„Willst du eine „echte“ Sinn, musst du Guinand kaufen.“ย รber solche und รคhnliche Posts von Uhrenfans stolpert man hier und da bei der Recherche nach Guinand-Uhren. Der Grund: Uhrenpionier Helmut Sinn war nicht nur Grรผnder der gleichnamigen Frankfurter Spezialuhrenschmiede, sondern hat auch dem Traditionsunternehmen Guinand seinen Stempel aufgedrรผckt.ย Auf der anderen Seite liest man in รคlteren Foren-Diskussionen auch die eine oder andere kritische Stimme, dass Guinand „altbacken“ und – trotz Markengesicht Helmut Sinn – „farblos“ย sei.
Seit Ende 2015ย steht Guinand unter neuer Fรผhrung – und der neue Inhaber Matthiasย Klรผh bringt ordentlich frischen Wind rein, ohne dabei das Kredo von Helmut Sinn aus den Augen zu verlieren, nรคmlich „die beste Uhr, zum besten Preis“ zu verkaufen.
In diesem Artikel beleuchte ich daher die langjรคhrige Geschichte der Uhren-Marke Guinand und teste ausfรผhrlich ein Schรถpfung von „Guinand 2.0“: Den Guinand Sport-Chronograph 60.50-T2…
INHALT
- 1 Guinand Uhren – Geschichte
- 2 Guinand-Uhren und die รra des โeigensinnigen รberfliegersโ Helmut Sinn
- 3 Guinand-Uhren heute: Frankfurter Uhrenmarke mit Schweizer Tradition
- 4 Test des Sport-Chronographen Guinand 60.50-T2
- 5 Fazit, Einschรคtzung & Preis-Leistungs-Verhรคltnis zu Guinand-Uhren
- 6 Quo vadis, Guinand?
- 7 Die Alternative: Sinn 144 St Sa
Guinand Uhren – Geschichte
Rund 50% Wald und Gehรถlz, 42ย % Landwirtschaft und 5% Siedlungsgebiet. 1000 Einwohner. Was nach Kaff Dorfidylleย klingt, ist es auch: Die Gemeindeย Les Brenets in der Schweiz, nur wenige Kilometer von der franzรถsischen Grenze entfernt. Mit Blick auf die Uhrengeschichte sollte man das Dรถrfchen aber nicht unterschรคtzen – dass ein Ort nicht unbedingt groร sein muss, um Erfolgsgeschichte zu schreiben, zeigt die Stadt Glashรผtte in Sachsen, die man auch nicht grade als Metropole bezeichnen kann.
Ende des 18. Jahrhunderts begann in Les Brenets die Industrialisierung mit der Einfรผhrung der Uhrmacherei – insbesondere viele franzรถsische Uhrmacher siedelten sich dort wรคhrend der franzรถsischen Revolution an.ย Soย hat inย Les Brenets auchย heute noch die Uhrenherstellung und dieย Feinmechanikย groรeย Bedeutung. Der Uhrenhersteller Baume & Mercier beispielweise produziert nach wie vor ausschlieรlich in Les Brenets. Schaut man noch weiter in die Umgebung des Schweizer Bezirkes Le Locle, so stellt man schnell fest, dass viele anderen groรe Uhrenmarken ihren Ursprung im Herzen des Jura-Gebirges haben, darunterย Zenith, Ulysse Nardinย und Tissot.
Alles in allem bot das beschauliche Dรถrfchen auch fรผr die Brรผderย Julien-Alcide und Charles-Lรฉon Guinand perfekte Rahmenbedingungen, um im Jahre 1865 den Grundstein fรผr das heutige Unternehmen zu legen: Die Firmaย Guinand Frรจres (โBrรผder Guinandโ) entstand. Absatzmรคrkte waren v.a. Frankreich, England, Deutschland, Skandinavien und Amerika.
Gleichzeitig war man aber auch abhรคngig von diesen Absatzmรคrkten. Dadurch kam es, dass mit der Wirtschaftskrise in den USA und der Insolvenz eines der Hauptkunden, Guinand in die Krise schlitterte. Einer der Brรผder, Julien-Alcide Guinand, warf daraufhin das Handtuch und stieg aus dem gemeinsamen Geschรคft aus – der Handel mit Grundnahrungsmitteln,ย Seife, Waschmittel, Petroleum und anderemย Haushaltsbedarfย erschien ihm offensichtlich als krisenfester. Der andere Bruder, der talentierte Uhrmacher Lรฉon Guinand,ย wollte aber nicht so schnell aufgeben und fรผhrte das Geschรคft weiter.
