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To Bi, or not to Bi, that is the question! Diese dezente Zitatabwandlung frei nach Shakespeare bringt es ziemlich gut auf den Punkt: Auf der langen Liste der Spalter fรผr pingelige Uhrenfreunde stehen Bicolor-Uhren, also Uhren mit Elementen in neutralem Stahl und auffรคlligem Gold, ziemlich weit oben – zusammen mit schrรคg „hรคngenden“ Datumsfenstern und „abgesรคbelten“ Ziffern bei Chronographen. Gleichzeitig gibt es auch nicht wenige Fans von Bicolor-Uhren. Schauen wir uns daher mal die Titoni Seascoper 300 an, die nun auch in einer Bicolor-Variante verfรผgbar ist…

Eckdaten Titoni Seascoper 300:

  • Sellita SW200-1 in Chronometer-Qualitรคt (COSC), 40 Stunden Gangreserve
  • Durchmesser 42 mm
  • Bauhรถhe 12,5 mm
  • Horn-zu-Horn 51,5 mm
  • Gewicht: 185 Gramm (am Stahlband)
  • Saphirglas, beidseitig entspiegelt
  • Wasserdichtigkeit 300 m / 30 bar / 30 atm
  • Unidirektionale Taucher-Lรผnette mit kratzfestem Keramik-Inlay
  • Gehรคuse aus 316L-Edelstahl und Gelbgold-PVD
  • Super-LumiNova (BWG9)
  • 1765โ‚ฌ am Stahlband; inklusive Einfuhrumsatzsteuer/Zoll und Versand, direkt auf titoni.ch oder bei verschieden Fachhรคndlern.

Eine kleine Geschichtsstunde zu Bicolor-Uhren

In den letzten Jahren haben viele Hersteller ihren Modellen auch eine Bicolor-Variante spendiert โ€“ so beispielsweise geschehen bei der Tudor Black Bay GMT (โ€œS&Gโ€), der Breitling Chronomat B01 oder der Rolex Explorer I mit 36 mm Durchmesser. Aber gehen wir zunรคchst noch mal einige Jahrzehnte zurรผck.

Die quadratischen Rolex Prince-Modelle „Brancard“, „Tiger Stripe“ und „Railway“ aus den 1920er Jahren gehรถrten zu den ersten Bicolor-Uhren รผberhaupt. So richtig Schwung in das Thema kam aber erst in den 1940er Jahren als auch viele weitere Schweizer Uhrenmarken damit begonnen haben Bicolor-Uhren zu lancieren, um eine Zielgruppe anzusprechen, die den luxuriรถsen Eindruck von Gold mit der Robustheit von Edelstahl kombinieren wollte.

Besonders populรคr: Die 1945 eingefรผhrte Rolex Datejust, die Filmfreunde unter anderem von Richard Gere in Pretty Woman kennen. Auch Christian Bale รญn seiner Rolle als Patrick Bateman als fiktiver geisteskranker Wall Street-Investmentbanker American Psycho sollte eigentlich die Rolex Datejust Bicolor tragen, was auch hervorragend zu seiner Rolle gepasst hรคtte (kultig: โ€œDonโ€™t touch the watch!โ€œ). Warum โ€œhรคtteโ€? Nun, da Rolex nicht mit einem blutrรผnstigen Killer (wenn auch fiktiv) in Verbindung gebracht werden wollte, wurde die Rolex Datejust kurzerhand gegen eine Seiko 5 Bicolor ausgetauscht, was man bei genauem Hinsehen an der โ€œhรคngendenโ€ Krone erkennen kann (siehe Bild unten). Interessant: In der Buchvorlage von Bret Easton Ellis trรคgt Bateman definitiv eine Rolex (โ€œDonโ€™t touch the Rolex!โ€œ).

American Psycho spielt im New York der 80er Jahre und, dass es in jedem Fall eine Bicolor-Uhr am Handgelenk von Christian Bale sein sollte, ist natรผrlich kein Zufall: Ab den 70er und 80er Jahren trauten sich zunehmend viele Hersteller, darunter auch Patek Philippe und Audemars Piguet, mit Gรฉrald Gentaโ€˜schen Bicolor-Uhren aus der Deckung.

Spannend war auch damals die Preisgestaltung: Eine deutsche Preisliste von Patek Philippe aus dem Jahre 1982 zeigt fรผr die Stahl-Referenz der Nautilus 3800/1A einen Preis von 7.500 DM, wรคhrend das Bicolor-Pendant 3800/1AJ mit 15.150 DM doppelt so teuer war. Die Vollgoldvariante 3800/1J lag nochmals beim Doppelten, und zwar bei 29.950 DM.

In den 80er Jahren, die bekanntermaรŸen nicht grade von Understatement geprรคgt waren, setzte sich der Mix aus Gold und Stahl bei Uhren endgรผltig durch. Denn nicht jeder war bereit fรผr Vollgold-Uhren, die damals oftmals mit dem Ruhestand assoziiert wurden.

