Technische Besonderheiten wie ein peripherer Aufzugsrotor und extrem ungewöhnliche Materialien wie beispielsweise ein Gehäuse (!) aus Saphirglas – die 2016 von Claudio D’Amore ins Leben gerufene Schweizer Uhrenmarke CODE41 mit Sitz im Schweizer Lausanne verfolgt nun schon seit vielen Jahren stringent einen Weg des hochmodernen Designs und spezieller Technik. Dass CODE41 irgendwann auch mal ein Tourbillon-Modell lanciert, war vor diesem Hintergrund eigentlich nur eine Frage der Zeit. Nun, im April 2023, ist es tatsächlich soweit – und innerhalb von nur drei Tagen sind bereits Vorbestellungen im Gesamtwert von 2 Millionen CHF zusammengekommen…
- Gehäuse-Material: Titan Grade 5
- Saphirglas auf Vorder- und Rückseite, Antireflexbeschichtung
- Tourbillon-Kaliber, Handaufzug, 19 Juwelen, 141 Komponenten, Frequenz: 3hz (21.600 Schwingungen/Stunde), Genauigkeit -5/+5 Sekunden pro Tag, Gangreserve 105 Stunden, Incabloc-Stoßsicherung, Reglage in 5 Positionen
- Anzeige: Stunden/Minuten in der Mitte, Sekunden auf der Brücke des Tourbillonkäfigs
- Super-LumiNova auf Zeigern, Indizes und der Brücke des Tourbillonkäfigs
- Wasserdicht bis 10 bar
- Abmessungen:
- Stratom: Durchmesser: 42mm / Höhe: 12mm
- NativeDNA: Durchmesser: 42mm / Höhe: 11,7mm
- Armband: 24mm, werkzeugloses Montagesystem
- Vorbestellerzeitraum: vom 19. April 2023 um 15 Uhr (MEZ) bis zum
17. Mai um 15 Uhr (MEZ) - Preis: Ab 10.998€, direkt auf code41.com
Wirbelwind: CODE41 T360 Tourbillon
Wie man es von CODE41 schon kennt, wurde wieder die Uhren-Community in vier Runden dazu eingeladen, um das neue T360 Tourbillon-Modell mitzugestalten, zum Beispiel hinsichtlich der Farbvarianten oder der Gehäuseform. Alles in allem standen interessierten Uhrenfreunden 192 Designvarianten zur Auswahl, über die 12.500 ihre Stimme abgegeben haben.
Hinsichtlich der Gehäuseform stellte CODE41 unter anderem Optionen in den Raum, die sich klar am bekannten Design früherer CODE41-Modelle orientierten. Dieses Gehäuse wollte ein Großteil der CODE41-Community auch (wieder) haben, allerdings war es ein enges Rennen mit einem komplett neuen Gehäuse, das vor allem durch die vier markanten Schrauben (die mich irgendwie spontan an das Half Life-Lambda-Logo erinnert haben) noch deutlich extrovertierter ist.
CODE41 hat hier wegen der knappen Umfrageergebnisse Nägel mit Köpfen gemacht und bietet beide Gehäuse als Option an: Sowohl das klassische „NativeDNA“-Gehäuse, das es seit dem CODE41-Gründungsjahre 2016 gibt, als auch das brandneue 2023er „Stratom“-Gehäuse mit seiner mehrschichtigen Konstruktion.
Beide Gehäusetypen sind übrigens aus Titan Grade 5, das 40% leichter als Edelstahl und allergikerfreundlich ist (mehr über Uhren-Allergie). Titan weist außerdem eine hohe Korrosionsbeständigkeit gegenüber oxidierenden Medien und chloridhaltigen Lösungen (und somit auch Meerwasser) auf – keine schlechte Eigenschaft für eine Uhr, mit der man auch getrost Baden gehen kann (Wasserdichtigkeit 10 bar = zum Schwimmen geeignet).
Die Abmessungen beider Gehäusevarianten sind fast identisch: Beide kommen auf einen Durchmesser von 42 mm, das NativeDNA-Gehäuse ist aber minimal flacher (11,7mm gegenüber 12mm beim Stratom-Gehäuse).
Kommen wir nun aber erst mal zum Herzen des neuen Modells CODE41 T360 Tourbillon…
Tourbillon – was ist das eigentlich?
Ein Tourbillon (franz. für Wirbelwind) ist heute eigentlich ein Anachronismus: Bereits 1795 hat Abraham-Louis Breguet das Tourbillon erfunden, um vor allem mit Blick auf die damals gängigerweise getragenen Taschenuhren den sogenannten Schwerpunktfehler auszugleichen.
Taschenuhren wurden früher nämlich fast ausschließlich in einer Lage („Krone oben“) getragen – die Uhr befand sich also bei „Herr von Welt“ stets in der Brusttasche in der Lage „Krone oben“.
Exkurs: Schwerpunktfehler
Eine flache Spirale, wie sie in den meisten mechanischen Uhren verbaut ist, hat ihren Schwerpunkt auch dann nicht im Zentrum, wenn sie richtig zentriert ist: Bei mittlerer Stellung liegt dieser immer gegenüber der ersten inneren Halbwindung. Während des Schwingens verlagert sich dieser und bewegt sich auf einer Bahn. Ein solcher Schwerpunktfehler kann also entstehen, wenn der Schwerpunkt aus dem Zentrum der Unruh gerät. Dieser beschleunigt oder bremst das System in bestimmten Positionen immer wieder und führt somit, genauso wie die Hemmung oder die Stöße, zu einer Gangabweichung. Liegt die Uhr also flach auf dem Tisch, dann wirkt der Schwerpunktfehler nicht.
