Hรคufig stolpert man รผber die Aussage, dass auf den kanarischen Inseln Shopping richtig schรถn gรผnstig ist. Schnรคppchen sind da fast schon vorprogrammiert – oder?
Der Hintergrund dazu ist, dass es auf den Kanarischen Inseln, obwohl diese bekanntermaรen zum Staatsgebiet von Spanien gehรถren, keine harmonisierte Mehrwertsteuer im Sinne der Europรคischen Gemeinschaft gibt, sondern eine eigenstรคndige, lokale Steuer auf den Verbrauch: die IGIC (Impuesto General Indirecto de Canarias). Seit dem 01.01.2020 wurde der allgemeine Steuersatz der IGIC zwar von 6,5% auf 7% erhรถht, faktisch ist dieser Satz aber deutlich niedriger als beispielsweise auf dem spanischen Festland (Mehrwertsteuersatz 21%) oder natรผrlich Deutschland (19%).
Schnรคppchenalarm also? Nun, zumindest im Bereich Uhren gibt es schon mal den ersten Dรคmpfer: Es gibt auch einen erhรถhten IGIC-Satz in Hรถhe von 15%. der bei Luxusgรผtern Anwendung findet, also z.B. bei Schmuck, Uhren, Parfum und PS-starken Autos. Auch die Vermietung von Autos wird รผbrigens mit dem erhรถhten Steuersatz besteuert.
Uhren kaufen auf Gran Canaria – lohnt sich das?
Als Uhrennerd blieb meine Nase bei meinem diesjรคhrigen Familienurlaub auf Gran Canaria natรผrlich an einigen Schaufenstern mit Uhren hรคngen. Und vielleicht lockt ja doch das eine oder andere Schnรคppchen, trotz erhรถhtem IGIC-Satz?
Auf Gran Canaria gibt es im Wesentlichen zwei sehr prรคsente Juwelierketten mit den bekannten Schweizer Luxusuhrenmarken. Wo der eine ist, ist auch der andere nicht weit. Man hat schon das Gefรผhl, dass beide in ziemlich intensivem Wettbewerb miteinander stehen.
Beide Juweliere habe ich besucht, um mir ein Bild davon zu machen, ob ein Uhrenkauf gewisse preisliche Vorteile gegenรผber einem Kauf in Deutschland mit sich bringt – das Ergebnis war (so viel sei vorweg gesagt) sehr รคhnlich.
Bei Juwelier A interessierte ich mich vor allem fรผr eine Panerai Submersible, die mir ein Herr, der sich als Chef vorgestellt hat, auch sofort hochmotiviert verkaufen wollte (und mich mit in die Besenkammer genommen hat, um mir die supertolle Super-LumiNova-Leuchtmasse zu zeigen). Auch ein Rabatt in Hรถhe von 15% wurde mir recht flott angeboten – ganz okay, aber nicht รผberragend fรผr Uhren der Marke Panerai. So weit, so normal.
Bei der Frage nach den Steuern wurde es spannend und so bekam ich Aussagen wie “Naja, man darf einfach nicht zu viele Uhren kaufen, vielleicht eine fรผr den Herren und eine fรผr die Dame. Und dazu noch eine Kette.”
Ich habe daraufhin explizit darauf hingewiesen, dass die Kanaren aber doch steuerlich gesondert behandelt werden (dazu gleich mehr) – das wurde aber weggelรคchelt: “Wir sind ja kein Land in Afrika oder so. Nein, es gibt kein Problem beim Zoll. Ich habe viele jahrelange Kunden und es hat noch nie Probleme gegeben.”
Nach den Aussagen bei Juwelier A, die mich etwas stirnrunzelnd zurรผckgelassen haben (und die – so viel vorweg – glatt gelogen sind), habe ich es noch mal bei Juwelier B probiert.
Insbesondere die gute Auswahl von Tudor-Uhren zog mich in das Geschรคft von Juwelier B. Dort lieร ich mir eine Tudor Pelagos und die neue Tudor Black Bay GMT zeigen, die beide mit demselben Listenpreis wie in Deutschland ausgezeichnet waren. Nach kurzer Plauderei wurden mir recht schnell ungefragt ein Rabatt in Hรถhe des IGIC, also 15% auf den Listenpreis, angeboten (also genau wie bei Juwelier A) – ganz ordentlich, wenn man bedenkt, dass man auf Tudor-Uhren nach wie vor ziemlich selten รผberhaupt irgendeinen Rabatt bekommt. Notiz am Rande: Rolex-Uhren sind auch auf Gran Canaria faktisch nicht “on the fly” zu bekommen (alle Uhren im Schaufenster waren Ausstellunggstรผcke).
