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Ich bin ja keine PTM, aber diese Desk Diving-Spuren und dieses runtergerockte Gehäuse… puuuhh!

oder

Sie war meine absolute Grail Watch und früher mein Daily Beater, aber leider bekommt sie keine Wrist Time mehr.

Wem bei diesen Sätzen einfach nur noch die Fragezeichen über dem Kopf aufploppen, der ist hier genau richtig!

Wenn man in einschlägigen Foren, Facebook-Gruppen oder sonstigen sozialen Medien im Uhren-Umfeld unterwegs ist, stößt man schnell auf Fachbegriffe wie Unruh, Kaliber oder Genfer Streifen. Fast noch häufiger stolpert man als angehender Uhren-Nerd aber über Abkürzungen und skurril anmutende Wort-Kreationen.

Und genau an diesen Nerd-Jargon von Uhrenfreunden, den ihr garantiert niemals-nicht im Duden findet, möchte ich an dieser Stelle mit einem Hauch Ironie erklären… 😉

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Wrist Time

Sie bekommt leider nicht genug Wrist Time” oder “sie bekommt nicht die Wrist Time, die sie verdient” sind nicht etwa Eingeständnisse eines Workaholics, der keine Zeit mehr für seinen vernachlässigten Wellensittich hat – es handelt sich dabei um gängige Sätze in Online-Verkaufsanzeigen, die darauf hindeuten sollen, dass der Verkäufer seinen naturgemäß stark begrenzten Platz am Handgelenk lieber anderen Schätzchen widmet. Oder andersrum: Die Wrist Time, also die durchschnittliche Tragezeit einer ganz bestimmten Uhr am Handgelenk, tendiert bei zum Verkauf stehenden Uhren in der Regel gegen Null. Die Wrist Time ist auch eine gern genutzte Entscheidungsgrundlage von Flippern

Uhrenbox Rolex Tudor TAG Heuer Glashütte Panerai
Uhrensammlung und eine schwierige Entscheidung: Welche Uhr bekommt mal wieder etwas Wrist Time?
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Flipper

Bei Flippern handelt es sich weder um einen Fanclub der gleichnamigen Schlagerband, noch um eine Umweltorganisation zur Rettung quiekender Delfine. Ein Flipper im Uhren-Jargon ist ein besonders unentschiedenes Gemüt, welches Uhren wechselt wie andere die Unterhosen – sprunghaft wie ein Ball im Flipperautomaten. Kommt die eine Uhr, geht auch schon wieder die nächste. Zu groß, zu klein, zu Bling-Bling – alles Ausreden, die für den nächsten Flipper-bedingten Uhrenverkauf herhalten müssen.

Kauft ein Flipper am liebsten nigelnagelneue Uhren, so verbrennt er in der Regel ganz schön viel Knete, wenn er die Uhr wieder zum Verkauf anbietet – “Quasi-Neuzustand” hin oder her. Das ist wie bei Autos: Die Uhr verliert schon auf der Tür-Schwelle vom Juwelier ordentlich an Wert (Ausnahmen wie beispielsweise bestimmte Modelle, die die Rolex-Blase aufpumpen, bestätigen die Regel).

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Keeper

Wer ein waschechter Flipper ist, hat es schwer einen Keeper zu finden – es handelt sich bei einem Keeper um eine Uhr, von der man so begeistert ist, dass sie auf jeden Fall fest und auf ewig in die Uhrenbox einziehen darf. Verkauf ausgeschlossen! Der Treueschwur ist dabei nicht minder bedeutend wie bei der Eheschließung.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet <3

Manchmal aber landet der Keeper, in den man sich schockverliebt hat, dann aber doch schneller auf einschlägigen Uhren-Marktplätzen als man “Exit Uhr” sagen kann…

Exit-Uhr

Das “Konzept” der Exit-Uhr ist mindestens so romantisch wie bei Keepern: Man kaufe eine Uhr und werde auf immer glücklich mit ihr und bleibe ihr für immer treu – ohne jemals in Versuchung zu kommen auf andere Uhren zu schielen (also auch wieder so ähnlich wie bei der Ehe). Kurzum ist eine Exit-Uhr der (meistens klägliche) Versuch eines Uhren-Nerds, von der Uhren-Addiktion wegzukommen…

Grail Watch

Die Grail Watch und die Exit-Uhr gehen oftmals Hand in Hand: Es handelt sich dabei um den “Heiligen Gral”, um DIE eine “Habenwill”-Uhr, um die man schon seit x Jahren/Jahrzehnten/Jahrhunderten rum scharwenzelt – sei es, weil das Budget bisher nicht gereicht hat, wegen nervtötender Wartelisten (Hi Rolex!) oder weil man ein total seltenes Vintage-Modell sucht…

Grail Watch?

Wrist Shot

Peng! Ein Foto eures Handgelenkes aus drölfmillionen verschiedenen Winkeln – optimalerweise mit einer Uhr dran 😉 Und ganz wichtig: Wrist Shots gehören freilich in sämtlichen Facebook-Gruppen und auf Instagram gepostet. Und ein Bildchen ins Poesiealbum geklebt. Weil… ähm… einfach so!