Lรฉons Idee: Nicht nur ein reiner Uhrenhandel, sondern die Entwicklung eines eigenenย Taschen-Chronographen mit Handaufzug, der ab 1881 die ersten Kunden fand. Es folgten weitere Entwicklungen wie ein Chronograph mit Tachymeter-Skala zur Geschwindigkeitsbestimmung sowieย einenย Rattrapante-Chronograph, bei dem Guinand der absolute Vorreiter war.ย Eine Rattrapante-Funktion startet รผber einen separatenย Drรผcker einen zweitenย Sekundenzeiger (Schleppzeiger), der mit dem Chronographen-Sekundenzeiger synchronisiert und so โmitgeschlepptโ wird. Zum Stoppen einer Zwischenzeit kann diese Synchronisation unterbrochen werden – der Schleppzeiger zeigt dann die Zwischenzeit an, wรคhrend der zweite Sekundenzeiger weiterlรคuft.
Das gute Technik aus dem Hause Guinand kommt, sprach sich schnell herum:ย Guinand belieferte sogarย die franzรถsische und italienische Regierung sowie die britischeย Royal Navy mit Chronographen. Der Preis fรผr einen Chronographen damals: รber 200 US-Dollar, was unter Berรผcksichtigung von Inflation natรผrlich kein Pappenstiel fรผr die meistenย Otto Normal Kunden war.
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Recht frรผh erkannte man bei Guinand auch den Trend hin zuย Armbandchronographen, welcheย allmรคhlich die Taschen-Chronographen ersetzten. Guinand stellte die Produktion entsprechend darauf ein…
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Auf Basis vonย Lรฉons Ideen und Erfolgen bestand Guinand viele weitere Jahrzehnte als Familienunternehmen. Auchย nach dem zweiten Weltkrieg war der Unternehmergeist der Familie Guinand ungebrochen. Dankย derย Spezialisierung auf komplizierte Chronographen รผberstand Guinand sogar das groรe Markensterben in der Schweiz Ende der 1970er-Jahre (Quarzkrise).
Hier noch die Firmierungen und beteiligten Familienmitglieder von Guinand bis 1945 in der รbersicht (zum Vergrรถรern bitte klicken):
Guinand-Uhren und die รra des โeigensinnigen รberfliegersโ Helmut Sinn
โDer eigensinnige รberfliegerโ titelt die Frankfurter Neue Presse und portrรคtiert den mittlerweileย 100ย Jahreย altenย Helmut Sinn, der so einige spannende Geschichten aus seinem Leben erzรคhlen kann. Der Rallyefahrer,ย Blindfluglehrer und Pilotย grรผndete 1961 in Frankfurt am Main die Firma โHelmut Sinn Spezialuhrenโ, um selbst Fliegeruhren mit einem guten Preis-Leistungs-Verhรคltnis zu produzieren. ย In Fachkreisen gilt „der schnelle Helmut“ auch als Wegbereiter fรผr mechanische Fliegeruhren mit einem hohen Wiedererkennungswert, die er selbst entwickelte.
Im Jahre 1994 verkauft Helmut Sinn seine Firma an Lothar Schmidt.ย Helmut Sinn wollte weiter beratend tรคtig sein, doch es kam zum Streit mit dem neuen Eigentรผmer: Helmut Sinn verlor den darauffolgenden Gerichtsprozess und bekam sogar Hausverbot.ย
Helmut Sinn lieร sich aber nicht unterkriegen: Nicht mal zwei Jahre nach dem Verkauf seiner Firma packte ihn, mittlerweile Ende 70, doch noch mal die Lust einen Fuรabdruck in der Uhrengeschichte zu hinterlassen: 1995 รผbernahm er die Aktienmehrheit der Guinand S.A. von der Familie Guinand und verlegte spรคter den Geschรคftsbetrieb nach Frankfurt. Das Ziel dabei war klar:ย wieder Uhrenย zu bauen und zu verkaufen, die ganz im Zeichen seines Mottos stehen:
optimal ablesbar, hochwertig und bezahlbar
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Die Verbindung von Helmut Sinn zu Guinand war dabei nicht zufรคllig:ย Bis Mitte der 1990er-Jahre fertigte derย Geschรคftspartner Guinand einen groรen Teil der Sinn-Uhren. Insgesamt bestand die Geschรคftsbeziehung zwischen Sinn und Guinand seit 1960, also fรผr rund 35 Jahre.
In den Jahren nach der รbernahme von Guinand konzentrierte sich Helmut Sinn voll auf das Markenportfolio, das neben Guinand auch Chronosport und Jubilar-Taschenuhren umfasste – die Auftragsfertigung fรผr andere Uhrenmarken wurde daher komplett eingestellt.
