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Nachdem ich in Teil 1 meines Artikels über die Marke LÜM-TEC und deren Lumen-Know-How sowie über die Vintage-Militär-Uhr Combat B19 aus Bronze geschrieben habe, darf in diesem Teil 2 ein völlig anderes Design der Marke auf den Prüfstand: Die LÜM-TEC A21 Bullhead ist mit seiner Instrumententafel-Optik deutlich moderner unterwegs und kommt passend dazu mit einem japanischen SII VK67 Meca-Quarz-Werk aus dem Hause Seiko. Also dann, packen wir den Stier mal bei den Hörnern…

LÜM-TEC Bullhead A21 Meca-Quarz VK67

 

LÜM-TEC Bullhead Chrono mit Meca-Quarz-Werk aus dem Hause Seiko

Normalerweise starte ich meine Reviews ja eher mit Äußerlichkeiten – in diesem Falle möchte ich aber zuerst auf eine kleine Besonderheit der LÜM-TEC Bullhead A21 eingehen: Das verbaute Mecaquarz-Uhrwerk von Seiko.

Meca-Quarz-Werke fristen ein ziemliches Nischendasein in der Uhrenwelt. Dabei galten diese vor vielen Jahren mal als total „hipp“, weshalb sogar viele große Luxusuhrenhersteller wie Breitling, IWC, Omega oder Hublot Meca-Quarz-Werke verbaut haben. Die Werke stammten damals z.B. von Jaeger-LeCoultre oder Frederic Piguet (heute Blancpain) und sind sogar optisch durchaus ansprechend:

Heutzutage kommen Meca-Quarz-Werke eher bei Micro-Brands (z.B. Helgray), brandneuen Kickstarter-Uhrenmarken (z.B. Undone oder Straton) oder bei der Seiko SSB-Modellreihe zum Einsatz. Seiko ist dabei sicherlich der größte Hersteller von Mecaquarz-Werken, was auch zum Image der Marke passt: Die Japaner geben sich in ihrer Kommunikation betont innovativ.

Ein von @afterworkproject geteilter Beitrag am

Aber was ist der Sinn hinter Mecaquarz-Werken? Diese Werke, wie z.B. das in der LÜM-TEC A21 Bullhead verbaute Seiko VK67, wollen letztendlich das beste aus der Welt der mechanischen Werke und der Quarzwerke verbinden: Es handelt sich dabei quasi um Hybrid-Werke, die die Standardfunktion einer Uhr per Quarz antreiben (also im Prinzip das Drehen des Minuten- und Stundenzeigers), während die Chronographenfunktionen mit einem mechanischen Modul angetrieben werden.

Der Vorteil: Ein Meca-Quarz-Werk vereint die Ganggenauigkeit eines Quarzwerkes (laut Seiko weniger als +/- 20 Sekunden pro Monat) mit einem schleichenden mittleren Sekundenzähler (60 Sekunden). Allerdings: Die Frequenz dieses Zeigers beträgt „nur“ 18000 bph – zum Vergleich: Das beliebte Chronographen-Kaliber ETA7750 läuft mit 28800 bph, wodurch die Zeiger durchaus merkbar flüssiger laufen.

Toll ist aber, dass der Chrono-Reset bei einem Mecaquarz-Werk eine sofortige Nullstellung des Sekundenzählers bewirkt (Instant Zero Reset) und nicht wie bei einem reinen Quarz-Werk die kompletten bisherigen Umdrehungen wieder zurücklaufen muss. Auch die Chronographen-Drücker lassen sich butterweich und mit perfektem Widerstand drücken.

In diesem Video wird die Funktionsweise noch mal deutlich:

https://www.youtube.com/watch?v=f8zj0cLF628

Letztendlich ist eine Uhr mit einem Mecaquarz-Werk im Alltag kaum von einem mechanischen Chronographen zu unterscheiden – einzig das unauffällige, abgehackte Ticken des kleinen Sekundenzeigers auf 3 Uhr weist auf die Quarz-Technologie hin…

LÜM-TEC Nahaufnahme Totalisator LÜM-TEC Nahaufnahme

Der Nachteil eines Mecaquarz-Werkes liegt auf der Hand: Ein solches Werk benötigt natürlich regelmäßige Batteriewechsel (ca. alle 3 Jahre; Batterie SR936SW bei dem VK67-Werk) und im Zweifelsfall ist ein Defekt des Werkes natürlich nicht so leicht zu beheben wie bei einem rein mechanischen Werk.

