Nachschlag in der Kern-Kollektion der 2016 gegründeten Uhrenmarke Sternglas: Mit der Naos Pro Automatik legen die Hamburger ein neues Modell mit einem Zifferblatt in Anthrazit und Alabaster sowie dem höherwertigeren, deutlich flacheren Automatikkaliber Miyota 9015 auf. Im Detail gibt es noch weitere Verbesserungen. Schauen wir mal genauer hin…
Eckdaten Sternglas Naos Pro Automatik:
- Durchmesser 38 mm
- Gehäusehöhe 9 mm (exkl. Glas)
- Bandanstoß 20 mm
- Horn-zu-Horn 42 mm
- Gehäusematerial 316L Edelstahl, poliert und gebürstet
- Wasserdichtigkeit bis 50 Meter / 5 atm / 5 bar
- Zifferblatt satiniert und gewölbt, alabaster oder anthrazit
- Saphirglas, doppelt gewölbt, doppelt entspiegelt
Gehäuseboden 316L Edelstahl, 6-fach verschraubt - Japanisches Automatikkaliber Miyota 9015 (Gilt), schwarzer PVD Rotor mit Gravur, Datum Ganggenauigkeit -10/+30 Sek/Tag, Gangreserve 42 Stunden
Frequenz 28.800 A/h, 24 Steine - Listenpreis 699€ am Lederband bzw. 749 € am Stahlband, direkt über sternglas.de
Sternglas Naos Pro: Die Verbesserungen im Detail
Die Basisfarben der beiden Naos Pro-Varianten sind zunächst einmal sehr gedeckt bzw. zurückhaltend: Zum Einsatz kommt einerseits ein klassisches anthrazitfarbenes, also dunkel-warmes, graues Blatt. Andererseits die Farbe Alabaster, eine helle, cremige Farbe mit einem Hauch Gelb, die optisch an das natürliche Material des Gipsgesteins erinnert. Fun Fact am Rande: Es wird vermutet, dass der Ursprung des Wortes Alabaster aus dem Ägyptischen kommt. Da gibt es nämlich das Wort “anar” und den Namen “bastet”, was so viel heißt wie “Stein der Göttin Bastet” – die besaß nämlich angeblich Schminkgefäße aus Alabaster. Manchmal heißt es auch, der Begriff rührt von der ägyptischen Stadt Alabastron, der “Stadt der Alabastergefäße”, her.
Das gewölbte und satinierte, dezent feinkörnig wirkende Zifferblatt verfügt über einen Ring aus schlanken, gedruckten Stunden- und Minutenmarkierungen, wobei sich die Stunden- und Minutenmarkierungen hinsichtlich der Länge unterscheiden.
Für bessere Ablesbarkeit hat Sternglas bei der Naos Pro Automatik die Ziffern etwas vergrößert und die Strichstärke erhöht. Die Zeiger sind außerdem sehr kontrastreich. Schön: Das Datumsfenster kommt mit einem poliertem Edelstahlrahmen, was im Vergleich zu einem einfachen, ausgesägten Fenster einfach besser und hochwertiger aussieht (eine ausführliche Design-Diskussion zur Datum-Komplikation gibt’s hier).
Während die Nicht-Pro Naos völlig ohne Leuchtfarbe bleibt, peppt die Luminova-Leuchtfarbe (aus dem japanischen Hause Nemoto und in gleicher chemischer Zusammensetzung wie Super-LumiNova) beide Varianten der Naos Pro Automatik mit gelungenen Farbakzenten auf: Alabaster bietet einen neutralen Hintergrund, der gut mit der grünen LumiNova auf den Zeigern und den Viertelpositionen harmoniert. Die anthrazitfarbene Variante wiederum kommt mit blauer LumiNova auf den Zeigern in Verbindung mit orangen Leuchtpunkten auf den Viertelpositionen und einem knallroten (nicht nachleuchtenden) Sekundenzeiger.
