Taucher 1, Taucher 2, Taucher 2 GMT, Taucher LX & Co. – Stahl-Sport-Uhren und insbesondere sportliche Diver in verschiedensten Varianten sind zweifellos das Rückgrat der schwäbischen Microbrand HEINRICH. Von daher war ich durchaus etwas überrascht, als Wolfgang Heinrich mir bei unserem letzten Treffen eröffnete, dass es nun heißt schaffe, schaffe, schicke mache – Maßanzug statt Tauchanzug. Denn ehrlich gesagt hätte ich eher mit einem Taucher-Chrono oder dergleichen gerechnet und nicht mit einem Dresser.
Nun, ironischerweise ist die neue Radiance meiner Meinung nach die bisher beste Uhr von HEINRICH: Wolfgang hat keine „halben Sachen“ gemacht, schwäbischer Chic trifft auf Schweizer Herz: dank des Kalibers ETA Peseux 7001, ein ultraflaches Schweizer Handaufzugswerk, hat die Radiance Proportionen, die für eine Dresswatch perfekt sind. Besonders beeindruckt hat mich auch das Zifferblatt.



Eckdaten HEINRICH Radiance:
- Made in Germany
- Durchmesser: 38,5 mm
- Horn-zu-Horn 45,5 mm
- Höhe: 8 mm
- Material: Edelstahl, poliert und gebürstet
- Gehäuseboden: Verschraubt, mit Sichtfenster
- Wasserdichtigkeit: 10 atm / 100 m
- Kaliber ETA Peseux 7001 (Handaufzug), Gangreserve: ca. 42 Stunden, Genfer Streifen, Anzeige: Stunde, Minute, kleine Sekunde bei 6 Uhr
- Zifferblatt mit Sonnenschliff, Minuterie appliziert mit „Buzzsaw“-Muster, applizierte Stabindizes und Leuchtblöcke (BGW9)
- Edelstahlarmband mit Schnellwechselsystem und Schmetterlingsschließe, optional: Leder- und Kautschukband (gegen Aufpreis)
- Preis inkl. Edelstahlarmband (Vorbestellerpreis): 1149€, direkt über heinrich.watch
Schicker Schwabe: Die HEINRICH Radiance im Test
Insbesondere das Zifferblatt greift das Konzept der „Radiance“ (deutsch: Glanz) auf: Es verfügt über einen glänzenden Sonnenschliff und das Blatt ist in einzelne Sektoren unterteilt – ein Sektor für jede Stunde in konzentrischer Anordnung. Das soll laut Wolfgang an Uhren erinnern, die Uhrenfreunde als Sector Dials kennen. Sector Dials tauchten zunächst bei Taschenuhren und später natürlich auch bei Armbanduhren auf und erfreuten sich zunehmend großer Beliebtheit. Das „Who is Who“ der Schweizer Uhrenindustrie war bei diesem Trend mit am Start, darunter Longines, Omega, Rolex, Patek, Breguet und IWC. Ab den 50ern ebbte der Hype dann langsam wieder ab. Sektorenzifferblätter feierten ein Comeback, als Patek Philippe die Calatrava 5296 anno 2005 mit einem solchen ausstattete.
Okay, zugegeben: Etwas Fantasie benötigt man schon mit Blick auf die HEINRICH Radiance, um die Verbindung zu den historischen Sector Dials herzustellen. In jedem Fall entsteht auf dem Zifferblatt aber – je nach Lichteinfall – ein extrem attraktives, lebendiges Spiel aus Licht und Schatten, das dem Zifferblatt optische Tiefe verleiht.

Hier in unserem Review-Video kommt das lebendige Zifferblatt noch mal deutlicher rüber:
Einen designtechnischen „Schulterschluss“ zu den HEINRICH-Stahl-Sportuhren konnte sich Wolfgang Heinrich dann wohl aber doch nicht verkneifen: Der äußere Ring für die Minuterie kommt mit einem dezenten Buzzsaw-Muster, also unterschiedlich hohen, innerhalb einer Minute steigenden Balken, die zu den applizierten Stundenindizes hinführen und von weiter weg betrachtet an eine Kreissäge (engl. Buzzsaw) erinnern – nur eben deutlich dezenter bzw. kleiner als bei der HEINRICH Helicoprion „Buzzsaw“. Die applizierten Stundenindizes kommen dabei mit einem feinen Rillenmuster, das sich wunderbar mit dem Buzzsaw-Muster ergänzt. Darüber finden wir kleine applizierte Leuchtquadrate, die – genau wie die Zeiger – mit Super-LumiNova BGW9 gefüllt sind. Die Zeiger sind dabei spitz zulaufend bzw. Dauphine-förmig – und damit durch ihre Schnörkellosigkeit ein sinnvoller Gegenpol zum Buzzsaw-Muster.










