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Wozu braucht man überhaupt eine Uhr mit Pulsometer-Skala? Man kann doch den Puls einfach mit der “Finger-Methode” messen? Ja, das stimmt – eine Uhr mit Pulsometer-Skala kann aber ein sehr wichtiges Hilfsmittel für Ärzte und Pflegekräfte sein, um die Messung präziser und weniger Fehler-anfällig durchführen zu können…

Wie kam es zur Entwicklung der Pulsometer-Skala bei Uhren und Chronographen?

Der Puls lässt sich grundsätzlich ohne großen Aufwand und ohne Hilfsmittel selbst bestimmen. Dazu legt man zwei oder drei Finger auf die Innenseite des Handgelenks und zählt nun 1 Minute lang die Schläge, um den Puls pro Minute zu bestimmen. Man kann natürlich auch nur 30 Sekunden (oder 15 Sekunden) den Puls messen und auf 1 Minute hochrechnen, indem man den Puls einfach mit zwei (bzw. vier) multipliziert.

Im privaten Bereich ist diese Methode natürlich absolut in Ordnung. Professionelles Personal, also Ärzte oder Krankenschwestern, müssen den Puls aber natürlich pro Tag dutzende male bei Patienten messen. Und jeder weiß: Je länger sich der stressige Arbeitstag zieht, desto eher schwindet auch die Konzentration. Fehler können passieren.

So kam es, dass schon zu Beginn des 20. Jahrhundert Pulsmess-Apparaturen entwickelt wurden, um Ärzte und sonstiges Krankenhauspersonal zu entlasten und zu unterstützen. Dabei kamen auch solch unpraktische (und etwas gruselige) Geräte bei heraus:

Pulsmesser, ca. 1905

Und genau hier setzten im Jahre 1907 die Uhrenhersteller Heuer und LIP mit einer Idee für einen speziellen Chronographen an, die noch im selben Jahr patentiert werden konnte.

Der allererste Chronograph mit Pulsometer-Skala konnte ganz einfach so angewendet werden:

  1. Sobald man den Puls beim Patienten fühlen kann, löst man den Chronographenzähler über den Drücker aus.
  2. Nun zählt man exakt 20 Pulsschläge. Beim zwanzigsten Pulsschlag stoppt man den Chronographenzähler über den Drücker. Auf der Pulsometer-Skala lässt sich dann einfach der Puls ablesen.

Die großen Vorteile dieser Lösung:

  • Keine sperrigen Geräte nötig – die Uhr genügt.
  • Es reicht die Messung von 20 Pulsschlägen, was Zeit gegenüber einer 30-sekündigen oder 60-sekündigen Messung spart (siehe “Finger-Methode”).
  • Kopfrechnen entfällt (man braucht nicht auf eine Minute hochrechnen, um den Puls pro Minute zu erhalten) – und damit sind natürlich auch Fehler minimiert.

Heute noch erhältliche Uhren mit Pulsometer funktionieren nach demselben Prinzip wie 1907. Eine Pulsometer-Skala bei einem Chronographen muss aber natürlich nicht zwangsläufig auf “20” festgelegt sein. Gängig sind auch die Werte “30” und “15”.

Nehmen wir als Beispiel einen Chronographen, dessen Pulsometer-Skala auf 15 Puls-Schläge skaliert ist: Stellt man beim Patienten zum Beispiel 15 Puls-Schläge in zehn Sekunden fest, so wird auf der Pulsometer-Skala der hochgerechnete Puls von 90 pro Minute angezeigt (15*10/60).

Ein Pulsometer mit 15 Pulsschlägen als Grundlage hatte beispielsweise der speziell für den nordamerikanischen Markt von 1972 bis 1982 produzierte Automatik-Chronograph Heuer Montreal (gut erkennbar an der Beschriftung “15 Pulsations”). Besonders auffällig ist das sehr kontraststreiche Zifferblatt des Chronos – die Pulsometer-Skala ist knallig rot gehalten.

