Maurice Lacroix hat Anfang 2022 eine neue Variante der populären AIKON-Modellreihe gelauncht: Die AIKON #tide hat alle vertrauten Merkmale der AIKON-Modellreihe an Bord, besonders ist jedoch, dass sie größtenteils aus Plastikflaschen aus dem Ozean, die einen Upcycling-Prozess durchlaufen, hergestellt wird. Obendrein kommt die AIKON #tide, neben dezenten Varianten, auch in einigen poppigen Farben – zwei davon habe ich in diesem Artikel ausführlich unter die Lupe genommen…
Eckdaten Maurice Lacroix AIKON #tide:
- Durchmesser 40 mm
- Höhe: ca. 11 mm
- Horn-zu-Horn ca. 47 mm
- Saphirglas, beidseitig entspiegelt
- Zifferblatt mit „Vagues du Jura“-Muster und Datum bei 3 Uhr
- Indizes appliziert
- Gewicht ca. 55 Gramm (am Band)
- Gehäuse und Schließe hergestellt aus Upcycling-Kunststoff aus dem Ozean, glasfaserverstärkt
- Wasserdichtigkeit: 10 bar / 100 Meter (zum Schwimmen geeignet)
- Krone verschraubt
- Kautschukband mit Easy-Strap-X-Change
- Schweizer Quarzwerk Ronda 515
- 5 Jahre Garantie
- Listenpreis: 690€ (Damenvarianten mit Diamanten: 850€), direkt auf mauricelacroix.com und bei offiziellen Maurice Lacroix-Händlern.
INHALT
Maurice Lacroix AIKON #tide: Uhr aus Upcycling-Ozeanplastik im Test
Die AIKON #tide verfügt über dieselben wesentlichen Merkmale wie die anderen Modelle der AIKON-Familie, die von der erstmalig 1991 lancierten Maurice Lacroix Calypso herrühren – darunter insbesondere die charakteristische Lünette, die durch sechs „Arme“ durchbrochen und damit in sechs Sektoren eingeteilt wird. Oder auch die typische Form des Gehäuses, das statt klassischer Hörner mit einer charakteristischen Kante kommt, die ein vollintegriertes bzw. nahtloses Andocken des Kautschukbandes erlaubt.
Augenscheinlich sind vor allem die vielen bunten Farbvarianten der AIKON #tide – und die passen sehr gut zur Marke: Maurice Lacroix wurden Mitten in der Quarzkrise, im Jahre 1975, gegründet und setzte in der Marketingkommunikation schon früh auf ein junges, frisches Image, um sich von den alteingesessenen Schweizer Herstellern abzugrenzen, die im Vergleich zu den Quarz-Experten aus Japan als angestaubt galten. Der Plan ging auf und Maurice Lacroix konnte sich damals schnell als neue Marke etablieren.
Das Besondere: Das Grundmaterial für Lünette, Gehäuse, Gehäuseboden, Krone und Schließe der AIKON #tide besteht aus Plastikflaschen, die aus dem Ozean gefischt, gereinigt und weiterverarbeitet werden. Dahinter steckt der Prozess des sogenannten Upcyclings, das heißt eine Form der Wiederverwertung von Stoffen (Recycling), bei der auf den ersten Blick nutzlose Abfallprodukte so umgewandelt werden, dass diese für neue Produkte verwendet werden können.
Maurice Lacroix x Tide Ocean
Das Material hat auch einen Namen: Es handelt sich um sogenanntes #tide Ozeanmaterial. Hinter #tide steckt das gleichnamige Basler Unternehmen Tide Ocean SA, mit dem Maurice Lacroix im Rahmen der AIKON #tide zusammenarbeitet.
Den beiden Köpfen des 2019 gegründeten Startups Tide Ocean, Marc Krebs und Thomas Schori, ist es gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, um Plastik aus dem Meer oder von Stränden zu recyceln: Die Plastikflaschen werden nach dem Einsammeln zunächst gereinigt, zu Flocken geschreddert und zu Granulat verarbeitet. Für die Herstellung der jeweiligen Produkte wird das Granulat verflüssigt und anschließend in Form gebracht, beispielsweise zu Schnürsenkeln, Bucheinbänden und Bikinis – oder eben das Uhrengehäuse der AIKON #tide.
Im Produktionsprozess der AIKON #tide kommt noch ein weiterer wichtiger Schritt hinzu: das Ozean-Plastik wird mit Glasfasern kombiniert bzw. verstärkt. Der daraus entstehende Verbundstoff ist laut Maurice Lacroix zwei Mal härter als gewöhnliches Plastik.