Hier hakte ich nach, ob nicht noch etwas mehr Rabatt mรถglich sei, da ich ja faktisch sonst mehr als in Deutschland zahlen wรผrde, wenn ich die Uhr beim Zoll anmelde und 19% Einfuhrumsatzsteuer zahle. Die etwas gelangweilt wirkende Dame zog nur die Unterlippe nach unten: “Wir haben viele langjรคhrige Kunden, die nicht beim Zoll anmelden und sich einfach Box und Papiere per Post nach Hause schicken.”
Die Rechtslage: Grรผner Kanal, Freigrenze und Kosten
Der Flug hat gedauert, endlich kommt auch der Koffer auf dem Gepรคckband an. Nichts wie raus aus dem Getรผmmel, denken sich viele und wรคhlen beim Zoll im Zweifel lieber schnell die grรผn markierte Spur (auch: “Grรผner Kanal”). Der Knackpunkt, und ich wiederhole noch mal einen entscheidenden Satz vom Anfang, ist: Die Kanarischen Inseln gehรถren in Bezug auf die Mehrwertsteuer nicht zum Gebiet der Europรคischen Gemeinschaft. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Waren eben nicht “einfach so” durch den grรผnen Kanal beim Flughafen getragen werden dรผrfen – auch, wenn das insbesondere Juwelier A suggerieren wollte, der meinte, dass es beim Zoll angeblich kein Problem gibt.
Der Zoll formuliert das klipp und klar wie folgt: Die nachfolgend aufgefรผhrten Gebiete gehรถren zwar zum Zollgebiet der EU, aber nicht zum Steuergebiet fรผr Verbrauchsteuern und Mehrwertsteuern. Bei der Einreise aus diesen Gebieten gelten daher ebenfalls die zollrechtlichen Bestimmungen fรผr die Rรผckkehr aus einem Nicht-EU-Staat. Bei รberschreitung der Freigrenzen werden daher die Einfuhrumsatzsteuer und ggf. Verbrauchsteuern erhoben.
- die รberseedepartements Frankreichs (Martinique, Mayotte, Guadeloupe, Rรฉunion, Franzรถsisch-Guayana und Saint-Martin)
- die Kanarischen Inseln
- Campione d’Italia sowie der zu Italien gehรถrende Teil des Luganer Sees zwischen Ponte Tresa und Porto Ceresio
- die ร landinseln
- der Berg Athos in Griechenland
Kurzum: Die Kanaren sind zollrechtlich genauso zu behandeln wie bei einer Reiserรผckkehr aus Nicht-EU-Lรคndern wie China, USA oder aus Timbuktu.
Konkret bedeutet das, dass alle Waren, die aus den Kanaren nach Deutschland eingefรผhrt werden, durch den Zoll abfertigt werden mรผssen. Dabei gilt eine Freigrenze von 430โฌ fรผr Personen รผber 15 Jahre, die fรผr das eine oder andere Urlaubsmitbringsel zwar locker fรผr den grรผnen Kanal ausreichen, mit einer Uhr aus der Kategorie Panerai oder Tudor aber natรผrlich mehr als gesprengt wird.
Das wiederum bedeutet, dass eine hochwertige Uhr bei Rรผckkehr von den Kanaren zwingend beim Zoll angemeldet werden muss und der Zolltarif (zu vernachlรคssigende 80 Cent) und insbesondere Einfuhrumsatzsteuer (entspricht der Mehrwertsteuer in Hรถhe von 19%) fรคllig sind.
Fรผr eine Uhr mit dem beispielhaften Wert von 5000โฌ sind so laut Abgabenrechner fรผr den Reiseverkehr vom Zoll rund 950โฌ fรคllig.
Nun brauche ich auch nicht den Rechenschieber aus dem Keller zu holen, um festzustellen, dass sich die rund 15% Rabatt, die mir sowohl bei Juwelier A als auch bei Juwelier B angeboten wurden, nachteilig gegenรผber dem Listenpreis in Deutschland sind, wenn ich noch 19% Einfuhrumsatzsteuer oben drauf rechne (davon mal abgesehen bekommt man auch in Deutschland relativ problemlos gute Rabatte auf Panerai-Uhren).
Buรgeld und Strafverfahren
Es gilt: Wenn man beim Zoll auf Nachfrage falsche Angaben zu Umfang oder Wert der mitgefรผhrten Waren macht, macht man sich genauso strafbar, wie wenn man von vornherein den Zoll zu umgehen versucht. Wenn bei einer stichprobenartigen Kontrolle zollpflichtige, nicht angegebene Waren sichergestellt werden, drohen – je nach Warenwert – Ordnungswidrigkeits- oder Strafverfahren.
