Nadir ist gekommen, um zu bleiben: Mit der Vespera GMT bringt die junge polnische Microbrand schon das zweite Modell auf den Markt, das nahtlos an das Einstandsmodell Vespera anknüpft – und die Vespera GMT bietet weit mehr als nur kosmetische Detailpflege: an Bord ist hier – so viel vorweg – das Miyota 9075 mit „True GMT“-Funktion, eine perfekte Kaliberwahl in dieser Preisklasse. Das wollen wir uns hier natürlich näher anschauen.
Tipp: Die Inhalte dieses Artikels gibt’s auch bei uns auf YouTube:


Eckdaten Nadir Vespera GMT:
- Japanisches Automatikwerk Miyota 9075 mit True GMT-Funktion. Selbstaufzugs- und Stoppmechanismus, 28.800 Halbschwingungen pro Stunde und 42 Stunden Gangreserve
- Durchmesser: 42 mm
- Höhe: 13,1 mm
- Horn-zu-Horn: 47 mm
- Bandanstoßbreite: 22 mm
- Gehäuse aus 316L Edelstahl
- Krone verschraubt
- Gebürstetes Zifferblatt mit Super-LumiNova BGW9 und C3 (auf dem GMT-Zeiger)
- Polierte/matt verzierte Zeiger mit Super-LumiNova BGW9
- kratzfestes gewölbtes Saphirglas,vierfach entspiegelt
- Verschraubter Gehäuseboden aus Edelstahl mit einer speziellen Gravur und Seriennummer
- Wasserdichtigkeit: 200 m (660 Fuß) / 20 ATM
- Lederband mit Schnellwechselsystem
- Zubehör: Schwarze Uhrenrolle aus Leder (Platz für 3 Uhren)
- kostenloser weltweiter Versand
- Preis: 649€, direkt über nadirwatches.com
Microbrand mit Substanz statt Marketinghülle
Nadir ist keine dieser Crowdfunding-Marken, die mit Renderings und Versprechungen um Vorbestellungen wirbt. Hinter dem Projekt steckt Bart Maniecki, hauptberuflich IT-Manager, in der Freizeit Schrauber, Motorradfahrer und Outdoor-Liebhaber (YouTube). Die Marke ist – Stand jetzt – im Wesentlichen ein Ein-Mann-Projekt. Und gerade deshalb war der Weg, das erste Modell ohne Crowdfunding und mit sofortiger Verfügbarkeit auf den Markt zu bringen, durchaus bemerkenswert (Stichwort: Einsatz von Kapital und unternehmerisches Risiko). Und auch die Vespera GMT ist sofort, ohne Vorbestellerphase oder dergleichen, erhältlich.
Aber: Eine stimmige Geschichte ersetzt natürlich kein gutes Produkt. Also: Wie schlägt sich die neue GMT-Variante im Alltag?


Nun, stilistisch bleibt die Vespera GMT, genau wie die Dreizeigervariante, die den Einstand der Marke markierte, eigenständig und man erkennt sofort die Handschrift von Nadir: Das Zifferblatt ist klar strukturiert, matt und perfekt ablesbar. Anders als bei der Dreizeigervariante sind die Stundenindexe nun appliziert und die XXL-Ziffern 12-3-6-9 sind wesentlich prominenter – sie springen einen förmlich an. Ein gestalterisches Detail, das Nadir auch schon beim Einstandsmodell an Bord genommen hatte, ist die farbige Leiste vom Zentrum zum Datum – ein frisches, charakteristisches Merkmal, das auf jeden Fall heraussticht.



Der farbige Akzent ist natürlich Geschmackssache, aber sie macht das Blatt definitiv sehr viel interessanter, zumal die Farbe auch auf dem Rehaut, bei der 24-Stunden-Skala, aufgegriffen wird. Als geschickt gelöst empfinde ich auch die Einbettung des Datumsfensters am rechten Ende des Balkens, der an die große, applizierte 3 „andockt“. Dennoch: Wer es (deutlich) dezenter mag, der greift zur monochrom-silberfarbenen Vespera GMT.
Eine Gemeinsamkeit aller Modellvarianten: Das Nadir-Schriftlogo ist für eine ausschließliche Darstellung des Bildlogos auf „12 Uhr“ gewichen, das an den Nordstern erinnert – passend zum Markennamen Nadir als „Gegenstück“ zum Zenit. Ferner finden wir ganz am Rand die Minuterie, in deren Verlängerung sich ausgeschnittene, quadratische Minutenelemente befinden, die für zusätzliche Plastizität auf dem Blatt sorgen – ein liebevolles Designelement, das wir auch bei der Dreizeiger-Vespera gesehen haben.