Seriöse Uhren-Blogger wie meine Wenigkeit halten sich bei Wrist Shots natürlich stark zurück …………….

Tipp: Wer den absoluten Nervenkitzel sucht, der darf es auch mit zweien gleichzeitig tun:

Seiko-King-Turtle-vs.-normale-Turtle-Größe-45-mm-Durchmesser

Desk Diving

Taucheruhren gehören zur beliebtesten Uhren-Gattung überhaupt. Kein Wunder: Sie sind robust, in der Regel gut ablesbar und strahlen eine Menge Sportlichkeit aus – letzteres suggeriert zumindest die Uhren-Werbung, die fast durchweg athletisch-durchtrainierte und smart drein blickende Profi-Taucher zeigt, die selbstverständlich noch ganz klassische mechanische Taucheruhren tragen (anstelle eigentlich viel praktischerer digitaler Tauchcomputer) – klar! 😉

Im Falle des fiktiven Geheimagenten James Bond 007 bleibt sogar beim Abtauchen mit der Omega Seamaster der Anzug am Körper – warum? Es sieht natürlich cooler aus!

Aus der Kategorie “Expectation vs. Reality”: So habe ich mich bei meinen ersten Tauchversuchen vor ein paar Jahren präsentiert – entschuldigt meinen leicht grenzdebilen Blick 😉 Achja: Der Schwabbel-Look kommt natürlich durch das Wasser. Wirklich! Naja, immerhin die Uhr sitzt…

Einsatzuhr 10 bar Wasserdichtigkeit Tauchen mit Ausrüstung

Die Realität schaut meistens so aus, dass eine Taucheruhr in 99,99999% aller Fälle nicht zum sportlichen Neoprenanzug, sondern zum schnieken Hemd mit Bügelfalte passen muss. Die schweineteure Taucheruhr muss ja schließlich geschickt in Szene gesetzt werden.

Und so kommt es, dass Otto-Normalverbraucher mit seiner Uhr eher zum Desk Diving ins Büro (Schreibtisch-Tauchen) watschelt, als beherzt mit der Harpune in der Hand von Bord eines Hochseeschiffes zum Apnoetauchen zu springen. Kurzum: Die allermeisten Träger von Taucheruhren sind heute hochgradig wasserscheu 😉 Mindestens 100 bar Wasserdichtigkeit und Heliumventil sind natürlich trotzdem willkommen!

Durch das Desk Diving verursachte Kratzer an der Schließe einer Taucheruhr rühren daher auch nicht von einem Kampf mit dem Weißen Hai her, sondern vom Schubbern auf dem Schreibtisch durch Bedienung von Maus und/oder Tastatur oder den schlaftrunkenen Griff zur Kaffeetasse. Auf die dadurch entstehenden sogenannten Desk Diving-Spuren wird in Verkaufsanzeigen häufig hingewiesen (“Uhr hat die üblichen, unvermeidbaren Desk Diving-Spuren”).

Heuer-Autavia-Heritage-Chronograph-Schließe
Polierte Edelstahl-Schließe – ein Kratzerfänger par excellence. Hier halten sich die Kratzer zum Glück noch in Grenzen!

Daily Beater / Rocker

Eine robuste Uhr, die einfach alles durchmachen muss, egal wie schmutzig oder ruppig es zugeht – sei es bei der Gartenarbeit oder beim Handwerkern. Daily Beater bzw. Daily Rocker sehen entsprechend schnell runtergerockt aus: Fiese Kratzer in Gehäuse, Beschichtung oder Glas sowie sonstige Dellen machen sich breit. Achtung: Das nachfolgende Bild könnte verstörend auf zarte Gemüter wirken.

Meccaniche Veneziane Arsenale Sandgestrahlt Gehäuse Vintage Kratzer

Daily Beater sind in aller Regel eher günstigere Modelle, bei denen der eine oder andere Kratzer nicht “weh tut”. Es gibt aber auch Uhrenfreunde, die pfeifen auf Kratzer, egal wie teuer die Uhr war – das ist einerseits sympathisch (schließlich wurde ja beispielsweise eine Rolex Submariner in den 60er Jahren nicht erfunden, um diese zu “schonen”), andererseits ist das natürlich der Horror einer jeden PTM

Die PTM

Daily Rocker und Desk Diving-Spuren sind der Alptraum einer jeden Poliertuchmuschi – kurz: PTM. Kratzer meidet die PTM wie der Teufel das Weihwasser. Eine solche Uhr-Armband-Kombination beispielsweise ist das nackte Grauen für eine PTM:

Die Polituren Cape Cod (für Uhren-Gehäuse) und Polywatch (für Hesalitglas) gehören selbstverständlich zur standardmäßigen SOS-Ausrüstung einer jeden PTM – möge das fleißige Rubbeln beginnen!