HEINRICH bietet die Radiance in vier verschiedenen Zifferblattvarianten an. Mein persönlicher Favorit ist die orange Variante, gefolgt von der grünen – da wirken die Farben einfach nur richtig richtig genial. Die Zifferblätter springen einen förmlich an. Wer es deutlich dezenter mag, für den hält HEINRICH aber auch klassisches Blau sowie Silber bereit.




B
Standardmäßig wird die Radiance mit einem Edelstahlarmband mit Schnellwechselfederstegen und Schmetterlingsschließe ausgeliefert. Dass keine Schließe mit werkzeugfreier Feinjustierung zum Einsatz kommt ist einerseits schade, da ich solche Mechanismen liebe. Andererseits ist der Tragekomfort wegen der flachen Bauweise der Uhr ohnehin fast nicht zu toppen. Und zum flachen Gehäuse passt eben natürlich auch eine flache Schmetterlingsschließe deutlich besser – das ist einfach optisch ausgewogener.
Die Machart des Stahlbandes entspricht dem feingliedrigen Stil, den wir beispielsweise von der HEINRICH Taucher 1.1 und der Taucher 2 GMT kennen – ein Stil, der auch wunderbar zum dressigen Charakter der Radiance passt. Optional sind gegen Aufpreis auch zusätzlich Leder- und Kautschukbänder erhältlich. Ich finde die Radiance am Stahlband aber absolut perfekt, zumal auch der Tragekomfort tiptop ist, da sich das Band wunderbar ans Handgelenk schmiegt. Am Leder wirkt das Modell aber naturgemäß nochmal etwas „dressiger“.




Das Gehäuse der HEINRICH Radiance hat einen Durchmesser von 38,5 mm bei einer überdurchschnittlich flachen Bauhöhe von 8 mm und 45,5 mm Horn-zu-Horn bei dezent heruntergezogenen Hörnern. Und das Gehäuse ist nicht nur auf dem Papier flach, es wirkt auch am Handgelenk extrem flach. Spontan schoss mir auch der Vergleich mit Nomos Glashütte in den Sinn, die ja seit je her auf besonders flache Uhren setzen (und, dass Nomos lange Zeit dasselbe Kaliber wie nun HEINRICH verwendete, ist natürlich auch kein Zufall – gleich mehr dazu).

Der Gehäusedurchmesser ist gut gewählt, denn: Bei größeren Gehäusen über 40 mm würde das Hilfszifferblatt für die kleine Sekunde ungünstig wirken, da es zu nahe am Zentrum positioniert wäre (Form Follows Function lässt mit Blick auf das ETA Peseux 7001 grüßen – dazu gleich mehr).
Die vorrangig fein satinierten Flächen werden von einer polierten Fase und einer polierten Lünette durchbrochen. Das Gehäuse ist bis 10 bar / 10 atm wasserdicht bzw. zum Schwimmen geeignet und damit absolut alltagstauglich – keine Selbstverständlichkeit für eine designierte Dresswatch.




Die extrem flache Gehäusehöhe verdankt die Radiance übrigens dem Schweizer ETA Peseux 7001 Handaufzugskaliber…
ETA Peseux 7001: Schwäbischer Chic mit Schweizer Herz
Das 1923 von Charles Berner als Rohwerkhersteller gegründete Unternehmen Fabrique d’ébauches de Peseux erhielt seinen Namen von seiner gleichnamigen Heimatstadt im Schweizer Kanton Neuenburg. Nur 10 Jahre nach der Gründung wurde Peseux von der Ebauches SA übernommen, Peseux konnte jedoch weiterhin weitgehend unabhängig arbeiten.


