Die vom Maschinenbauingenieur Calvin gegrรผndete, in Hong Kong ansรคssige Uhrenmarke Aquatico hat das Sortiment in den letzten sechs Jahren sukzessive mit klarem Schwerpunkt auf funktionale Taucheruhren ohne Schnickschnack ausgebaut – und das in einem durchaus beachtlichen Tempo. Auch eine kleine, aber feine Fangemeinde hat sich bereits rund um Aquatico versammelt. Nun legt Aquatico noch mal nach – mit dem neuen Modell Super Ocean T100, das (wie der Name schon andeutet) eine Besonderheit in Form von Tritiumgas anstelle von Super-LumiNova mitbringt…
Eckdaten Aquatico Super Ocean T100:
- Schweizer Sellita SW200-1 (alternativ: Hong Konger PT5000)
- Wasserdichtigkeit 300 Meter/ 30 bar
- Durchmesser 42 mm
- Hรถhe 13 mm
- Horn-zu-Horn 50 mm
- Gehรคuse aus 316L-Edelstahl
- Dichtungen aus Viton und Tefzel
- Krone und Gehรคuseboden verschraubt
- Gewรถlbtes Saphirglas (3 mm dick) mit Antireflex-Beschichtung auf der Innenseite
- Keramiklรผnette mit Super-LumiNova
- Bandanstoร 22 mm
- Mit Holzbox und zwei Bรคndern (Stahl und Tropic Rubber)
- Preis (Sellita-Variante): 799 US-Dollar abzgl. 30% Rabatt-Code “SUPEROCEAN” = 559 US-Dollar = derzeit rund 680โฌ inkl. Zoll/Steuern
- Preis PT5000-Variante: ca. 500โฌ inkl. Zoll/Steuern
Aquatico Super Ocean T100 im Test
Die Aquatico Super Ocean (die weder verwandt noch verschwรคgert mit der gleichnamigen Taucheruhr von Breitling ist) bringt zunรคchst einmal vor allem klassische Designmerkmale mit, die Uhrenfreunde bereits aus dem Diver-Dunstkreis kennen, darunter fette Stunden-/Minutenzeiger in Pfeilform und ein allgemein klar ablesbares Design ohne groรe Experimente.
Die Lรผnette kommt mit einer tadellos verarbeiteten Einlage aus kratzfester Keramik, die eine klassische, nachleuchtende Tauchereinteilung beherbergt. Leider ist die Lรผnette bei der mir vorliegenden Aquatico Super Ocean ziemlich schwergรคngig – nur unter Androhung von Gewalt konnte ich die Lรผnette davon รผberzeugen, dass sie sich doch bitte mal dreht.
Fรผr die Stundenindizes auf dem Zifferblatt sowie den Zeigersatz hat sich Aquatico etwas ausgedacht, das in der Uhrenwelt (leider!) immer noch eine kleine Besonderheit ist: Nach dem erstmaligen Einsatz bei der quadratischen Aquatico Super Charger Dive 1000 Bronze setzt Aquatico bei der Super Ocean nun wieder auf moderne Tritium-Beleuchtung mit dem Namen trigalight statt “Old School” auf Super-LumiNova* – endlich, denn ich bin ein groรer Fan dieser Technologie und wรผrde mir wรผnschen, dass mehr Hersteller diesen Weg einschlagen. Lieferant fรผr die trigalights ist die Schweizer mb-microtec AG, die viele Uhrenfreunde von der Eigenmarke traser her kennen.
*Okay, ein bisschen Super-LumiNova kommt zum Einsatz – bei den Spitzen der Zeiger und auf der Lรผnette (hellste Farbe C3).