Im Jahre 2014 ist die Marke Guinand allerdingsย beinahe von der Uhren-Landkarte verschwunden: Nicht nur Helmut Sinn machte nun endgรผltig aus Altersgrรผnden nicht mehr weiter, sondern auch die sonstigen Gesellschafter. Per Zufall erfuhr der jetzige Inhaberย Matthias Klรผh von der Lage. Herr Klรผh, als gebรผrtiger Frankfurter eng mit der Region verbunden und in den 80ern selbst begeisterter Sammler von Sinn-Uhren, musste allerdings feststellen, dass zu dem Zeitpunkt der Geschรคftsbetrieb schon fast komplett aufgelรถst war: auรer Kundenkartei, Konstruktionsunterlagen, Uhrenteilen und Markenname war nicht mehr viel รผbrig. Ein Neustart war also unabdingbar.
ย โEin 150 Jahre altes Start-upโ
hat Herr Klรผh das Projekt Guinand daher auch genannt…
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Guinand-Uhren heute: Frankfurter Uhrenmarke mit Schweizer Tradition
Bisher werden bei Guinand eher kleine Brรถtchen gebacken: In geringen Stรผckzahlen von Uhrmachermeistern zusammengebaut, werden die Modelle ausschlieรlich per Direktvertrieb im Werkverkauf oder per Online-Shopย in die ganze Welt verkauft. Konsequenterweiseย zielt Guinand daher auf Uhrenfreunde ab, die zwar Wert auf eine hochwertige Armbanduhr legen, aber nichtย das „Preisschild“ in Form eines klangvollen Markennamens Gassi tragen wollen. Denn: So spannendย die Geschichte von Guinand auch ist – die Familie Guinand konnte schlicht keineย nachhaltigeย Markenbekanntheit auf einer breiten Basis aufbauen, da das Unternehmen in der Vergangenheit auf die Auftragsfertigung fรผr andere Marken spezialisiert war (darunter, wie gesagt, auch die Firma SINN).
Ein von Uhrenfans oft kritisierter Punkt war die alte Guinand-Website sowie der altbackene Verkaufsraum.ย In beides wurde zum Glรผck investiert:ย Verkaufsraum wie Website sind erfrischend aufgerรคumt. Ein nettes Gimmick auf der Website ist auch die 360ยฐ-Funktion, welche allerdings bisher nicht fรผr alle Modelle zur Verfรผgung steht. Ein weiterer Pluspunkt: Gott sei dank verschont Guinand den Kunden von den gefรผhlt immer weiter um sich greifenden Bildern, die zu 100% von einer PC-Software ausgespuckt werden und kaum realistische Eindrรผcke von einem Modell vermitteln.ย Ein Manko auf der Website ist allerdings, dassย man die (vielfรคltig vorhandenen) Armband-Variantenย nicht interaktiv an die Uhr „kleben“ kann, um die Gesamtoptik zu bewerten.
Alles in allem habe ich nach einigen persรถnlichen Gesprรคchen mit Herr Klรผh deutlich gemerkt, dass in Frankfurt-Rรถdelheim mit viel Herzblut und Engagement daran gearbeitet wird, auf Basis einer spannenden Markenhistorie etwas Nachhaltiges aufzubauen.
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Test des Sport-Chronographen Guinand 60.50-T2
Nun also zum versprochenen Test des Guinand Sport-Chronographen 60.50-T2 (orange Zeiger) in der Konfiguration mit Chronissimo-Lederband und Edelstahl-Faltschlieรe. Guinand bewirbt das Modell so:
Die Serie 60.50 basiert auf dem revolutionรคren Design der 70iger Jahre – schmucklos, robust und perfekt ablesbar. Piloten und Rennfahrer wussten und wissen diese Uhr zu schรคtzen, denn diese Uhr beschrรคnkt sich auf das Wesentliche โ Uhrzeit und Stoppfunktion.
Gehรคuse
Rundgelutscht – das war mein erster Gedanke, als ich das Gehรคuse nรคher betrachtete. Und das ist รผberhaupt nicht negativ gemeint: Die sehr weiche und abgerundete Optik und Haptikย passt sehr gut zu der ungewรถhnlichen Gehรคuseform und hebt sich merkbar von anderen Gehรคusen ab, die bewussteย „Ecken und Kanten“ haben. รbrigens: Die Gehรคuse von Guinand werden in Deutschlandย entwickelt, konstruiert und gefertigt.