“Wer den grรผnen Ausgang nimmt, gibt automatisch eine steuerlich relevante Erklรคrung ab: dass er keine zollpflichtige Ware รผber die Reisefreimenge hinaus dabei hat”, sagt Thomas Meister vom Hauptzollamt Mรผnchen, Dienststelle Flughafen Franz Josef Strauร. Wer Mitbringsel zu verzollen habe, mรผsse von sich aus durch den roten Ausgang: “Wer also Grรผn mit Zollware passiert und dort von unseren Beamten erwischt wird, hat Steuern hinterzogen”, erklรคrt Zรถllner Meister. Fรคllig sind dann Zoll, Steuern und noch dazu eine Strafe.
Das Zollrecht entspricht dabei dem Steuerrecht. Zollhinterziehung wird also wie Steuerhinterziehung behandelt und entsprechend geahndet. Kleinere Vergehen gelten gemรคร ยง378 AO als Ordnungswidrigkeit, die mit Geldbuรen belegt wird. Schwerere Vergehen wie Zollhinterziehung (ยงยง 3 Abs.3, 370 AO) gelten als Straftaten und werden mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet.
Praktisch heiรt das: Wenn man Waren in geringem Wert (รผber der Reisefreimenge) nicht angegeben hat, mรผssen diese neben einem Zollzuschlag auรerdem nachverzollt werden. Hinzu kรถnnen Buรgelder von bis zu 50.000 โฌ kommen. Die Strafe richtet sich dabei nach der kriminellen Energie (wenn beispielsweise eine Ware richtig versteckt wurde), und nach dem Einkommen.
Als Faustregel kann man den Wert der Ware samt der 19 Prozent Einfuhrabgaben noch einmal als Strafe ansetzen – man zahlt also die Ware doppelt. Das gilt fรผr Privatpersonen wohlgemerkt; bei gewerblichen Schmugglern wird es noch viel teurer.
Wenn man Waren in einem Gesamtwert von mehr als 700โฌ nicht angegeben hat, wird sogar ein Strafverfahren eingeleitet, bei dem Geldstrafen von bis zu 360 Tagessรคtzen oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren drohen, in schweren Fรคllen drohen sogar Haussuchungen in Wohnung und Betrieb, Gewerbeuntersagung und Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren.
An dieser Stelle sei noch mal an einen gewissen Herrn Rummenigge erinnert, der vor einigen Jahren zwei Rolex-Uhren im Wert von fast 100.000โฌ nicht beim Zoll angemeldet hat โ die Strafe: knapp 250.000โฌ (140 Tagessรคtze รก 1785โฌ). Rummenigge galt in dem Atemzug auรerdem als vorbestraft. Ein ganz schรถn teurer Spaร. Und ja, es ist schon irgendwie krass, wie in unserer Gesellschaft Vermรถgensdelikte in Relation zu Gewaltdelikten bestraft werden – aber die Diskussion dazu wรผrde hier jetzt zu weit fรผhren…
Die Realitรคt
Nun schaut die Realitรคt aber so aus: Bis 2030 gehen 12.000 Zรถllner in Ruhestand, etliche Stellen sind unbesetzt. Es herrscht Personalnot. Die Zollverwaltung sucht daher hรคnderingend neue Mitarbeiter.
Von daher verwundert es nicht, dass nach meiner Rรผckkehr aus Gran Canaria am Sonntagabend beim Zoll faktisch gรคhnende Leere herrschte. Nur ein einziger Zollbeamter hat sich mal kurz gelangweilt beim grรผnen Gang blicken lassen, wรคhrend wir am Gepรคckband warteten, war dann aber schnell wieder verschwunden. Von daher darf man auch davon ausgehen, dass die Aussagen der Juweliere, dass man mit der Uhr halt einfach durch den grรผnen Gang gehen soll, tatsรคchlich gelebte Realitรคt vieler Urlauber ist.
Andersherum war ich aber vor einiger Zeit bei meiner Rรผckkehr von Teneriffa ziemlich รผberrascht darรผber, dass mindestens ein Dutzend Zollbeamte beim grรผnen Kanal Spalier standen und nur darauf warteten, dass jemand etwas zu unauffรคllig schaut.