Siebzehn Flaschen sind für die Herstellung einer AIKON #tide und der Verpackung nötig. Das klingt nicht unbedingt nach überragend viel, vor allem mit Blick auf die riesigen Teppiche aus Plastikabfällen, die überall im Meer treiben und sinnbildlich dafür stehen, wie wir Menschen unseren Planeten zumüllen. Laut WWF-Studie haben sich zwischen 86 und 150 Millionen Tonnen Kunststoff in den Ozeanen angereichert. Diese immensen Mengen schaden nicht nur den Ozeanen und den darin lebenden Tieren, sondern auch uns Menschen: Das Plastik zersetzt sich über die Jahre in Mikro- und Nanopartikel, also in winzige Kleinstteile. Neueste Studien der Uni Amsterdam zeigen, dass sich dieses Mikroplastik sogar in unserem Blut ablagert – und zwar nicht zu knapp: Im Schnitt fanden die Forscher bei den Blutspendern 1,6 Mikrogramm pro Milliliter an Plastikpartikeln (in etwa so viel wie ein Teelöffel Plastik in 1000 Litern Wasser). Aber wie beeinflussen die Kleinstteile unsere Gesundheit? Das Thema haben viele Forscher derzeit auf dem Schirm, eine abschließende Antwort lässt aber noch auf sich warten. Mein heißer Laien-Tipp ist aber, dass Plastik im Blut vermutlich nicht grade gesundheitsfördernd ist.
Sind die Bemühungen von Maurice Lacroix also nur ein Tropfen auf dem heißen Stein? Nun, Maurice Lacroix hat sich nach eigenen Aussagen dazu verpflichtet insgesamt 10 Millionen Plastikflaschen aus dem Meer rund um verschiedene thailändische Inseln, Indonesien und die Philippinen zu holen. Außerdem überweist Maurice Lacroix für jede verkaufte Uhr 25% der Herstellungskosten an die Tide Ocean SA, um beispielsweise Plastiksammelaktionen, neue Longtail-Boote und Lagerhäuser, Bildungsprogramme und Ausrüstung im Allgemeinen zu finanzieren. In der Summe kommt also eine durchaus beachtliche, nachhaltige Unterstützung für die Organisation zusammen.
Aber zurück zur Uhr: Die AIKON #tide bringt eine verschraubte Krone sowie einen verschraubten Gehäuseboden mit und ist damit bis 100 Meter bzw. 10 bar / 10 atm wasserdicht – ein absolut alltagstauglicher Wert, der es erlaubt, dass die Uhr auch zum Schwimmen am Arm bleiben darf.
Die AIKON #tide hat darüber hinaus dank eines humanen Gehäuse-Durchmessers von 40 mm (Horn-zu-Horn ca. 47 mm), einer flachen Höhe von knapp 11 mm, eines schön flexiblen Kautschukbandes und eines Fliegengewichtes von rund 55 Gramm (am Band) einen phänomenalen Tragekomfort – im Alltag vergisst man ziemlich häufig, dass man überhaupt eine Uhr am Arm trägt.
Das Zifferblatt ist bei allen Modellvarianten farblich auf das Gehäuse abgestimmt und kommt mit einem charakteristischen Muster, das durch das (Maurice Lacroix-typisch) genial beidseitig entspiegelte Saphirglas toll zur Geltung kommt. Maurice Lacroix hat das Muster übrigens „Vague du Jura“ (Jura-Wellen) getauft. Nun ist das Schweizer Jura, in dem unter anderem die hauseigene Gehäusemanufaktur von Maurice Lacroix beheimatet ist, nicht grade weltbekannt für Strandurlaub und Meerblick. Das wellenartige Muster auf dem Zifferblatt passt aber in jedem Fall hervorragend zur Kooperation mit der Tide Ocean SA und ist ein schöner Blickfang, der sich gut in die AIKON-Familie einfügt (siehe “Clous de Paris“-Muster bei der AIKON Automatic). Schön: Die schmalen, rechteckigen Stunden-Indizes sind appliziert, wodurch das Zifferblatt an Tiefe gewinnt. Die Zeiger kommen dabei in glänzend lackiertem Schwarz, Weiß oder Blau – je nach Zifferblatthintergrund.
Die Damen-Varianten der AIKON #tide sind nicht nur durch ihre femininen Farben Hellgrün, Pink, Rosa und Hellblau in Verbindung mit weißen Bändern als solche erkennbar: die Stunden-Indizes bei diesen Varianten sind mit 44 einzeln gefassten Diamanten von insgesamt 0,1 Karat besetzt (ein Karat entspricht 0,20 Gramm). Man beachte: Durch die Diamanten sind die Indizes logischerweise nicht nachleuchtend (siehe Bilder-Vergleich unten).