Die Fabrique d’ébauches de Peseux wurde 1979 rechtlich aufgelöst und ihr Betrieb schließlich Teil der ETA SA Manufacture Horlogère Suisse. Wie das Valjoux 7750, das ETA 2824 und das ETA 2892 ist das 7001 ein weiteres bedeutendes Kaliber, das letztendlich in die Swatch Group-Familie integriert wurde.
Das Peseux 7001 wurde Anfang der 1970er Jahre erstmals vollständig ausgereift auf den Markt gebracht und erlangte schnell den Ruf besonders zuverlässig zu sein. Es handelt sich um ein mit 2,5 mm irre schlankes 10,5 Ligne-Uhrwerk mit 17 Steinen. Zum Vergleich: Eine 2€-Münze ist rund 2 mm hoch. Weiterhin sind eine Incabloc-Stoßsicherung, 42 Stunden Gangreserve und eine Frequenz von 21.600 Halbschwingungen (3 Hz) an Bord – letzteres ist hinsichtlich der schleichenden Sekunde kein nennenswerter Nachteil gegenüber 28.800 bph-Kalibern, da dies bei der kleinen Sekunde optisch nicht ins Gewicht fällt. Wer nicht an Vintage-Uhren gewöhnt ist, wird aber vielleicht überrascht sein, dass es keine Sekundenstoppfunktion gibt.
Apropos Vintage: Es handelt sich bei den Werken, die HEINRICH in der Radiance verbaut, nicht etwa um New Old Stock-Ware, sondern um Werke aus aktueller Produktion – denn: Nach 1985 wurde das Peseux 7001 von ETA ohne nennenswerte Änderungen bis 2004 produziert, die Produktion wurde dann 2011 wieder unter dem Namen ETA 7001 aufgenommen. „Landläufig“ wird das Kaliber daher auch ETA Peseux 7001 genannt.

Alles in allem gilt das Peseux 7001 als relativ einfach konstruiert, gleichzeitig aber auch als zuverlässiges Arbeitstier. Seine kompakte Größe und die geradlinige, aber dennoch robuste Konstruktion waren ausschlaggebend für seinen raschen Ruf als zuverlässig und anpassungsfähig.
Der Erfolg gibt dem Kaliber auf jeden Fall recht: Das 7001 wurde als Basiswerk von etlichen Herstellern verwendet, die „Rang und Namen“ haben, darunter von Omega als Kaliber 651 (De Ville-Reihe), Longines als Kaliber L396.2, Girard-Perregaux als Kaliber 100-840, Universal Genève-Kaliber als Kaliber UG28 und Eberhard & Co. als Kaliber 896-1. Für Nomos Glashütte war das Peseux 7001 ein Eckpfeiler der Wiederbelebung der Marke von 1991 bis 2005 und die Grundlage für die Modellreihen Tetra, Orion, Ludwig und Tangente.
Einige Quellen sprechen gar von über 2 Millionen hergestellten Stück des Peseux 7001.



Auch optisch ist das Werk grundsätzlich eher schlichterer Natur: Es gibt nur drei Brücken – eine für die Hemmung, eine für das Räderwerk und eine dritte für die Antriebsfeder und den Aufzugsmechanismus. In seiner Grundform ist das 7001 auch nicht nennenswert finissiert – scharfe Kanten bzw. keine Anglierung an den Brücken oder Beschichtung, keine Genfer Streifen. Bei der Radiance spendiert HEINRICH aber ein paar ansehnliche optische Hingucker, konkret eine Perlage, Genfer Streifen, gebläute Schrauben und eine HEINRICH-Gravur. Schön!



Abschließende Gedanken
Leser meines Blogs wissen, dass ich mich nur selten in Superlativen verliere. Bei der HEINRICH Radiance ist ein solcher aber durchaus angebracht: Das Modell ist nicht nur die beste HEINRICH, sondern eine meiner persönlichen bisherigen Highlights 2025. Das Zifferblatt ist wirklich der Wahnsinn.
Und auch das ETA Peseux 7001 ist eine goldrichtige Wahl: Automatikkaliber sind unbestreitbar ein Fortschritt, dabei gibt es doch aber so viele Gründe, eine Uhr zu lieben, die man selbst regelmäßig aufzieht: Eine flachere Bauweise (und damit auch flachere Gehäuse für Dresswatches wie die Radiance), weniger fehleranfällige Teile und kein rotierendes Gewicht, das die interessanten Details der Mechanik verdeckt. Hinzu kommt das (irrationale, aber wohltuende) Gefühl, die Uhr regelmäßig aufzuziehen. Wegen all dieser handfesten Vorteile habe ich mir vor einigen Jahren beispielsweise auch die Omega Speedmaster Professional Moonwatch bewusst in der Handaufzugsvariante gekauft. Davon mal abgesehen ist das ETA Peseux 7001 auch eine schöne Besonderheit im Meer der Sellita- und Miyota-Kaliber, die typischerweise von Microbrands und unabhängigen Herstellern eingesetzt werden. Preislich ist die Radiance auch nicht abgehoben: 1149€ sind im Vorverkauf fällig, danach erhöht sich der Preis um 50€.
Update: Die erste Charge der Radiance war ratzfatz vergriffen, was mich nicht allzu überrascht. Es gilt aber weiterhin der Vorbestellpreis bis 12.06 für die zweite Charge (weitere 60 Uhren), die im September 2025 ausgeliefert werden soll.
Hier geht es auch zum Video-Review der HEINRICH Radiance:



Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, freue ich mich über ein Like bei Facebook, Instagram, YouTube oder
Auch über WhatsApp kannst du immer auf dem neuesten Stand bleiben – jetzt abonnieren:

Darüber hinaus freue ich mich über Kommentare immer sehr (Kommentare werden in der Regel innerhalb kurzer Zeit geprüft und freigeschaltet). Vielen Dank!
Netter Bericht. Mir gefällt die Uhr leider weniger.
Zum einen finde ich den Schriftzug nebst Logo auf dem Zifferblatt immer noch störend und zum Stil der Uhr, mit den vielen Anlehnungen an die 70er, unpassend.
Ich hätte mir zunächst einen Sekundenzeiger gewünscht, ohne die designstörende Regelung mit der kl. Sekunde.
Zusätzlich bin ich kein Freund von Handaufzugskalibern. Erst recht nicht, wenn das Design nicht wirklich den Charme vergangener Zeiten aufweist.
Zum Thema Superlative ein kleiner augenzwinkernder Hinweis, denn offenbar war der Verfasser des Textes emotional sehr von der Uhr angezogen🤷♂️, Zitat,“Leser meines Blogs wissen, dass ich mir nur selten in Superlativen verliere.“ Zitat Ende. Wahrscheinlich war gemeint „…dass ich mich..“ 😉
Das es nicht immer nur teure Uhren gibt, die mir persönlich gefallen zeigt u.a. anderem die Christopher Ward mit der „The Twelve 40“ zu dumm, dass es dieses Modell nur in der Titan Ausführung mit dem Chronometer Kaliber gibt. Verstehe da einer die Hersteller🤦♂️
Zumindest hat man hier den Schriftzug weggelassen und das Zifferblatt nur mit dem Logo versehen, gut so!
Schade, dass die Uhr nicht zusagt. Geschmäcker sind verschieden – und genau das macht es als Hersteller so spannend (und unmöglich), jeden potenziellen Kunden zu verstehen. Danke dennoch für die Kritik. Vielleicht klappt es mit den nächsten Modellen. Auch ein augenzwinkernder Hinweis zu „u.a. anderem“ ist eigentlich doppelt gemoppelt 😉
Korrekt. Aber damit nicht eigentlich, sondern tatsächlich.
Vielleicht sind wir alle Sklaven der modernen Rechtschreibung „mit Hilfe“ von Apple & Co. im Rahmen der Autokorrektur😉😂,
Grüße
Danke für den Hinweis und deine Gedanken 🙂
Moin Mario, erst einmal chapeau für dieses schnelle und top recherchierte Review. Es kam praktisch zeitgleich mit Wolfgangs Newsletter über die Uhr. Sie ist absolut gelungen, hat ein tolles Zifferblatt und das Werk ist auch top. Meine Frau trägt es in der Nomos Tangente Expo 2000, die ich i. Ü. eher als klassischen Dresser bezeichnen würde. Die Radiance würde ich in der silbernen Version und am Lederband evtl. dazu zählen, aber die bunten Varianten würde ich sicherlich nicht zur Anendgaderobe wählen. Aber das ist doch auch egal, am Stahlband wirkt sie einfach am besten, einigen wir uns einfach auf dressige Sportuhr. Glückwunsch an Wolfgang, super Uhr und dazu mit einem top PLV.
LG Werner
Vielen Dank Werner! Ich hatte tatsächlich alles schon fast seit 2 Wochen fertig und musste nur noch veröffentlichen 🙂
Ich schätze Wolfgang wirklich sehr, aber bei einer Dresser bin ich noch nicht die Zielgruppe, Meine Anzüge werden nur mehr bei Beerdigungen getragen, Hochzeiten vermeide ich und sonst reicht die Hirschlederhose. Lg Thomas
Servus Thomas! Lieben Dank für Dein Feedback. Das ist ein sportlicher dresser 🙂 Der muss nicht zwingend zum Anzug getragen werden. Hirschlederhose geht auch. LG, Wolfgang