Die Beliebtheit von Stahl-Sport-Uhren ist nach wie vor ungebrochen – zurecht, wie ich finde, auch ich bin ein großer Fan dieses Uhrentyps, bei dem Gehäuse und Band wie aus einem Guss sind. Allerdings ist dadurch die Auswahl des richtigen (verfügbaren, gefälligen und leistbaren) Zeitmessers naturgemäß nicht grade einfacher geworden. So viel vorweg: Die Circula Facet sticht aus dem Zustrom neuer Modelle definitiv hervor. Schauen wir mal genauer hin.
Eckdaten Circula Facet:
- Schweizer Automatikkaliber La Joux-Perret G100, Soigné Ausführung, 68 Stunden Gangreserve
- 38 mm Durchmesser, 44 mm Horn zu Horn, 10 mm Höhe, 20 mm Bandanstoß
- 316L Edelstahlgehäuse mit vierfach verschraubtem Saphirglas-Sichtboden
- Flaches und dreifach innen entspiegeltes Saphirglas
- Palladiumbeschichtete Zeiger und Indexe gefüllt mit Swiss Super-LumiNova® BGW9 (petrol und braunes Zifferblatt) oder PVD-beschichtete Zeiger/Indexe mit C7 (silbernes Zifferblatt)
- 100 Meter / 10 bar Wasserdichtigkeit
- Aufwendig verarbeitetes Gehäuse, das ausschließlich aus sich kreuzenden geraden Flächen besteht, die abwechselnd von Hand gebürstet und poliert sind
- Die Krone spiegelt rundum die stilisierten Zahnräder des Circula-Logos wider
- Geprägte Struktur auf dem Zifferblatt als Abbild der stilisierten Zahnräder des Circula-Logos
- Individuell gestaltete Minutenziffern, die das facetten-orientierte Design aufnehmen
- Wildlederband mit Schnellwechselsystem oder massives Stahlband mit Schnellwechselsystem und optionaler Sicherheitsschließe mit Schnellverstellung
- Preis: Ab 1590€ (am Wildlederband) bzw. 1890 am Stahlband während des Vorverkaufs bis 7. Dezember (anschließend +100€) Vorbestellerphase
- Auslieferung ab 12. Dezember 2024
INHALT
Circula Facet im Test
Die Circula Facet hinterlässt einen imposanten ersten Eindruck: Wie der Modellname des 1955 von Heinz Huber gegründeten und heute in dritter Generation durch Enkelsohn Cornelius Huber geführten Pforzheimer Uhrenherstellers bereits andeutet, sind alle Oberflächen in irgendeiner Form mit Facetten versehen. Der Begriff Facette (vom frz. la facette) beschreibt dabei im ursprünglichen Sinne eckige, geschliffene Flächen, die bei Schmuck und insbesondere Edelsteinen für besondere Lichteffekte sorgen. Wie wir sehen werden, zieht sich das Facetten-Thema stringent durch das ganze Modell.
Gestaltet wurde die Circula Facet in Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Designer Guy Bove, der bei Herstellern wie IWC, Chopard, Ferdinand Berthoud, Breitling und zuletzt als Creative Director von TAG Heuer tätig war.
Die Erfahrung des Designers merkt man sofort: Ins Auge sticht insbesondere sofort das überaus aufwendig Zifferblatt, das mit kleinen, konzentrisch angeordneten Kacheln kommt, die an Mosaiksteine erinnern. Abgerundet wird die Struktur von applizierten, fein polierten Indexen und Zeigern, die nicht einfach nur “platt” sind, sondern mit einer Art “Mittelknick” kommen, der für ein schönes Hell-Dunkel-Spiel auf dem Blatt sorgt. Die Indizes durchbrechen dabei den dezent hochgezogenen Rehaut.
Bei der braunen und der petrol-farbenen Variante kommt bei Zeigern und Indizes eine Palladium-Beschichtung zum Einsatz. Palladium hat eine silberne bis grau-weiße Farbe und zeigt einen weichen, diffusen Glanz. Die Zeiger und Indexe sind ferner mit Super-LumiNova in der weißen Farbe BGW9 belegt, die auf 95% der Leuchtkraft der hellsten Farbe C3 kommt. Beim silberfarbenen Zifferblatt kommen hingegen rosegold-PVD-beschichtete Indexe mit grüner Super-LumiNova Farbe C7 zum Einsatz, die auf 84% der Leuchtkraft der hellsten Farbe C3 kommt und fast schon neonartig schimmert – eine gute Entscheidung, um den Kontrast zum hellen Blatt herzustellen.