Auch die charakteristische, absolut symmetrische Gehäuseform des Einstandsmodells hat Nadir bei der GMT-Variante der Vespera im Wesentlichen übernommen. Gut so, denn das symmetrische Design ist absolut gefällig und die Krone ist schön auf „4 Uhr“ versenkt, was dem Tragekomfort zu Gute kommt. Augenscheinlichster Unterschied gegenüber der Dreizeigervariante ist, dass nur eine Krone vorhanden ist, da die Möglichkeit den innenliegenden Drehring bidirektional anzusteuern bei der GMT-Variante wegfällt (da dies durch den separat einstellbaren GMT-Zeiger auch gar nicht nötig ist – dazu gleich mehr).
Ein oft diskutierter Punkt: Das Gehäuse der Vespera-Dreizeigervariante besteht aus 904L-Edelstahl, bekannt von Rolex als „Oystersteel“. In der Theorie bietet es höhere Korrosionsbeständigkeit und einen etwas helleren Glanz. In der Praxis: Der Unterschied zu 316L ist kaum sichtbar, vor allem bei gebürsteten oder matten Oberflächen. Und auch bei der Alltagstauglichkeit spielt es selten eine echte Rolle. Ich empfinde nüchtern betrachtet die Vorteile von 904L in der Summe als nicht grade riesig. Insofern finde ich es absolut nachvollziehbar, dass Nadir bei der neuen Vespera GMT nunmehr auf klassisches 316L-Edelstahl setzt.



Miyota 9075 an Bord – ein echtes Traveller-GMT-Werk
Lange Zeit war eine „Traveller“- oder „True“-GMT-Komplikation eine Art Business-Class-Ticket der Uhrenwelt: nur für Premium-Modelle mit hauseigenem Manufakturkaliber buchbar. Dann kam das erschwingliche Miyota 9075 – und schwupps, wurde aus „Business Class only“ plötzlich Economy mit Extra-Beinfreiheit. Seitdem greifen gerade kleine, unabhängige Marken begeistert zu. Darunter nun eben auch Nadir.
2022 landeten die ersten Modelle mit Miyota 9075 mit 42 Stunden Gangreserve auf dem Markt, das – wenig verwunderlich bei der Namensgebung – technisch auf der bewährten und zuverlässigen 9000er-Reihe basiert. Im Gegensatz dazu sind das Seiko NH34 und das Sellita SW330 „Office-GMTs“ – praktisch fürs Schreibtisch-Jetlag, aber nicht fürs echte Reisen. Kurz gesagt: Das 9075 sorgt ein Stück weit für Demokratisierung am Handgelenk.

Die Basis aus der bewährten 9000er-Serie von Miyota ist bekannt für Robustheit und Zuverlässigkeit. Die Eckdaten im Schnelldurchlauf: 28.800 Halbschwingungen pro Stunde, 24 Lagersteine, Sekundenstopp und Handaufzug inklusive, -10 bis +30 Sek/Tag Ganggenauigkeit – in der Praxis laufen die meisten aber meiner Erfahrung nach besser, als die nackten Zahlen es befürchten lassen. Und so ist das auch bei der Vespera GMT, die bei rund +5 Sekunden pro Tag läuft.

Der eigentliche Clou ist aber natürlich, dass das Miyota 9075 ein Traveller-GMT-Kaliber ist, bei dem sich der normale Stundenzeiger in Ein-Stunden-Schritten springend vor und zurück stellen lässt, und zwar richtig schön satt und knackig – perfekt, wenn man nach einem 10-Stunden-Flug endlich landet und die Uhrzeit mit ein paar Umdrehungen auf die lokale Ortszeit anpassen will. Der GMT-Zeiger, hier bei der Vespera GMT im Sinne von Form Follows Function farbig abgestimmt auf die 24-Stunden-Skala auf dem Rehaut und als einziges Element mit grüner Super-LumiNova C3 statt BGW9 zur besseren Differenzierung im Dunkeln belegt, bleibt dabei stoisch auf Heimatzeit. So weiß man immer, ob es grad eine clevere Idee ist, die Ehefrau aus dem Bett zu klingeln oder ob man schon Guten Morgen sagen darf.

