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Liebe Uhrenbegeisterte, in meinem letzten Bericht bin ich auf die Grundlagen zur Funktionsweise einer mechanischen Armbanduhr eingegangen. Dabei habe ich auch die Kraftübertragungen im einfachen Zeigerwerk erläutert. Heute möchte ich daran anknüpfen und etwas näher auf die Mechanik hinter der Datumsschaltung eingehen – denn ein Datum ist ja bei vielen Uhrenfreunden fast schon ein “Must Have”. Hier gibt es übrigens bei einigen mechanischen Uhren auch etwas hinsichtlich der Bedienung zu beachten, da sonst Schäden verursacht werden können! Aber nun erst einmal zur Mechanik hinter der Datumschaltung…

[Beitrag von Leon Zihang,
Uhrmacher und Kopf hinter ChronoRestore.com]
Leon Zihang Uhrmacher ChronoRestore
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So funktioniert die Datumsschaltung bei einer mechanischen Uhr

Die komplette Mechanik der Datumsschaltung befindet sich, im Gegensatz zum Chronographen-Mechanismus, auf der Zifferblattseite des Werkes unter dem Zifferblatt. Zur Anzeige von Datum und/oder sogar Tag wird die Drehzahl des Stundenrades aus dem Zeigerwerk abgegriffen. Da das Datum nur einmal in 24h geschaltet werden darf und sich das Stundenrad zweimal in 24h dreht, wird diese Drehung im Verhältnis von 2:1 mit Hilfe eines Zwischengetriebes untersetzt. Dieses Getriebe nennt man Datumräderwerk. Die Datumscheibe besitzt eine Innenverzahnung und hat 31 Zähne – einen für jeden Tag des Monats (Abbildung 1).

1. Datumscheibe
Abbildung 1 Datumscheibe

Die Datumscheibe kann aus Messing, Aluminium oder Kunststoff sein. Die 31 Datumszahlen sind dabei auf der Oberfläche des Datumringes aufgetragen (lackiert oder graviert). Ihre Anordnung hängt dabei von der Drehrichtung des Ringes ab. Über die Zähne wird der Datumsanzeiger angetrieben und mit der Datumraste in Position gehalten (Abbildung 2).

2. Positionierung Datumscheibe
Abbildung 2 Positionierung Datumscheibe

Eine weitere Variante zur Datumsanzeige kann die Anzeige mit Hilfe eines Zeigers auf einem kleinen Hilfszifferblatt auf dem Hauptzifferblatt sein. Dabei ist der Datumanzeigezeiger auf ein sternförmig verzahntes Rad gepresst, welches durch eine Rastfeder positioniert wird (Abbildung 3).

3. Zeigerdatum Positionierung Sternrad
Abbildung 3 Zeigerdatum Positionierung Sternrad

Einfach konstruierte Datumanzeigevorrichtungen beschränken sich auf die geringstmögliche Anzahl von Bauteilen und haben deshalb keine Möglichkeit der Datumschnellkorrektur. Das ist oft ein sehr „nerviges“ Problem von Vintage Uhren. Vor allem dann, wenn man die Uhr schon länger nicht getragen hat, muss man gefühlt stundenlang an den Zeigern drehen, bis das gewünschte Datum sichtbar ist.

Das allgemeine Wirkprinzip der Datumschaltung

In Abbildung 4 ist der Kraftverlauf bei der Datumschaltung ganz gut zu erkennen. Wir nehmen die Drehbewegung vom Stundenrad (1) und geben sie über das Datumzwischenrad (2) an das Datumschaltrad (3) weiter. Der Schaltfinger (4) des Datumschaltrades greift in die Innenverzahnung der Datumscheibe und dreht diese alle 24h um eine Teilung weiter. Der Datumring wird durch eine Rastfeder (5) mit Rasthebel (6) gesperrt und bildet ein sogenanntes Grenzhaftgesperr. Dies bedeutet, dass die Datumscheibe bis zum Moment des Schaltens in Position gehalten wird und erst durch die anliegende Kraft des Datumschaltrades (3) gelöst wird. Der Schaltfinger (4) des Datumschaltrades (3) treibt also die Datumscheibe an. Dabei wird die Datumraste (6) langsam angehoben, bis der Zahn über die Spitze der Raste geglitten ist. Ist dieser Moment des Schaltens gekommen, wird der Datumring um eine Raste weiter geschalten.