Gut: Die perfekte Symmetrie des Blattes wird in allen Varianten durch die Unterbringung des abgekanteten Datumsfensters auf “6 Uhr” vollständig erhalten. Alles in allem ist das Blatt überaus beeindruckend und es war wirklich ein Genuss die Nahaufnahmen unten zu machen.
Branding-Details
Wer genau hinschaut entdeckt auch ein völlig neues Circula-Schriftlogo in zentraler Position: Cornelius Huber nutzt den Launch des neuen Spitzenmodells auch noch für einen Relaunch der Website sowie zur Überarbeitung von Logo und Farben. So werden auch alle “alten” Circula-Modelle nach und nach auf das neue Logo umgestellt werden, das eine moderne Intepretation des früheren (Vintage-)Circula-Schriftlogos ist. In dem Zuge stellt Circula übrigens auch noch die Verpackung und auf die Anleitung auf eine pfiffige Drehscheibe um.
Wie es sich für eine Stahl-Sportuhr gehört, hat Circula dem bis 10 bar bzw. 100 Meter wasserdichten Gehäuse sowie dem Band eine Menge Aufmerksamkeit gewidmet: Die modern-kantige Geometrie des Gehäuses sorgt, analog zu Zeigern und Indizes, für ein wunderschönes Spiel von Licht und Schatten. Augenscheinlich ist auch die hundertprozentige Symmetrie, die durch die beiden Flanken mit ihrer zulaufenden Geometrie geprägt wird.
Mit 38 mm Durchmesser und 44 mm Horn-zu-Horn ist die Circula Facet ziemlich kompakt dimensioniert, was für eine Uhr diesen Typs nicht unüblich ist. Besonders angenehm mit Blick auf den Tragekomfort ist die flache Höhe (10 mm). Die Proportionen sind absolut perfekt. Mit Blick auf die Wristshots unten sei noch ergänzend erwähnt, dass mein Handgelenkumfang eher große 19 cm beträgt – da wirkt die Facet einen tick zu klein.
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Gehäuse trifft Band und Schließenauswahl
Das Stahlband dockt schön nahtlos direkt am Gehäuse an. Gleiches gilt für das ebenfalls erhältliche, pflanzlich gegerbte und farblich abgestimmte Velourslederband mit samtiger Oberfläche. Man beachte: Anders als bei vielen anderen Stahl-Sport-Uhren in diesem Stil ist zwischen den Hörnern ein “normalbreiter” Zwischenraum für den Bandanstoß von 20 mm. Dadurch stehen Uhrenfreunden die ganze Palette an Bändern von Drittherstellern zur Auswahl, zum Beispiel Bänder von Artem.
Dennoch ist es schade, dass Circula kein integriertes Kautschukband anbietet, das zu einer Stahl-Sport-Uhr meiner Meinung nach einfach deutlich besser passt als ein Lederband – dies soll laut Cornelius aber ggf. später noch folgen.
Gleichzeitig sehe ich nicht viele Gründe das Stahlband zu demontieren: Die Optik mit den “Mittelkanten”, die die Facetten vom Blatt und vom Gehäuse aufgreifen, sowie die Haptik sind phänomenal – dank eines Zulieferers, der auch bekannte Schweizer Luxusgrößen beliefert. Für Liebe zum Detail spricht auch der Mittelteil der angenehm flachen, voll in das Band integrierten Butterfly-Faltschließe, der im aufgeklappten Zustand eine Perlage freigibt.
Wie bei Butterfly-Faltschließen üblich, ist keinerlei Möglichkeit zur Feinjustierung an Bord. Gut ist in dem Zusammenhang, dass Circula als Alternative eine Schließe mit werkzeugfreier Feinjustierung über einen Drücker (“ADJUST”) im Inneren der Schließe anbietet – mit diesen beiden Wahlmöglichkeiten sollten wirklich alle Uhrenfreunde zufrieden sein (ich bin übrigens Team Feinjustierungs-Schließe, auch, wenn diese naturgemäß etwas höher baut als die Butterfly-Faltschließe). Ein Seitenhieb sei an dieser Stelle noch erlaubt: Die Luxusuhrengröße IWC schafft es trotz Ankündigung seit einem Jahr nicht eine solche optionale Schließe anzubieten.