Wie man es auch von den anderen Modellen der AIKON-Reihe gewohnt ist, kommt auch die AIKON #tide mit dem Easy Strap X-Change-System – ein reibungslos funktionierendes Schnellwechselsystem für das vollintegrierte Kautschukband, das einen schnellen, werkzeugfreien Bandwechsel über kleine Drücker an der Unterseite der Uhr ermöglicht. Mit Blick auf die Bandauswahl kann das System aber (noch?) nicht seine Stärke ausspielen: Es gibt nicht allzu viele Kombinationen, die farblich Sinn ergeben, da man einen farbigen Teil des Gehäuses beim Abdocken des Bandes quasi “mitnimmt” (am ehesten kann ich mir noch das Band der Referenz AI2008-BBB11-300-0 an der AI2008-80080-300-0 vorstellen – et vice versa):
An Bord der Maurice Lacroix AIKON #tide tickt das Ronda powertech 515 Quarzwerk mit einer Batterielaufzeit von 45 Monaten (Batterie 371 1,5V), Stoßsicherheit gemäß Norm NIHS 91-10 und einer Ganggenauigkeit von -10 bis +20 Sekunden pro Monat.
Natürlich hätte ich mir als großer Fan mechanischer Uhren gewünscht, dass ein Automatikkaliber in der AIKON #tide tickt – was dank des Verzichts auf Batterien am Ende des Tages auch besser dem Nachhaltigkeitsgedanken des Modells entsprochen hätte. Auf der anderen Seite ist die Entscheidung für ein Quarzwerk nachvollziehbar, um den Preis mit Blick auf die eher jüngere Zielgruppe bei deutlich unter 1000€ zu halten.
Normalerweise behandele ich die Verpackung von Uhren, die ich zum Review vorliegen habe, nur ganz am Rande – wenn überhaupt. Denn viel zu oft landen Uhrenboxen nach dem Kauf doch sowieso irgendwo in einer Ecke und verstauben. Bei der AIKON #tide ist die Verpackung aber definitiv mehr als eine Zeile Wert: Nicht nur, dass diese ebenfalls aus dem #tide Ozeanmaterial besteht – sie ist auch noch in eine Form gebracht worden, die einen zusätzlichen Nutzen erfüllt: Es handelt sich um einen farblich zur jeweiligen AIKON #tide passenden “To Go”-Becher. Eine Art “Spange”, welche die AIKON #tide im Inneren stabil hält, lässt sich entsprechend problemlos entnehmen, um die Verpackung für Kaffee & Co. zu nutzen. Der Kaffeebecher wiederum ist in einem kleinen Säckchen verpackt, der an die Säcke erinnert, welche die Tide Ocean SA nutzt, um die Plastikflaschen einzusammeln. Prädikat: Durchdacht, nützlich und ziemlich cool.
Fazit zur Maurice Lacroix AIKON #tide
Rettet man nun die Welt, wenn man sich eine AIKON #tide kauft? Wohl kaum. Und dennoch können alltägliche Gegenstände, die auf Basis von Upcycling produziert werden (so wie eben die AIKON #tide), gewisse ökologische Sachverhalte bewusster machen – und damit kann zumindest mal ein Stück weit die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass man sein eigenes Verhalten im Sinne der Nachhaltigkeit überdenkt.
Die AIKON #tide ist mit Blick auf das Preisschild und die Kombination Quarz/Ozeanplastikgehäuse sicherlich nicht für jedermann bzw. jederfrau. In jedem Fall aber finde ich, dass die Zusammenarbeit zwischen Maurice Lacroix und der Tide Ocean SA hervorragend zur Marke Maurice Lacroix passt – und die AIKON #tide daher am Ende des Tages auch eine sinnvolle und “junge” Ergänzung in der AIKON-Modellreihe ist.
Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, freue ich mich über ein Like bei Facebook, Instagram, YouTube oder
Auch über WhatsApp kannst du immer auf dem neuesten Stand bleiben – jetzt abonnieren:
Darüber hinaus freue ich mich über Kommentare immer sehr (Kommentare werden in der Regel innerhalb kurzer Zeit geprüft und freigeschaltet). Vielen Dank!
Nachtrag:Hier mal ein Bericht zu meinem unteren Beitrag!
Recycling-Trio oder “Wir waren mal Getränkedosen” (Crash und Rewatch)
Ps:sry…Das mit dem Bild ist in die Hose gegangen! 😉
LG
THOR
…Recyceltes Plastik ist beim Einkauf 3-4 X so teuer,weshalb viele Fabrikanten es vorziehen,
den Grundstoff NEU zu erwerben!