Der nominelle Durchmesser des Chronographen 60.50-T2 betrรคgt schlanke 40,5mm, was tendentiell eher Leute mit kleineren Handgelenken ansprechen dรผrfte. Aber auch Freunde groรer Uhren am Handgelenk werden schnell feststellen, dass die Uhr mit ihren immerhin 15mmย rechtย hoch baut und dadurch deutlich massiger am Arm wirkt:
Einziges kleineres Manko beim Gehรคuse sind die Gravuren auf dem Gehรคuseboden (um den Glasboden herum): Diese werden vor der Satinierung durchgefรผhrt, deshalb erscheinen die Rรคnder nicht ganz prรคzise verarbeitet.
Dafรผr ist die Dekoration des Rotors mit dem Guinand-Logo und dem Grรผndungsjahr sehr gelungen:
Eine echte Ansage ist die sehr gute Wasserdichtigkeit von 20bar (geeignet fรผr Tauchgรคnge mit Ausrรผstung). Dass das keine Selbstverstรคndlichkeit ist, zeigt der Blick auf diverse Chronographen der Konkurrenz, die oftmals nicht รผber 10bar hinauskommen.
Was die Firma SINN in der Kommunikation hervorhebt, ist bei Guinand Standard: In Frankfurt wird jede Uhr vor der Auslieferung bei- 0,7 bar (entspricht ca. 9000m รผber Meeresgrund) auf Unterdrucksicherheit geprรผft, was auch im beiliegenden Qualitรคtssicherungsprotokoll festgehalten wird.
Bei der allgemeinen Qualitรคtskontrolle und bei Revisionen betrรคgt der Testwert sogar -0,8 bar (zyklisch, entspricht ca. 12000m รผber Meeresgrund) ย im Wechsel zu 10 bar รberdruck. Das verbaute Saphirglas des Chronographen 60.50 istย hierzu 1,6 mm dick, damitย genรผgend Flรคche fรผr den Sitz des Glases bei Unterdruck besteht.
Hier noch alle Eckdaten zum Gehรคuse in der รbersicht:
- Gehรคuse aus Edelstahl, satiniert
- Glas aus planem Saphirglas, innen entspiegelt
- Boden geschraubt mit Saphirglas
- Krone verschraubt, doppelt abgedichtet
- geschรผtzte Chronographen-Drรผcker
- Wasserdichtigkeit/Druckfestigkeit: 20 bar
Maรe und Gewicht:
- Gehรคusedurchmesser: 40,5 mm
- Bandanstoรbreite: 20 mm
- Gesamthรถhe in Mitte der Uhr: 14,9 mm
- Gewicht ohne Band: 86 Gramm
Ziffernblatt und Zeiger
Perfekt ablesbar ist der Leitgedanke fรผr dieses Modell – und das kann ich auch so unterschreiben: Das Ziffernblatt wirkt aufgerรคumt und stimmig, das Ablesen der Uhrzeitย ist jederzeit problemlos mรถglich. Das liegt u.a. an dem Verzicht auf Schriftzรผge wie „Automatik“ und auf – nรผchtern betrachtet – unnรถtige Designelemente wie z.B. die exorbitante „12“ beim Longines HydroConquest Chronographen.
Das Ziffernblatt ist auรerdem galvanisiert und dadurch UV-bestรคndig, was auch den hรถheren Preis gegenรผber der Grundvariante 60.50-T erklรคrt.
Deutsch ist eine schรถne Sprache! Daher finde ich es auch gut, dass dieย Wochentagsanzeige (MON, DIE …) in Deutsch gehalten ist. Auch derย Schriftzug Hergestellt in Deutschland statt des รผblichen Made in Germany macht klar, wo der Hauptanteil der Wertschรถpfung geleistet wird.
Gut verarbeitet sind auch die Zeiger: besonders genial finde ich das Orange, das schon neonfarben anmutet:
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Auch die Ablesbarkeit bei Nacht ist top – hier gibt es nichts zu Meckern:
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Werk, Drรผcker und Krone
Stunde, Minute, Sekunde,ย 30-Minuten- und 12-Stundenzรคhler,ย Datumsanzeige,ย Wochentaganzeige – so weit, so normal fรผr einen Chronographen. Was aber direkt auffรคllt: ย Die geschรผtzten Chronographen-Drรผcker des 60.50-T2 schalten sehr knackig – knackiger als bei dem von mir getesten Longines HydroConquest Chronographen, der in einer รคhnlichen Preisliga spielt.