La Joux-Perret G100 Soigné Grade
Begrüßenswert bei der neuen Facet ist, dass kein Sellita SW200-1 zum Einsatz kommt, das gefühlt in 99,9999% aller höherwertigeren Dreizeiger-Microbrand-Uhren tickt. Bitte nicht falsch verstehen: Das SW200-1 ist natürlich ein tolles, zuverlässiges Schweizer Standardkaliber – aber als Blogger mit Fokus auf kleinere, unabhängige Uhrenmarken freue ich mich auch einfach mal darüber, wenn ein Uhrenhersteller einen etwas anderen Pfad einschlägt. Und das tut Circula.
Konkret fiel Circulas Wahl für die Facet auf das Automatikkaliber G100 von der im Schweizer La Chaux-de-Fonds ansässigen Manufacture La Joux-Perret SA (LJP).
Kurz zur Einordnung: Die ETA SA, Teil der Swatch Group, prägte und dominierte für viele Jahrzehnte den Markt für mechanische Uhrwerk. Als die Quasi-Monopolstellung schrumpfte (ETA konzentriert sich nunmehr auf die Belieferung der Marken der Swatch Group), entwickelte sich Sellita zur wichtigsten Alternative zu ETA, insbesondere mit sogenannten Klonwerken, die auf der Architektur der ETA-Arbeitspferde basieren. Zu den Unternehmen, die aufgrund des Rückzugs der ETA an Bedeutung gewinnen, gehört aber auch die 1990 gegründete Manufacture La Joux-Perret SA.
LJP hebt sich beispielsweise dadurch von der Sellita SA ab, dass die Neuenburger sich mit rund 120 Mitarbeitern auf spezielle Anforderungen an höherwertigere mechanische Uhrwerke spezialisiert haben, darunter auch Tourbillons. LJP-Kaliber ticken beispielsweise im Erwin Sattler Chronograph II S oder den aktuellen Fortis-Modellen Stratoliner S-41 und Novonaut. Alle Komponenten für die Uhrwerke von LJP werden in der Schweiz hergestellt, Teile wie die Werkplatinen, Brücken und Rotoren werden von La Joux-Perret selbst aus dem Rohmetall bearbeitet und veredelt.
Mit dem G100 bietet LJP mittlerweile auch ein Standard-Dreizeigerkaliber an, das “The Naked Watchmaker”, der das Kaliber komplett in seine Komponenten zerlegt hat, als “solid workhorse” bezeichnet hat.
Die Maße des G100 entsprechen im Wesentlichen dem des ETA2824, es handelt sich allerdings (anders als beim Sellita SW200) um keinen Klon der aus dem Patentschutz gelaufenen ETA-Basiskonstruktion. Stattdessen hat das G100 im Aufbau Ähnlichkeiten mit dem Miyota 9015 (siehe hier). Und das ist sicherlich kein Zufall, denn die ursprünglich als Jaquet SA gegründete Manufacture La Joux-Perret SA ist seit 2012 eine Tochter von Citizen, dem japanischen Mutterhaus von Miyota, zu dem mehrere bekannte Marken wie Alpina, Arnold & Son, Bulova, Frederique Constant und natürlich die Uhrenmarke Citizen gehören.
Gleichzeitig gibt es auch signifikante Unterschiede: Das 9015 hat eine Gangreserve von 42 Stunden, das G100 wiederum bietet mit 68 Stunden deutlich mehr Laufzeit. Die Genauigkeit des Miyota 9015 beträgt ab Werk nicht grade phänomenale -10 bis +30 Sekunden pro Tag im Vergleich zu guten +/-12 Sekunden/Tag beim G100 in der Standard-Ausführung. Circula verwendet aber die Soigné-Version des G100, die per Spezifikation in vier Lagen reguliert wird und mit ±7 Sekunden pro Tag noch mal einen Extrabonus bei der Ganggenauigkeit garantiert.