Bei trigalight handelt es sich um hermetisch versiegelte Glasrรถhrchen, die mit gasfรถrmigem (!) Tritium gefรผllt sind. Das ist technisch ein groรer Unterschied zu Vintage-Uhren, deren Zifferblatt-Indizes vor einigen Jahrzehnten typischerweise mit Tritium-Leuchtmasse bzw. -Leuchtfarbe (als Nachfolger von Radium) bepinselt wurden. Diese Tritium-Leuchtfarbe wird รผber die Jahrzehnte gerne mal brรถckelig und kann sich innerhalb des Gehรคuses verteilen, beispielsweise bei Eintritt von Feuchtigkeit (mehr: Rolex GMT-Master 16750 und das Spider Dial). Das kann mit der modernen, sogenannten GTLS-Technologie (Gaseous Tritium Light Source), die von mb-microtec unter dem Markennamen trigalight vermarktet wird und beispielsweise auch im militรคrischen Bereich wie dem F16-Kampfjet zum Einsatz kommt, logischerweise nicht passieren.
Gesundheitsgefahr geht vom Tritiumgas – trotz Radioaktivitรคt – รผbrigens nicht aus: Das Glas der Rรถhrchen schirmt das Tritium vollstรคndig ab. Im Falle eines Bruches wรผrde sich das austretende Gas auรerdem extrem schnell verflรผchtigen. Selbst wenn man die (extrem dumme) Entscheidung trifft die trigalight-Rรถhrchen als tic tac-Ersatz einzuwerfen oder gezielt vom Zifferblatt abzunehmen, aufzuschneiden und als Nasenspray-Ersatz zu missbrauchen, mutiert man nicht direkt zu Captain Atom (ausprobieren sollte man es freilich trotzdem nicht).
Wie der Schriftzug “Swiss T100” auf dem Zifferblatt schon andeutet kommt vorrangig trigalight T100 zum Einsatz, und zwar in Form von fetten und beeindruckend intensiv leuchtenden Stunden-Indizes auf dem Zifferblatt. Bei den Zeigern kommt etwas dezenteres trigalight T25 zum Einsatz, was sicherlich dem geringeren zur Verfรผgung stehenden Platz geschuldet ist. Wie der Blick auf die Bilder verrรคt, handelt es sich bei T100 und T25 nicht um die Farben, sondern um einen Hinweis auf den maximalen (!) Strahlungsgehalt in der Einheit Millicurie (mCi), bezogen auf die gesamte Uhr. 25 mCi entsprechen knapp unter einem Gigabecquerel (Gbq).
Ergรคnzend sei gesagt, dass Aquatico wegen der fetten T100-Indizes nach meinen Recherchen streng genommen รผber dem eigentlich erlaubten Tritium-Grenzwert liegt – das Bundesamt fรผr Strahlenschutz schreibt:
Einige der kommerziell erhรคltlichen Uhren mit bis zu 15 Tritium-Gaslichtquellen (GTLS), die eine Gesamtaktivitรคt von bis zu 1,9 GBq besitzen, รผberschreiten allerdings die gesetzliche Freigrenze von 1 GBq fรผr Tritium gemรคร Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) und kรถnnen daher nicht im freien Handel erworben werden.
Das ist รผbrigens auch der Grund warum traser, die “Hausmarke” der mb-microtec AG, die Taucheruhr traser SuperSub T100 nicht im freien Handel anbietet; das Modell kann nur mit einer Sondergenehmigung geordert werden (z.B. durch offizielle Einsatzkrรคfte).
Aber noch mal kurz zurรผck zu den Farben des Tritiums: Die Farbe Blau, die hauptsรคchlich bei der Aquatico Super Ocean zum Einsatz kommt, ergibt auf den ersten Blick relativ wenig Sinn. Tatsรคchlich aber gilt, dass die Farbe Blau unter Wasser aufgrund der Wellenlรคnge des Lichts auch in grรถรeren Tiefen sichtbar bleibt, was natรผrlich gut zu einer Taucheruhr passt – hier ein paar Anhaltspunkte:
Das Gehรคuse der Super Ocean macht einen haptisch schweren und massiven Eindruck. Mit 42 mm Durchmesser und 13 mm Hรถhe (Horn-zu-Horn 50 mm) ist es auch nicht grade klein – allzu schmale Spargelรคrmchen sollte man daher nicht haben. Im Profil wirkt die Uhr wegen der schmalen Flanken allerdings etwas flacher. Die รผppige Wasserdichtigkeit in Hรถhe von 30 bar bzw. 300 Meter reicht locker zum professionellen Tauchgang aus.