Nichtsdestotrotz kann ich aber sehr gut nachvollziehen, warum insbesondere viele kleinere Hersteller Mecaquarz-Werke verbauen: Selbst ich als bekennender Fan rein mechanischer Werke sehe den Charme von etwas „Besonderem“ in den Werken. Darüber hinaus ermöglichen  Mecaquarz-Werke durch einen günstigeren Anschaffungspreis (im Vergleich zu rein mechanischen Kalibern) auch günstigere Modellpreise – und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ist ja am Ende auch das Hauptargument aller Micro-Brands

 

Stierkopf à la LÜM-TEC

Auch das Design der LÜM-TEC Bullhead A21 kommt mit ein paar Besonderheiten. Zum einen wäre da die Anordnung der Krone und der Chronographendrücker an der Oberseite des Gehäuses. Der Name des Modells (Bullhead) ist da sicherlich kein Zufall: Die Anordnung erinnert an die Hörner eines Stierkopfes

LÜM-TEC Bullhead A21 Chono-Drücker und Krone Oberseite LÜM-TEC Bullhead A21 Chono-Drücker und Krone oben

LÜM-TEC Mecaquarz VK67

Auf den ersten Blick war die Anordnung von Krone und Drückern etwas gewöhnungsbedürftig. Das liegt auch daran, dass das Einstellen der Uhrzeit über die verschraubte Krone etwas hakelig ist, da der Federsteg für Wurstfinger wie mich beim Aufschrauben stört. Da die Bullhead A21 aber ja primär batteriebetrieben ist, muss man die Krone in der Regel nur alle drei Jahre nach einem Batteriewechsel aufschrauben, um die Zeit neu einzustellen.

Das ist mehr als verschmerzbar und der Vorteil der Kronen- und Drücker-Anordnung überwiegt deutlich: Durch das eckige Design ist das 42 mm große Modell ohnehin ziemlich bullig bzw. wuchtig, Krone und Drücker können sich aber nicht in den Handrücken bohren

LÜM-TEC Bullhead A21 Mecaquartz Wristshot

Alles in allem ist die Lösung der Bullhead sehr durchdacht: Der Tragekomfort ist (in Kombination mit dem flexiblen Kautschukband) hoch und der Uhr wird eine optische Besonderheit verliehen.

Mit Blick auf die ziemlich ähnlichen Modelle von Bell & Ross (siehe unten), ist ein Unterscheidungsmerkmal auch durchaus sinnvoll: Markeninhaber Chris Wiegand ist bekennender Fan von Marken wie Panerai oder auch Bell & Ross, er hat aber merkbar Gehirnschmalz in die Bullhead gepackt, um in Uhrenkenner-Kreisen nicht in die Design-Klau bzw. „Hommagen“-Ecke verfrachtet zu werden (wie das ja leider bei vielen Micro-Brands der Fall ist).

Bell & Ross Chronograph

Neben der außergewöhnlichen Anordnung von Krone und Drückern seien noch die „heruntergezogenen“ Kanten der LÜM-TEC Bullhead A21 genannt, die sich „ergonomisch“ dem Arm anpassen. Dadurch – und in Kombination mit den schmalen Hörnern – wird die Wuchtigkeit des Modells ein wenig entschärft.

LÜM-TEC kantiges Gehäuse LUM-TEC Bullhead 21 eckig Kanten verschraubt

Alles in allem ist das Gehäuse hervorragend verarbeitet und unterstreicht durch die großen und kleinen (Deko-)Schrauben die „Instrumententafel“-Optik des Chronographen. Einziger kleiner Wermutstropfen sind die Hörner, die zwar durchbohrt sind, trotzdem kommen aber nur Standard-Federstege zum Einsatz. Verschraube Stege wären noch das i-Tüpfelchen gewesen. Dennoch: Daumen hoch!

Der Gehäuseboden ist eher unspektakulär-schlicht gehalten – ich hätte es gar nicht schlecht gefunden, wenn LÜM-TEC hier etwas wagemutiger gewesen wäre und einen Glasboden verbaut hätte, um einen Blick auf das Mecaquarz-Werk werfen zu können.

LÜM-TEC Mecaquarz Bullhead Gehäuseboden

Designtechnisch hat LÜM-TEC mit der Bullhead A21 dennoch alles richtig gemacht – fast zumindest. Wie beim Test der LÜM-TEC Combat B19 stört mich eine Kleinigkeit beim Ziffernblatt: Dieses mal ist es aber nicht das hängende Datumsfenster, sondern vielmehr die orange „12“, die gefühlt etwas zu klein geraten ist. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau.

Insgesamt kommt die Bullhead A21 wie auch die Combat B19 mit einer optimalen Ablesbarkeit, was noch durch das 2,3 mm dicke, astrein beidseitig entspiegelte Saphirglas unterstrichen wird (die Entspiegelungsschicht ist gut an den bläulichen Reflexionen zu erkennen):

LÜM-TEC Bullhead beidseitig entspiegeltes Saphirglas

Dass das Saphirglas der LÜM-TEC Bullhead (und aller anderen LÜM-TEC-Modelle) so massiv ist und daher laut LÜM-TEC deutlich besser geeignet ist für Umgebungen mit hohem Druck (z.B. in einem Cockpit), ist übrigens keine Selbstverständlichkeit: Ich habe schon einige Uhren in der Hand gehabt, bei denen man durch ein einfaches Klopfen mit der Fingerkuppe bzw. dem Fingernagel auf das Glas gemerkt hat, dass es relativ dünn ist. Für viele Uhrenfreunde ist das vielleicht vernachlässigbar, aber dennoch eine schöne durchdachte Sache, die das Konzept der Uhr abrundet.