Man bezeichnet diese Variante als langsame Schaltung. Dies ist bei euch der Fall, wenn im Datumfenster die langsame Änderung des Datums über einen längeren Zeitraum zu sehen ist. Bei der schnellen Schaltung wird über einen federnd gelagerten Schaltfinger am Datumschaltrad eine Kraft vorgespeichert, um den Ring dann in einem Sprung schalten zu lassen.

Abb. 4 Kraftverlauf Datumschaltung
Abb. 4 Kraftverlauf Datumschaltung

Datumschalteinrichtungen in hochwertigen Gebrauchsuhren belasten in der Schaltphase das Laufwerk nur wenig und haben kurze Schaltzeiten. Die Dauer des Umschaltvorganges ist konstruktiv bedingt und hängt von der Gestaltung des Umschaltgetriebes ab. Die Güte einer Datumschalteinrichtung lässt sich durch die Größe der Umschaltbelastung für das Laufwerk und die Dauer der Umschaltung beschreiben.

Aufgrund der Schaltzeit unterscheidet man drei unterschiedliche Varianten:

  • Langsame Schaltung: Dauer ca. 2-3 Std. mit 1/3 der Schaltzeit vor- und 2/3 nach 24 Uhr.
  • Halbschnelle Schaltung: Dauer ca. ½ Stunde mit einer Schaltzeitverteilung wie bei der langsamen Schaltung.
  • Schnellschaltung: Dauer bis zu 10 Minuten. Schaltzeit 24 Uhr, 5 min. vorher bis 10 min. nach 24 Uhr.

Wann das Datum vollständig geschaltet haben muss, hängt von den Regularien des jeweiligen Herstellers der Uhr ab. Die meisten Hersteller, die ich kenne, erlauben die komplette Umschaltung zwischen 24:00 Uhr und 0:10 Uhr. Ich kenne aber auch Marken, die den kompletten Umsprung auf den neuen Tag zwischen 23:55 bis 0:05 Uhr sehen wollen. Dies kann man bei seiner Uhr einfach testen, indem man in der Zeigerstellung die Zeiger langsam auf die 24 Uhr zu dreht und im Moment des Datumsprungs aufhört.

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Manuelle Korrektur des Datums

Haben Monate weniger als 31 Tage oder ist die Uhr stillgestanden, muss das Datum manuell korrigiert werden können. Diese Datumskorrektur kann bei vielen Uhren über eine sogenannte Schnellschaltung erfolgen.

Dies kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen: Durch einen Korrekturdrücker (meist an der Gehäuseseite bei 10 Uhr) oder über die Aufzugwelle (siehe Abbildung 5).

5. Funktion der Datumschnellschaltung
Abbildung 5 Funktion der Datumschnellschaltung
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Funktionsbeschreibung der Datumschnellkorrektur

Die Datumschaltung des ETA 2824 wird auch in anderen Kalibern von ETA eingesetzt. Der Vorgang der Datumfortschaltung zählt zu den schnellen Schaltungen.

Die Aufzugswelle wird hier nicht bis auf Zeigerstellung herausgezogen, sondern in eine Zwischenstellung gerastet (Aufzugwelle in 1. Rastposition gezogen; siehe Abbildung 6). Die Uhr läuft dabei weiter und beim Drehen der Aufzugwelle werden die Zeiger nicht verstellt. In dieser Stellung greift das Zeigerstellrad (1), welches durch den „Schalthebel für Doppelkorrektor“ beweglich gelagert ist, in den Datumkorrektor (3) (bzw. ein Zwischenrad) ein und dieser kann nun mit seinen Schaltzähnen den Datumring (1 Rastung = 1 Tag) vorwärts drehen (im Uhrzeigersinn). Gegen den Uhrzeigersinn dreht sich der Datumkorrektor, auch Doppelkorrektor genannt, aus dem Eingriff mit der Datumscheibe und dreht einfach frei durch.