Aktuelle Uhren mit Pulsometer-Skala

Sinn 144 – “15 Puls”

Der Frankfurter Spezialuhrenhersteller Sinn hat mit dem Modell 144 St DIAPAL (mit schmierstofffreier Ankerhemmung) bzw. der Basis-Variante 144 St Sa einen klassischen, instrumentellen Chronographen mit sehr dezentem Pulsometer im Portfolio. Die Skalierung des Pulsometers auf der Sinn 144 ist bei 15 festgestellt, gut erkennbar an der Beschriftung “15 Puls”.

Gegen Aufpreis lässt sich die Ar-Trockenhaltetechnologie dazukaufen, die mit Hilfe einer Trockenkapsel, EDR-Dichtungen und Schutzgasfüllung dafür sorgt, dass das Uhrwerk in einer nahezu trockenen Atmosphäre gelagert wird. Alterungsprozesse und Anlaufen des Deckglases bei Kälteschocks werden dadurch verhindert, Funktionssicherheit und Ganggenauigkeit bleiben länger erhalten. Die Sinn 144 mit Schweizer ETA 7750 Automatikwerk ist ab 1890€ erhältlich.

Longines Mono Pusher-Chronograph

Gradué pur 30 Pulsations – der Hinweis auf den Pulsometer könnte beim automatischen Schaltrad-Chronographen von Longines kaum auffälliger sein. Das Besondere an der Uhr ist aber auch die Bauart als “Single Pusher”-Chrono. Sprich: Anstelle der gängigen Dreiteilung (Krone, Drücker zum Auslösen der Messung und ein weiterer Drücker zum Zurücksetzen der Messung), kommt das Longines-Modell mit der Referenz L2.801.4.23.2 mit einer kombinierten Krone-Drücker-Konstruktion, die alles Steuerungsmöglichkeiten der Uhr beherbergt (auch Mono-Pusher genannt). Der Preis: Rund 3500€.

Bell & Ross und die französischen Seenotretter

Der aus einer Kooperation mit Helmut Sinn hervorgegangene Uhrenhersteller Bell & Ross kann – man mag es kaum glauben – auch runde und vergleichsweise kleine Uhren bauen: Das Modell BR V2-94 GARDE-CÔTES wurde in Zusammenarbeit mit den französischen Seenotrettern Garde-Côtes erschaffen, weshalb die Pulsometerskala auf der Lünette (skaliert auf “30 Beats”) natürlich wie die Faust auf’s Auge passt. Der Preis: 4200€.

Es geht auch ohne Chronograph: Oris Royal Flying Doctor mit Pulsometer

Der Royal Flying Doctor Service (RFDS) in Australien ist einer der größten flugmedizinischen Dienstleister der Welt. Oris arbeitete 2013 zum ersten Mal mit der Non-Profit-Organisation zusammen und präsentierte vor einiger Zeit eine zweite limitierte Uhr: die Oris Royal Flying Doctor Service Limited Edition II.

Das Modell ist wuchtige 45mm groß und basiert auf der Oris Big Crown Serie. Das Besondere: Der Pulsometer wird bei dem Modell nicht per Chronographen-Zeiger angewendet, sondern durch die beidseitig drehbare, innenliegende Lünette.

Die Messung des Pulses funktioniert bei dieser Lösung naturgemäß nicht so bequem wie bei einem Chronographen, da der Startpunkt der Pulsometer-Skala über den Drehring auf den stetig schleichenden Sekundenzeiger gedreht werden muss, um die Messung zu starten.

Preislich liegt das Modell bei 2100€ (UVP) und ist – trotz Limitierung – nach wie vor bei diversen Händlern erhältlich.

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Wolfgang
2 Jahre zurück

Danke für den interessanten Beitrag. Eine Uhr fehlt mir aber noch in der Vorstellung, die Klassik Doctors Watch von Archimede. Über die bin ich erstmals auf die Funktion aufmerksam geworden. https://www.archimede-watches.com/klassik/klassik-doctor-s-watch/