Tollย sind die transparenten Angaben zum Werk auf der Seite von Guinand. Dass das keine Selbstverstรคndlichkeit ist, zeigen z.B. die sehr spรคrlichen Informationen bei TAG Heuer, wo nicht mal das Basis-Kaliber genannt wird. Dieses wird nur mit dem hauseigenen Namen Calibre 16 verschleiert (letztendlich handelt es sich aber auch um ein ETA 7750, was natรผrlich eher unsexy klingt).
Das im Guinand Chronograph 60.50-T2 verbaute ETA Valjoux 7750 Automatikwerk gilt in der Uhrenwelt als zuverlรคssiger Traktor unter den Chronographen-Werken. Guinand punktet zusรคtzlich mit einer hervorragenden Ganggenauigkeit von +2 Sekunden pro Tag, was neben weiterenย Qualitรคtssicherungskriterien wie Wasserdichtigkeit oder Staubeinschluss in einem Prรผfprotokoll dokumentiert und dem Kunden mitgesendet wird.
Wer das Werk noch weiter pimpen will, kann sich fรผr einen Aufpreis von 95โฌ eineย Glucydur-Unruhย einbauen lassen. Der Vorteil: Die Glucydur-Unruh reagiert nicht so stark auf Temperaturschwankungen und Magnetfelder wie eine Nickelunruh. Ganggenauigkeits-Fans werden an diesem Upgrade also sicher ihre Freude haben.
- 25 Rubinlagersteine
- 28.800 Halbschwingungen pro Stunde
- Schweizer Ankergang
- Sekundenstopp
- stoรsicher nach DIN 8308
- antimagnetisch nach DIN 8309
- Werkdurchmesser 13 1/4″“ (30,4 mm)
- Incabloc-Stoรsicherung
- einseitig wirkender automatischer Aufzug, kugelgelagerter Rotor, Schwungmasse aus Schwermetall
- Gangreserve ca. 40 Stunden
- Werk dekoriert, geblรคute Schrauben, Rotor mit Guinand-Gravur
- Rรผckersystem ETACHRON und Rรผckerkorrektor
Armband und Schlieรe
Fรผr den Guinand Sportchronographen wรคhlte ich die Konfiguration mit Faltschlieรe (+45โฌ) und das Chronissimo-Armband (+23โฌ). Alles in allem ist die Auswahl auf der Website von Guinand sehr umfangreich: Neben den diversen (Standard-)Farben gibt es z.B. auch Varianten mit Kroko-Prรคgung, rustikale Armbรคnder etc. Das Chronissimo-Band hat mir aber mit Abstand am besten gefallen und ich wurde nicht enttรคuscht: Das Band ist hochwertig verarbeitet, weich und integriert sich perfekt in die ungewรถhnliche Gehรคuseform. Dadurch bleibt man von Lรผcken zwischen Bandanstoร und Gehรคuse verschont, das Gesamtbild wirkt stimmiger.
Die Faltschlieรe ist stabil und tut was sie soll. Prรคdikat: Gut, aber nicht รผberragend.
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Box und Inhalt
Der Chronographย 60.50-T2ย kommt in einer schicken Aluminium-Box.ย Das bereits erwรคhnte handgeschriebene Mess- bzw. Qualitรคtssicherungs-Protokoll unterstreicht auรerdem, dass die Guinand-Uhren keine Massenware sind und jede einzelne intensiv geprรผft wird.
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Fazit, Einschรคtzung & Preis-Leistungs-Verhรคltnis zu Guinand-Uhren
Der hier getestete Guinand Sport-Chronograph 60.50-T2 in der Konfiguration mit Chronissimo-Lederband und Edelstahl-Faltschlieรe schlรคgt mit insgesamt 1458โฌ zu Buche. Der Grundpreis des Modells betrรคgt 1390โฌ, die Faltschlieรe (45โฌ) und das Chronissimo-Armband (23โฌ) sind aufpreispflichtig.
Berรผcksichtigt man die sicherlich deutlich geringeren Stรผckzahlen im Vergleich zu vielen anderen Herstellern, sind die Preise der Modelleย von Guinand durchaus mit Augenmaร kalkuliert (der Marketing-Geek verweist hier auf Skaleneffekte). Durch den Direktvertrieb findet auch keine Verwรคsserung der Preise statt – Rabatte jenseits der 20% sind bei vielen Uhrenmarken ja Gang und Gรคbe, was berechtigte Zweifel an einem sinnvoll gesetzten UVP aufkommen lรคsst.
Das Preis-Leistungs-Verhรคltnis ist in der Summe gut: Insbesondere sind hier die sehr gute und weiche Gehรคuseverarbeitung, die ins Auge stechenden orangenen Zeiger und das top einregulierte Automatikwerk inkl. knackig schaltender Drรผcker hervorzuheben.