Hier wird schematisch auch noch mal der direkte Vergleich zwischen Traveller und Office GMT deutlich:

Abmessungen und Tragekomfort
Die Vespera GMT setzt auf einen eher sportlicheren 42 mm Gehäusedurchmesser bei moderatem Horn-zu-Horn-Maß von 47 mm. Auch deswegen trägt sie sich etwas kleiner – gut für durchschnittliche Herrenhandgelenke. Gegenüber der Dreizeigervariante wächst die Höhe leicht auf 13,1 mm (gegenüber 12,3 mm), was auf das Kaliber zurückzuführen ist, das moderate 1 mm höher baut (dazu gleich mehr). Die Proportionen der Vespera GMT sind aber nach wie vor sehr ausgewogen.
Am Arm macht die Vespera GMT auf jeden Fall eine richtig schön ausgewogene Figur. Die Gehäuseform mit versenkter Krone sorgt dafür, dass sich die Uhr auch bei Bewegung nicht unangenehm in den Handrücken bohrt. Das vormontierte italienische Pueblo-Lederband, das pflanzlich in der berühmten Badalassi Carlo Gerberei in der Toskana gegerbt wurde, macht einen überaus hochwertigen, weichen Eindruck und trägt sich direkt angenehm – hier ist definitiv keine „Eintragezeit“ notwendig. Schön sind natürlich auch die farblich abgestimmten Bandseiten und die Tatsache, dass sich das Band einfach per Schnellwechselfederstege „wegklipsen“ lässt.

Trotzdem bleibt ein Kritikpunkt: Eine Uhr mit Overland-/Outdoor-/EDC-Bezug und 20 bar bzw. 200 m Wasserdichtigkeit, hätte auch gut mit einem Stahlband oder alternativ einem FKM-Kautschukband ausgeliefert werden können. Leder ist im Alltag natürlich am komfortabelsten – insbesondere im Sommer aber eher unpraktisch. Optisch macht sich übrigens auch ein NATO Strap sehr gut an der Uhr – allerdings lässt sich das wegen der speziellen Machart des Bandanstoßes leider nicht einfach durchfädeln (die Federstege sitzen sehr nah am Gehäuse). Wir mir Bart aber verraten hat sollen später noch farblich passende FKM-Kautschukbänder für die Vespera GMT erhältlich sein.


Abschließende Gedanken
Die Kombination aus True GMT-Werk, aufwändig und präzise verarbeitetem Zifferblatt und Gehäuse, eigenständigem Design und gleichzeitig fairer Preisgestaltung (649€) ist selten – da langen manch andere Microbrands schon deutlich stärker ins Portemonnaie von Uhrenfreunden. Insofern kann ich mein Fazit, das ich schon bei der Dreizeiger-Vespera gezogen habe, eigentlich nur wiederholen: Auch das zweite Nadir-Modell ist mit Blick auf die liebevollen Details von viel Herzblut geprägt und auch die Qualität ist auf absolut wettbewerbsfähigem Niveau. Wo findet man heute noch so ein tolles Gesamtpaket? Nadir bietet einfach viel GMT für’s Geld. Punkt.
Ein bisschen schade ist es vielleicht nur, dass die Vespera GMT nicht wie die Dreizeigervariante in derselben, in Polen gefertigten, super hochwertigen Eichenholzbox mit Magnetverschluss geliefert wird. Stattdessen gibt es eine Uhrenrolle, die Platz für bis zu drei Uhren bietet und die natürlich auf Reisen einen deutlich höheren Mehrwert bietet als eine Holzbox – und das passt logischerweise auch thematisch besser zu einer GMT-Uhr.
Die Vespera GMT ist ab sofort verfügbar bzw. kann sofort geliefert werden – kundenfreundlich ganz ohne Vorbestellerphase und ohne (Kickstarter-typisch) wochen- oder gar monatelange Warterei.




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