Natรผrlich kontrollieren die Zรถllner nicht jeden einzelnen Reiserรผckkehrer, der den grรผnen Kanal wรคhlt. Nach welchen Kriterien die Beamten die Leute herauspicken? Das ist natรผrlich ein Betriebsgeheimnis, aber Schweiรtropfen auf der Stirn oder nervรถses Verhalten sind sicherlich gewisse “Indizien” ๐ . รbrigens: Der Zoll macht oft nur Stichproben, sucht aber je nach Reiseland erfolgsorientiert nach bestimmter Ware; zum Beispiel nach Hightech-Gerรคten und Kleidung bei Rรผckkehrern aus den USA, nach Gold bei der Anreise aus der Tรผrkei und Lebensmitteln wegen dortiger Tierseuchen.
Fazit zum Uhren-Kauf auf Gran Canaria
Der Kauf einer hochwertigen Uhr auf Gran Canaria lohnt sich nicht – auรer man mรถchte bewusst mit dem Feuer spielen. Ja, die Chance “erwischt” zu werden, wenn man einfach mit einer teuren Uhr durch den grรผnen Kanal beim Zoll marschiert, ist wohl eher gering. Ich persรถnlich brauche diesen “Nervenkitzel” nach einer mehrstรผndigen Flugreise aber nicht ๐ . รbrigens: Ziemlich gรผnstig auf den Kanaren sind Zigaretten wie ich mir als Nichtraucher von einem Raucher habe bestรคtigen lassen… ๐ (hier gilt รผbrigens aber auch eine Einfuhrgrenze von 200 Stรผck, sprich einer Stange, pro Kopf).
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Klasse Beitrag und ja ich weiร nicht ob es fรผr die Canaren gilt ich hole mir die gezahlte MWSt beim Zoll in ZB Norwegen zurรผck und versteuer dann in Deutschland โฆauรerdem kรถnnen noch Jahre spรคter die Kaufrechnung vom Zoll verlangt werden wenn man kontrolliert wirdโฆ. Ist mir schon passiert.und dann musst Du nachweisen das du die MWSt gezahlt hastโฆ.zB bei erneutem Grenzรผbertrittโฆ.
Ist ein guter Artikel, nur wurde leider nicht beachtet, dass man sich die kanarische Umsatzsteuer bei der Ausreise zurรผckholen kann, weshalb ein Kauf interessant sein kann, wenn der Rabatt hรถher ist als in Deutschland oder รsterreich. Die Einfuhrumsatzsteuer ist auf den rabattierten Rechnungsbetrag zu berechnen.
Hallo Michael,
Hast du dazu bitte eine Quelle?
Ein interessanter Artikel, der fรผr mich allerdings nicht zutreffen dรผrfte. In dem Zusaammenhang habe ich aber eine ganz andere Frage.
Ich lebe seit mehr als 20 Jahren ausschlieรlich in Brasilien, in meinem deutschen Pass ist der Wohnsitz vermerkt. Die jรคhrlichen Urlaube in der alten Heimat nutze ich, um diverse Uhren aus meiner Sammlung – manchmal bis zu 10 – mit nach Deutschland zu bringen, weil sie beim Uhrmachermeister meines Vertrauens einen Service oder eine Reparatur benรถtigen. All die Jahre verliefen Ein- und Wiederausfuhr problemlos ohne Anmeldungen beim Zoll. Mรผรte ich die Uhren anmelden und wie sieht es dann steuerlich aus?
Danke im voraus fรผr eine Antwort.
Hi Uli, das ist natรผrlich ein spezieller Fall, der meiner Meinung nach nicht unter die klassische Einreise fallen dรผrfte (ohne Gewรคhr!). Dennoch wรผrde ich an deiner Stelle zur Sicherheit beim Zoll nachfragen!
Hi Mario,
danke fรผr Deine Einschรคtzung. Allerdings mรถchte ich keine schlafenden Hunde wecken. Denn wenn ich erst mal gefragt habe und die Antwort ist wie oft bรผrokratisch verbrรคmt und voller Umstรคnde, die dann in dr Befolgung zu vergeuteter Zeit, Nerven und Aufwand fรผhren kรถnnen, dann bin ich dem ausgeliefert. Ich werde es daher lieber darauf ankommen lassen, da es mehr als 20 Jahre problemlos geklappt hat.
Nach meiner Erfahrung und Kenntnis sind entsprechende Nachweise des Eigentums vor Anreise an den Zoll zu melden. Solltest Du doch mal herausgepflรผckt werden, sollte ein Nachweis innerhalb einer Frist dem Zoll mรถglich sein. Die Vorauszahlung der USt. und Zollgebรผhren die Du aber vor Ort, solltest Du keine Unterlagen dabei haben, oder vor Anreise nicht ordnungsgemรคร angemeldet haben, wรผrden Dir dann bei entsprechenden Nachweisen wiederum erstattet.