Rolex lässt die Herzen der Technikliebhaber am 1. April 2025 auf der „Watches and Wonders“ höherschlagen! An diesem Tag hat Rolex die neue Land-Dweller vorgestellt. Doch nicht nur das Design ist neu: Die Technik in dieser Uhr ist auf einem ganz anderen Level – doch was taugt das brandneue Kaliber 7135 mit Dynapulse-Hemmung? Handelt es sich wirklich um eine „Revolution“? Wir schauen uns das neue Schmuckstück heute gemeinsam durch die Augen eines Uhrmachers etwas genauer an. Viel Spaß!
[Beitrag von Leon Zihang, Uhrmacher und Kopf hinter ChronoRestore.com] | ![]() |

Rolex Land-Dweller und die Dynapulse-Hemmung im Kaliber 7135: Einschätzung von Uhrmacher Leon
Über Design lässt sich bekanntlich streiten, weshalb ich darauf nicht tiefer eingehen möchte. Da muss jeder selber wissen, was er davon hält. Ich finde das neue Design echt ganz cool. Das kantige und eher eckige Aussehen bringt noch ein wenig technischen Look ins Spiel und betont damit die Änderungen im Inneren der Uhr.



Rolex hat nämlich ein komplett neues Kaliber für die neue Land-Dweller entworfen: das Kaliber 7135. Rolex selbst spricht von einer technischen Revolution. Es wurde nämlich eine komplett neue Hemmung entwickelt. Schon seit der Entwicklung der Armbanduhr gab es immer wieder neue Hemmungen. Durchgesetzt hat sich bis heute die von Thomas Mudge entwickelte Palettenankerhemmung. In fast allen Uhren auf dem Markt schwingt ein 4 Hz Schwingsystem mit der besagten Schweizer Palettenankerhemmung. Diese läuft zuverlässig und hält ein gutes Maß zwischen Reibungsverluste, Gangreserve und stabilen Gangwerten. Dennoch haben viele Marken, Entwickler oder Hersteller immer wieder versucht diese Hemmung weiterzuentwickeln oder etwas völlig neues und besseres herauszubringen. Die vermutlich bekannteste andere Hemmung ist die Co-Axial Hemmung von George Daniels, welche er sich patentieren ließ und später an die Marke Omega verkauft hat. Seitdem tickt die Co-Axial Hemmung in vielen Omega-eigenen Werken und hält die Uhren sicher und zuverlässig am Laufen. Damit haben es Omega und George Daniels geschafft eine konstruktiv komplett andere Hemmung als die Schweizer Palettenankerhemmung zu entwickeln und diese auch in Uhrwerken als guten Standard festlegen konnten.
Rolex Dynapulse-Hemmung im Kaliber 7135
Nun kommt Rolex um die Ecke und baut eine komplett eigens entwickelte Hemmung namens Dynapulse-Hemmung in ihr neuestes Kaliber 7135 ein. Insgesamt soll diese Konstruktion Rolex sieben neue Patente eingebracht haben. Die Hemmung soll ca. 30% energieeffizienter als die herkömmlichen Palettenankerhemmungen sein. Im Vergleich dazu: Die Co-Axial Hemmung von Omega schafft es auf 15% besseren Wirkungsgrad im Vergleich zur Schweizer Palettenankerhemmung. Rolex erzielt damit eine Effizienzsteigerung von 50% im Gegensatz zu Omega.
Beide Hemmungen versuchen die Gleitreibung zwischen dem Hemmrad und dem Anker zu reduzieren. Während Omega dabei auf eine spezielle Ankerform setzt und einen Teil der Energieübertragung direkt vom Hemmrad an das Schwingsystem übergibt, setzt Rolex auf abrollende Energieübertragung und spezielle Materialien, wie Silizium und Keramik.
Die abrollende Energieübertragung verläuft deutlich reibungsärmer als die gleitende Energieübertragung bei der Palettenankerhemmung. Man kann das ganz gut nachvollziehen indem man die Hand über einen Tisch abrollt oder die flache Hand über die Tischoberfläche schiebt: Das Abrollen funktioniert deutlich leichter. Dies ist der Grund, warum die zwei speziellen Hemmräder des neuen Rolex-Kalibers eine so spezielle Form mit vielen runden Flächen besitzt. Die beiden Hemmräder und der Anker bestehen aus Silizium und können deshalb mit einem sehr geringen Gewicht und einer hohen Resistenz gegen Magnetfelder aufwarten.

Auch der rund geformte Anker, der keine typischen Rubinpaletten mit flachen Flächen besitzt, trägt zur Reibungsminimierung bei. Ganz ohne Reibungsverluste geht es auch hier nicht, aber die Flächen, die normalerweise aneinander reiben, wurden auf ein Minimum reduziert und bestmöglich zu abrollenden Bewegungen umkonstruiert.
Neue Unruh
Doch die neue Hemmung ist nicht die einzige Neuerung: Auch an der Unruh hat sich etwas getan. Die typische Unruhwelle wurde gegen eine Keramikwelle ausgetauscht. Wenn man sich schon einmal mit der Fertigung einer Unruhwelle beschäftigt hat, dann weiß man, dass dies mit einfachem Stahl schon nicht so einfach ist.
Die Keramik-Unruhwelle muss mittels einem hochkomplizierten Fertigungsprozess gefertigt werden. Das Video auf der Rolex- Webseite lässt vermuten, dass es sich um einem Femtosekundenlaser handelt, der die Unruhwelle in Form bringt. Zur Erklärung: Eine Femtosekunde ist 1 Billionstel Sekunde. Dieser Laser erzeugt also extrem kurze Lichtsignale, welche sich im Bereich von Femtosekunden bewegen. Diese Laserstrahlen ermöglichen eine Materialbearbeitung auf mikroskopischer Ebene und das Ganze ohne das Material aufgrund von Wärmeerzeugung zu beschädigen oder zu beeinflussen.

Die Keramik ist ein extrem harter, aber auch spröder Werkstoff. Somit wird Verschleiß minimiert, aber durch die Sprödigkeit die Bruchgefahr vergrößert. Rolex versucht dem Ganzen mit einer verbesserten Paraflex-Stoßsicherung entgegenzuwirken. Ob dies auch wirklich hilft, bleibt aber erst einmal abzuwarten.
Zusätzlich wurde der Unruhreif aus einer neu entwickelten Legierung hergestellt, die ebenfalls eine größere Resistenz gegen Magnetismus aufweisen soll. Hier bin ich etwas stutzig eingestellt. Schon viele Hersteller haben mit neuen Legierungen und besseren Eigenschaften geworben. Die Probleme wurden damit aber nur abgeschwächt. Das ist meiner Meinung nach also die geringste technische Veränderung.
5hz-Schwinger
Zu guter Letzt rundet Rolex die Neuerungen an der Hemmung und dem Schwingsystem mit einer höheren Schwingungszahl ab. Es handelt sich nämlich zum ersten Mal in der Rolex Geschichte um einen 5Hz-Schwinger. Somit wurden die üblichen 4Hz mit 28.800 Halbschwingungen pro Stunde gegen 36.000 Halbschwingen pro Stunde ausgetauscht. Eine Eigenschaft, die andere Marken, wie Zenith schon viel länger für sich entdeckt haben. Eine Verbesserung? Absolut! Durch die höhere Schwingungszahl laufen die Schwingungen deutlich stabiler ab und äußere Einflüsse wie unsere Armbewegungen oder Erschütterungen haben weniger Einfluss auf das Schwingsystem. Das Resultat ist ein genauerer Gang. Zudem läuft der Sekundenzeiger in kleineren Schritten über das Zifferblatt. Das erzeugt ein noch gleichmäßigeres Gleiten und sieht einfach extrem geil aus! Weitere Infos zu dem schleichenden Zeiger in Verbindung mit der Frequenz des Schwingsystems findest du hier: Wie Frequenz und schleichender Sekundenzeiger zusammenhängen.
Nun aber (leider) zu den Nachteilen: Die höhere Frequenz sorgt natürlich auch für einen schnelleren Ablauf des Räderwerkes und damit grundsätzlich auch für eine geringere Gangreserve. Doch dieses Argument würgt die neue Rolex direkt ab. Durch die neue reibungsärmere Hemmung benötigt sie nicht mehr so viel Kraft. Durch die weniger benötigte Kraft kann die Dicke der Zugfeder geringer ausfallen und dadurch mehr Federumgänge erreicht werden. Dies führt dann zu einer höheren Gangreserve. Außerdem wartet Rolex hier direkt mit ca. 66 Stunden auf, was es meines Wissens bei einer 5Hz Uhr noch nie gab.
Fazit zum Kaliber 7135
Kurz gesagt: Rolex hat, meiner Meinung nach, eine sehr schicke Uhr mit supercoolen technischen Neuerungen herausgebracht. Wer sich sowohl vom Design begeistern lässt als auch technisches Interesse hegt, wird in der neuen Rolex Land-Dweller zweifellos die Uhr des Jahres finden. Obwohl ich den Namen ehrlich gesagt irgendwie gewöhnungsbedürftig finde.
Ob sich die technischen Neuerungen durchsetzen und ob es hier nicht doch irgendwo noch versteckte Probleme bzw. „Kinderkrankheiten“ gibt, das kann erst die Zeit zeigen. Ich bin mir aber sicher, dass Rolex schon lange Test und nicht einfach den nächstbesten Prototypen auf den Markt bringt. Aber wie immer zeigen erst die Langzeittests, ob eine Revolution auch den Endkunden überstehen kann und ob sich die Neuentwicklungen wirklich durchsetzen können. Mit der neuen Hemmung hat Rolex aber wirklich etwas Einzigartiges geschaffen!
Mir jedenfalls gefällt die neue Uhr und ich habe ca. eine Femtosekunde überlegt, ob ich nicht versuchen sollte diese irgendwo heran zubekommen. Allerdings kam mir dann mein leerer Geldbeutel in den Kopf. Naja, da muss ich eben doch warten, bis ich meine eigene Uhr auf den Markt bringe. 😉
Ich freue mich auf eure Rückmeldungen in den Kommentaren! Bis zum nächsten Mal!
[Beitrag von Leon Zihang, Uhrmacher und Kopf hinter ChronoRestore.com] | ![]() |
Als ich von der Land-Dweller hörte, dachte ich erst hurra, eine Ergänzung zu meiner Sea-Dweller und Sky-Dweller. Dann die ersten Bilder gesehen. Glasboden find ich super, aber na ja, gewöhnungsbedürftiges Design und für mein 19,5 cm Handgelenk ein bisschen klein.
Aber dieser Artikel dreht sich ja um das Uhrwerk.
Zunächst finde ich es super, dass sich Rolex etwas Neues entwickelt hat. Die neue Hemmung macht optisch echt was her, nur leider kann man sie trotz Glasboden wohl nicht sehen. Schade.
5 Hz sind bei Rolex auch mal was Anderes, aber wo ist der Benefit? Der Sekundenzeiger läuft gleichmäßiger, was ich mit einer Lupe und Geduld sehen kann. Die Präzision soll besser sein, wobei Rolex auch nur die üblichen +/- 2 s angibt. +/- 1 s wäre der Whow-Effekt gewesen.
Die neue Technik soll weniger Energie verbrauchen, was trotz 5 Hz zu 66 h Gangreserve führt. Meine Sky-Dweller kann mehr als 70 h, obwohl sie den Soros-Kalender mitschleppen muss. 100 h wären der Whow-Effekt gewesen.
So bleibt mir leider nur ein Schulterzucken und die Erkenntnis, dass sich die Land-Dweller wohl nicht so bald zu meinen beiden anderen gesellen darf.
Hallo zusammen,
mit der Land-Dweller ist es wie mit Rolls Royce oder Bentley: Hat nicht jeder, ist sehr exklusiv und so wird es durch den Preis auch bleiben. Als Gebrauchsuhr wäre sie mir zu teuer, aber als Wertanlage ist sie bestimmt eine sehr gute Wahl.
Beste Grüße
Georg
Der Name dieser Uhr ist unglücklich gewählt – doch das Uhrwerk finde ich technologisch höchst attraktiv.
Immer wieder fasziniert mich, wie eine eigentlich überholte Technologie wie das Automatikuhrwerk mit enormem finanziellem Aufwand und Brainpower weiterentwickelt wird – obwohl mit dem Quarzuhrwerk seit Jahrzehnten eine objektiv überlegene, weil präzisere und kostengünstigere Alternative existiert.
Bitte nich als Kritik falsch versthen! Im Gegenteil: Ich sehe darin eine zutiefst menschliche Eigenschaft – nämlich das Streben, etwas zu erschaffen, das über reine Effizienz hinausgeht. Etwas, das technologisch raffiniert, ästhetisch ansprechend und kulturell bedeutungsvoll ist.
Gerade das Automatikuhrwerk steht exemplarisch für diese Verbindung aus Ingenieurskunst, künstlerischer Gestaltung und kulturellem Erbe. Und genau in diesem Spannungsfeld liegt – so denke ich – auch die anhaltende Faszination vieler Menschen für mechanische Uhren begründet.
Jetzt hätte ich nur gerne die Möglichkeit dieses Werk auch tatsächlich zu nutzen beziehungsweise zu besitzen ohne dabei gleich in den Statussymbol-Kosmos von Rolex abtauchen zu müssen. Denn so spannend die technische Innovation auch ist, mit der Marke selbst kann ich wenig anfangen. Es gibt einfach zu viele Dinge, die mir nicht gefallen – und die mich neben dem horrenden Preis Von einem Rolex Kauf abhalten würden.