LÜM TEC dickes Saphirglas 2,3mm
2,3 mm dickes Saphirglas von LÜM-TEC im Vergleich mit einem deutlich dünneren Standard-Saphirglas, Bild: LÜM-TEC

Fazit und Alternativen zur LÜM-TEC Bullhead

Drei Varianten der LÜM-TEC Bullhead sind erhältlich: Die Bullhead A18 (Edelstahlgehäuse) und A19 (mit Titancarbidbeschichtung) kommen beide mit einer Leuchtmasse in bräunlicher Vintage-Optik, was meiner Meinung nach nicht ganz so gut zum modernen Gehäuse passt wie die weiße Lumen mit orangenen Highlights der Bullhead A21.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist insgesamt gut: Für faire 460€ bekommt man mit der LÜM-TEC Bullhead insbesondere eine tolle Gehäuseverarbeitung, eine hervorragende Ablesbarkeit und ein Design, welches zwar nicht revolutionär neu ist, aber dennoch mit ein paar frischen Ideen kommt. Nur die hakelig einstellbare Uhrzeit aufgrund der Kronenanordnung und die etwas zu klein geratene 12 trüben den ansonsten sehr guten Gesamteindruck.

In meiner Übersicht über ausgefallene Uhren bin ich auch auf das eine oder andere Modell mit eckiger Gehäuseform eingegangen. In der Preisklasse der LÜM-TEC Bullhead A21 liegt am ehesten ein Modell aus Steinharts Aviation Modellreihe. Kein Chronograph, aber mit einer ähnlichen Cockpit-Optik kommt z.B. die Steinhart Aviation Automatik mit Saphirglas und ETA 2824 Automatikwerk. Einzig die Größe von 44mm in Verbindung mit dem eckigen Gehäuse und der Anordnung der Krone an der rechten Flanke dürfte den Tragekomfort unter Umständen etwas einschränken. Kostenpunkt: Sehr faire 450€.

Steinhart Aviation Automatik, Bild: Steinhart

Zu meinem Artikel über ausgefallene Uhren-Modelle geht’s hier entlang:

 

Und hier geht’s zu Teil 1 über LÜM-TEC, der u.a. einige Hintergründe zur Marke und einen Lumen-Vergleich beinhaltet:

 

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Thomas H.
6 Jahre zurück

Hallo Mario. Ich hoffe, ich nerve nicht mit meinen Kommentaren. Aber ich bin immer wieder begeistert, was ich hier so alles finde.
Den Bericht über die LÜM-TEC Bullhead hatte ich mir schon vor einigen Tagen zu Gemüte geführt und habe mich deswegen für die Steinhart Aviation Vintage entschieden.
Einziger „Gegen“-grund war für mich das verbaute Quarzwerk in der Bullhead.
Bin nun seit letzten Samstag Eigner der Steini. Dank meines Handgelenkumfanges von 20,6 cm sieht die auch nicht zu groß und wuchtig aus. Das Lederband ist noch etwas steif und sperrig aber der Tragekomfort ist ansonsten top.
Was mich jedoch erheblich stört ist das extrem kleine Datumsfenster. Es ist in natura noch kleiner als es die Foto´s erahnen lassen. Einstellige Ziffern kann man noch erraten. Zweistellige sind nicht erkennbar – trotz Brille.
Und was mir noch negativ auffällt ist die „Ausdauer“ der Leuchtkraft. Auf allen Werbefotos ist gewaltige Leuchtkraft zu sehen – und das suggeriert gute Ablesbarkeit bei Dunkelheit .
Aber wenn Du notgedrungen morgens die Uhrzeit ablesen müssen solltest, schau lieber aufs Handy. Nach bereits 4 Stunden ist Schluß mit Lustig – ähh : der Leuchtanzeige.
Die Ziffern mit der Leuchtmasse in bräunlicher Vintage-Optik sind zudem auch bei winterlicher „Spätnachmittagdunkelheit“ schon kaum ablesbar. Man sollte also überlegen ob „Vintage“ oder besser nicht.

Als positiv sei aber erwähnt, dass die Ganggenauigkeit phänomenal ist. In 72 Stunden keine einzige Sekunde !! Habe ja einige gut laufende Teile, aber das hatte ich noch nie. Das ist auch der Grund warum ich von meinem Rückgaberecht keinen Gebrauch machen werde.