Die Datumschnellschaltung über einen Drücker wird meist bei einem Zeigerdatum verwendet, da dies die einfachste Möglichkeit ist das Sternrad um eine Rastposition weiterzubewegen. Durch Drücken des Drückers wird ein Hebel ausgelenkt, der in die Verzahnung des Sternrades greift und um eine Rastposition weitergedreht wird.

Datumschnellkorrektur
Abbildung 6:

Gefahren bei der Bedienung der Datumschaltung

Die Datumschnellkorrektur darf nicht zwischen 21 Uhr und 3 Uhr betätigt werden. In diesem Zeitraum ist die Datumfortschaltung des Werkes im Gange und der Datumschaltfinger des Datumschaltrades befindet sich schon zum Teil im Eingriff mit der Innenverzahnung der Datumscheibe. Wenn wir nun also die Datumschnellschaltung verwenden, bleibt die Innenverzahnung der Datumscheibe an dem Schaltfinger des Datumschaltrades hängen. Wenn dieser Schaltfinger aus einem massiven Material besteht und keine Möglichkeit zum Ausweichen hat, kann dieser schnell mal abreißen. Im schlimmsten Fall kann dieses kleine Teil ins Räderwerk der Uhr fallen und weitere Zahnräder blockieren und beschädigen. Mit Blick auf das Beispiel des ETA 2824-2 ist dies aber kein Problem, da der Schaltfinger federnd gelagert ist und der Innenverzahnung des Datumringes einfach ausweicht. Dennoch sollte man es nicht allzu oft provozieren. Auch hier ist der Schaltfinger aus sehr dünnem Material und kann durch Materialermüdung auch gerne mal abreißen.

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Ich hoffe, euch haben meine Ausführungen zur Datumschaltung gefallen! 🙂

Ich freue mich immer sehr über eure Rückmeldungen und gerne auch konstruktive Kritik!

Vielleicht darf ich ja auch bald mal deine Uhr auf meinem Uhrmachertisch begrüßen. Ich freue mich schon darauf!

Bis Bald!

Leon von ChronoRestore

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2 Kommentare
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Martin
1 Jahr zurück

Klasse Artikel, Leon!

Vielen Dank für viele Details, die ich noch nicht kannte!
Ich weiß, die Ausnahmen hätten nur verwirrt,
Aber vielleicht jetzt im Anhang:

1) Viele Omega- und Paneraimodelle haben die gleiche Datumsverstellung wie alle “Traveller-GMT”: man dreht in der ersten Kronen-Rastposition den Stundenzeiger vorwärts wie rückwärts in Stundenschritten, bis das Datum passt.
2) Spezielle Werke, wie Zenith Defy, erlauben die Datumseinstellung auch rückwärts über die Kronenschnellschaltung
3) Bei vielen Vintage-Werken ohne Datumsschnellschaltung funktioniert es auch deutlich schneller als das Durchdrehen der Zeiger nach vorne: nach dem Datumsschritt: Zeiger vier Stunden zurück auf 20:00 Uhr, dann wieder vor auf 00:30 Uhr: jetzt nächster Tag, wieder zurück etc. Das ist bei russischen Kalibern, die noch alte Schweizer Schule machen, genauso angegeben
4) In Großdatumuhren gibt es, soweit ich weiß, zwei angetriebene Datumscheiben für Zehner und Einer

Liebe Grüße,
martin

Leon
1 Jahr zurück
Antworten...  Martin

Hey Martin,

vielen Dank für die Ergänzung! Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Es gibt mittlerweile unzählige Varianten für solche Mechanismen und sie werden auch heute noch stetig weiterentwickelt. 🙂

LG
Leon