Konzi und Konzi-Erlebnis

Der Besuch beim Konzi ist eine willkommene Flucht Insel der Abwechslung vom exzessiven Shopping-Trip, den man mit der Frau/Freundin/Lebensabschnittsgefährtin machen muss darf.

Da lacht die Freundin noch – wenn Man(n) die neue teure Uhr präsentiert, kippt die Stimmung allerdings schnell.

Konzi ist dabei die verniedlichte Abkürzung für Konzessionär – sprich: offiziell für bestimmte Uhrenmarken zugelassene bzw. autorisierte Händler bzw. Juweliere, die ganz klassisch in der Fußgängerzone (und manchmal auch online) verkaufen. Wer des Englischen mächtig ist und sich in einschlägigen Medien umschaut, stolpert häufig auch über die Abkürzung “AD” – für Authorized Dealer.

Ganz wichtig ist natürlich auch das Konzi-Erlebnis: Es handelt sich dabei um ein Ritual, bei dem der Kunde noch ein Gläschen Sekt oder Schlampagner eingetrichtert bekommt, um den neuesten Uhrenkauf zu begießen (oder um sich Mut anzutrinken, weil man dem Partner den neuesten “Erwerb” gestehen muss) – Stößchen!

Kleine Sektparty beim Konzi nach dem Kauf einer neuen Uhr (Symbolbild).

Der Graue

Kauf lieber beim Grauen, da gibt’s mehr Rabatt“. Auch, wenn dieser Satz irgendwie nach illegalen Schwarzmarktgeschäften klingt, braucht man sich nicht nervös umzuschauen, ob Undercover-Polizisten irgendwo in der Nähe sind, die es darauf anlegen euch einzukassieren.

Die Grauen, kurz für Grauhändler, sind nichts anderes als die vorrangig online aktive Zunft der Uhrenhändler. Der entscheidende Unterschied zum Konzi ist, dass der Graue nicht offizieller Händler der feilgebotenen Uhrenmarke ist.

Schwierige Entscheidung: Wo lade ich die Kohle ab – beim Konzi oder beim Grauen?

Der Lieferant des Grauhändlers ist oftmals ein Konzi, der beispielsweise Ladenhüter loswerden will und die Online-Reichweite des Grauen nutzen möchte. Also verkauft der Konzi an den Grauen, welcher wiederum mit meistens sehr ordentlichen Rabatten an den Endkunden weiterverkauft (>30% sind keine Seltenheit, variiert aber stark nach Marke). Aber auch Uhrenhersteller selbst beliefern hin und wieder Grauhändler, um Lagerbestände abzubauen.

Grauhändler Ablauf Bezugsquelle Vertriebsweg

Wer allerdings einen Servicefall hat, der darf nicht viel Hilfe vom Grauen erwarten – der schickt einen in aller Regel weg und verweist auf die Freiheit, mit der internationalen Garantiekarte in der Regel auf das komplette Servicenetz des Uhrenherstellers zugreifen zu können (z.B. der Konzi).

Hamilton gestempelte Garantiekarte Grauhändler Konzessionär

Das Branchen-Urgestein Jean-Claude Biver hat übrigens kein Herz für Schnäppchenjäger: Der ehemalige LVMH-Chef bezeichnete den Graumarkt einst als Krebsgeschwür der Uhren-Industrie, da die niedrigen Preise die Aura von Prestige zerstörten, die das Produkt für den Kunden überhaupt erst begehrenswert machten. „Das bedeutet den langsamen Tod von Luxusgütern“ führte Biver weiter aus.

Immer feste druff! Jean-Claude Biver und Anhang

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Michael
2 Jahre zurück

1. Frage: Bild 16 mit dem Großdatum ist das eine Spinnaker?
2. Deine als Rolex Hulk abgebildete ist doch eigentlich die Kermit?! Denn die Hulk hat doch ein grünes Zifferblatt?
Ansonsten, wie immer, ein amüsanter Artikel.

Andreas M
4 Jahre zurück

Hübsche Schatzkiste hast Du da. Gratuliere! Wobei bei mir fast nur die ersten vier aus der oberen Reihe wrist time bekommen würden. Du bekämest dann natürlich die entsprechenden shots frei Haus 😬

In dem Zusammenhang darfst Du mir mal die Daten zu oben links geben. Mühle?
Naturgemäß kriegen bei mir die neuen immer überproportional Tragezeit, bis die heiße Liebe nachlässt und die anderen auch wieder geherzt werden. Und bisher sind es alles Keeper, allein die Botta Mondo würde ich guten Herzens gehen lassen.

Ach, ja, und daily Rocker sind sie auch fast alle. Ich kauf doch keine Diver/Toolwatches, um die dann beim Händewaschen abzunehmen 🙄
oder auf der Baustelle…

Andreas
4 Jahre zurück

You made my day: Vielen Dank für den lesenswerten und wahrhaften Artikel sowie die seeeehr anschaulichen Symbolbilder 😁