So wirklich auf dem Sonar hatte ich die britische Marke Ballast 1903 bisher nicht – eine Uhren-Marke mit maritimen Image spricht einen gebürtigen Fischkopp ein gebürtiges Nordlicht wie mich aber natürlich grundsätzlich an. Da ich auch ein gewisses Faible für auffällige Kronenschutzbügel und sogenannte Canteen Locks habe, bin ich mit dem Modell Ballast 1903 Trafalgar (BL-3133-01) todesmutig in See gestochen – okay, vielleicht waren es aber auch nur ein paar „Desk-Diving“-Einlagen…
Ballast 1903: Markenimage rund um U-Boote, Royal Navy und Piraten
Die Marke Ballast 1903 gehört zur britischen Dartmouth Brands Ltd., die u.a. auch die Fliegeruhrenmarke AVI-8 unter seinem Dach beherbergt (siehe mein Review zur AVI-8 Hawker Harrier II). Echte Matrosen wissen natürlich sofort, was es mit der Namensgebung der Marke auf sich hat:
Als Ballast wird in der Seefahrt in dafür vorgesehenen Tanks mitgeführtes Wasser (Wasserballast) oder bis ins 19. Jahrhundert eine schwere, aber so gut wie wertlose Ladung (Steine, Sand) bezeichnet. Ballast wird an Bord genommen um zur notwendigen Stabilität des Schiffes beizutragen…
Auf Swiss Made oder Made in Germany pfeifen die Briten weitestgehend: Die Produktion findet im Wesentlichen in China statt. Das mag für den einen oder anderen ein Ausschlusskriterium sein, dennoch muss man ganz klar festhalten, dass auch aus chinesischer Produktion hochwertige Uhren mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis kommen können. Das zeigt z.B. mein Review der Seagull 1963 sowie die große Fangemeinde chinesischer Uhren in der Uhren-Community. Außerdem: Es ist ohnehin völlig normal, dass ein gewisser Teil der Wertschöpfung in Asien stattfindet. Typischerweise kommen Komponenten wie z.B. Zeiger oder Ziffernblätter auch bei vielen Made in Germany oder Swiss Made Uhren aus Fernost:
Das gefällt mir: Die technischen und optischen Besonderheiten der Ballast 1903 Trafalgar (BL-3133)
Für meinen Test wählte ich die Trafalgar-Variante mit unbeschichtetem Edelstahlgehäuse und roségold/schwarz (Titancarbid) IP-beschichteter Lünette. Das ist meiner Meinung nach die klassischste Variante, die auch etwas an Bronze erinnert und dadurch einen gewissen Vintage-Charme hat.
Was ich im Allgemeinen schon bei AVI-8 gelobt habe, gilt auch für Ballast 1903: Das (aufgeräumte) Design des Modells Trafalgar ist äußerst eigenständig – genannt seien hier beispielsweise Designelemente wie
- die geriffelte Rehaut,
- die offene Datumsscheibe,
- das auffällige Logo-„B“
- das schraffierte Datumsfenster und
- die seitliche Anbringung eines „Schildes“ mit dem Modellnamen und dem Zitat „We come unseen“ – ein sich selbsterklärender Spruch und Motto des Royal Navy Submarine Service, der natürlich auf das „U“ in „U-Boot“ anspielt 😉
Trotz der vielen, sehenswerten Details, wirkt das Design meiner Meinung nach aufgeräumt und nicht überladen. Das liegt insbesondere an den dicken Indizes und den großen Ziffern, was der Ablesbarkeit zugutekommt.
Auch im Dunkeln macht das Ziffernblatt eine gute Figur:
Das eigenständige Design ist keine Selbstverständlichkeit für eine vergleichsweise junge Uhrenmarke aus der Kategorie „Leichtmatrose“. Ich finde es sehr lobenswert, wenn Uhrenmarken sich etwas zutrauen und nicht nur im (vermeintlich) sicheren Hafen der drölfmillionsten Submariner-Hommage schwimmen. Das birgt zwar ein gewisses Risiko, aber auch die Chance, von vornherein die Marke klar abzugrenzen. Daumen hoch!
Die Eigenständigkeit hört auch nicht bei der Schließe auf: Das dicke, (etwas zu steife) Echtlederband mit dunklem Rand kommt an einer sauber verarbeiteten Torpedo-/U-Boot-Schließe, die man sonst eigentlich eher bei Händlern wie Corrigia nachkaufen muss, um eine Uhr nachträglich aufzupeppen.