Der Verbraucher wird also wieder mal veräppelt!!! ;-(((
In den 80er Jahren hatte Dieter Meier (Yello),eine Uhr aus recycelten Dosen herausgebracht.
Die Uhr fand ich damalsorginell,da man auf dem Ziffernblatt bunte Fragmente von Dosen wiedererkennen konnte!
Was sich der Aktuelle Hersteller dabei gedacht hat:”Kirmesuhren die hässlicher nicht sein können
anzubieten”,entzieht sich meiner Kenntnis. :-/
Nur soviel:”Jede günstige Swatch sieht um Längen besser aus!!!”
mfG
THOR
Ob die Uhr wirklich ihr Geld wert ist oder ob man vor allem den Namen zahlt, vermag ich auch nach der Lektüre dieses Testberichts nicht zu beurteilen, aber auf jeden Fall hat die Uhr was.
Eine Anmerkung hätte ich noch zu „Vagues du Jura“: keine Ahnung, ob das für die Namensgebung eine Rolle gespielt hat, aber in der Gegend gab es vor 181 Millionen Jahren mal das Jurameer, das bis zu uns an der heutigen Schwäbischen Alb reichte. Insofern passt das mit den Wellen ganz gut.
Letztendlich ist die Uhr auch nur Plastikmüll, Vermutlich, da Faserverstärkt nicht mal recyclebar. Die Zielgruppe scheint mir doch eher die hippe Mutti zu sein, die ihre Konsumgelüste mit einem grünen Gewissen garnieren möchte. Für 700 Euronen bekommt man auch schon eine Edelstahl Automatikuhr mit einem zuverlässigen langlebigen 28800 bph Uhrwerk aus der Schweiz oder Japan von kleineren Homage Uhrenherstellern z.B.
👍🏻
Diese Uhr sieht bereits auf den Werbefotos, im Gegensatz zur Moonswatch von OMEGA SWATCH, extrem billig aus. Das “Upcycling” mit Armbanduhren oder deren Bändern ist einfach lächerlich. Damit rettet man ganz sicher nicht die Welt. Ein Marketinggag, der an Volksverdunmung grenzt. Leider verwischen bei “Unweltfreunden” komplett die Relationen, ein Beispiel: Der Verzicht auf ein einziges Silvester-Feuerwerk in Deutschland spart so viel Emissionen ein, wie ca. 3 Monate der komplette Straßenverkehr in Deutschland freisetzt. Wenn man sich den Umweltschaden (und das ist, damit ich nicht falsch verstanden werde, das geringste Übel!) des Ukraine-Kriegs anschaut, führt dieser unsere Bemühungen um CO2-Einsparung ad absurdum. Unsere Volksvertreter sollten realistisch sein und Maßnahmen zur unabwendbaren Klimaerwärmung treffen, wie Umsiedlung, Bau von Staudämmen und Küstensicherung, Instandsetzung von Sirenen, Warnmeldungen aufs Smartphone etc. Aber leider neigen unsere Volksvertreter weniger zu vorausschauender Planung, sondern eher zum kurzfristigen Denken, d. h. in Legislaturperioden oder gar von Winter zu Sommer (vgl. Corona). Schönen Gruß, Frank
Werden Sie doch Volksvertreter. Die freuen sich über jede extraschlaue Unterstützung. Ist aber möglich, dass nicht alle davon träumen, in überschwemmungsgeschützten Asphaltwüsten von Weiter-So-Apologeten über den Haufen gekarrt zu werden ;-p
Die Aikon setzt sich auf den Kooperationstrend, soll der Marke die Tür zu jüngerem Publikum aufstoßen, dem das klassische Programm zu oll erscheinen könnte, dem das Geld für wohlbenamte Edelstahlautomaten noch nicht so leicht von der Hand geht, und ist im Vergleich zur zugegebenermaßen eleganteren (auch nicht alle Modelle) Moonswatch wenigstens alltagstauglich wassergeschützt. Nichtsdestotrotz sind Siebenhundert Knödel schon eine schwerverdauliche Schutzgebühr.
MfG
Das junge Publikum fällt vor allem dadurch auf, dass jede Menge digitaler Müll generiert wird. Die Verarbeitung dieser Daten erfordert riesige Rechenzentren mit einem enormen Energiebedarf.
Man verstehe mich nicht falsch, ich habe beruflich viele Jahre Meerespolitik betrieben und wünsche mir den Schutz der Ozeane, aber dieses upcycling ist einfach nur albern.
Den Preis finde ich nur dann happig wenn das Teil die nächsten Surfurlaube mit Salzwasser und Strandsand nicht übersteht. Da freue ich mich doch auf einen ausgiebigen Praxistest.