In den 90ern kamen Bicolor-Uhren aber wieder zunehmend aus der Mode: Minimalistische Designs und der โ€žUnderstatementโ€œ-Luxus wurden populรคrer. Heute feiern Bicolor-Uhren mit Blick auf die Kollektionen der Hersteller in allen Preisklassen ein Comeback

Titoni Seascoper 300 Bicolor im Hands-On

Auch der seit รผber 100 Jahren familiengefรผhrte Traditionshersteller Titoni aus dem Schweizer Grenchen spendiert der in hiesigen Gefilden mit Abstand beliebtesten Modellreihe eine Bicolor-Variante: Die erstmalig im Jahre 1963 (unter der Marke Felca) lancierte und anno 2019 im Rahmen des hundertjรคhrigen Firmenjubilรคums komplett neu aufgelegte bzw. รผberarbeitete Taucheruhr Seascoper.

Die Basis fรผr die neue Bicolor-Variante stellt dabei die anno 2022 als gรผnstigere und flachere Variante zur Seascoper 600 lancierte Seascoper 300 dar (die Seascoper 600 mit Manufakturkaliber hat bereits 2021 eine Bicolor-Variante spendiert bekommen). Und das ergibt absolut Sinn: Bicolor hat nun mal von Natur aus einen etwas dressigeren Charakter und die GrรถรŸenunterschiede sind grundsรคtzlich zwar nicht riesig (der Durchmesser ist mit 42mm bei der 300er und der 600er identisch), die 2 mm Hรถhenunterschied (12,5mm vs. 14,5mm) machen sich am Handgelenk aber absolut bemerkbar – die Seascoper 6oo wirkt durchaus wuchtiger als die 300er.

Das Gehรคuse der Seascoper 300 ist grundsรคtzlich sehr รคhnlich verarbeitet wie das der Seascoper 600: Die Flanken sind auf Hochglanz poliert, die Oberseite der Hรถrner ist fein satiniert. Ein schรถnes Detail ist auch die Horn-Innenseite, die eine fein polierte Fase mitbringt. Ein dezenter Kronenschutz rahmt die Krone ein.

Besonders ins Auge springt der Gehรคuseboden, der im Zentrum eine Art „Bullauge“ hat, das eine ziemlich krasse Hochglanzpolitur mitbringt, sodass dieser wie ein Spiegel wirkt – unten im Bild habe ich eine Vintage-Kamera im Boden der Seascoper 300 gespiegelt und dann das Foto geknipst, um dies zu verdeutlichen. Ein ziemlich beeindruckender Effekt wie ich finde.

In der Regel wird Gold bei Bicolor-Uhren relativ sparsam verwendet, beispielsweise bei der Krone oder den mittleren Gliedern des Armbands, um die Form zu akzentuieren, wรคhrend der Lรถwenanteil der Uhr aus einem hellen Metall wie Edelstahl besteht. 

Das ist auch bei der neuen Bicolor-Seascoper 300 nicht anders: Alle Farbvarianten (neben der hier gezeigten schwarzen gibt es auch noch eine blaue und eine grรผne) kommen mit gelbgold akzenturierter Keramik-Lรผnette (gelbgoldene Indizes sowie bei der Lรผnettenumrandung) und gelbgoldener Krone. Wie bei Bicolor-Uhren im erschwinglicheren Segment รผblich, sind die jeweiligen Elemente gelbgold PVD-beschichtet (Physical Vapour Deposition deutsch: physikalische Gasphasenabscheidung).

Ferner passt Bicolor meiner Meinung nach auch aufgrund des Zifferblattaufbaus gut zur Seascoper 300: Anders als die Seascoper 600 mit ihren groรŸen, charakteristischen Stundenziffern 12-6-9 in moderner Typographie, kommen bei der Seascoper 300 trapezfรถrmige Indizes zum Einsatz. Dadurch wirkt das Zifferblatt der 300er per se eher klassischer.

Die Verarbeitung des Zifferblattes ist auf einem Top-Niveau, bis ins kleinste Detail (wie man auf den Makroaufnahmen unten auch problemlos erkennen kann) โ€“ und ich betone das an dieser Stelle gerne, da selbst in der Preisklasse jenseits der 1000โ‚ฌ eine solche Detailperfektion alles andere als eine Selbstverstรคndlichkeit ist (siehe auch 30 cm-Regel). Dank genial beidseitig entspiegeltem Saphirglas kommen all die schรถnen Details auch wunderbar zur Geltung.

Auch das Zifferblatt ist mit einem gelbgoldenen Zeigersatz akzentuiert. Selbiges gilt fรผr die applizierten, kreisrunden bzw. trapezfรถrmigen Stundenindizes, die den warmen Farbton auf das kรผhle Schwarz des Blattes bringen (รผbrigens sind alle drei Farbvarianten mit einem schwarzen Blatt ausgestattet – das einzige Unterscheidungsmerkmal ist die Farbe der Keramik-Einlage).