Die Flanken sind auf Hochglanz poliert, die Oberseite der Hรถrner und des Kronenschutzes sind ansehnlich satiniert. Alles in allem hat Aquatico in den letzten Jahren vor allem hinsichtlich der Gehรคuseverarbeitung von Modell zu Modell qualitativ durchaus nennenswerter Qualitรคtssprรผnge gemacht.
Die Aquatico Super Ocean kommt standardmรครig mit zwei Bรคndern: Einerseits mit einem massiven, gut verarbeiteten und quietschfreien Stahlband mit einer Schlieรe samt Feineinstellungsmรถglichkeit (Band und Schlieรe habe ich in รคhnlicher Form allerdings schon bei etlichen Marken im gรผnstigeren Preissegment gesehen). Andererseits liegt dem Set der Super Ocean auch ein sauber verarbeitetes Kunststoffband im sogenannten Tropic-Stil bei.
Tropic Rubber Bรคnder kamen erstmals in den 60er und 70er Jahren auf den Markt und wurden schnell populรคr, da diese hรคufig standardmรครig an Divern von beispielsweise Rolex, Enicar und Jenny Caribbean montiert waren. Die Bรคnder waren insbesondere aufgrund ihres hohen Tragekomforts und der charakteristischen, feinen Oberflรคche beliebt. Vor allem am Tropic-Band gewinnt die Aquatico Super Ocean enorm an Tragekomfort, weshalb das Band meiner Meinung nach die bessere Wahl ist. Kleiner Wermutstropfen: das Aquatico Tropic-Band ist ein ziemlicher Staubmagnet.
Wรคhle weise: Die Aquatico Super Ocean kommt wahlweise mit dem chinesischen Kaliber Hong Kong Precision Technology PT5000 oder dem Schweizer Sellita SW200-1 (Qualitรคtsstufe “Standard”). Beides sind im Groรen und Ganzen (aber nicht hundertprozentig identische) Klone des bekannten ETA 2824-2 – nur, dass das eine eben aus Hong Kong stammt und das andere aus der Schweiz. Tatsรคchlich fรคllt die Wahl mit Blick auf den Preisunterschied von 200 US-Dollar nicht so leicht: Zwar haben beide Kaliber fast identische Spezifikationen (Handaufzugsmรถglichkeit, 38 Stunden Gangreserve, 28.800 bph etc.); im Fall der Fรคlle ist aber die Ersatzteilbeschaffung in Deutschland sicherlich nicht so einfach wie beim allseits bewรคhrten und in Europa weit verbreiteten Sellita SW200-1; ein Kompletttausch des PT5000 gegen ein SW200-1 wรคre im Reparaturfall dann vermutlich die schnellere und wirtschaftlichere, aber nicht ganz gรผnstige Variante (mehr Infos zum PT5000 gibt’s im Test zur Aquatico Super Marine).
Kurzum: Wer lieber auf Nummer sicher gehen und bewรคhrte Schweizer Kost wรคhlen will, der greift zur Variante mit Sellita SW200-1 – allerdings muss man dann immerhin 200 US-Dollar (knapp รผber 200โฌ) Aufpreis berappen.