Das Lederband lässt sich außerdem durch Schnellwechsel-Stifte mit einem einfachen Handgriff entfernen:
Mein erster Gedanke: Warum kriegen dieses Schnellwechselsystem nicht auch andere Hersteller hin? Mein zweiter Gedanke: Warum beim Klabautermann kann ich im Shop von Ballast 1903 keine passenden Lederbänder nachbestellen, damit ich dieses System auch effektiv nutzen kann? Das ist leider nicht ganz zu Ende gedacht, im Zweifel hilft aber sicherlich eine nette Anfrage beim Support…
Alles in allem ist die allgemeine Verarbeitungsqualität der Trafalgar in Anbetracht des Preises (hierzu mehr im Fazit) sehr gut. Lobenswert hervorheben möchte ich an dieser Stelle vor allem…
- das größtenteils gebürstete, kantige Gehäuse mit polierten Highlights,
- den gut verarbeiteten Canteen Lock (der allerdings ein klein wenig zu viel Spiel am Scharnier hat),
- die markanten, applizierten Ziffern und die
- roségold/schwarz-beschichtete und leicht geriffelte Lünette.
Die Ballast 1903 Trafalgar kommt mit einem modifizierten Miyota 8215 – ein zuverlässiges japanisches Automatikwerk mit 40 Stunden Gangreserve. Das Werk kann durch den Glasboden bei der Arbeit beobachtet werden, ist aber nicht dekoriert.
So weit, so unspektakulär. Das Besondere: Das Einstellen von Uhrzeit und Datum funktioniert nicht wie üblich durch das Drehen der Krone, sondern durch das Drehen der Lünette (!). Ballast 1903 hat sich dieses System patentieren lassen und ich war ziemlich skeptisch, ob das wirklich so flutschig funktioniert, wie in diesem offiziellen Video beschrieben wird:
Nach ausgiebigem Testen lautet mein Fazit aber ganz klar: Ja, es funktioniert – sogar erstaunlich gut. Zunächst muss man das sogenannte „Canteen Lock„, also den Schutzbügel samt Schutzkrone abschrauben. Das funktioniert im Prinzip wie bei einer Feldflasche und erinnert optisch an Uhren von U-Boat, Panerai oder die Hamilton Khaki Navy Frogman (hierzu später mehr).
Drückt man nach dem Abschrauben des Canteen Lock den freigewordenen Knopf, springt der zweite, flache Knopf in der Mitte heraus. Dieser wiederum lässt sich in zwei Stufen knackig drücken (für Datum und Zeit). Die Einstellung erfolgt dann jeweils über das Drehen der Lünette. Der Widerstand ist dabei sehr angenehm – das ganze System wirkt sehr durchdacht und ich muss gestehen, dass ich – Kapitän Wurstfinger höchstpersönlich – selten eine Automatikuhr so komfortabel einstellen konnte.
Ballast 1903 Trafalgar: Was mir nicht ganz so gut gefällt
Mit Blick auf die Größe der Ballast 1903 Trafalgar ist der Markenname durchaus Programm: 46,5mm Durchmesser und 14,5mm Bauhöhe sind schon eine echte Ansage und an meinem 18,5cm Arm ziemlich grenzwertig:
Maximal 44mm wären meiner Meinung nach definitiv ausreichend und für ein deutlich größeres Publikum tragbar, insbesondere in Anbetracht des Canteen Locks, der die Optik weiter vergrößert. Dennoch muss ich sagen, dass der Tragekomfort am Lederband nicht schlecht ist – an einem massiven Stahlband könnte ich mir den Klopper allerdings kaum vorstellen. Zum Vergleich: Das Gewicht der Trafalgar ist mit 150 Gramm inklusive Band im Vergleich zur ähnlich großen Marc & Sons MSD-027 (250 Gramm am Stahlband!) vergleichsweise human.
Verzeihen kann ich allerdings nicht so ganz, dass nur (gehärtetes) Mineralglas verbaut wurde: Viele Hersteller beweisen, dass sie in Uhren ab ca. 300€ durchaus auch Saphirglas einbauen können – z.B. die Laco Faro. Okay, ich muss zugeben: Der Vergleich ist natürlich nicht ganz fair – die Laco Beobachtungsuhr ist vom Design her und technisch deutlich schlichter gehalten als die Ballast 1903. Dennoch bin ich kein Fan von Mineralglas und hätte mir lieber ein schön gewölbtes Hesalitglas gewünscht, um passend zum U-Boot-Thema einen Bullaugen-Effekt zu erzeugen. Schade!
Einen letzten Wermutstropfen möchte ich nicht unerwähnt lassen: Das verbaute Miyota 8215 schlägt – anders als der große Bruder, die ETA-Alternative Miyota 9015 – nur mit 21600 bph, wodurch der Sekundenzeiger leider nicht ganz so schön flüssig schleicht. Ich will aber keine Heulboje sein: Insbesondere letzterer Kritikpunkt ist in Anbetracht der einzigartigen Werksmodifikation mehr als verschmerzbar.