Die Kombination aus auffälligen Farbakzenten, insbesondere bei der anthrazitfarbenen Variante, mit einem ansonsten “asketischen” Zifferblatt könnte auf den ersten Blick als Unstimmigkeit angesehen werden. Dennoch passt diese Kombination absolut zum Bauhaus-Leitthema, denn auch die Bauhaus-Architektur ist eine zutiefst farbige Angelegenheit: Das Haus am Horn in Weimar (1923) beispielsweise wurde als “Versuchshaus” und Beispiel für moderne Wohnarchitektur während der ersten Bauhaus-Ausstellung in Weimar gebaut. Die Innenräume wurden von verschiedenen Künstlern des Bauhauses gestaltet, wobei Farben verwendet wurden, um unterschiedliche Räume und ihre Funktionen zu betonen. Das Konzept sah helle Pastelltöne vor, die im Kontrast zu akzentuierten kräftigen Farben wie dem rot-blau karierten Fußboden im Esszimmer standen (die Bauhaus-Farben waren damals übrigens insofern “problematisch”, dass Architekturmagazine Projekte bis weit in die Siebzigerjahre hinein nur in Schwarzweiß publizierten).
Das Gehäuse ist in seiner Form Bauhausuhren-typisch dressig und filigran gehalten, vor allem durch eine sehr schmale Lünette und die kurzen Hörner (Horn-zu-Horn = kompakte 42 mm). Neu ist, dass die Naos Pro Automatik anstelle eines durchgängig polierten Gehäuses nunmehr eine polierte Lünette und einen polierten Gehäuseboden mit einem fein gebürsteten Mittelteil kombiniert – dadurch wirkt das Modell merkbar aufwändiger verarbeitet und optisch noch etwas flacher. Davon mal abgesehen ist die Naos Pro Automatik mit einer Höhe von nur 9 mm (statt 12mm) auch faktisch merkbar flacher als die Nicht-Pro Naos Automatik – dank des flachen Premium-Kalibers Miyota 9015 (dazu gleich mehr).
Die Krone wurde etwas größer bzw. dicker und gleichzeitig flacher anliegend konstruiert, um die Handhabung zu verbessern, zum Beispiel mit Blick auf den (optional nutzbaren) Handaufzug des Automatikkalibers – damit geht Sternglas auf einen Wunsch der Community ein, die beispielsweise auf Facebook äußerst zahlreich vertreten ist.
Auf den hohen Tragekomfort zahlen auch die hochwertigen, angenehm flexiblen Armbänder ein, darunter das Band aus Bridleleder in Schwarz oder Dunkelbraun. Bridleleder gilt als eine hochwertige und robuste Lederart, die besonders für die Herstellung von Reitsportzubehör wie Zaumzeug, Geschirr und Sätteln, aber auch für hochwertige Taschen, Gürtel und Möbel verwendet wird. Nach dem Gerben wird das Leder mit einer Mischung aus Wachsen und Ölen behandelt, die nicht nur die Strapazierfähigkeit erhöht, sondern auch einen tiefen Glanz erzeugt. Gleichzeitig wird dadurch das Leder auch widerstandsfähiger gegen Feuchtigkeit.
Alternativ bietet Sternglas auch ein sehr massives, feingliedriges Stahlband mit Butterfly-Faltschließe an, das haptisch richtig gut ist. Optisch ist es mir in Verbindung mit der Alabaster-Variante der Naos Pro allerdings etwas zu kontrastarm – bei der Anthrazit-Variante gefällt es mir ziemlich gut, wenngleich ich mir einen integrierten Bandanstoß wünschen würde. In jedem Fall kann dank der Schnellwechselfederstege jedes Sternglas-Band in
wenigen Handgriffen ohne Werkzeug in Eigenregie austauschen. Beide Bandvarianten schmiegen sich dank der kurzen und stark nach unten gebogenen Bandanstöße “ergonomisch” um mein 19 cm-Handgelenk.
Auch beim Innenleben setzt Sternglas auf höhere Qualität: Gegenüber der Nicht-Pro Naos, die mit dem Miyota-Kaliber 8215 kommt, setzen die Hamburger bei der ersten Serie der Sternglas Naos Pro Automatik auf das Miyota-Kaliber 9015 in der GILT-Version (9015-20G). Es handelt sich dabei um dasselbe Kaliber wie das Miyota 9015 – außer, dass es goldfarben ist. Ein schwarz PVD-beschichteter Rotor mit goldfarbener Sternglas-Gravur setzt dabei einen kontrastreichen Akzent. Prädikat: Sehenswert.