Leider lรคuft das SW200-1 in der mir vorliegenden Aquatico Super Ocean nicht innerhalb der Standard-Spezifikation von +/-12 Sekunden pro Tag – ein Rรผckversand nach Hong Kong ist in solchen Fรคllen aber nicht nรถtig: Aquatico hat ein europรคisches Service-Center in den Niederlanden und Calvin zeigt sich erfahrungsgemรคร sehr kundenorientiert (siehe auch: Reglage: Ganggenauigkeit einer Automatikuhr einstellen):
Der Umrechnungskurs von US-Dollar zu Euro hat sich leider in den letzten Monaten sehr ungรผnstig entwickelt – das drรผckt (aus deutscher Sicht) naturgemรคร auf das Preis-Leistungs-Verhรคltnis von Uhren aus dem nicht-EU Ausland im Allgemeinen und damit auch auf die Attraktivitรคt der Aquatico Super Ocean. Der Listenpreis des Modells (Variante mit SW200-1) betrรคgt 799 US-Dollar – abzรผglich der immer wieder von Aquatico herausgegebenen Rabatt-Codes in Hรถhe von 30% (derzeit Halloween-Aktion) landet man bei 559 US-Dollar oder derzeit umgerechnet rund 570โฌ. Man beachte aber, dass noch Zoll (80 Cent) und vor allem Einfuhrumsatzsteuer (19%) hinzuzurechnen sind (erfahrungsgemรคร ist der Zoll bei der Abfertigung auch รคuรerst penibel und lรคsst nichts “durchrutschen”). Der Endpreis liegt also bei knapp 680โฌ (PT5000-Variante = 500โฌ).
Das ist wahrlich kein Pappenstiel, vor allem im Vergleich zu deutschen Wettbewerbern wie beispielsweise Microbrand-Platzhirsch Steinhart aus der Nรคhe von Augsburg (zum Beispiel Steinhart Ocean One Double-Green Keramik 42 fรผr 630โฌ), Laco aus Pforzheim (siehe z.B. Laco Skorpion 39) oder Circula aus Pforzheim (Aquasport II; ab 699โฌ).
Mit der trigalight-Technologie hat Aquatico aber ein sehr gutes Argument auf seiner Seite, denn entsprechende Automatik (!)-Diver im Preisbereich von um die 500โฌ sind nach wie vor รคuรerst rar gesรคt – eine Ausnahme bilden am ehesten diverse Uhren-Modelle von Vostok Europe (mehr รผber Tritium-Uhren).
Hallo Mario,
grundsรคtzlich ist die Super Ocean in grรผn sehr schick.
Leider lief meine nicht ordentlich. Das Servicecenter in den Niederlanden kann ich nicht bestรคtigen. Die Uhr musste laut Aquatico zurรผck nach Hong Kong (Stand April 2023). Auf dem Rรผckweg ist sie nun beim Zoll hรคngen geblieben.
Laut FedEx nennt sich das passive Veredlung. Und kostet am Ende rund 50 Euro.
Da bleibt die Begeisterung etwas auf der Strecke.
Viele Grรผรe
Herbert
Hi Herbert, das mit den 50 Euro wรผrde ich auf jeden Fall Aquatico schreiben und um Erstattung bitten.
Hey Mario, hier noch ein Update. Die Uhr ist wieder da. Und siehe da, eine neue Uhr. Nummer 151 anstatt 175. Inklusive eines neuen Stahlbands. Auf der Zeitwaage ist sie ein Traum. Also ziehe ich alles Gemecker zurรผck. Und die 50 Euro… OK, gegessen.
Es ist eine schicke Uhr ๐.
Liebe Grรผรe
Herbert
Hi Herbert, Ende gut, alles gut – freut mich!
Mit den Lรผnetten tut sich Aquatico offensichtlich schwer: ich habe mittlerweile drei Uhren von Aquatico. Die sind zwar nicht so bockig wie bei dieser Uhr und sind recht prรคzise. Aber alle drei haben haben backplay oder sonst Spiel. Da sollte der Hersteller dringend nachbessern, denn sonst sind die Uhren klasse verarbeitet.