Kleinere Schwรคchen erlaubt sich der Guinand Sportchronograph 60.50-T2 nur bei der Gehรคuseboden-Gravur und bei der Faltschlieรe (einfache Lรถsung: Die Dornschlieรe nehmen). Darรผber hinaus muss dem Kaufinteressierten natรผrlich bewusst sein, dass man mit der Marke Guinand keine groรen Aha-Effekte erwarten darf, wenn man sich รผber den Handgelenk-Schmuck Nr. 1 austauscht – dafรผr ist dieย Markenbekanntheitย von Guinand einfach nicht ausgeprรคgt genug. Unter Uhrenfreaks und Sinn-Fans wird das Interesse an der Wiederauferstehung der Marke Guinand aber umso grรถรer sein – und vor dem Hintergrund der sehr langen Historie gibt es auch genug zu erzรคhlen. Kurzum: Mit Guinand kauft man Understatement pur.
Quo vadis, Guinand?
Meine Meinung dazu, ob Guinand auf dem richtigen Weg ist, mรถchte ich euch natรผrlich auch nicht vorenthalten.
Wรคhrend sich andere Uhrenmarke fรผr viele Millionen teure Markengesichter anlachen, die ihre Uhren auf dem roten Teppich oder in sonstigen Glamour-Welten in die Kamera halten, hat Guinand derzeit noch vรถllig gratis einen nicht zu verachtenden „Sinn-Bonus„: Bodenstรคndig, sympathisch, ein bisschen sportlich und vor allem ohne Star-Allรผren. Mit Blick in diverse Foren funktioniert das bisher tadellosย – der Vertrauensvorschuss der Fangemeinde ist offenbar nicht unwesentlich.
Das ist gleichzeitig Chance wie Risiko: Auf der einenย Seite bieten dieย Sinn’schen Gene natรผrlich eine perfekte Ausgangsbasis fรผr den neuen Inhaber, um eine nachhaltige Markenidentitรคt zu schaffen. Auf der anderen Seite aber, muss die Markenpositionierung von Guinand wohl oder รผbel irgendwann auch ohne den Bezug zu Helmut Sinn funktionieren.
Ich bin guter Dinge, dass Herr Klรผh das gelingt und werde die Entwicklung von Guinand gerne weiter verfolgen.ย Denn: Die Abgrenzung von der Marke SINN kann meiner Meinung nach auch langfristig funktionieren. Wรคhrend sich SINNย zunehmend deutlich Richtung technologischer Vorzรผge positioniertย und das entsprechend kommuniziert (z.B. „SINN als Ausrรผster derย Kommando Spezialkrรคfte (KSK) der Marine„), besinnt sich Guinand aufย die Vorzรผge, die die Uhrenmarke SINN einst unter der Federfรผhrung von Helmut Sinn groร gemacht haben: Kein Schicki-Micki, kein Schnick-Schnack, fair bepreist.
Dass Guinands Weg genau der richtige ist, unterstreicht der Erfolg des limitierten Guinand Chronographen HS100, der im September 2016 zum 100. Geburtstag von Helmut Sinn aufgelegt wurde: Das auf 100 Stรผck limitierte Modell mit sportlichen Akzenten war innerhalb kรผrzester Zeit ausverkauft – ein durchaus beachtlicher Erfolg. Gut finde ich auch, dass die limitierte Aktion nicht „verwรคssert“ wird, indem aufgrund des Erfolges einfach noch weitere Uhren bzw. sehr รคhnlich aussehende Modelle nachgeschoben werden.
Bevor es an die Alternative zur Guinand 60.50-T2 geht, hier noch einige Wristshots:
Die Alternative: Sinn 144 St Sa
Auch beim Chronographen SINN 144 St Sa ist das Sinn’sche Uhrendesign unverkennbar. Genau wie der hier getestete Guinand Chronograph 60.50-T2 lรคuft auch das Modell Sinn 144 St Sa unter dem Titel Sportchronograph. Bei einem Vergleich der beiden Modelle braucht man definitiv nicht zwei mal hinschauen, um die รhnlichkeiten zu erkennen:
Datums-/Wochentagsanzeige, Chronographendrรผcker und Krone, das in das Gehรคuse integrierte Lederarmband, die Gehรคuseform, Zeiger und Ziffernblatt sehen sich verdammt รคhnlich. Auffรคlligster Unterschied sind noch die Stunden-Ziffern bei der Guinand 60.50-T2 – bei der Sinn 144 St Sa finden sich hier nur Strichindizes.ย Dass die รhnlichkeit aufgrund der gemeinsamen Historie mit Helmut Sinn kein Zufall ist, dรผrfte klar sein.
Preislich muss man die SINNย 144 St Sa allerdingsย mit der Guinand 60.50-T (ohne farbigen Sekundenzeiger) vergleichen, da beide Modelleย kein galvanisiertes Ziffernblattย haben: Die Guinand 60.50-T ist immerhinย รผber 400โฌ gรผnstigerย als die Sinn 144 St Sa, welche 1720โฌ am Lederband (ohne Extras) kostet.
SINN setzt in den letzten Jahren verstรคrktย darauf, die technischen Vorzรผge und die Robustheit der Modelle hervorzuheben. So ist auch fรผr das angebotene Modell Sinn 144 St Sa z.B. die sogenannteย Ar-Trockenhaltetechnik aufpreispflichtig zubuchbar (160โฌ). Hierdurch soll der Alterungsprozess im Inneren der Uhr reduziert werden. SINNย schreibt:
Die Ar-Trockenhaltetechnik lรถst ein grundsรคtzliches Problem mechanischer Uhren: die Alterung der รle auf Grund von enthaltener und/oder nachdiffundierender Luftfeuchtigkeit im Inneren der Uhr. Mit Hilfe der drei Elemente der Ar-Trockenhaltetechnik (Trockenkapsel, EDR-Dichtungen, Schutzgasfรผllung) wird das Uhrwerk in einer nahezu trockenen Atmosphรคre gelagert. Alterungsprozesse und Anlaufen des Deckglases bei Kรคlteschocks werden verhindert, Funktionssicherheit und Ganggenauigkeit bleiben lรคnger erhalten.
Klingt soweit natรผrlich durchaus sinnvoll. Der Nachteil: Eine spรคtere Revision verteuert sich, da die kleinen mit Kupfersulfat gefรผllten Gaskapseln in der Uhr mit ersetzt werden mรผssen. Der Nutzen solcher und anderer Sinn-Gimmicks wird auรerdem heiร unter eingefleischten SINN-Fansย diskutiert. Der Tenor wird allerdings von einem Nutzer im SINN-Uhrenforum auf den Punkt gebracht:
Fรผr SINN ist der Mehrwert wohl am grรถรten. Langfristige Kundenbindung […], hรถhere Wertschรถpfung beim Service etc.
Abschlieรend lasse ich noch den Marketing-Geek raushรคngen: De facto will sich SINN natรผrlich mit diesen Technologien ein Alleinstellungsmerkmal schaffen. Das ist aus Marketing-Sicht unabdingbar: Ein Alleinstellungsmerkmal sorgt z.B. dafรผr, dass ein Hersteller einen hรถheren Preis aufrufen kann, indem die Abgrenzung vom Wettbewerb klar erkennbar wird. Offenbar kommt der Nutzen der SINN-Gimmicks allerdings nicht bei allen an – verstรคndlich, denn schlieรlich werden die wenigsten Endkunden in ihrer Freizeit den Uhren alles an Robustheit abverlangen, wie das z.B. Berufs-Taucher oder Soldaten tun.
Alles in allem ist aber sicherlichย sowohl fรผr das Konzept von Guinand, als auch fรผr das Konzept von SINN Platz am Uhrenmarkt…
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Danke Mario fรผr den Test.
Was fรผr eine traurige Geschichte! Der vorliegende Test stammt aus dem Jahr 2016. Tatsรคchlich sind bereits sieben Jahre vergangen (wir schreiben jetzt das Jahr 2023). Aber dieser Zeitablauf hรคtte das Aussehen dieses Chronographen nicht beeinflussen dรผrfen, zumal die Verรคnderungen die sichtbare und unauffรคllige รsthetik betrafen, die damals die glรผcklichen Kรคufer erfreuten. Ich spreche insbesondere vom Sekundenzeiger, der nun schwarz statt des sehr hรผbschen Orange ist, und den drei Totalisatoren, die ebenfalls von grau auf schwarz umgestellt wurden. So ist der hรผbsche kleine Kontrast des alten Zifferblatts vรถllig verschwunden, um einem schwarzen Zifferblatt Platz zu machen. Ein ausschlieรlich schwarzes Zifferblatt, also gewรถhnlich, eintรถnig, traurig und geschmacklos. Schade Herr Klรผh, sehr schade. Vielleicht wird unser Herr Mario bei einem nรคchsten Treffen mit Herrn Klรผh diese Beobachtungen, die ich persรถnlich sehr treffend finde, an ihn weiterleiten. Mit herzlichen Grรผรen, Eugen
Die 60.50T2 wird auch weiterhin genau so angeboten, wie im Artikel dargestellt und fotografisch festgehalten. Deshalb ist mir ihr reiรerisch formulierter Kommentar ein Rรคtsel …
Sehr schรถner Artikel, wรผrde mir wรผnschen Guinand wรผrde sowohl die Modelle, als auch Ihre Historie (mit dem wenigen an Originaldokumentation und Personen die รผbrig geblieben sind) umfassender darstellen. Ein Buch? Ausschnitte im Web? Weil eigentlich wirken sie recht anonym, und minderwertiger als manche Microbrand im Netz, dabei verhรคlt es sich genau gegenteilig.