Ich plädiere ja gebetsmühlenartig immer wieder dafür, dass kleinere, unabhängige Marken und Microbrands auf die Miyota 9000er-Reihe setzen, denn das Kaliber wurde nicht ohne Grund von der Citizen-Gruppe als Alternative zu Schweizer Kalibern wie dem Sellita SW200-1 ins Rennen geschickt. Gut also, dass Sternglas diesen Schritt gegangen ist.
Das Miyota 9015 bringt alles mit, was man von einem höherwertigeren Automatikwerk erwarten darf (28.800 bph, Sekundenstopp etc.) – nur die Ganggenauigkeit reißt mit -10 ~ +30 Sekunden pro Tag, die Miyota ab Werk bzw. per Spezifikation garantiert, (theoretisch) keine Bäume aus. Praktisch ergeben sich meiner Erfahrung nach im Allgemeinen beim Miyota 9015 aber gute bis sehr gute Gangwerte – und bei beiden Testuhren im Speziellen ordentliche Gangwerte von +9 bzw. -3 Sekunden pro Tag (gemessen in der Lage “Zifferblatt oben”).
Und, um noch mal den Vorteil bei der Bauhöhe aufzugreifen: Das 9015 ist mit 3,9mm sehr flach konstruiert – jedenfalls merkbar flacher als das Miyota 8215 (5,67mm; das Kaliber tickt in der “normalen” nicht-Pro Naos wie der Sternglas Naos Edition Bronze), das Seiko NH35 (5,32mm) oder das Sellita SW200-1 (4,6mm). Das ist mit Blick auf den durch und durch dressigen Charakter der Naos Pro Automatik natürlich ein gutes Argument für das 9015, denn – wie bereits beschrieben – kann so das Gehäuse auch deutlich flacher und damit besser im Einklang mit dem dressigen Charakter der Naos konstruiert werden.
Abschließende Gedanken
Die Pro-Variante verbessert die Naos Automatik auf sinnvolle Art und Weise hinsichtlich Ablesbarkeit, aufwändigerer Gehäuseverarbeitung, flacherer Bauweise und dem tickenden Innenleben – also in quasi allen relevanten Aspekten. Ob man bereit ist den entsprechenden Aufpreis zu bezahlen, muss natürlich jeder selbst entscheiden – mit einem Plus in Höhe von 330€ gegenüber der “normalen” Naos Automatik (ab 369€) ist dieser jedenfalls nicht ganz ohne.
Die erste Serie der Naos Pro Automatik umfasst 400 Stück in der Farbe Alabaster und 300 Stück in Anthrazit mit dem goldenen Miyota 9015 (Gilt Version).
Hier abschließend noch alle Varianten in der Übersicht:
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Eine wunderschöne Uhr mit zwei tollen Zifferblättern und einem recht guten Uhrwerk. Ich bin fast froh, daß ich mich nicht entscheiden muss bei den vielen Möglichkeiten.
Eine Uhr mit 38 mm Durchmesser sieht an meinen etwas kräftigeren Handgelenken (22 cm) ziemlich albern aus und kommt deswegen leider nicht in Frage. Aber die Naos wird ja auch in 42 mm angeboten, welche Freude. Oder auch nicht. Hier kommt das ziemlich simple Werk aus der 8er Reihe von Miyota zum Einsatz und das ist nun eher ein Schätzeisen und nicht adäquat.
Nach einem früheren Test an dieser Stelle nahm ich des Werkes wegen Kontakt mit der Firma auf und fragte, ob denn nicht ein 9er Werk von Miyota verbaut werden könnte, der nicht allzu hohe Aufpreis würde sich doch lohnen. Freundlich versprach man mir, diesen Gedanken weiter zu verfolgen und….mal sehen, was passiert. Wie zu sehen ist leider nichts passiert, ich maße mir auch nicht an, die Produktion von Sternglas mit ein, zwei Mails zu ändern. Aber wenn man bei Sternglas in die kleine Variante ein gescheites Werk einbauen kann, warum dann nicht auch in die große?
Aber leider, mit einer Träne im Knopfloch, muß ich sagen, mit dem Billigheimer-Werk kommt diese Uhr für mich nicht in Frage. Was wirklich schade ist, aber mit diesen Handgelenken sind 38 mm ein absolutes NoGo.