Einen wesentlichen Beitrag zum intensiven Bicolor-Look leistet das Stahlband im klassischen Oyster-Stil, das im Mittelteil ebenfalls mit Gelbgold-Beschichtung kommt. Wer es (deutlich!) dezenter mag, der kann aber natรผrlich auch zum Band greifen, das ausschlieรŸlich aus Edelstahl besteht – Titoni bietet die Varianten entsprechend an.

Praktisch: Das Stahlband kommt Titoni-typisch mit einer werkzeugfreien Feinjustierung, die sich perfekt integriert รผber das kreisrunde Titoni-Logo im Zentrum der SchlieรŸe auslรถsen lรคsst – einfach die stilisierte Pflaumenblรผte drรผcken und schon kรถnnen die Glieder vor- oder zurรผckgeschoben werden.

Fรผr den Antrieb der Seascoper 300 Bicolor sorgt wie gehabt das bewรคhrte und zuverlรคssige Schweizer Standardkaliber Sellita SW200-1. Titoni spendiert dem SW200-1 auรŸerdem eine Chronometer-Zertifizierung, die eine Ganggenauigkeit von -4 bis +6 Sekunden dank mehr als zweiwรถchiger Tests garantiert – alles andere als eine Selbstverstรคndlichkeit in dieser Preisklasse. Das Zertifikat von der COSC liegt dem Lieferumfang der Uhr bei. Im Falle meiner Testuhr betrรคgt die Ganggenauigkeit, gemessen mit Zifferblatt oben, perfekte 0 Sekunden pro Tag.

AbschlieรŸende Gedanken

Natรผrlich hat es keinen funktionalen Vorteil, wenn gewisse Teile einer Uhr aus Goldelementen bestehen – es geht hier rein um die Optik, die sicherlich nicht so „massenkompatibel“ ist wie bei reinen Stahluhren. Einer der manchmal von Uhrenfreunden genannte Kritikpunkte an Bicolor-Uhren ist dabei, dass diese schwierig mit dem Outfit zu kombinieren sind. Allerdings kann man auch anfรผhren, dass genau das Gegenteil der Fall ist, denn Bicolor passt beispielsweise sowohl zu goldfarbenen als auch zu Edelstahl-SchlieรŸen von Gรผrteln oder Gold/Stahl-Ringen, da beide Farben in einer Uhr vereint sind.

Kurzum: Bicolor-Uhren sind sicherlich ein guter Mittelweg zwischen klassischen Stahluhren und Vollgolduhren. Speziell die Titoni Seascoper 300 bietet – trotz diverser Preiserhรถhungen in den letzten Jahren – wie gewohnt ein sehr ordentliches Preis-Leistungs-Verhรคltnis: Wer einen hochwertigen und gleichzeitig noch relativ erschwinglichen Schweizer Diver mit โ€œverbriefterโ€ hoher Ganggenauigkeit sucht, kommt an der Seascoper 300 kaum vorbei.

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Carsten
23 Tage zurรผck

Daumen hoch, getreu dem Motto „bisschen bi, schadet nie“ ๐Ÿ™‚

Michael M. aus W. an der W. in NRW/BRD/EU
2 Monate zurรผck

Die Titoni ist grundsรคtzlich eine wirklich sehr schรถne Uhr, es ist nur sehr schade, daรŸ die Preise fรผr die verschiedenen Ausfรผhrungen (u.a. mit dem Manufakturwerk T10) in relativ kurzer Zeit deutlich angezogen haben. So ist sie inzwischen keine gรผnstige Alternative zu anderen Uhren mehr. Was ausgesprochen schade ist.

Uhren in Bicolor, wie sie vermehrt Ende der Siebziger, aber vor allem haufenweise in den achtziger Jahren auftauchten, sind eine der furchtbarsten geschmacklichen Entgleisungen dieser Zeit. Vergleichbar mit รคhnlichem geschmacklichen Unrat wie Schulterpolstern, Modern Talking oder Minipli. DaรŸ aber diese lรคngst รผberwunden geglaubte Zeit bedeutender geschmacklicher Fehlleistungen wieder frรถhliche Urstรคnde feiert, kann man an dieser scheuรŸlichen Brillenmode(die Rรผckkehr der Schaufenster), der zunehmenden Rรผckkehr der Rotzbremse (Schnรคuzer) und Hosen mit Schlag(vor allem in der Mode fรผr Frauen) beobachten. Und da gehรถrt natรผrlich auch die Uhr in Bicolor dazu, jenes Zwitterwesen, das hauptsรคchlich von sehr geschmacksunsicheren Menschen beiderlei Geschlechts getragen wird, die nicht in der Lage sind, sich fรผr eine klare Ausfรผhrung zu entscheiden und/oder glauben, wenn andere das auch tragen, sei es chic. Ist es nicht. Es ist eine รคsthetische Katastrophe, aber da ja bekanntlich jeder Jeck anders ist, leider eine, die man nicht akzeptieren, aber tolerieren muss. Sollte. Man kann ja auch wegschauen. Aber bitte nicht unter Schmerzen stรถhnen oder gar aufschreien. Das wรคre dann doch etwas zuviel des Guten.

Last edited 2 Monate zurรผck by Michael M. aus W. an der W. in NRW/BRD/EU