Eine weitere Änderung ist, dass das G100 mit einem KiF-Anti-Schock-System, anstatt mit dem Parashock-System von Mioyta, ausgestattet ist (die Kif Parechoc SA aus dem Schweizer Le Brassus wurde 1944 gegründet und ist der größte Wettbewerber von Incabloc).
Der mit drei Schrauben befestigte Aufzugs-Rotor des G100 ist außerdem aus einem einzigen Stück Wolfram gefertigt, um eine bessere Aufzugsleistung zu erzielen: Da beim Rotor ein hohes Gewicht sinnvoll ist, um den Automatikaufzug möglichst effizient zu gestalten, bietet sich Wolfram mit einem Gewicht von ca. 19 g/cm³. Zum Vergleich: Edelstahl kommt auf ein Gewicht von knapp 8 g/cm³.
Man beachte im Bild unten, dass der Rotor noch der Standard-Rotor von LJP ist. Circula wird aber in der finalen Version einen individuell gestalteten Rotor, der das Zifferblattmuster aufgreift, gemäß der Zeichnung unten verbauen.
Abschließende Gedanken
Die Facet ist – und das merkt man sofort, wenn man die Uhr in die Hand nimmt – ohne Zweifel die bis dato hochwertigste und am aufwendigsten verarbeitete Circula. Das Design ist eigenständig und durchdacht und geprägt von viel Liebe zum Detail. Die Facet ist daher gleichzeitig wenig überraschend auch die bisher teuerste Uhr aus dem Hause Circula, aber immer noch im Bereich von deutlich unter 2000€ angesiedelt: Das Modell kann ab sofort zum Preis ab 1590€ (am Wildlederband) bzw. 1890 (am Stahlband) während des Vorverkaufs bis 7. Dezember vorbestellt werden. Anschließend erhöhen sich die Preise um 100€.
Wie ist der Preis einzuordnen, auch mit Blick auf den Wettbewerb? Nun, das G100 Soigné-Grade liegt im Einkauf bei den Abnahmemengen, die ein kleinerer Hersteller wie Circula typischerweise hat, deutlich über dem des Sellita SW200-1 – wie ausgeführt bringt das G100 aber durchaus nennenswerte Vorteile mit, wodurch sich auch ein gewisser Preisunterschied zur optisch nicht unähnlichen Christopher Ward The Twelve mit Sellita SW200-1 Standard (ab 1350€ in Stahl) erklären lässt. Circula-Wettbewerber Fears Bristol bietet das (deutlich weniger aufwändig verarbeitete) Modell Redcliff 39.5 mit dem G100 für 3600€ an. Das Modell Robot Graphic Analog ist ähnlich bepreist. Dreizeigermodelle von Farer liegen bei knapp über 1000€ – mit dem G101, allerdings ebenfalls deutlich weniger aufwändig verarbeitet. Insofern ordnet sich Circula preislich nachvollziehbar ein, wobei ich gleichzeitig noch mal betonen will, dass ich der festen Überzeugung bin, dass man eine Uhr niemals nur auf das Innenleben reduzieren darf – hervorgehoben sei an dieser Stelle daher auch noch mal das überaus aufwändig verarbeitete Zifferblatt und Gehäuse der Facet, das zum Entdecken einlädt.
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Moin Mario,
auf der HP von Circula steht 2060€ für die Uhr mit Stahlband und Faltschliesse.
Womit eine 2k Grenze für viele überschritten sein könnte.
Die Schmetterlingsschliesse dann für 1.990€ – nach Aktionszeitraum.
Persönlich gefallen mir viele Ausstattungsdetails der Uhr, wie u.a. auch das Uhrwerk mit der 68h Gangreserve.
Ähnlich wie bei Dir, wäre mir die Gehäusegrösse zu klein.
Vom Design her gefällt mir immer noch nicht der Schriftzug auf dem Zifferblatt, als auch das neue Logo auf der Krone.
Wenn sich die Gelegenheit bietet, schaue ich sie mir mal in Natura in BaWü an. Nicht um zu kaufen, sondern um mir mal einen persönlichen Eindruck von der Verarbeitungsqualität zu machen.
Preislich sehe ich die Uhr aktuell, ungesehen, trotz des zweifellos schönen Kalibers, eher bei 1.600€ mit Stahlband, unabhängig von der jeweiligen Schließe.
Hallo Lars, daher ja auch das Wörtchen “ab” bei den Preisen 😉