Nach einer Guinand Piloten Uhr ist die 60.50T, die zweite Uhr, die ich je vom Gleichen Hersteller neu erworben habe. Die Honeymoon periode wurde allerdings jรคh unterbrochen durch einen menschlich hervorgerufenen Defekt. Fรผrsorglicher Service hat dies behoben und nun kann es weitergehen. In Zukunft wird sie sich Ihren Platz gegen die SKX009 erkรคmpfen mรผssen, auf dem Schlachtfeld der Reisen die in den nรคchsten Jahren anstehen, mit Staub, Regen, Hitze, Bรคder auch im Meer, Sport, … Ich hoffe das VJ ist so gut, wie alle sagen. Einem Chronographen wรผrde ich das sonst nicht zumuten, ausser es handelt sich um einen seelenlosen, รถkologisch verwerflichen Apparat.
Ein sehr interessanter Bericht รผber GUINAND. „Chapeau“ ๐
Ein kleiner Kritikpunkt ist mir allerdings missfallen!
Sie bemรคngeln die Faltschlieรe am Lederband der 60.50-T2 mit dem Zitat: Die Faltschlieรe ist stabil und tut was sie soll. Prรคdikat: Gut, aber nicht รผberragend.
Was ist denn bei dieser Faltschlieรe Ihrer Meinung nach nicht „รผberragend“???
Ich trage genau diese an meiner GUINAND HS 100 und bin sehr zufrieden mit der auรerordentlich guten Verarbeitung und der Handhabung. Als Uhrensammler bin ich im Besitz von einigen hochwertigen Uhren und selbst Breitling kann sich an der gebotenen Qualitรคt der Faltschlieรe eine Scheibe abschneiden. Aufgrund dessen kann ich Ihre Kritik in keinster Weise nachvollziehen. Wer baut denn dann Ihrer Meinung nach „noch“ bessere Faltschlieรen???
Die Marke GUINAND zeigt einmal mehr das hochwertige Uhren nicht automatisch teuer sein mรผssen.
Bei den meisten Schweizer Uhrenmanufakturen bezahlt man am Ende in der Hauptsache doch nur den Namen!!!
Dem Uhrenliebhaber dem nur die Marke wichtig ist, ist im Grunde kein Liebhaber sondern meist ein โAngeberโ!
Hallo!
Vielen Dank fรผr Ihren Kommentar und die Kritik.
Guinand-Uhren sind auf jeden Fall ein Geheimtipp und insbesondere auch die HS100 gefรคllt mir sehr gut.
Allerdings bleibe ich aufgrund meiner Erfahrungen bei meiner persรถnlichen Meinung bezรผglich der Faltschlieรe: Fรผr das Preissegment geht die Qualitรคt in Ordnung, ich habe aber definitiv schon bessere gesehen, z.B. die Faltschlieรe der aktuellen Breitling Colt und die Faltschlieรe der TAG Heuer Black Phantom (z.B. etwas massivere Haptik, bessere Druckpunkte, feinere/aufwendigere Logo-Prรคgung).
Nichtsdestotrotz hat sich der Guinand Chronograph 60.50-T2 im Test das Prรคdikat „empfehlenswert“ natรผrlich absolut verdient.
Viele Grรผรe
Mario
Danke fรผr die aufschlussreichen Infos. Ich bin kein Sinn Fan, aber war immer mal am schauen in deren Sortiment. Fรผr mich ist das somit sehr Interessant und macht mich Neugierig. Ich finde Microbrands sehr attraktiv weil Sie eben nicht die Masse bedienen. Sprรถsslinge mit Understatement wie dieser oder zB. auch Ennebi ( Panerai) sind fรผr mich Perfekt. Uhren die noch nicht mit rein Kommerziellen Gedanken entstehen, sondern noch die Leidenschaft zur Technik aufzeigen.
VG Steven