Fazit und Alternativen zur Ballast 1903 Trafalgar BL-3133
Der UVP in Höhe von 499€ ist trotz der coolen Idee mit der Lünette und dem eigenständigen Design eher nicht schnäppchenverdächtig – dafür vermisse ich einfach zu sehr Saphirglas oder ein Miyota 9015. Ballast vertreibt alle sechs Varianten des Modells Trafalgar aber auch direkt über Amazon.de mit einem ordentlichen Rabatt – faire 299€ sind hier fällig. Für diesen Preis kann ich definitiv eine Kaufempfehlung aussprechen: Alle, die die XXL-Größe nicht abschreckt und das Design mögen, finden in der Ballast 1903 Trafalgar eine Uhr mit großer Präsenz am Handgelenk und (in der Preisklasse) sehr guter Verarbeitungsqualität.
Sucht man eine Alternative zur Ballast 1903 Trafalgar, springt dem geneigten Canteen Lock-Fan die Marke U-Boat by Italo Fontana unweigerlich an: Die bis zu 55mm (!) großen Klopper sind allerdings kaum unter 2000€ zu haben, kommen dafür aber mit Saphirglas, Schweizer ETA-Automatikwerken und sehr guter Ablesbarkeit. Glück gehabt: Canteen Lock bzw. Krone sind bei den Modellen von U-Boat stets auf der linken Seite angebracht, damit die Oschis keine Nekrosen durch abgedrückte Schlagadern am Handrücken verursachen…
Logisch: Auffällige Jumbo-Uhren wie von der Marke U-Boat kommen natürlich auch bei Promis gut an…
a legend of English football and one of the most popular sex symbol – David Beckham here with his Classico Chrono pic.twitter.com/vzGdwV3rS1
— U-BOAT WATCHES (@UBOATWATCHES) 27. Februar 2016
Eine günstigere Alternative ist übrigens die U-Boat-Schwestermarke Welder, dessen markante Modelle bei unter 100€ starten, allerdings „nur“ Quartz-Werke beherbergen.
Ähnlich günstig und bei den meisten Modellen ebenfalls mit Canteen Lock sind die Uhren von TW Steel: Mit Preisen ab ca. 130€ darf man natürlich aber ebenfalls kein Saphirglas erwarten. Die etwas teureren Modelle (ab ca. 250€) kommen allerdings wie die Ballast 1903 Trafalgar mit einem Automatikwerk aus dem Hause Miyota…
Mit in aller Regel hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis punkten die Uhren der historisch spannenden Marke Hamilton. Die Hamilton Khaki Navy Frogman z.B. bietet ein fair bepreistes Swiss Made-Paket (Saphirglas, ETA-Automatikwerk, Canteen Lock), verpackt in einer humanen Größe von 42mm (alternativ: Titanvariante mit 46mm). Ab knappen 800€ macht man mit dieser optisch sehr auffälligen Alternative ebenfalls nichts falsch:
https://chrononautix.com/hamilton-khaki-navy-frogman-blau-rot-schwarz-automatik-taucheruhr-certina-longines-alternative/
Das High-End-Segment im Bereich großer, maritim angehauchter Militäruhren gibt es – wo sonst – bei der geschichtsträchtigen Marke Panerai… Mehr Infos über die Kampftaucheruhren mit dem auffälligen Kronenschutzbügel als Markenzeichen gibt’s hier:
https://chrononautix.com/militaeruhren/
Eckdaten der Ballast 1903 Trafalgar BL-3133 in der Übersicht:
- Japanisches Miyota 8215 Automatikwerk
- Gehäuse aus Edelstahl
- Lünette mit IP-Beschichtung (roségold und Titancarbid)
- Gehärtetes Mineralglas
- Echtlederband (Büffelleder)
- Bandanstoß 22mm
- Wasserdichtigkeit 10bar (zum Schwimmen geeignet)
- Gewicht: 150 Gramm
- 2 Jahre internationale Garantie
Buenas Tardes Me puedes orientar que precio se pagaría por un modelo BL-3133-03 Trafalgar
Ich weiß ja nicht, wie lange es diese Marke schon gibt, aber ich hatte vor über 4 Jahren bereits eine Uhr der Marke Dufa mit genau diesem Lünettensystem, insofern bezweifle ich etwas die Patentierung durch Ballast. Mit 18,5 mm ist dein Handgelenk aber auch extrem dünn, da kannst du doch eigentlich überhaupt keine Uhren tragen ;-).
Ansonsten danke für den Bericht und die Videos, top!
Moin moin! Vielen Dank für dein Feedback.
Dufa gehört zur selben Unternehmensgruppe wie Ballast 1903, von daher passt es dann ja wieder 🙂
Stimmt, 18,5mm sind echt ein wenig mager – ich futter einfach noch ein paar Portionen Käs’spätzle, dann wird das schon werden 😉
Danke für den Bericht der meine Kaufentscheidung beeinflisst hat! 😉
Das:“Sandgestrahlte Titan habe ich bisher noch bei keine Uhr gesehen!
…Die Idee mit dem Turbinenantrieb hinten find ich besser,als bei anderen Uhren diedas „Gadget“im Ziffernblatt verbauut haben!!1 ;-/
Für 269 Glockenwar Widerstand zwecklos! lol
Danke Mario-schönesTeil!