder anderen Städten der Welt liegt. Klar, das funktioniert auch und bietet einen gewissen Nutzen. Und auch die Vintage-Vorlage hatte ja auch „nur“ ein Dreizeigerkaliber an Bord. Dennoch hätte ich es aber als intuitiver empfunden, wenn Milus das Uhrwerk gegen ein GMT-Kaliber ausgetauscht hätte, damit sich das Modell tatsächlich noch etwas mehr nach Weltzeituhr anfühlt.

Vor diesem Hintergrund finden wir auch bei der Archimedes World Timer wenig überraschend dieselbe Kaliberbasis der Archimedes Diver-Variante, also das ETA 2892-A2 mit automatischem Aufzug, 42 Stunden Gangreserve in der höheren Qualitätsstufe „Top“, die dank Reglage in fünf Lagen eine Ganggenauigkeit von 4 ± 4 s/d garantiert. Das ETA 2892-A2 ist mit 3,6 mm etwas flacher konstruiert als das ETA 2824 (4,6 mm), wodurch auch das Gehäuse angenehm flach daher kommt. Das Kaliber ist außerdem ansehnlich dekoriert, mit gebläuten Schrauben, Perlage und skelettiertem Milus-Rotor – davon bekommt man wegen des geschlossenen Gehäusebodens allerdings leider im Alltag nichts mit. Das ist schade, denn grade damit hätte man die World Timer-Variante (ohne riesigen Zusatzaufwand) auch noch ein Stück weit von der Diver-Variante abgrenzen können.

Das ETA 2892-A2 ist in der Summe natürlich ein tolles Kaliber, das wir bei unabhängigen Marken normalerweise nicht mehr vorfinden, da die Swatch Group für Hersteller außerhalb des Konzerns den Hahn zugedreht hat. Dennoch wäre ein GMT-Kaliber die nachvollziehbarere Wahl gewesen.

Neu ist das haptisch überzeugende Stahlband, das nunmehr mit dem „Milus Safe Release“-System kommt – der hauseigene Name für ein werkzeugfreies Bandwechselsystem über einen Drücker je Bandseite, was auf jeden Fall bequemer und einfacher in der Handhabung ist als gängige(re) Lösungen über zwei Pins, um die Federstege zusammenzudrücken. So habe ich beim Testtragen unter der griechischen Sonne immer wieder anlassbezogen flott zwischen Stahlband und Kautschukband (vom Drittanbieter Zuludiver) wechseln können – eine schöne Sache, die den Nachteil der Schmetterlingsfaltschließe ausgleicht, die keine weitere „on the fly“-Feinjustierung ermöglicht (die Bandlänge lässt sich dank zweier halber Bandglieder aber sehr gut anpassen).

Abschließende Gedanken

Im Test zur Milus Archimedes Super Compressor Diver hatte ich damals das Fazit gezogen, dass Luc Tissot sein feines Näschen für den Uhrenmarkt in den letzten Jahrzehnten nicht verloren hat. Das hat sich grundsätzlich auch nicht mit Blick auf die World Timer geändert, wenngleich ich die Entscheidung, auf ein GMT-Kaliber zu verzichten, wie ausgeführt, nicht so recht nachvollziehen kann. Trotzdem: Das Zifferblatt der neuen World Timer ist wirklich „on point“ (hat jemand Sommeruhr gesagt?) und Milus ist im Allgemeinen ein wunderbares Beispiel dafür, dass sich in der Schweizer Uhrenindustrie noch so manches versteckte Juwel tummelt, das mehr als einen Blick wert ist.

Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, freue ich mich über ein Like bei FacebookInstagram, YouTube oder

Auch über WhatsApp kannst du immer auf dem neuesten Stand bleiben – jetzt abonnieren:

DSxOAUB0raA (1)

Darüber hinaus freue ich mich über Kommentare immer sehr (Kommentare werden in der Regel innerhalb kurzer Zeit geprüft und freigeschaltet). Vielen Dank!

Abonnieren
Benachrichtige mich bei...
0 Kommentare
Neueste Kommentare
Älteste Kommentare Kommentare mit den meisten Votings
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen