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Der Weg nach Böhmen hat mich ein bisschen an den Weg nach Glashütte erinnert: Über Stock und Stein, von Dorf zu Dorf, durch viele Waldstücke und vorbei an wunderschönen Burgen arbeiteten wir uns über kurvenreiche Straßen immer weiter Richtung Nové Město nad Metují (Neustadt an der Mettau), fast 2 Stunden östlich von Prag und unweit der polnischen Grenze, vor.

Warum aber sitzt die Uhrenmarke Robot bzw. die hinter der Marke stehende Firma Bohematic s.r.o. grade hier, so weit weg vom pulsierenden Prag? Nun, die Standortwahl ist kein Zufall: Der tschechische Fußabdruck in der Welt der Zeitmesser ist sicherlich nicht so bekannt wie derjenige der Schweizer Hochburgen – und dennoch: Neben der berühmten astronomischen Uhr an der Südmauer des Rathauses in der Prager Altstadt aus 1410, die als älteste seiner Art gilt, die noch in Betrieb ist, hat die tschechische Uhrmacherei tiefe Wurzeln und viel Tradition in der Region östlich von Prag: Im 18. und 19. Jahrhundert, im Zuge der industriellen Revolution, entstand in der Stadt Jihlava eine bedeutende Uhrenindustrie (heute befindet sich dort immer noch Tschechiens Uhrmacherschule). Die Region um Nové Město nad Metují entwickelte sich damals zu einem weiteren tschechischen Zentrum der Uhrmacherei. Nach dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise wurden in dieser Region Saphirlagersteine gefertigt, die unter anderem an die Glashütter Uhrenbetriebe (GUB) geliefert wurden. Und auch, wenn sich in Nové Město heute nicht so viele Hersteller bündeln wie in Glashütte, so befindet sich dort nach wie vor viel uhrmacherisches Know-How, denn dort sitzt – neben Robot – der 1949 gegründete Uhrenhersteller Prim.

Robot wurde vom tschechischen Unternehmer Josef Zajíček ins Leben gerufen, der ursprünglich aus der Automobilzulieferindustrie kommt. Und auch privat ist Josef ein echter Petrolhead: Er hat anno 2014 das Autodrom Most-Gelände erworben, eine Rennstrecke nahe der gleichnamigen Stadt und unter anderem Austragungsort von NASCAR-Rennen. Ferner hat er 2023 eine Oldtimer-Rallye nach Athen organisiert, bei der er auch selbst mit seinem BMW 327 Cabrio, Baujahr 1941, teilgenommen hat. Wenig überraschend orientieren sich einige Robot-Modelle an der automobilen Geschichte Tschechiens – dazu aber gleich mehr.

Robot Watches: Zu Besuch in der Manufaktur in Nové Město, Tschechien

Ich wurde von der gut gelaunten Produktionsleiterin Renata Eichlerová begrüßt und ohne große Umschweife starteten wir mit der Besichtigung der kleinen, aber feinen Manufaktur in Nové Město, in der fünf Mitarbeiter tätig sind.

Den Start machten wir bei Petr Dressler in der Konstruktion, in der unter anderem das Prototyping mit einem 3D-Drucker vorgenommen und die Grundlage für neue Modelle durch CAD geschaffen wird.

So konnte ich zunächst Einblicke in den Entstehungsprozess der neuen, auf 12 Stück limitierten Variante des Modells Graphic Sutnar bekommen, das mit drei fein miteinander “verwobenen” Zifferblatt-Ebenen kommt, darunter eine Ebene aus Rhodium und eine aus Gold.

Das Alleinstellungsmerkmal der Manufaktur wird schnell deutlich: Kleinserien bzw. Limited Editions und Individualisierungen – dank der hohen Fertigungstiefe, die eine große Flexibilität in der Produktion ermöglicht.

Und so wird in der Konstruktion auch die Basis für kundenindividuelle Anpassungen in Form von Renderings geschaffen – bei Robot die sogenannten Private Editions, die stets auf bestehenden Modellen basieren.

Die Anpassung umfassen beispielsweise “einfachere” Dinge wie Drucke auf der Innenseite eines Saphirglasbodens, Gravuren oder ein einzigartiger Sekundenzeiger in einer bestimmten Farbe mit der Form des Autos des Kunden, eines Lenkrads oder Initialen als Gegengewicht. Eine spannende, deutlich komplexere Einzelanfertigung, die ich begutachten konnte, war unter anderem ein Modell mit den Initialen samt Geburtsdaten der drei Kinder eines Kunden (siehe unten).

Auch etwas größere Auflagen dieser Private Editions werden von Robot beispielsweise für Firmen oder Organisationen umgesetzt. Bei meinem Besuch blieben meine Augen vor allem an einer neuen Fliegeruhr hängen – es handelte sich dabei aber nicht etwa um das neue Modell Albatros, das Robot im Oktober auf den Markt bringen wird, sondern um eine auf 50 Stück limitierte Sonderedition für die #FliegerFriday-Community (Bilder darf ich – Stand jetzt – allerdings leider noch nicht zeigen).

Während ein Standardmodell in etwa drei Wochen benötigt, um es zu produzieren, kann es bei individualisierten Uhren – je nach Umfang der Wünsche – schon mal deutlich länger dauern. Bemerkenswert: Fast 75% aller Uhren, die die Robot-Manufaktur verlassen, sind in irgendeiner Form individualisiert. Insgesamt, so verrät mir Renata, hat die Robot-Manufaktur derzeit eine Kapazität von über 400 Stück pro Jahr, wobei es effektiv wegen der Individualisierungswünsche vieler Kunden derzeit etwa 300 Stück sind.

Ausnahmslos alle Komponenten der Robot-Uhren kommen aus Europa: So stammen nicht nur die mechanischen Kaliber aus der Schweiz (von der Manufacture La Joux-Perret SA), sondern auch sämtliche Gehäuse – in Form von Halbfabrikaten, die in Nové Město nad Metují weiterverarbeitet, also poliert und satiniert werden, unter anderem mit dem Keramikperlenstrahlen-Verfahren.

Besonders interessant war auch die Produktion der Zifferblätter: Neben dem hauseigenen Tampondruckverfahren erfordert das Design des Chronographen-Modells Minor beispielsweise ein spezielles Säureätzungsverfahren, um die Datumsringe und eine Art feinmaschiges Gitter als Zifferblattgrundlage herzustellen.

Sogar eine eigene Galvanik befindet sich in der Manufaktur: Mit Hilfe galvanischer Oberflächenbeschichtung erhalten Zifferblätter und andere Komponenten – je nach Ausführung – ihre jeweilige Farbgebung, werden rhodiniert oder vergoldet. Die Zifferblätter werden anschließend noch mal gereinigt und und getrocknet.

Robot verfügt außerdem über eine kleine Lackiererei, um Zifferblätter und andere Teile zu veredeln. Beliebt bei den Kunden ist unter anderem die Veredelung von Teilen mit den Originallacken verschiedener Autohersteller – wie mir Renata bestätigte gibt es nichts, was man nicht besorgen könnte.

Auch Super-LumiNova bringt man bei Robot von Hand auf – typischerweise auf Zeiger und Indexe, aber auch in die extrem filigranen Löcher des Zifferblatts des Modells Minor, um eine nachtleuchtende kleine Sekunde zu erschaffen. Ferner werden beispielsweise im Hause Robot auch Hyceram-Keramiklacke aufgebracht, zum Beispiel in der Kronengravur.

Obligatorisch sind der Zusammenbau aller Komponenten und die abschließende Qualitätssicherung hinsichtlich Wasserdichtigkeit und Ganggenauigkeit durch die hauseigenen Uhrmacher (Reglage).

Robot-Showroom in bester Lage in Prag: die Modell-Palette

Nach dem Besuch der Manufaktur führte mich mein Weg in den Prager Robot-Showroom, wo die Manufaktur ihre Uhren ausstellt und verkauft. Der Showroom könnte zentraler kaum gelegen sein: Im Franz-Kafka-Geburtshaus in der Maiselová 2, wenige Gehminuten von stark frequentierten Sehenswürdigkeiten wie dem Altstädter Ring, der Prager Rathausuhr oder der Luxusmeile Pařížská präsentiert sich Robot internationalen und tschechischen Uhrenfreunden.

Der Name Robot hat übrigens, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag, seine Wurzeln in Tschechien: Der Begriff “Roboter” wurde erstmals vom tschechischen Schriftsteller Karel Čapek in seinem 1920 veröffentlichten Theaterstück “R.U.R.” (Rossum’s Universal Robots) verwendet. Čapek nutzte das Wort, um künstliche, menschenähnliche Wesen zu beschreiben, die den Menschen bei schwerer körperlicher Fabrikarbeit oder landwirtschaftlicher Arbeit unterstützen. Der Begriff stammt dabei vom Wort “robota”, tschechisch für “Arbeit”. In dem Geiste hat sich der Begriff bis heute gehalten. Robot-Gründer Josef wählte den Namen, da Roboter heute unser Leben in allen Bereichen erleichtern und uns helfen, unsere Zeit zu genießen.

Aber zurück zum von Laufkundschaft und Touristen durchaus stark frequentierten Showroom, wo ich die gesamte Kollektion in Augenschein nehmen konnte: Wie bereits erwähnt gibt es bei vielen Modellen in der Gestaltung Bezüge zu wegweisendem tschechischem Design oder klassischen Automobilen – natürlich kein Zufall mit Blick auf Josefs Leidenschaft.

Eines der Modelle ist der Chronograph Minor, der vom tschechoslowakischen Rennwagen Aero Minor Sport inspiriert ist, der 1949 den Sieg seiner Kategorie beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans holte. Eine Limited Edition-Variante des Chronos wurde unter aktiver Beteiligung der Motorsportlegende Emerson Fittipaldi entworfen. Das schwarz-goldene Farbschema verweist auf die Lackierung von Fittipaldis Lotus 72. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang auch die von der Prager Manufaktur Sima handgenähten Lederbänder, die die Goldfarben aufgreift. Der Clou ist aber, dass jedes der 100 perforierten Zifferblätter die Originalunterschrift von Emerson Fittipaldi trägt – also nicht einfach nur ein einfacher Druck der Unterschrift, sondern die echte, persönlich per Hand niedergeschriebene Signatur.

Auch das Modell Robot Aerodynamic mit 8-Tage-“Motor” hat automobile Design-Anleihen, und zwar vom Tatra T77 – hier geht es zum ausführlichen Review.

Besonders ins Auge sticht das Modell Graphic Analog. Das ursprüngliche Konzept des Zifferblatts und der blockartigen Zeiger stammt vom tschechischen Typografen Radek Sidun. Durch das Hervorheben der Stunden und Minuten erinnert das Modell an mechanische Digitaluhren wie die Ruhla Digital Scheibenuhr aus der Zeit vor dem Aufkommen von Quarzmodellen mit LED- bzw. LCD-Anzeige.

Das Modell Graphic Sutnar widmet sich dem 1897 in Pilsen geborenen Ladislav Sutnar. Ladislav Sutnar war ein bedeutender tschechischer Designer, Architekt und Typograf. Sutnar ist vor allem für seine innovative Arbeit in den USA bekannt, wo er ab den 1940er Jahren lebte und arbeitete.

Das Modell Aplos ist als Einstiegsmodell eine moderne Interpretation klassischen Bauhaus-Designs mit charakteristischen, lang in die Mitte gezogenen, applizierten Stundenindizes und einem fein strukturierten Zifferblatt.

Mit dem Modell IDA hält Robot auch für die Damenwelt einen Zeitmesser bereit:

Alle Robot-Modelle kommen mit Kalibern von der Schweizer Manufacture La Joux-Perret SA, einem vor über 30 Jahren, ursprünglich als Jaquet SA gegründeten Uhrwerkehersteller mit heute rund 120 Mitarbeitern aus La Chaux-de-Fonds im Kanton Neuenburg. Die La Joux-Perret SA hebt sich beispielsweise deutlich von der Sellita SA ab, indem die Neuenburger sich auf spezielle Anforderungen an höherwertigere mechanische Uhrwerke spezialisiert haben, darunter auch Tourbillons.

Abschließende Gedanken

In durfte über die Jahre als Blogger schon so einige Uhrenfertigungen besuchen. Und so viel steht fest: Robot gehört definitiv zu den Betrieben, in denen überdurchschnittlich viel hauseigene Wertschöpfung stattfindet – Wertschöpfung, die weit über das “einfache” Zusammenbauen von Komponenten durch Uhrmacher hinausgeht. Obendrein sind die Robot-Modelle durch die Bank weg hochgradig eigenständig gestaltet und qualitativ extrem hochwertig. Lobenswert ist auch, dass Robot-Gründer Josef überaus großen Wert darauf legt, Komponenten entweder selbst herzustellen oder zumindest in Tschechien und der Schweiz zu beziehen.

Ich hatte auf meiner Reise in Tschechien auch die Möglichkeit ein bisschen Mäuschen bei der Entstehung neuer Produkte zu spielen. Dabei hat man gemerkt mit welch großem Ehrgeiz und Herzblut sich Robot-Gründer Josef höchstpersönlich engagiert, um Robot weiterzuentwickeln – auch im operativen Tagesgeschäft, zum Beispiel bei der Gestaltung eines brandneuen Modells in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Designer Marcus Eilinger, der schon für unzählige große Namen der Schweizer und der deutschen Uhrenindustrie tätig war und ist. Man darf auf jeden Fall sehr auf 2025 (und darüber hinaus) gespannt sein!

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