Mehr: Stöße, Temperaturschwankungen & Co.: Störfaktoren für die Gangwerte einer mechanischen Uhr
Beim Tourbillon handelt es sich um eine sogenannte Drehhemmung, die dafür zu sorgen hat, dass sich der ausschlaggebende Teil in der Uhr (Unruh und die komplette Hemmung) dreht und ständig seine Lage verändert. Die Auswirkung des Schwerpunktfehlers wird mit Hilfe des Tourbillons also vollständig kompensiert.
Da am Arm getragene Uhren ohnehin ständig ihre Lage ändern (anders als bei einer Taschenuhr), hat das Tourbillon aus rein technischer Sicht heute eigentlich keinen allzu großen Nutzen (mehr).
Warum werden diese dann trotzdem heute noch gebaut? Ganz einfach: Weil’s *pardon* rattenscharf aussieht. Und weil’s ein handfester Beweis für die Beherrschung komplexer Uhrmacherkunst bzw. Haute Horlogerie ist, da ein Tourbillon überaus aufwändig in der Herstellung ist. Oder kurz gesagt: Mit einem Tourbillon lässt ein Hersteller hochwertiger Uhren gerne die Muskeln spielen.
Hier ein Video, in dem man auch noch mal das Tourbillon bei der CODE41 T360 in Aktion sieht sowie eine animierte Explosionszeichnung:
Das Tourbillon, das in der CODE41 T360 „wirbelt“, wurde zu 100% in der Schweiz entwickelt, entworfen und montiert. Wie man es von CODE41 seit je her kennt, setzen die Schweizer auch beim neuen Tourbillon-Modell auf Transparenz, z.B. hinsichtlich der Lieferanten – so ist beispielsweise die Firma Atokalpa aus dem Schweizer Jura verantwortlich für die Produktion von Unruh, Ankerhemmung und Ankerrad (siehe Übersicht unten). Auch die Kosten und die Herkunftsländer einzelner Komponenten werden wieder transparent von CODE41 kommuniziert:
Im Rahmen einer Reglage wird das Kaliber auf eine Abweichung von -5 bis +5 Sekunden/Tag einreguliert – das entspricht in etwa Chronometer-Niveau. Besonders beeindruckend ist aber die weit überdurchschnittliche Gangreserve von satten 105 Stunden, also rund 4 1/2 Tage nach dem vollständigen Aufzug per Hand über die Krone (gängige mechanische Kaliber kommen grade mal auf die Hälfte, wenn überhaupt).
CODE41 T360: Design und Individualisierungsmöglichkeiten
Kommen wir noch mal zurück zum Design: Viele Uhrenhersteller, die ein Tourbillon-Modell im Angebot haben, setzen auf ein klassisches Zifferblatt, das ein Guckloch mitbringt, das den Blick durch das Zifferblatt auf das Tourbillon freigibt.
CODE41 hingegen setzt wieder auf die bekannte, CODE41-typische, hochmoderne Designsprache, die von Skelettierungen bzw. asymmetrischen Brücken geprägt ist, die sich über das „Zifferblatt“ spannen – und zwar von vorne, wie auch von hinten. Das Tourbillon liegt dabei weitgehend frei und ist insbesondere von der Vorderseite auf der klassischen „6 Uhr“-Position in Bewegung sichtbar.
CODE41 baut im Rahmen des neuen Modells auch die Individualisierungsoptionen deutlich aus – insgesamt stehen über 200 mögliche Kombinationen zur Verfügung, die sich aus diesen Varianten heraus ergeben:
- Auswahl zwischen NativeDNA- und Stratom-Gehäuse
- Auswahl zwischen fünf Farbkombinationen für das Zifferblatt und die Zeiger
- und ganz „old school“: verschiedene Bandoptionen (Leder, Kautschuk R41, Titan)
Mit dabei ist auch wieder die extrem auffällige Regenbogen-Variante, die schon bei der CODE41 X41 Edition 6 zum Einsatz kam. Die Regenbogen-Brücken werden dabei in Zusammenarbeit mit der Positive Coating SA aus La Chaux-de-Fonds produziert, einem Schweizer Spezialisten für die Dekoration von Uhrenkomponenten.
Die CODE41 T360 Tourbillon kann vom 19. April 2023 um 15 Uhr (MEZ) bis zum
17. Mai um 15 Uhr (MEZ) direkt bei CODE41 vorbestellt werden. Die erste Charge, die auch als erstes an die Kunden ausgeliefert wird, beinhaltet 150 Stück.
Die Preise starten bei 10.998€ für die Variante mit dem NativeDNA-Titangehäuse am Lederarmband – und das ist mit Blick auf die Schweizer Herkunft des Tourbillon-Kalibers und die Schweizer Wettbewerbslandschaft in einem vergleichsweise „günstigen“ Rahmen: unter 20.000€ geht normalerweise quasi nichts und nach oben gibt es natürlich keine Grenzen – so startet das Modell Omega De Ville Tourbillon beispielsweise bei rund 150.000€. Oder kurz zusammengefasst: Aktuell kommt man wohl kaum günstiger an einen hochwertigen Schweizer Tourbillon als mit der CODE41 T360.
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Wenn sie nur nicht so hässlich wären!
Schon irre wie man „günstig“ definieren kann. Diese Uhr verliert vermutlich nach einem Tag mehr als 50% ihres Neupreises. Bei etablierten Luxusmarken gibt es hingegen Wertsteigerungen. Bitte nicht falsch verstehen, ich halte von beidem wenig, bin ein Sammler mit Fokus auf funktionellen, militärischen Einsatzuhren mit fairem P/L-Verhältnis. Dennoch danke für den Review, Mario! Lieben Gruß, Frank